By Published On: 9. Oktober 2025Categories: Design, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Technologie, Wirtschaft

Sensoren, Daten und Vernetzung sollen Verkehr, Energie und Sicherheit verbessern. Aber wie lebenswert sind solche Städte wirklich?

Smart Cities beschreiben einen städtischen Raum, der durch den gezielten Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) effizienter und ressourcenschonender gestaltet werden soll (Chourabi et al., 2012, 45th Hawaii International Conference on System Sciences). Dabei stehen insbesondere folgende Handlungsfelder im Fokus: Mobilität, Energieversorgung, Umweltmanagement, Verwaltung und soziale Teilhabe.

Die technologische Basis für die sog. „Smart Cities“ bilden Sensoren, Netzwerke und Algorithmen. Diese erfassen in Echtzeit Daten, wie bspw. zum Verkehrsfluss, Energieverbrauch oder zur Luftqualität. Diese in Echtzeit erfassten Daten ermöglichen adaptive Steuerungen urbaner Systeme. Ein Beispiel ist das sogenannte „Smart Traffic Management“. Dieses System soll dazu dienen Staus zu reduzieren und Emissionen zu senken. Das System funktioniert dadurch, dass KI-gestützte Ampelsysteme in Abhängigkeit von Verkehrsdaten gesteuert werden (Zanella et al., 2014, S. 22-32).

Politische und wirtschaftliche Akteure erhoffen sich von Smart Cities nicht nur ökologische Effekte, sondern auch Effizienzsteigerungen in der Verwaltung, mehr Sicherheit durch Videoüberwachung mit KI-Erkennung sowie neue Formen der Partizipation über digitale Bürgerplattformen (Albino et al., 2015, Journal of Urban Technology).

Intelligente Infrastrukturen zwischen Effizienz und Überwachung

Besonders im Bereich der Mobilität zeigen sich die Potenziale intelligenter Systeme. Vernetzte Verkehrsleitsysteme, E-Mobilitätsangebote und Sharing-Modelle sollen urbane Mobilität nachhaltiger und individueller gestalten. Auch das Energiemanagement profitiert von intelligenten Netzen, den sog. „Smart Grids“, die Erzeugung und Verbrauch flexibel aufeinander abstimmen (Giffinger & Gudrun, 2010, S.7f.).

Allerdings werfen diese technologischen Eingriffe auch ethische und rechtliche Fragen auf, wie: Wer Zugriff auf die gesammelten Daten hat?  Wie die Privatsphäre geschützt wird? Und wie demokratische Kontrolle gewährleistet werden kann?  Die permanente Datenerhebung durch Sensoren und Kameras birgt die Gefahr einer sog. „Stadt der Kontrolle“, in der Bewegungs- und Konsummuster lückenlos nachvollziehbar werden (Kitchin, 2016, S.8).

Kritiker warnen vor der Entwicklung zur sogenannten „Surveillance City“, in welcher technologische Mittel nicht primär der Lebensqualität, sondern der Effizienz- und Sicherheitslogik dienen (Greenfield, 2013, S. 43).

Soziale Dimensionen und Fragen der Teilhabe

Ein zentrales Versprechen der Smart Cities ist die Steigerung urbaner Lebensqualität. Doch was bedeutet „Lebensqualität“ im Kontext technologisch optimierter Städte? In einem Artikel von Robert G. Hollands aus dem Jahre 2008 wird geschildert, dass smarte Technologien vor allem in hochentwickelten urbanen Zentren implementiert werden. Dies geschieht meist in Form von Pilotprojekten oder durch privatwirtschaftliche Akteure mit spezifischen Interessen.

Geringverdienende Bevölkerungsgruppen, Senioren oder digital weniger affine Menschen laufen Gefahr, von digitalen Diensten ausgeschlossen zu werden. So sind etwa App-basierte Verwaltungstools oder Mobilitätsangebote nur für jene zugänglich, die über entsprechende Endgeräte und digitale Kompetenzen verfügen (Vanolo, 2014, S. 4).

Darüber hinaus können Smart-City Initiativen bestehende soziale Ungleichheiten verschärfen. Das kann bspw. dadurch passieren, dass eine datengetriebene Stadtentwicklung zur Gentrifizierung beiträgt oder bestimmte Stadtteile bevorzugt mit digitalen Infrastrukturen ausgestattet werden. Statt einer inklusiven Stadtentwicklung droht die Entstehung „smarter Inseln“ innerhalb sozial fragmentierter Städte.

