Digitale Unterstützung als Schlüssel zur Inklusion
Die Integration digitaler Assistenzsysteme in Werkstätten eröffnet neue Möglichkeiten der beruflichen Teilhabe für Menschen mit hohen Unterstützungsbedarfen (Jörg Birgoleit).
Sie gelten als vielversprechende Werkzeuge, um Menschen mit Behinderungen eine selbstbestimmte Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen (BIH).
Das Ziel: Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen aktiv in industrielle Arbeitsprozesse einzubinden (Jörg Birgoleit). Selbstbestimmte Arbeit und Weiterentwicklung zu ermöglichen. Durch den Einsatz assistiver Technologien können Arbeitsplätze individuell angepasst werden – an Fähigkeiten, Lernfortschritte und Unterstützungsbedarfe (AWO-Kreisverband Siegen-Wittgenstein/Olpe).
Von der Anleitung zur Selbstständigkeit
Digitale Assistenzsysteme wie Chatbots oder virtuelle Agenten übernehmen alltägliche Aufgaben – etwa Terminverwaltung, Rückmeldung zu Arbeitsfortschritten oder Anleitungen bei komplexen Tätigkeiten. Durch adaptive Schnittstellen und barrierefreie Gestaltung können sie individuell auf die Bedürfnisse einzelner Personen abgestimmt werden (KomIn2Assist 2024).
Ein praktisches Beispiel zeigt das Potenzial: Bei einer manuellen Montage erkennt eine Kamera am Arbeitsplatz die Handbewegungen der Nutzerin oder des Nutzers. Das Smartphone reagiert darauf mit Anweisungen oder Hinweisen, falls eine Handlung in falscher Reihenfolge ausgeführt wurde. Auf diese Weise entsteht ein interaktives Lern- und Unterstützungssystem, das Hilfe bietet, ohne abhängig zu machen (BIH).
Vorteile:
Die digitalen Assistenzsysteme bieten den Beschäftigten zahlreiche Vorteile:
-Stärkung von Autonomie und Selbstständigkeit
-Erweiterung des Tätigkeitsspektrums und Erlernen neuer Fertigkeiten
-Zugang zu komplexen Arbeitsabläufen
-Individuelle Anpassung an persönliche Bedürfnisse
-Reduktion körperlicher und kognitiver Belastungen
-Förderung der Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt
Damit werden die Systeme zu einem wichtigen Baustein für eine inklusivere Arbeitswelt, in der Menschen mit Behinderungen als kompetente Fachkräfte eingebunden sind (AWO-Kreisverband Siegen-Wittgenstein/Olpe).
Auch für Unternehmen, die Aufträge an die Werkstätten vergeben, ergeben sich klare Vorteile:
-Hohe Präzision und geringe Fehlerquote
-Flexible Anpassung an verschiedene Fertigungsprozesse
-Standardisierte Abläufe und optimierte Produktivität (AWO-Kreisverband Siegen-Wittgenstein/Olpe)
-Förderung von Inklusion
– Organisationswissen sichern
-erleichterte Einarbeitungen
-Sprachbarrieren überwinden Klicken oder tippen Sie hier, um Text einzugeben.
So entstehen nicht nur inklusive Arbeitsplätze, sondern auch leistungsfähige Produktionsstrukturen, die wirtschaftliche und soziale Ziele verbinden (AWO-Kreisverband Siegen-Wittgenstein/Olpe; KomIn2Assist 2024).
Ein Beispiel:
In der Zukunftswerkstatt in Ibbenbüren wird im Rahmen des bundesweiten Netzwerks daaap (Digitale Assistenzsysteme am Arbeitsplatz) der kollaborativen Roboter „Sawyer“ einsetzt. Das Ziel: Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen aktiv in industrielle Arbeitsprozesse einzubinden.
Der rote Roboterarm „Sawyer“ wird genutzt, um Duschwannenfüße für einen Sanitärhersteller zu konfektionieren. Dabei arbeiten mehrere Personen als Team:
- Anna-Lena Kassner befüllt das Zählbrett mit Bauteilen,
- Jochen Kuhlmann steuert den Greifarm über einen Joystick,
- Ben Kandelhardt übernimmt die Befüllung und Kontrolle der Tütchen.
