Smarte Technologien sollen helfen Emissionen zu senken. Gleichzeitig wachsen die Berge an Elektroschrott. Wo liegt dabei die Balance?
Elektromobilität und Smarte Technologien gelten als zentrale Hebel zur Bewältigung der Klimakrise. Sie sollen Energie effizienter machen, CO₂-Emissionen senken und eine nachhaltigere Zukunft ermöglichen. Gleichzeitig wächst jedoch der globale Berg an Elektroschrott rasant an. Ein Nebeneffekt, der zunehmend zum Umweltproblem wird.
Der Klimavorteil smarter Technologien und E-Mobilität
Es steht außer Frage, dass Elektroautos im Betrieb sauberer sind als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Sie stoßen lokal keine Emissionen aus, sind leiser und können sich mit Strom aus erneuerbaren Quellen nahezu klimaneutral fortbewegen. Studien belegen, dass die CO₂-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus bei E-Autos in der Regel um 40 bis 50 Prozent niedriger sind als bei vergleichbaren Verbrennern, insbesondere wenn der Strommix sauber ist (Alibas, Bagheri & Yu, 2024, S. 12-13).
Auch die Digitalisierung kann einen erheblichen Beitrag zur Emissionsminderung beitragen. Intelligente Stromnetze, sog. „Smart Grids“, virtuelle Kraftwerke, Gebäudeautomatisierung oder datenbasierte Verkehrssteuerung helfen, Energie effizienter zu nutzen und Ressourcen zu schonen. Eine Studie des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2024 zeigt, dass die Treibhausgas-Projektionen für 2024 einen Rückgang von knapp 64 % im Vergleich zu 1990 darstellen. Damit rückt das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 % zu verringern, mit den derzeitigen politischen Maßnahmen, in greifbare Nähe. Zudem wird erwartet, dass die für den Zeitraum 2021 bis 2030 gemäß dem Bundes-Klimaschutzgesetz zulässigen sektorenübergreifenden Emissionswerte eingehalten und sogar überschritten werden können. (Wehnemann & Schultz, 2024, S. 7)
Vor allem in Kombination entfalten Elektromobilität und Digitalisierung ein enormes Potenzial. Wenn E-Autos nicht nur als Verkehrsmittel, sondern auch als Energiespeicher fungieren, könnten sie helfen, die Energiewende zu stabilisieren. In Zukunft könnten „Vehicle-to-Grid“-Systeme Strom aus den Batterien der Fahrzeuge bei Bedarf wieder ins Netz einspeisen (Eltohamy et al., 2025, S. 4).
Doch dieser Fortschritt hat eine Kehrseite.
Elektroschrott als wachsendes Umweltproblem
So vielversprechend die neuen technologischen Lösungen auch erscheinen, sie bringen neue Umweltbelastungen mit sich. Der wachsende Bedarf an digitalen Geräten, Elektroautos und Batterien führt zu einer stark steigenden Menge an Elektroschrott. Weltweit wurden im Jahr 2022 etwa 62 Millionen Tonnen E-Schrott erzeugt. Ein neuer Rekord. Bis 2030 könnten es laut Prognosen bereits 82 Millionen Tonnen jährlich sein. Besonders problematisch dabei ist, dass nur rund 22 Prozent davon fachgerecht recycelt werden. (Umweltdialog, 2024).
Elektroschrott enthält zahlreiche toxische Stoffe, darunter Blei, Quecksilber, Kadmium und bromierte Flammschutzmittel. Werden Geräte unsachgemäß entsorgt oder auf wilden Deponien verbrannt, so gelangen diese Schadstoffe in Böden, Gewässer und die Luft. Gleichzeitig gehen wertvolle Rohstoffe, wie bspw. seltene Erden, verloren. Solche Rohstoffe wurden oftmals unter großem Energieaufwand und unter fragwürdigen Bedingungen abgebaut. (United Nations Universtiy, 2017, S. 28-32)
Auch E-Autos sind hiervon nicht ausgenommen. Zwar bestehen ihre Batterien zu großen Teilen aus wiederverwertbaren Materialien, doch das Recycling ist technisch komplex und bislang nur in wenigen Anlagen wirtschaftlich machbar. Automatisierte Demontageverfahren könnten hier in Zukunft helfen, etwa durch robotergestützte Rückgewinnung von Batteriezellen (An, 2019, S. 11), aber derzeit ist das Potenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft.
