By Published On: 16. Juli 2023Categories: Management, Psychologie, Soziales, Wirtschaft

 

Bei vielen Unternehmensskandalen wird die ungleiche Verteilung von Macht als Ursache für das Außmaß der Grenzüberschreitung angesehen. Im folgenden Text wird die Entstehung von Macht aus psychologischer Perspektive beleuchtet. Des Weiteren wird angeführt, wie Macht in der Unternehmenspraxis sich zeigt und ein aktuelles Beispiel wird genannt. 

 

Macht in der Psychologie

Für viele Menschen ist der Begriff Macht eher negativ behaftet, dabei kann Macht per se nicht als gut oder schlecht bezeichnet werden. Der Begriff Macht wird in der Psychologie im Bereich der Motivationspsychologie verwendet. Macht stellt somit ein Motiv dar, mit dem Ziel, ein Gefühl von Stärke und Überlegenheit bei körperlichen, mentalen oder emotionalen Einflussnahme auf andere entstehen zu lassen. Nach Schultheiss (2008) wird das Machtmotiv als Neigung, Befriedigung aus der physischen, mentalen oder emotionalen Einflussnahme auf andere zu ziehen. Menschen handeln, um ihre eigenen Ziele zu erreichen und somit Kontrolle und Selbstwirksamkeit erfahren. Nach Murray (1938) ist das Bedürfnis nach Dominanz ein wichtiges psychologisches Grundbedürfnis. 

Interessant ist es an dieser Stelle zu hinterfragen, wie es gelingen kann, Einfluss auf andere auszuüben. French und Raven haben 1959 festgelegt, dass eine Voraussetzung dafür eine Ressourcenüberlegenheit gegenüber anderen Personen vorherrschen muss. Diese Ressourcenüberlegenheit kann in sechs Machtquellen kategorisiert werden: 

  • Belohnungs- und Bestrafungsmacht: Personen erlangen somit ihre Macht, indem sie die Möglichkeit besitzen andere Menschen zu belohnen oder zu bestrafen. 
  • Legitimierte Macht: Durch Normen oder Regeln, welche innerhalb einer Gesellschaft vorherrschen, kann eine Person ganz legitim Macht auch gegen den Willen einer anderen Person ausüben. 
  • Vorbild- oder Identifikationsmacht: Vorbilder besitzen Macht, indem sie andere dazu bewegen können, wie sie selbst zu Handeln. 
  • Expertenmacht: Macht kann auch entstehen, indem Personen eine gewisse Expertise besitzen und andere auf dieses Wissen oder Fähigkeiten abhängig sind. 
  • Informationsmacht: Die Quelle der Macht kommt zustande, indem Informationen über die beeinflussende Person für oder gegen sie verwendet werden. 

 

Machtphänomene in Unternehmen

Innerhalb von Unternehmen bzw. Organisationen gibt es zwei grundlegende Formen, wie Macht verteilt werden kann: 

  • durch Hierarchisierung
  • und über die Normierung wie beispielsweise durch Regeln, Vereinbarungen, Gesetze, Rollenbeschreibungen und Checklisten

In jedem Unternehmen findet sich ein individueller Umgang mit Macht, die sich je nach Form der Organisation stark unterscheidet. In erster Linie haben wir bei der Machtorganisation in Unternehmen Hierarchiegebilde im Kopf, welche auf persönlicher Macht und klarer Über- und Unterordnung beruhen. Als Beispiel kann hierbei die Polizei oder Feuerwehr angeführt werden, da hierbei eine klare Zuteilung von Zuständigkeiten sinnvoll ist. 

 

Machtprozesse in Hierarchien

Hierachien haben die Eigenschaft, dass sowohl die Übergestellten wie Unterstellen jeweils Einflussmöglichkeiten übereinander haben. Macht kann gegen vieler Annahmen in der Hierarchie von oben nach unten als auch von unten nach oben ausgeübt werden. Dies bezeichnet man als doppelten Machtprozess der Hierarchie. Allerdings sollte nicht von einer Machtsymmetrie zwischen Vorgesetzten und untergeordneten Arbeitenden ausgegangen werden, da die Person mit der beherrschenden Machtquelle immer mehr für sich beanspruchen kann. Die vorliegende Asymmetrie in der Machtbeziehung wirkt sich daher mehrheitlich vorteilhaft für den in der Hierarchie übergeordneten Person aus. Selten ist es auch der Fall, dass untergeordnete Arbeitnehmer mehr Macht inne halten, da sie über ein spezielles Fachwissen oder Fähigkeiten verfügen und sich damit unentbehrlich machen. 

