Der weltweite Rückschritt bei Frauenrechten, sowie tiefgreifende gesellschaftliche Transformationsprozesse prägen und beeinflussen die Lebensrealitäten von Frauen auf globaler Ebene. Besonders betroffen sind Frauen mit Behinderung, die häufig mehrfachen Diskriminierungsmechanismen ausgesetzt sind. Frauen mit Behinderung stehen an der Schnittstelle von Geschlechtergerechtigkeit und der Inklusion, wodurch spezifische Herausforderungen entstehen. Es folgt ein Kommentar, der diese Thematik aus einer kritischen Perspektive beleuchtet. „Jedes Jahr feiern wir den Internationalen Frauentag. Jedes Jahr wird demonstriert, gesungen und getanzt – und dennoch sind Frauen weiterhin Opfer von Gewalt.“ „Besonders hoch ist die Dunkelziffer bei Frauen mit Behinderungen, da Übergriffe häufig in Institutionen oder im engsten Umfeld durch Freunde und Familienmitglieder geschehen. Wo Abhängigkeiten bestehen, führen sie oft zu Menschenrechtsverletzungen, zur Missachtung der Würde und zu Gewalt…“1

Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen bleibt ein drängendes gesellschaftliches Problem – trotz der Symbolkraft des Internationalen Frauentags. Übergriffe in Institutionen und im privaten Umfeld durch Angehörige und Vertrauenspersonen, führen häufig zu Menschenrechts- und Würdeverletzungen. Die Dringlichkeit dieser Problematik zeigt die Notwendigkeit effektiver Schutzmechanismen und Abbau gesellschaftliche Barrieren zur Stärkung der betroffenen Frauen.

Neben den erhöhten Risiken für Gewalt zeigen auch empirische Studien eine deutliche soziale und wirtschaftliche Benachteiligung von Frauen mit Behinderung. Laut dem Robert Koch -Institut, zur Gesundheitlichen Lage der Frauen in Deutschland (RKI 2023), erfahren Frauen mit Behinderung im Laufe ihres Lebens deutlich häufiger Gewalt als Frauen ohne Behinderung. Frauen mit Behinderung sind im Vergleich zu Frauen ohne Behinderung zwei- bis dreimal häufiger von sexuellen Übergriffen betroffen.2 Bestehende Barrieren im Bereich Gesundheit und Gesundheitsversorgung müssen weiter abgebaut werde, um Frauen mit Behinderungen gezielt zu unterstützen. Auch in der Arbeitswelt spiegeln sich strukturelle Benachteiligungen, laut einer Studie von Aktion Mensch (2021)3 verdienen Frauen mit Behinderung weniger, arbeiten weniger in Vollzeit und in Führungspositionen und sind häufiger erwerbslos. Diese strukturellen Benachteiligungen verdeutlichen die Notwendigkeit gezielter Maßnahmen zur Förderung der beruflichen und wirtschaftlichen Gleichstellung von Frauen mit Behinderung.

Die Interessenvertretung Weibernetz e.V. (Politische Interes­sen­ver­tre­tung für behinderte Frauen) stellte konkrete Forderungen an die Bundesregierung. Sie fordert im Rahmen der neuen Legislaturperiode, die verbindliche Verankerung konkreter Maßnahmen im Koalitionsvertrag, um einen barrierefreien Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt sicherzustellen. „…Dazu zählen insbesondere eine Reform des Gewaltschutzgesetzes, Barrierefreiheit in Frauenhäusern und Beratungsstellen, Konkretisierungen im Gewaltschutz in Einrichtungen.“4

Laut dem Parallelbericht an den UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zum 2./3. Staatenprüfverfahren Deutschlands (Juli 2023)5 zeigte sich, dass die bisherigen staatlichen Maßnahmen nicht ausreichen, um Frauen und Mädchen mit Behinderungen wirksam zu stärken. Es fehlt insbesondere an langfristiger Unterstützung der politischen Interessenvertretungen auf Bundes- und Landesebene sowie an disaggregierten Daten zu Beeinträchtigungsarten und Diskriminierungsmerkmalen, um ihre besonderen Lebenslagen und Risiken besser sichtbar zu machen. Die Untersuchung verdeutlicht die dringende Notwendigkeit gezielter politischer Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation von Frauen mit Behinderung. Besonderes wichtig sind Reformen im Gewaltschutz sowie die Förderung inklusiver Strukturen um bestehende Barrieren abzubauen und eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.

