By Published On: 22. Februar 2021Categories: Kommunikation, Psychologie, Wirtschaft

Voller Elan startet die Führungskraft ihre sorgfältig vorbereitete und eingeübte Präsentation. Mit Vorfreude werden spannende Fragen, Feedback oder gar Beifall erwartet. Doch die Realität sieht oft anders aus. Folie um Folie zieht sich die Präsentation in eine schier unendliche Länge. Eine Welle des Gähnens flutet die Reihen. Zum Schluss blickt der Vortragende in gelangweilte und ahnungslose Gesichter. Kommt Ihnen diese Situation bekannt vor? Viele Unternehmen suchen heutzutage nach Möglichkeiten, ihre Mitarbeiter in kreativer und nachhaltiger Art und Weise zu erreichen. Denn nackte Fakten und lieblos gestaltete Präsentationen hinterlassen selten einen bleibenden Eindruck, oder, wie Hermanni (2016, S. 219) es formuliert: „Unser Verstand benötigt Metaphern, kurze Geschichten, bildhafte Übertragungen, aus denen Schlüsse gezogen werden können. Anderenfalls verhält sich unser Geist wie eine Pflanze, die Kunstmist von Kuhmist nicht unterscheiden kann.“ In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, was sich hinter dem Begriff „Storytelling“ verbirgt, warum und wie Geschichten in Unternehmen positiv wirken können und welche Aspekte eine gute Story ausmachen.


Was ist Storytelling?

 „Storytelling bedeutet, Geschichten gezielt, bewusst und gekonnt einzusetzen, um wichtige Inhalte besser verständlich zu machen, um das Lernen und Mitdenken der Zuhörer nachhaltig zu unterstützen, um Ideen zu streuen, geistige Beteiligung zu fördern und damit der Kommunikation eine neue Qualität hinzuzufügen“ (Lutschewitz 2020, S. 5). Ziel ist es, komplexe Sachverhalte zu vereinfachen und nachvollziehbar zu machen (Etzold 2017, S. 4). Mittels Storytelling in der Unternehmenskommunikation vermittelt ein Unternehmen seine Werte und Visionen und appelliert zugleich an die jeweilige Zielgruppe, warum diese das Unternehmen unterstützen sollten (Lutschewitz 2020, S. 5). Dabei ist Storytelling keine Erzählung, die falsche Versprechen macht und der Fantasie entspringt (sogenanntes „Fairytelling“) (Etzold 2017, S. 4). Vielmehr basiert die Story auf Fakten und Daten und spricht auch Probleme sowie Konflikte an (Lutschewitz 2020, S. 5). Storytelling versucht eigene und fremde Erfahrungen in Emotionen zu übersetzen, um das Interesse der Rezipienten zu wecken und diese zu überzeugen (Chlopczyk 2017, S. 2; Lutschewitz 2020, S. 6). „Es geht um Glaubwürdigkeit und Plausibilität, um Überzeugungskraft und Attraktivität“ (Chlopczyk 2017, S. 2). Doch was genau muss beim Kreieren einer Story beachtet werden? Was macht eine gute Story aus?


Storytelling in der Praxis – Tipps für Führungskräfte

Gerade innerhalb eines Unternehmens können Führungskräfte ihren Mitarbeitern die Unternehmenswerte und -visionen mithilfe von Storys näherbringen und so die Mitarbeiterbindung positiv beeinflussen. Angelehnt an Hermanni (2016, S. 222) können folgende Anhaltspunkte als Orientierung dienen, um eine gute Story zu entwickeln:

  • Eigene Erfahrungen bilden die Basis einer guten Story. Blicken Sie in Ihre Vergangenheit. Welche Situation verlief ungewöhnlich oder anders als erwartet? Welche Ereignisse bleiben Ihnen bis heute im Gedächtnis? Verwenden Sie idealerweise Situationen, in denen ein Problem bestand, welches Sie lösen konnten. Beziehen Sie ihre eigenen Kompetenzen ein.
  • Die Geschichte sollte innerhalb weniger Minuten erzählt werden können, die eigene Persönlichkeit widerspiegeln und etwas in den Rezipienten (Mitarbeitern) auslösen, bspw. Bilder oder Emotionen. Der Zuhörer soll sich mit der Story oder dem Protagonisten identifizieren können.
  • Was unterscheidet Ihr Unternehmen bzw. Ihre Vision von anderen? Welche Alleinstellungsmerkmale können Sie in Ihre Story einbauen, um Ihre Individualität zu betonen?
  • Achten Sie auf die Formulierung und Umschreibung Ihrer Story. Wählen Sie Bilder, die mit positiven Assoziationen verbunden sind.
  • Regen Sie Ihre Zuhörer dazu an, aus Ihrer Story eine Lehre zu ziehen. Animieren Sie sie dazu, über ihre eigenen Erfahrungen und Erlebnisse nachzudenken und diese zu reflektieren.
  • Üben Sie Ihre Story vor vertrauten Menschen, bitten Sie um Feedback und perfektionieren Sie die Erzählung.