Chancen nutzen und Risiken aktiv gestalten

Aus meiner Sicht bietet das Konzept der Smart City wichtige Impulse für die nachhaltige und ressourcenschonende Gestaltung urbaner Räume. Insbesondere im Bereich der Energie- und Verkehrsoptimierung liegen große Potenziale, die dabei helfen können, die Herausforderungen des Klimawandels und der Urbanisierung zu bewältigen.

Allerdings muss Technologie immer Mittel zum Zweck bleiben. Eine rein technokratische Umsetzung, gesteuert von Unternehmen oder Verwaltungen ohne demokratische Einbindung, birgt die Gefahr der Entfremdung und sozialen Spaltung. Die Frage, wie lebenswert eine Stadt ist, lässt sich nicht allein anhand von CO₂-Werten oder Mobilitätsdaten beantworten. Es braucht Räume für menschliche Begegnung, soziale Vielfalt und kulturelle Teilhabe. Entscheidend ist daher, dass die Entwicklung smarter Städte partizipativ gestaltet wird. Mit echten Mitbestimmungsmöglichkeiten, transparenten Entscheidungsprozessen und einem verantwortungsvollen Umgang mit Daten. Nur so kann eine technologische Aufrüstung des urbanen Raums auch tatsächlich zu einer lebenswerten, sozialen und gerechten Stadt beitragen.

Fazit: Auf dem Weg zur verantwortungsvollen Smart City

Smart Cities stehen an der Schnittstelle von Technologie, Gesellschaft und Politik. Sie bergen ein enormes Potenzial, urbanes Leben effizienter zu gestalten. Doch Technologie allein macht keine Stadt lebenswert. Es kommt darauf an, wie diese Technologien eingesetzt werden.

Eine zukunftsfähige Smart City muss sozial ausgewogen und ökologisch verantwortungsvoll entwickelt werden. Andernfalls droht eine technisierte, aber entfremdete Stadt, in der Effizienz über Teilhabe gestellt wird. Die Herausforderung besteht also darin, den digitalen Fortschritt mit den Grundwerten urbanen Zusammenlebens in Einklang zu bringen. Für Städte, die nicht nur smart, sondern auch menschlich sind.

Literaturverzeichnis

Titelbildquelle

Titelbild: Zeitraffer, Stadtbildfotografie, während der Nachtzeit. Veröffentlichungsdatum: 18.06.2021.

Künstler: Kostiantyn Stupak: Abgerufen am 11.09.2025. Verfügbar unter: https://www.pexels.com/de-de/foto/zeitraffer-stadtbildfotografie-wahrend-der-nachtzeit-599982/.

Nutzungsbedingungen: https://www.pexels.com/de-de/imprint/.

Lizenzbedingungen:      https://www.pexels.com/de-de/lizenz/.

Literaturquellen

Albino, V., Berardi, U., & Dangelico, R. M. (2015). Smart Cities: Definitions, Dimensions, Performance, and Initiatives. London: Journal of Urban Technology.  Abgerufen am: 17.09.2025, verfügbar unter: http://www.cl.uw.edu.pl/dok/smart_cities.pdf,  (1) 22, 3‑21.

Chourabi, H., Nam, T., Walker, S., Gil-Garcia, J. R., Mellouli, S., Nahon, K., … & Scholl, H. J. (2012). Understanding Smart Cities: An Integrative Framework. Maui: 45th Hawaii International Conference on System Sciences, 2289‑2297.

Giffinger, R., & Gudrun, H. (2010). Smart cities ranking: an effective instrument for the positioning of the cities? Spanien: ACE (Arquitectura Ciudad y Entorno), 4(12), 7-25.

Greenfield, A. (2013). Against the Smart City. Burgwedel: Do projects.

Hollands, R. G. (2008). Will the real Smart City please stand up? In City, analysis of urban trends, culture, theory action. London: Routledge, (3)12, 303‑320.

Kitchin, R. (2016). The ethics of smart cities and urban science. County Kildare, Irland: National Institute for Regional and Spatial Analysis, National University of Ireland Maynooth, 374(2083), 20160115.

Vanolo, A. (2014). Smartmentality: The Smart City as disciplinary strategy. In Urban Studies. Thousand Oaks: SAGE Publications Ltd, (5) 51, 883‑898.

Zanella, A., Bui, N., Castellani, A., Vangelista, L., & Zorzi, M. (2014). Internet of Things for Smart Cities. New York: IEEE Internet of Things Journal, (1)1, 22‑32. 

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