By Published On: 6. Juni 2025Categories: Gesundheit, Inklusion, Literaturempfehlungen, Soziales
(Quelle: Eigene Darstellung)

HEP ein wahrer Alles-Könner !

Berufsbild der Heilerziehungspflege

Das Heilerziehungspflege Handbuch – Kernbegriffe und Konzepte des Cornelsen Verlag beschreibt den Heilerziehungspfleger als Fachkraft in der Behindertenhilfe, der Menschen mit Behinderung sozialpädagogisch und (sozial-)pflegerisch begleitet und assistiert. Er fördert die Entwicklung dieser zu einem selbst bestimmten Leben und schafft durch die schulische, berufliche und soziale Integration Rahmenbedingungen für die Teilhabe in der Gesellschaft. Die Bezeichnung Heilerziehungspflege ist inzwischen umstritten und wird als unverständlich betitelt. Eine Idee für eine Neubezeichnung ist die Umbenennung zu „Fachkraft für Teilhabe und Pflege“. Ob die Durchsetzung und damit Umbenennung tatsächlich erfolgt, ist noch nicht abschließend geklärt. (Friedrich, B.; Henkel, M.; Kemper, J.; Richardt, M.(2019) S.53)

Inhaltliche Kurzvorstellung des Heilerziehungspflege Handbuchs

Das Handbuch startet mit dem Vorwort, indem sich die Autoren vorstellen und einleitende Fragen sowie Inhalte des Arbeitsfelds der Heilerziehungspflege wiedergeben. Es folgt die Einleitung mit der Entwicklung des Berufsbilds. Von Defizitorientierung und Ausgrenzung, Verwahrung, der Beginn des Paradigmenwechsels in der Behindertenhilfe in den 1960iger Jahren bis hin zur bedingungslosen Teilhabe wird alles kurz, aber prägnant angeschnitten. Anschließend folgt der erste Teil des Handbuchs mit dem Glossar. Auf 127 Seiten werden in Form einer Tabelle mit zwei Spalten Begriffe aufgegriffen, die in Berührung mit dem Bereich der Heilerziehungspflege stehen. Alphabetisch sortiert scheint hier alles dabei zu sein von A wie Aggression zu H wie Herzinfarkt, S wie Stimmstörung und Z wie Zwang, der zum Beispiel als Beschränkung der Handlungsfreiheit einer (anderen) Person beschrieben wird. Im Teil 2 ist ebenfalls der Aufbau nach dem Alphabet. Hier ist der Inhalt als Übersichtswissen definiert. So gibt es hier schon mehr Details. Zum Beispiel ist hier u.a. nachzuschlagen das Thema Autoaggression. Aufgebaut wird jedes Thema mit dem Bezug zum heilerziehungspflegerischen Handeln, einer allgemeinen Beschreibung des Themas, bei diesem Beispiel der Autoaggression wird die Entstehung des Verhaltens sowie die Häufigkeit/Verbreitung sowie die Therapie/Hilfsmitteln benannt. Dieser Teil erstreckt sich über 209 Seiten. Abschließend folgt der im Teil 3 des Handbuchs der Anhang mit Arzneimittelgruppen, Internetadressen und dem Bildquellenverzeichnis.

Das Handbuch ist zum Nachschlagen und Verstehen und beinhaltet mehr als 2000 Fachwörter der Heilerziehungspflege, welche erläutert werden. Dazu kommen über 100 Phänomene, Behinderungsbilder, Konzepte und Methoden, die vorgestellt werden. Tabellen, Grafiken, Fotos und Illustrationen ergänzen all diese Inhalte.

Verwendung des Handbuchs im eigenen Alltag

In meinem Alltag nutze ich das Handbuch mit Kernbegriffen und Konzepten hauptsächlich mit Schüler:innen oder es wird ebenso von diesen genutzt. Ich selbst bin tätig in einer Einrichtung der Behindertenhilfe und bilde dort u.a. Personen im Bereich der Heilerziehungspflege aus. Das Handbuch unterstützt mich den Schüler:innen und Wissbegierigen etwas „in die Hand“ zu geben und ihnen die Fülle unseres Bereichs etwas sichtbarer zu machen.

Es bringt die Möglichkeit deutlich zu machen, dass man im Bereich der Heilerziehungspflege nicht intuitiv Menschen begleitet. Die Ziele und Handlungen in diesem Bereich werden nicht aus dem eigenen Bauch heraus erarbeitet und umgesetzt. Stattdessen stellt das Wissen, um eine Vielzahl an Themen, mit welchen man bei der Arbeit mit Menschen in Berührung kommen kann, eine Basis dar. Themen und Wissen, auf das man zurückgreift, wenn man professionell unterschiedlichste und individuelle Menschen begleiten, fördern und befähigen möchte.