Etzold (2017, S. 10) ergänzt hierzu noch, dass man eine ideale Story in einem Satz oder gar einem Wort zusammenfassen kann und ein starkes Intro früh das Interesse der Zuhörer weckt. Außerdem können Geschichten mithilfe von Helden- und Schurkenfiguren spannender gestaltet werden. Darüber hinaus sollte überlegt werden, zu welchem Anlass der Einsatz einer Story angemessen erscheint. Beispiele hierfür sind Meilensteine der Unternehmensentwicklung, Jubiläen, Reflektieren der Unternehmenskultur, Entwicklung neuer Unternehmensvisionen, Integration neuer Mitarbeiter bspw. bei Unternehmenszusammenschlüssen, Change-Prozesse oder die Einführung eines neuen Produktes (Krüger 2015, S. 128–129).


Fazit

Storytelling ist eine kreative Technik, die zur positiven Beeinflussung der Mitarbeiterbindung genutzt werden kann. Sie zielt darauf ab, dass sich Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren und so auch ihr Engagement erhöhen. Besonders durch die Digitalisierung und die sozialen Medien werden immaterielle Vermögenswerte für Unternehmen zudem immer wichtiger. Dazu gehört auch die Message, die an die Stakeholder kommuniziert wird (Etzold 2017, S. 5). Durch Storytelling können somit nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch andere Rezipienten, wie bspw. Kunden, erreicht werden. Daher wird Storytelling u. a. auch in der Werbung oder Marktforschung genutzt (Ruckenbrod 2017, S. 253). Auch in komplett anderen Bereichen, bspw. der Pädagogik und Lehre, bewährt sich Storytelling als innovative Methode (Landrum et al. 2019, S. 247). Zwar zeigt sich in der Praxis, dass Storytelling bereits weitläufig strategisch eingesetzt wird (Krüger 2015, S. 185–186), jedoch stehen umfangreiche empirische Arbeiten zur Stärke des Einflusses von Storytelling auf die Mitarbeiterbindung noch aus. Interessant wäre zudem ein Vergleich zwischen Storytelling und andere Methoden zur Stärkung der Mitarbeiterbindung. Für weiterführende Informationen zum Thema empfiehlt sich die zitierte Literatur.


Literaturverzeichnis

Chlopczyk, Jacques (2017): Beyond Storytelling – Von der Idee zum Buch. In: Jacques Chlopczyk (Hg.): Beyond Storytelling. Narrative Ansätze und die Arbeit mit Geschichten in Organisationen. Berlin, Germany: Springer Gabler, S. 1–4.

Etzold, Veit (2017): Wenn Sie nicht anders sind, dann seien Sie besser billig – Wie sich Unternehmen mit einer guten Story in einer überkommunizierten Welt differenzieren. In: Annika Schach (Hg.): Storytelling. Geschichten in Text, Bild und Film. Wiesbaden: Springer Gabler, S. 3–12.

Hermanni, Alfred-Joachim (2016): Business Guide für strategisches Management. 50 Tools zum geschäftlichen Erfolg. Wiesbaden: Springer Gabler. Online verfügbar unter http://www.springer.com/.

Krüger, Florian (2015): Corporate Storytelling. Theorie und Empirie narrativer Public Relations in der Unternehmenskommunikation. Zugl.: Hohenheim, Univ., Diss., 2014. Wiesbaden: Springer VS (Research).

Landrum, R. Eric; Brakke, Karen; McCarthy, Maureen A. (2019): The pedagogical power of storytelling. In: Scholarship of Teaching and Learning in Psychology 5 (3), S. 247–253. DOI: 10.1037/stl0000152 .

Lutschewitz, Claudia (2020): Storytelling und Leadership. Inspirieren und motivieren durch Geschichten. 1st ed. 2020. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden; Imprint: Springer Gabler (essentials).

Ruckenbrod, Marco (2017): Markenbindung durch Dramaturgie – Welchen Einfluss narrative Muster auf die Beziehung zwischen Mensch und Marke haben. In: Jacques Chlopczyk (Hg.): Beyond Storytelling. Narrative Ansätze und die Arbeit mit Geschichten in Organisationen. Berlin, Germany: Springer Gabler, S. 251–274.



Beitragsbild von „Tumisu“ auf Pixabay: https://pixabay.com/photos/tale-story-pirates-fantasy-4221486/

Teile diesen Artikel