Wenn Kinder hassen – Therapie kontraindiziert bei Störung des Sozialverhaltens?
Fallbeispiel: In einem psychologischen Zentrum erzählt ein elfjähriger Junge namens M. voller Stolz und Verachtung, dass vor kurzem ein Kind in seiner Schule die Stufen hinuntergestürzt sei und er es daraufhin ausgelacht, verspottet und angespuckt habe. Auf die Aufforderung, sich in die Lage des betroffenen Kindes hineinzuversetzen bzw. auf die Frage, ob er sich in einer ähnlichen Situation Hilfe von anderen Kindern wünschen würde, reagiert er überhaupt nicht. M. wirkt selbstgefällig, und der Stolz über sein Verhalten untergräbt alle Versuche, ihm Empathie verständlich zu machen. Kinder und Jugendliche wie M. haben es besonders schwer, denn sie sind emotional selbst nicht [...]
Wenn Kinder Fremden gegenüber zu viel Nähe zeigen – Bindungsstörung mit Enthemmung
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie das Wort „Bindungsstörung“ hören? Der Begriff wird im alltäglichen Sprachgebrauch oft inflationär verwendet, weshalb sich dieser Artikel zum Ziel gesetzt hat, das Thema aus der Perspektive eines konkreten Fallbeispiels zu diskutieren und unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse Impulse für die Praxis zu setzen. Fallbeispiel: In einem psychologischen Zentrum, in dem integrative Lerntherapie im Gruppensetting angeboten wird, ist eine neue Förderassistentin namens Julia mit den unterschiedlichsten Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit schulischen, sprachlichen und kognitiven Defiziten konfrontiert. Eines Tages lernt sie dort ein achtjähriges Mädchen namens Amelie kennen, das ihr sofort sehr viel [...]
Selbstbild von Kindern und Jugendlichen in widersprüchlichen Erziehungslogiken und Wertesystemen
Fallbeispiel: In einem psychologischen Zentrum erfährt eine neue Förderassistentin für integrative Lerntherapie zu Beginn ihres zweiten Arbeitstages, dass sie drei türkischstämmige Kinder zweiter Generation kennenlernen würde, von denen zwei Kenan und einer Adem hießen. Als sie den dreien später im Therapieraum gegenübersteht, werden die Jungen von der Leiterin aufgefordert sich vorzustellen. Zwei von ihnen verraten sofort kichernd, dass sie beide Kenan heißen. Der dritte, der geheimnisvoll grinst, gibt nur von sich preis, dass sein Name mit A beginnt. Die Förderassistentin steigt freundlich lächelnd auf das Ratespiel ein und überlegt zögerlich: „A…, A…, hm,… ich glaube, du heißt Adem, denn du [...]
Der Wettkampfangst den Kampf ansagen
Stellen Sie sich vor, Sie würden heute ein wichtiges Tennis-Match gegen einen ihrer größten Gegner spielen. Lange haben Sie sich auf den Wettkampf vorbereitet. Sie haben Aufschlag. Es herrscht Stille, alle Augen sind auf Sie gerichtet, gleich geht’s los. Manche Menschen werden jetzt in Höchstform versetzt, während andere Stress und Angst empfinden, sodass sie ihr sportliches Potential nicht voll ausschöpfen können. Hier ist die Rede von Wettkampfangst. Doch was genau ist das und welche Möglichkeiten gibt es, um ihr zu begegnen? Angst im Wettkampf Angst ist ein vorübergehender psychischer Zustand, der durch Besorgnis und körperlicher Aktivierung gekennzeichnet ist und in [...]
Kindergärten nicht mehr ausschließlich Betreuungsorte? – Kinder in Fremdbetreuung (Teil 2)
Eine Vielzahl der Kinder ab dem dritten Lebensjahr, mehr als 80%, werden nicht länger ausschließlich von ihren Eltern betreut, sondern besuchen regelmäßig eine Tageseinrichtung. Nachdem im vorherigen Blogbeitrag eher kritisch auf das Thema Fremdbetreuung von Kindern unter drei Jahren eingegangen wurde, soll nun auf die Vorteile der frühkindlichen Bildung in Kindergärten eingegangen werden. Was ist Bildung in der frühen Kindheit? Kinder sind willig die Welt zu erforschen, sie zu begreifen, ihren Platz innerhalb einer Gruppe zu finden und mitbestimmen zu können. Sie müssen die Regeln des Miteinanders und Werte des Umgangs lernen. Kinder lernen Grundwerte, Fähigkeiten, dass Handlungen Auswirkungen auf [...]
Kinder in früher Fremdbetreuung – ein stark umstrittenes Thema (Teil 1)
Die frühe Fremd- und Krippenbetreuung für Kinder unter drei Jahre wird inzwischen nicht mehr hinterfragt. Oftmals werden die enormen Bildungsfähigkeiten der Kinder innerhalb der ersten zwei Lebensjahre betont, welche offensichtlich ausschließlich in Krippen gefördert werden können. Angemerkt wird zudem, dass seit über 30 Jahren Krippenbetreuung in vielen Ländern betrieben wird (Butzmann, 2013, S. 1). Durchaus sind die ersten zwei Jahre aufgrund der Bedürfnisse des Kindes sehr anstrengend und erfordern von Müttern oder auch Vätern Verzicht und Langweile. Im Gegensatz zur beruflichen Arbeitszeit ist die Zeit wie im Stillstand. Jedoch ist diese vorübergehende Zeit von großer Bedeutung für eine gesunde psychische Entwicklung [...]