Eine Nachricht hier, ein kurzer Blick aufs Handy dort, zwischendurch noch kurz auf Social Media scrollen und plötzlich ist die Stunde vorbei, ohne dass man sagen könnte, was man eigentlich geschafft hat. Wer kennt das nicht? In einer Welt, die nie stillsteht, fällt es zunehmend schwer, bei einer Sache zu bleiben. Unsere Aufmerksamkeit wird heute als eines der wertvollsten Güter betrachtet, gleichzeitig aber in so viele Richtungen gelenkt wie nie zuvor. Doch was bedeutet das für unsere Konzentrationsfähigkeit? Verlieren wir im digitalen Dauerrauschen den Zugang zu unserer geistigen Klarheit? Und was können wir tun, um unseren Fokus zurückzugewinnen?
Psychologische Grundlagen der Konzentration
Konzentration ist die Fähigkeit, die eigene Aufmerksamkeit bewusst auf eine bestimmte Aufgabe oder einen Reiz zu richten und dabei störende Einflüsse auszublenden. Sie ist eng mit der selektiven Aufmerksamkeit verbunden, also der bewussten Fokussierung auf relevante Informationen bei gleichzeitiger Unterdrückung irrelevanter Reize. Diese Fähigkeit ist zentral für nahezu alle Formen zielgerichteten Denkens und Handelns, sei es beim Lernen, Arbeiten oder im Gespräch mit anderen (Abondo, 2023).
Neuropsychologisch betrachtet ist Konzentration eng mit dem Arbeitsgedächtnis verknüpft. Dieses System verarbeitet und speichert Informationen kurzfristig, während wir sie aktiv nutzen. Es hat jedoch eine begrenzte Kapazität, die schnell überlastet wird, wenn zu viele Reize gleichzeitig auf uns einwirken. Hinzu kommt, dass unser Gehirn zwar in der Lage ist, Informationen rasch zu erfassen, jedoch nicht dafür gemacht ist, dauerhaft zwischen verschiedenen Aufgaben zu springen (Theurer, 2022, S. 43-44).
Besonders problematisch wird es, wenn Konzentration nicht mehr durch innere Motivation, sondern durch äussere Reize gelenkt wird. In einer digitalisierten Umgebung, in der ständig neue Signale unsere Aufmerksamkeit fordern, wird diese Fähigkeit zunehmend herausgefordert. Das Gehirn versucht zwar, flexibel zu reagieren, aber jeder Wechsel zwischen Aufgaben kostet kognitive Energie und senkt die Verarbeitungstiefe. So bleibt vieles an der Oberfläche, während echte Vertiefung seltener wird (Becker, 2024, S. 208-209).
Konzentration ist also kein stabiler Zustand, sondern ein dynamischer Prozess, der immer wieder neu hergestellt werden muss. Dabei spielt nicht nur die Reizumgebung eine Rolle, sondern auch die innere Bereitschaft zur Fokussierung, das Interesse an der Aufgabe und der Umgang mit Ablenkungen (Heimsoeth, 2022, S. 168-169).
Digitale Reizüberflutung und ihre Folgen
In der heutigen Zeit ist unser Alltag von digitalen Technologien durchdrungen. Smartphones, Tablets, Laptops und Smartwatches begleiten uns nahezu rund um die Uhr. Sie informieren, erinnern, unterhalten und verbinden. Doch sie fordern auch ständig unsere Aufmerksamkeit. Jede Nachricht, jede Benachrichtigung, jeder neue Inhalt kann potenziell unsere Konzentration unterbrechen. Was früher als kurze Ablenkung galt, ist heute oft ein Dauerzustand geworden (Kreutzer, 2020, S. 99-101).
Viele Menschen glauben, durch Multitasking Zeit zu sparen und effizienter zu sein. Doch in Wahrheit überfordert das gleichzeitige Bearbeiten mehrerer Aufgaben das Gehirn. Es ist nämlich nicht dafür gemacht, zwei kognitiv anspruchsvolle Prozesse parallel auszuführen. Stattdessen springt es rasch zwischen den einzelnen Tätigkeiten hin und her, was zu einer Vielzahl kleiner Aufmerksamkeitsphasen führt. Dieser ständige Wechsel kostet geistige Energie und reduziert die Verarbeitungsqualität. Studien zeigen, dass Multitasking die Fehlerquote erhöht, die Bearbeitungsdauer verlängert und die Merkfähigkeit verschlechtert. Inhalte werden oberflächlicher aufgenommen und schneller wieder vergessen. Zudem entsteht ein Gefühl innerer Unruhe, weil der Geist selten zur Ruhe kommt. Wer versucht, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, verliert nicht nur an Konzentration, sondern auch an geistiger Ausdauer (Kreutzer, 2020, S. 49-50).
Hinzu kommt, dass digitale Inhalte häufig so gestaltet sind, dass sie unsere Aufmerksamkeit bewusst binden. Autoplay-Funktionen, Likes, Push-Mitteilungen und endloses Scrollen bedienen psychologische Mechanismen wie Belohnungserwartung und FOMO, also die Angst, etwas zu verpassen. Diese Faktoren führen dazu, dass wir häufiger zu digitalen Geräten greifen, als es uns eigentlich guttut und das oft sogar ohne bewusste Entscheidung (Habermann, 2024, S. 97-98).