Der Roboter erkennt definierte Arbeitsfelder, greift die Teile, führt sie zum Abfülltrichter und wiederholt den Prozess in enger Abstimmung mit den Beschäftigten. Jeder Schritt wird über visuelle oder taktile Signale bestätigt (Jörg Birgoleit).
Softwarebasierte Inklusion – ein neuer Ansatz
Es entsteht also ein hybrider Arbeitsprozess, bei dem Mensch und Maschine gleichberechtigt interagieren. Der Roboter übernimmt Aufgaben, die für die Beteiligten motorisch oder kognitiv zu anspruchsvoll wären, und ermöglicht dadurch eine aktive Teilhabe am Produktionsprozess.
Die Steuerung des Roboters erfolgt über intuitive Bedienelemente wie Joystick und Signalgeber. Diese Kombination aus Künstlicher Intelligenz und assistiver Technologie versetzt Menschen mit schweren Behinderungen in die Lage, autonom und selbstbestimmt zu arbeiten.
Technisch kann an die individuellen Fähigkeiten angepasst werden– ohne spezielles IT-Wissen. Inhalte lassen sich modular gestalten, beispielsweise mit Icons für Personen mit Leseschwäche oder mit besonders kleinschrittigen Anleitungen für kognitiv beeinträchtigte Mitarbeitende (Jörg Birgoleit).
Das Projekt will zeigen, dass softwarebasierte Systeme nicht nur körperliche, sondern auch kognitive Barrieren am Arbeitsplatz abbauen können. Damit erweitert sich der Blick auf technische Hilfsmittel: von reiner Kompensation hin zu aktiver Befähigung (BIH).
Fazit
Es wird deutlich, wie Robotik und KI neue Wege für Inklusion eröffnen können. Kollaborative Roboter fungieren dabei nicht als Ersatz menschlicher Arbeit, sondern als Ermöglicher: Sie schaffen Zugang zu Tätigkeiten, die zuvor unzugänglich waren, und fördern Selbstwirksamkeit, Teamarbeit und Freude an produktiver Arbeit.
Digitale Assistenzsysteme sind mehr als technische Werkzeuge – sie sind Instrumente gesellschaftlicher Teilhabe. Indem sie Menschen mit Behinderungen befähigen, aktiv und eigenständig am Arbeitsleben teilzunehmen, tragen sie zu einer inklusiven, zukunftsfähigen Arbeitswelt bei, von der alle profitieren: Beschäftigte, Werkstätten und Auftraggeber gleichermaßen.
Literaturverzeichnis:
AWO-Kreisverband Siegen-Wittgenstein/Olpe (Hg.): Assistive Technologien & Digitalisierung- für eine inklusive Zukunft. Online verfügbar unter https://www.awo-siw.de/siegener-werkst%C3%A4tten/assistive-technologien-digitalisierung/.
BIH: Assistenz für die Hosentasche. Interview mit Alexander Kuhn. Online verfügbar unter https://www.bih.de/integrationsaemter/zb-magazin/ausgabe-01-2023/assistenz-fuer-die-hosentasche/
Jörg Birgoleit: Arbeiten mit dem Roboter: Teilhabe für Menschen mit hohen Unterstützungsbedarfen. Hg. v. Ledder Werkstätten. Diakonie RWL. Online verfügbar unter https://www.ledderwerkstaetten.de/arbeiten-mit-dem-roboter-teilhabe-fuer-menschen-mit-hohen-unterstuetzungsbedarfen/.
KomIn2Assist (Hg.) (2024): Einsatz digitaler Assistenzsysteme zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz: Das Projekt Komin2Assist. FEMOS gemeinnützige GmbH – gefördert durch Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Online verfügbar unter https://www.komin2assist.de/post/einsatz-digitaler-assistenzsysteme-zur-unterst%C3%BCtzung-von-menschen-mit-behinderung-am-arbeitsplatz-d.
Bildquelle:
Urheber: Daimler und Benz Stiftung
Lizenz unter: CC BY-SA 3.0 de
Lizenztext: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Db_tuda_jes2899_a.jpg
Titel: Dank Sensoren können kollaborative Roboter (Cobots) direkt mit Menschen interagieren. Db tuda jes2899 a.jpg
Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Kollaborativer_Roboter#/media/Datei:Db_tuda_jes2899_a.jpg