Hinzu kommt, dass Digitalisierung oft einen sogenannten Rebound-Effekt erzeugt. Denn durch Effizienzgewinne und neue Annehmlichkeiten steigt der Energie- und Ressourcenverbrauch wieder an. Ein Beispiel: Wer auf ein E-Auto umsteigt, nutzt es möglicherweise häufiger, weil das „grüne Gewissen“ beruhigt ist, anstatt den öffentlichen Nahverkehr zu wählen oder Wege zu Fuß zu erledigen (Brandstetter, 2024, Spektrum.de). Genau dieses Szenario wird in der folgenden Abbildung veranschaulicht:

Abbildung 1: Rebound-Effekt bei Elektroautos
(Quelle: https://utopia.de/ratgeber/rebound-effekt-das-steckt-hinter-dem-begriff_67473/.)
Ressourcen, Energie und Lebenszyklus: Eine ganzheitliche Bilanz
Ein echter Nachhaltigkeitsgewinn ergibt sich nur, wenn die gesamte Lebensdauer eines Produkts herangezogen wird. Genau hier stoßen viele aktuelle Entwicklungen an ihre Grenzen. Die Herstellung von E-Auto-Batterien ist energie- und ressourcenintensiv. Besonders die Förderung von Lithium, Kobalt und Nickel hat schwerwiegende ökologische und soziale Auswirkungen, darunter Wasserknappheit und Bodendegradation. (Alibas, Bagheri & Yu, 2024, S. 12-13).
Zwar verbessert sich die Energiebilanz von E-Autos über die Jahre deutlich, denn je sauberer der Strom und je länger die Nutzung, desto günstiger fällt die Bilanz aus. Doch Analysen des Umweltbundesamts zeigen, dass E-Autos in Umweltkategorien wie Feinstaub, Versauerung oder Wasserbelastung mitunter schlechter abschneiden als Verbrenner. Das liegt unter anderem an den höheren Emissionen während der Produktion und der Verarbeitung der Batteriematerialien. (Umweltbundesamt, 2024)
Darüber hinaus sorgt die rasante Entwicklung digitaler Technologien dafür, dass Geräte und Fahrzeuge schneller veralten. Verbraucher werden durch Marketing, Softwareupdates oder neue Standards regelmäßig zu Neukäufen motiviert. Dies verkürzt die Nutzungsdauer und erhöht den ökologischen Fußabdruck. Auch hier fehlt es häufig an politischen Anreizen für eine längere Nutzung oder Wiederverwendung.
Ein nachhaltiger Umgang mit Technologie erfordert also mehr als nur „grüne Produkte“. Es braucht ein System, das langlebige und recyclingfähige Technik fördert und gleichzeitig suffizient denkt: Weniger, besser und länger nutzbar.
Zwischen Hoffnung und Verantwortung
Digitalisierung und Elektromobilität sind zweifellos zentrale Bausteine für eine klimafreundliche Zukunft, aber sie sind kein Freifahrtschein. Sie können helfen, Emissionen zu senken und Ressourcen effizienter zu nutzen, doch nur unter bestimmten Bedingungen. Wenn sie eingebettet sind in ein ökologisches Gesamtsystem, das Kreisläufe schließt, Lebenszyklen verlängert und soziale Gerechtigkeit mitdenkt.
Der wachsende Elektroschrott zeigt, dass technologische Lösungen allein nicht genügen. Ohne eine kritische Betrachtung der Materialströme, ohne politisches Handeln und ohne ein Umdenken im Konsumverhalten werden neue Probleme geschaffen, während alte ungelöst bleiben.
Um die ökologischen Potenziale smarter Technologien voll auszuschöpfen und ihre negativen Nebenwirkungen zu begrenzen, braucht es ein Bündel an gezielten Maßnahmen. Zunächst ist es essenziell, Produkte langlebiger und reparierbarer zu gestalten. Studien zeigen, dass durch eine Verdopplung der Nutzungsdauer elektronischer Geräte bis zu 50 % der gesamten Treibhausgasemissionen eingespart werden könnten (Zink & Geyer, 2023). Das erfordert gesetzliche Rahmenbedingungen, ein Ansatz, der auch von der EU mit dem „Recht auf Reparatur“ verfolgt wird.