Interdisziplinäre Strategien zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe von Frauen mit Behinderung

  • Empowerment:
  • Frauen mit Behinderung in Entscheidungsprozesse von Netzwerken und Selbsthilfegruppen aktiv einbinden.
  • Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit fördern.
  • Sichere Anlaufstellen und Krisenzentren:
  • Gezielte, strategische Weiterentwicklung von Unterstützungsangeboten für Frauen mit Behinderung. Bedarfsorientierte Anpassung an individuelle Lebensrealitäten.
  • Qualifizierung Fachpersonal:
  • Schulung und Weiterbildung von Fachkräfte im Arbeits- und Wohnbereich von Frauen mit Behinderung. Prävention für die frühzeitige Erkennung und Bekämpfung von Gewalt.
  • Inklusive Arbeitsmarktstrategien:
  • Gezielte Arbeitsumgebungen für Frauen mit Behinderung schaffen. Schaffung von Karriereperspektiven.
  • Gewaltschutzkonzepte:
  • Regelmäßige Kontrollen in Einrichtungen sind essenziell, um Sicherheitsstandards zu gewährleisten und Missstände frühzeitig zu erkennen.

Fazit

Damit Frauen mit Behinderung längerfristig gefördert werden, braucht es eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und der zivil Gesellschaft. Politische Akteure tragen die Verantwortung für die Umsetzung, Weiterentwicklung gesetzlicher Rahmenbedingungen, um eine inklusive und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen mit Behinderungen nachhaltig zu gewährleisten. Unternehmen tragen die Verantwortung, inklusive Arbeitsumgebungen zu schaffen und Barrieren abzubauen, um die wirtschaftliche Teilhabe von Frauen mit Behinderungen nachhaltig zu fördern. Die kontinuierliche Erweiterung und gezielte Förderung frauenspezifischer Angebote von Sozialverbände und Organisationen stellt eine zentrale Maßnahme dar, um eine bedarfsgerechte Unterstützung sicherzustellen. Es besteht die Notwendigkeit der Implementierung und kontinuierliche Anpassung bedarfsgerechter Maßnahmen in allen Lebensbereichen von Frauen mit Behinderung.

Literaturverzeichnis

  1. BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben. Startseite » Internationaler Frauentag: Feiern allein reicht nicht. Cornelia Scheuer 08.03.2025, 23:56 Uhr. Zugriff am 01.04.25 verfügbar unter https://www.bizeps.or.at/internationaler-frauentag-feiern-allein-reicht-nicht/ ↩︎
  2. http://Robert Koch Institut. GESUNDHEITSBERICHTERSTATTUNG DES BUNDES GEMEINSAM GETRAGEN VON RKI UND DESTATIS.Gesundheitliche Lage der Frauen in Deutschland – wichtige Fakten auf einen Blick Zugriff am 02.04.25 verfügbar unter https://www.rki.de/DE/Themen/Gesundheit-und-Gesellschaft/Gesundheitsberichterstattung/Berichte/Frauenbericht/GBE-Broschuere.pdf?__blob=publicationFile&v=2 ↩︎
  3. Aktion Mensch. Frauen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt. Situation von Frauen mit Schwerbehinderung am Arbeitsmarkt Studie zu geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Teilhabe am Erwerbsleben. Durchführendes Institut: SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH, Heidelberg & Berlin www.sinus-institut.de Studienleitung: Dr. Silke Borgstedt Verfasserinnen: Heide Möller-Slawinski, Franziska Jurczok (2021) Zugriff am 01.04.25 verfügbar unter https://www.aktion-mensch.de/inklusion/studien/frauen-mit-behinderung-auf-dem-arbeitsmarkt#:~:text=Frauen%20mit%20Schwerbehinderung%20sind%20auf%20dem%20Arbeitsmarkt%20gleich,und%20sind%20durch%20Haushalts-%20und%20Familienaufgaben%20besonders%20belastet., ↩︎
  4. Weibernetz e.V. Politische Interes­sen­ver­tre­tung behinderte Frauen. Diskriminierungen behinderter Frauen abschaffen! Nicht nur am Frauentag reden – in der neuen Bundesregierung handeln. Martina Puschke (V.i.S.d.P.) 06. Mär. 2025, Zuletzt aktualisiert: 15.05.2025 08:31 Uhr Zugriff am 02.04.25 verfügbar unter https://www.weibernetz.de/p/diskriminierungen-behinderter-frauen-abschaffen-nicht-nur-am-frauentag-reden-in-der-neuen-bundesregierung-handeln.html
    ↩︎
  5. Deutsches Institut für Menschenrechte. Parallelbericht an den UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zum 2./3. Staatenprüfverfahren Deutschlands. URN: urn:nbn:de:0168-ssoar-88609-2 .Erschienen: 08/2023.© 2025 DIMR – Deutsches Institut für Menschenrechte. Zugriff am 01.05.25 verfügbar unter https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/detail/parallelbericht-an-den-un-ausschuss-fuer-die-rechte-von-menschen-mit-behinderungen-zum-23-staatenpruefverfahren-deutschlands ↩︎

Titelbildquelle

Titelbild von MAKY.OREL@seznam.cz, veröffentlicht am 4. März 2018, Zugriff am 01.06.25 verfügbar unter https://pixabay.com/de/illustrations/tag-der-frauen-3198007/

Titel Tag Der Frauen

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