Eigene Sicht und Erfahrung bei der Verwendung des Handbuchs und im Bereich Heilerziehungspflege

Aus meiner Sicht und Erfahrung heraus hilft mir Wissen, um ein Verständnis in der Begleitung der unterschiedlichsten Menschen zu entwickeln. Mit Verständnis meine ich nicht Mitleid oder Toleranz für insbesondere grenzüberschreitende Verhaltensweisen. Vielmehr meine ich damit eine fachliche Ebene, mit der sich Verhaltensweisen erklären und „verständlich“ machen lassen, statt sie zu bewerten und zu beurteilen. Konkret möchte ich hier als Beispiel das Thema Autoaggression aufgreifen. Im Handbuch wird auf Seite 167 beschrieben, dass Autoaggression eine Form der Kommunikation darstellen kann, wenn Betroffenen keine andere Interaktionsmöglichkeit zur Verfügung steht, wie bei Überforderung, Unwohlsein oder Trauer.(Friedrich, B.; Henkel, M.; Kemper, J.; Richardt, M.(2019)) Im Sinne meines Verständnisses kann ich aus meiner Rolle heraus, nämlich als tätige Person im Bereich der Heilerziehungspflege, diese Verhaltensweise annehmen mit dem Wissen darüber, dass das beispielsweise Schlagen ins eigene Gesicht als eine Form der Kommunikation definiert ist.

Klingt vielleicht für den einen oder anderen skurril, es ist dennoch die Kommunikationsform der Person selbst, die als solches angenommen werden sollte ! Es ist vielleicht mein eigener persönlicher Impuls ein solches Verhalten unmittelbar unterbinden und darauf eingreifen zu wollen. Dies kann auch eine Möglichkeit sein, aber es kann eben auch nur und sollte im professionellen Rahmen im Bereich der Heilerziehungspflege nicht aus dem eigenen Impuls heraus durchgeführt werden.

Stattdessen wird im Weiteren im Handbuch auf der gleichen Seite beschrieben, dass zunächst das Verhalten beobachtet werden und durch Variationen der Umgebungsbedingungen eine Ursachenerklärung erfolgen sollte. Diese kann vielfältig ablaufen. Zum Bereich der Heilerziehungspflege gehören die Begleitung zum Arzt, um u.a. Schmerzen ausschließen zu können, aber besonders auch die Anpassung der Rahmenbedingungen mit auf die Person abgestimmten Angeboten.(Friedrich, B.; Henkel, M.; Kemper, J.; Richardt, M.(2019)) Diese können aus meiner Sicht insbesondere im Bereich der Förderung der kommunikativen Fähigkeiten liegen. Angebote für die betroffene Person, um eventuell alternative Kommunikationsmethoden zu üben und zu lernen.

Eigene mögliche Lernerfolge im Bereich der Heilerziehungspflege

Als Heilerziehungspfleger:in lernt man nicht nur andere besonders gut zu beobachten. Man übt sich auch in Fachwörtern und -begriffen. Es begegnen einem vielseitige Phänomene sowie Behinderungsbilder und -formen. Auch wendet man verschiedene Herangehensweisen an und wählt zwischen unterschiedlichen Methoden oder kombiniert diese im Alltag. Neben all diesem, lernt man dabei auch sich selbst immer besser kennen. Welche „typischen Verhaltensweisen“ habe ich eigentlich? Welche Impulse habe ich, die mir gelegen kommen, um Menschen begleiten zu können und welche „behindern“ die Person vielleicht ?

Persönliches Schlussresümee zu der Tätigkeit im Bereich der Heilerziehungspflege

Einfach spannend ! Aufregend ! Vielseitig ! Der Bereich der Heilerziehungspflege ist eben ein Bereich für wahre Alles-Könner, aber niemals Alles-Kenner ! Denn mit jeder neuen Situation bekommt man die Möglichkeit genauer die Person, die man begleitet und unterstützen möchte, sowie sich selbst besser kennenzulernen !

Quelle

  • Friedrich, B.; Henkel, M.; Kemper, J.; Richardt, M.(2019)Heilerziehungspflege Handbuch Kernbegriffe und Konzepte, Cornelsen Verlag
  • Bildquellen: Eigene Darstellung

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