Neben technischen Lösungen braucht es auch eine gesellschaftliche und politische Förderung von Suffizienz, also der bewussten Reduktion von Konsum und Ressourcennutzung. Hierzu zählen etwa die Förderung gemeinschaftlicher Nutzung, wie bspw. Carsharing, der Ausbau von öffentlichem Nahverkehr, sowie die Etablierung von Bildungsangeboten. Die Forschung zeigt, dass viele ökologische Vorteile der Digitalisierung durch Rebound-Effekte zunichtegemacht werden, wenn beispielsweise effizientere Technologien einfach zu noch mehr Konsum führen (Hertwich et al., 2021, S.29 &36).
Schließlich sind wirtschaftliche Rahmenbedingungen entscheidend, um das Verhalten von Konsumenten nachhaltig zu beeinflussen. Dazu gehören CO₂-Bepreisung, strengere Produktstandards und Förderprogramme für ökologische Innovationen (European Environment Agency, 2022, S.52). Nur wenn die wahren ökologischen Kosten sichtbar werden, können richtige Entscheidungen getroffen werden.
Literaturverzeichnis
Titelbildquelle
Titelbild: Vogelperspektive Umweltschaden-/ Verschmutzung. Veröffentlichungsdatum: 23.09.2020
Künstler: Tom Fisk. Abgerufen am 11.09.2025. Verfügbar unter: https://www.pexels.com/de-de/foto/vogelperspektive-umweltschaden-verschmutzung-mull-5424854/.
Nutzungsbedingungen: https://www.pexels.com/de-de/imprint/.
Lizenzbedingungen: https://www.pexels.com/de-de/lizenz/.
Literaturquellen
Alibas, S., Bagheri, M., & Yu, S. (2024).Analyse der Einsparpotenziale an Energie und CO2- Emissionen im deutschen Gebäudebestand unter verschiedenen Szenarien, Working Paper Sustainability and Innovation, Karlsruhe: Fraunhofer ISI.
An, L. (2019). Recycling of Spent Lithium-Ion Batteries, Processing Methods and Environmental Impacts, Schweiz: Springer Cham.
Brandstetter, T. (2024). Der große Nachteil der Digitalisierung, Heidelberg: Spektrum. Abgerufen am: 5.9.2025, verfügbar unter: https://www.spektrum.de/news/wie-funktioniert-nachhaltige-digitalisierung/2220080.
Eltohamy, M.S., Tawfiq, M.H., Ahmed, M.M.R., Alaas, Z., Mohammed, B., Ahmend, I., Youssef, H., & Raouf, A. (2025). A comprehensive review of Vehicle-to-Grid V2G technology: Technical, economic, regulatory, and social perspectives, Energy Conversion and Management: X, Amsterdam: ELSEVIER.
European Enviroment Agency. (2022). Transport and environment report 2022 Digitalisation in the mobility system: challenges and opportunities, Kopenhagen: European Enivoment Agency.
Hertwich, E., Lifset, R., Pauliuk, S., & Heeren, N. (2020). RESOURCE EFFICIENCY AND CLIMATE CHANGE, Material Efficiency Strategies for a Low-Carbon Future, Kenia: UN Enviroment Programme.
Schulz, S.C. (2022). Artikel: Rebound-Effekt: das steckt hinter dem Begriff, Abbildung: Rebound-Effekt bei Elektroautos, München: Utopia. Abgerufen am: 6.9.2025, verfügbar unter: https://utopia.de/ratgeber/rebound-effekt-das-steckt-hinter-dem-begriff_67473/.
Umweltbundesamt. (2024). Klimavorteil für E-Autos bestätigt, Für mehr Klimaschutz im Verkehr müssen Marktanteile elektrischer Pkw schnell steigen, Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt.
Umweltdialog. (2024). E-Müll-Dilemma: Die Umweltbelastung durch Elektronik. Abgerufen am: 5.9.2025, verfügbar unter: https://www.umweltdialog.de/de/UMWELT/plastik-muell/2024/E-Muell-Dilemma-Die-Umweltbelastung-durch-Elektronik.php.
United Nations University. (2017). United Nations University Annual Report 2017, Tokyo: United Nations University.
Wehnemann, K., & Schultz, K. (2024). Treibhausgas-Projektionen 2024 – Ergebnisse kompakt, TREIBHAUSGAS-PROJEKTIONEN FÜR DEUTSCHLAND, Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt.
Zink, T. & Geyer, R. (2024). Circular Economy Rebound, Resources, Conservation and Recycling, Amsterdam: ELSEVIER.