Langfristig verändert dieser Zustand nicht nur unser Medienverhalten, sondern auch unsere Wahrnehmung von Zeit, Tiefe und geistiger Ruhe. Viele Menschen berichten von innerer Unruhe, sinkender Frustrationstoleranz und dem Gefühl, ständig „on“ sein zu müssen. In einer solchen Umgebung fällt es schwer, sich über längere Zeit hinweg auf eine einzelne Aufgabe zu konzentrieren. Digitale Reizüberflutung kann somit nicht nur die Leistung senken, sondern auch die psychische Belastung erhöhen (Kreutzer, 2020, S. 99-103).
Konzentration steigern – Strategien für mehr Fokus im digitalen Alltag
In einer Zeit ständiger Unterbrechungen ist die Fähigkeit, konzentriert zu arbeiten, wertvoller denn je. Um sie zu erhalten oder gezielt zu fördern, braucht es klare Entscheidungen im Alltag. Eine der wirksamsten Massnahmen ist der bewusste Umgang mit digitalen Geräten. Wer Benachrichtigungen reduziert, feste Bildschirmzeiten einführt oder Arbeitsphasen gezielt offline gestaltet, schafft die Grundlage für ungestörtes Denken (Konzentration im digitalen Zeitalter: Herausforderungen und Lösungen für Lernende, 2024). Auch das sogenannte Monotasking, das konzentrierte Bearbeiten einer einzigen Aufgabe, ist deutlich effektiver als der Versuch, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Es reduziert Fehler, fördert die Verarbeitungstiefe und steigert die Zufriedenheit mit dem eigenen Tun (Becker, 2024, S. 218).
Unterstützend wirken zudem kleine Pausen, die nicht mit neuen Reizen gefüllt werden. Schon wenige Minuten ohne Input können helfen, die Aufmerksamkeit zu regenerieren. Auch Achtsamkeit spielt eine zentrale Rolle. Wer lernt, Ablenkungen wahrzunehmen, ohne ihnen sofort nachzugeben, kann den Fokus gezielt zurücklenken. Kurze Übungen wie bewusstes Atmen oder gedankliche Check-ins schärfen die Wahrnehmung und fördern die geistige Klarheit (Abondo, 2023).
Nicht zuletzt ist Konzentration auch eine körperliche Angelegenheit. Ein gesunder Lebensstil mit ausreichend Schlaf, regelmässiger Bewegung und guter Ernährung unterstützt die geistige Leistungsfähigkeit erheblich. Konzentration ist keine Selbstverständlichkeit, sondern das Ergebnis eines bewussten Umgangs mit sich selbst und der Umgebung und genau darin liegt auch die Chance, sie im digitalen Alltag aktiv zu schützen und zu stärken (Heimsoeth, 2022, S. 170-172).
Fazit
Ich habe selbst erfahren, wie schnell man im digitalen Alltag den Fokus verliert. Die ständige Verfügbarkeit von Informationen, Nachrichten und Unterhaltungsangeboten kann die Konzentration immer wieder herausfordern. Besonders soziale Medien haben bei mir dazu geführt, dass ich mich phasenweise gestresst fühlte. Es war kein übermässiger Druck, aber doch genug, um meine Aufmerksamkeit regelmässig zu unterbrechen. Der bewusste Schritt, mich gezielt von diesen Plattformen zurückzuziehen, war für mich eine sinnvolle Entscheidung. Seither erlebe ich den Alltag ruhiger und klarer.
Auch das Handy in einem anderen Raum zu lassen, hat sich als hilfreich erwiesen. Allein dadurch entsteht eine spürbare Distanz, die das Bedürfnis nach ständigem Blickkontakt mit dem Gerät reduziert. Trotzdem merke ich, wie präsent die Versuchung bleibt. Push-Nachrichten, neue Apps oder kleine Impulse locken immer wieder zurück. Für mich ist deshalb klar, Konzentration braucht Aufmerksamkeit im doppelten Sinn. Es geht darum, achtsam mit der eigenen Zeit und Energie umzugehen und sich regelmässig bewusst für Ruhe und Fokus zu entscheiden.
Literaturverzeichnis
Abondo, J. (2023). Macht Social Media unsere Konzentration kaputt?. Köln: Quarks. Zugriff am 15.4.2025. Verfügbar unter: https://www.quarks.de/gesellschaft/psychologie/konzentration-aufmerksamkeit-handy-konzentrationsfaehigkeit/
Becker, F. (2024). Positive Psychologie. Berlin: Springer.
Habermann, K. (2024). Medienkompetenz bei Jugendlichen. Berlin: Springer.
Heimsoeth, A. (2022). 111 Mental Hacks. Wiesbaden: Springer.
Konzentration im digitalen Zeitalter: Herausforderungen und Lösungen für Lernende. (2024). . Frankreich: Educational Tools. Zugriff am 15.4.2025. Verfügbar unter: https://educational.tools/de/konzentration-im-digitalen-zeitalter-herausforderungen-und-loesungen-fuer-lernende/
Kreutzer, R. T. (2020). Die digitale Verführung. Wiesbaden: Springer.
Theurer, J. (2022). Zeitmanagement für Juristen. Wiesbaden: Springer Gabler.
Titelbildquelle:
Titelbild von Gaspar Uhas veröffentlicht am 11. Oktober 2021
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