Digitale Medien gehören längst zum Familienalltag, und damit auch zur Lebenswelt der Jüngsten. Kinder unter drei Jahren bedienen Touchscreens oft intuitiv, sehen Videos oder fotografieren mit ihren Eltern. Was im Privaten beginnt, zeigt sich zunehmend im Kita-Alltag. Kinder erzählen von YouTube-Videos, imitieren Inhalte oder und bringen Geräte mit. Was bedeutet diese frühe Mediennutzung für die pädagogische Arbeit und welche Rolle spielen Eltern als Vorbilder, Entscheider und Wegbegleiter?

Medienfreie Zone trifft Medienrealität – Kitas im Spannungsfeld digitaler Kindheit

Viele Kindertageseinrichtungen verstehen sich als ‚medienfreie Räume‘, obwohl Kinder bereits im frühen Alter vielfältige Medienerfahrungen mitbringen. Fachkräfte berichten, dass Kinder beim Ankommen Videos auf dem Smartphone sehen oder Inhalte nachspielen, was zu Spannungen zwischen der pädagogischen Haltung und der Lebensrealität der Kinder führt. (Vgl. Bichsel 2023)

Oft besteht eine Diskrepanz zwischen dem medienpädagogischen Konzept der Einrichtung und der familiären Praxis. (Vgl. Kutscher und Bouillon 2018, S. 81) PädagogInnen stehen vor der Herausforderung, Kinder in ihrer Medienwirklichkeit ernst zu nehmen und gleichzeitig mit Eltern ins Gespräch zu kommen.

Zwischen Verantwortung und Überforderung – Eltern im digitalen Familienalltag

Risiken:
Eltern greifen häufig intuitiv zu digitalen Medien – aus Zeitnot, zur Ablenkung oder um Konflikte zu vermeiden. Dabei kann es zu unbeabsichtigten Nebenwirkungen kommen: Reizüberflutung, Konzentrationsschwächen oder negative Auswirkungen auf die Sprachentwicklung sind mögliche Folgen. Besonders problematisch: die Nutzung zur Beruhigung, ohne echte Interaktion. Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) warnt davor, dass digitale Medien insbesondere im Kleinkindalter häufig zur Ablenkung oder Beruhigung eingesetzt werden – mit potenziell nachteiligen Effekten auf die Entwicklung. (Vgl. BZgA 2022)

Chancen:
Gleichzeitig bieten digitale Angebote auch Chancen – vorausgesetzt, sie werden begleitet: Interaktive Bilderbücher, Sprachanlässe durch Fotos, Lernapps oder altersgerechte Videos können kindliche Interessen aufgreifen und fördern. Viele Eltern wünschen sich hier Orientierung und verständliche Informationen, was „gute Mediennutzung“ im Alltag eigentlich bedeutet. Die Broschüre Zeit für Digitales – Medien und Digitales – Elterninfo der BZgA bietet hierzu praxisnahe Empfehlungen für Eltern, um den digitalen Alltag ihrer Kinder sinnvoll zu gestalten. (BZgA 2022)

Allein geht es nicht – Warum Medienbildung Elternarbeit brauch

Frühkindliche Medienbildung gelingt nur gemeinsam mit den Eltern. Kitas, die dieses Thema offen und dialogisch aufgreifen, schaffen wichtige Grundlagen.

Die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH 2018) unterstützt ebenfalls die Medienkompetenzförderung in Kitas durch verschiedene Projekte und Veranstaltungen. Ein Beispiel ist der Praxistag: Medienerziehung in Hamburger Kitas, bei dem Workshops und Vorträge zu Themen wie Sprach- und Medienbildung angeboten werden. Diese Initiative zeigt, wie digitale Medien als Werkzeuge für die pädagogische Arbeit genutzt werden können. (MA HSH 2018)

Bildschirm aus oder an? – Medienbildung braucht Haltung, Austausch und Augenmaß

Die Digitalisierung macht auch vor der Kita nicht halt. Doch Medienbildung beginnt nicht erst beim Tablet in der Gruppe, sondern in der Familie. Eltern sind heute mehr denn je gefordert, begleitet und unterstützt von pädagogischen Fachkräften digitale Vorbilder zu sein.

Kindgerechte Medienbildung heißt nicht Bildschirmverzicht um jeden Preis, sondern Kinder mit Bedacht in eine Welt zu begleiten, die längst Teil ihrer Realität ist. Gemeinsam, reflektiert und altersgerecht mit Blick auf Chancen, Schutz und Teilhabe.

Literatur

Bichsel, B. (2023): Kitas als bilschirmfreier Raum. Hg. v. Jugend und Medien. Online verfügbar unter https://www.jugendundmedien.ch/blog/detail/kitas-als-bildschirmfreier-raum, zuletzt geprüft am 16.05.2025 BZgA (Hg.) (2022): Zeit für Digitales. Medien und Digitales – Elterninfo. Online verfügbar unter https://shop.bzga.de/pdf/11041410.pdf.
Kutscher, N.; Bouillon, R. (2018): Kinder. Bilder. Rechte. Persönlichkeitsrechte von Kindern im Kontext der digitalen Mediennutzung in der Familie (4). Online verfügbar unter https://www.dkhw.de/filestorage/1_Informieren/1.1_Unsere_Themen/Kinder_und_Medien/Studien/DKHW_Schriftenreihe_4_KinderBilderRechte.pdf, zuletzt geprüft am 14.05.2025.
MA HSH (Hg.) (2018): Praxistag: Medienerziehung in Hamburger Kitas. Medienerziehung gehört in die Kita! Online verfügbar unter https://www.ma-hsh.de/infothek/veranstaltung/fruehe-kindheit-und-medien-medienpaedagogik-in-der-kita.html, zuletzt geprüft am 17.05.2025.

Bildquelle

social-media-1233873_1280 von Gerald über Pixabay online verfügbar unter: https://pixabay.com/de/illustrations/social-media-interaktion-frau-1233873/ Aufruf am 19.06.2025

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