 

Machtmissbrauch beim Axel Springer Verlag 

Im Jahr 2021 wurde über Vorfälle zu Machtmissbrauch des „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt berichtet. Die Vorwürfe wurden genauer als Machtmissbrauch und Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen gegen Frauen beschrieben. Nach einem Compliance-Verfahren innerhalb des Verlags Axel Springer bestätigte sich, dass Julian Reichelt intime Beziehungen zu Mitarbeiterinnen hatte, welche ihm unterstellt waren, und er diese begünstigt oder teilweise auch später wieder fallen gelassen hat. Ein Teil der Frauen waren dabei junge, unerfahrene Journalistinnen. In diesem Unternehmensfall kann die starke Asymmetrie der Machtbeziehung innerhalb Hierarchien sehr anschaulich dargestellt werden. In Zuge der Ermittlungen zu diesem Vorfall wurden von Journalistinnen ganze Machstrukturen, welche strukturellen Machtmissbrauch ermöglichten, innerhalb des Verlages aufgedeckt. 

Um auf die Quellen von Macht nach French und Raven (1959) zurückzukommen, kann angeführt werden, dass als Chefredakteur Julian Reichelt sehr viel Macht inne hielt, da er über die Möglichkeit zu Belohung oder Bestrafung in Form von Beförderung, Zuteilung von interessanten Arbeitstätigkeiten ect. Verfügte. Des Weiteren kann die Expertenmacht ihm zugeteilt werden, da er um diese Stelle zu bekommen eine hohes Maß an Expertise besitzen muss.

 

Macht durch Vertrauen 

Macht kann als beziehungsorientiert beschrieben werden, da sie eine Dynamik innerhalb einer Beziehung zwischen mindestens zwei Menschen beschreibt. Eine Person allein kann keine Macht für sich beanspruchen. Wenn Macht durch Vertrauen vorliegt, dann kann eine besondere Dynamik entstehen, da durch das Vertrauen sehr viel Einflussnahme und Beteiligung erreicht werden kann. Diese Art von Macht kann als fast unsichtbar und kaum fassbar beschrieben werden.

 

Fazit 

Macht kann als Mittel verwendet werden, um für sich selbst etwas zu bewirken, vor allem zentrierte Macht eignet sich, Ziele unkompliziert und auch schnell zu erlangen. Wie das Mittel der Macht genutzt wird, obliegt stets der Person, welche sie inne hält. In dem angeführten bekannten Beispiel von Machtmissbrauch innerhalb einer der größten Medienkonzerne der Welt wird einerseits veranschaulicht, wie Einflussnahme durch das inne halten von Macht durch Hierarchie möglich ist. Zusätzlich wird auch deutlich, dass obwohl Machtmissbrauch statt fand, auf den ersten Blick nichts illegales in Form von sexueller Belästigung oder sexueller Übergriffe geschehen ist. Es bedarf einen genaueren Blick, wie der Zusammenhang der Beeinflussung von Menschen durch diese Macht sich gestaltet und sich dahingehend als unethisch beschreiben lässt. 

 

 

Literaturverzeichnis: 

Bogott, N. & Woischwill, B. (2022). Vertrauen. Macht. Wirtschaft. Sicher führen in unsicheren Zeiten. (1. Aufl.). Springer-Verlag: Wiesbaden. Doi: 10.1007/978-3-658-37400-6 

Brandstätter, V., Schüler, J., Puca, R. M., Lozo, L. (2018). Motivation und Emotion – Allgemeine Psychologie für Bachelor. (1. Aufl.). Berlin: Springer-Verlag doi: 10.1007/978-3-662-56685-5 

Focus online (2022). Machtmissbrauch verschleiert: Schwere Vorwürfe gegen Axel Springer in Reichelt-Affäre. Zugriff am 1.06.2023. Verfügbar unter https://www.focus.de/kultur/medien/bild-zeitung-und-metoo-machtmissbrauch-verschleiert-schwere-vorwuerfe-gegen-axel-springer-in-reichelt-affaere_id_50550850.html

Knoblach, B., Oltmanns, T., Hajnal, I. & Fink, D. (Hrsg.). (2012). Macht in Unternehmen – Der vergessene Faktor. Wiesbaden: Gabler-Verlag. 

SRF – Schweizer Radio und Fernsehen (2021). Deshalb musste der Chefredaktor von „Bild“ gehen. Zugriff am 1.06.2023. Verfügbar unter https://www.srf.ch/news/wirtschaft/moeglicher-machtmissbrauch-deshalb-musste-der-chefredaktor-von-bild-gehen

Zeit online (2022). Schwere Vorwürfe gegen Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner. Zugriff am 01.06.2023. Verfügbar unter https://www.zeit.de/kultur/2022-02/julian-reichelt-mathias-doepfner-financial-times

Zeitschrift Arbeit und Arbeitsrecht. (2021). Der richtige Umgang mit Macht – Jede Organisation muss die Machtfrage klären. Zugriff am 1.06.2023. Verfügbar unter https://www.arbeit-und-arbeitsrecht.de/fachmagazin/fachartikel/der-richtige-umgang-mit-macht.html

 

Bildnachweis Titelbild:

https://pixabay.com/de/photos/planung-planen-gesch%C3%A4ftsleute-team-2899922/

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