Was junge Talente wirklich wollen
Sie sind gut ausgebildet, digital vernetzt, engagiert und gleichzeitig anspruchsvoll, wenn es um Arbeitsbedingungen, Werte und Sinn geht. Die Generation Z, geboren etwa zwischen 1995 und 2010, verändert die Arbeitswelt. Die Arbeitgeber stehen dadurch vor neuen Herausforderungen, die Klassische Führungsmodelle, starre Hierarchien und Präsenzpflicht scheinen für viele junge Talente kaum noch attraktiv (Stiftung Neue Verantwortung [SNV], 2023, S. 9–13).
Laut einer Studie der Stiftung Neue Verantwortung (2023) legen 76 % der unter 30-Jährigen besonderen Wert auf Work-Life-Balance, 68 % wünschen sich Sinnhaftigkeit im Job, und mehr als die Hälfte bevorzugt flexible Arbeitsmodelle (SNV, 2023, S. 9–13). Gleichzeitig berichten viele Unternehmen über Schwierigkeiten bei der Rekrutierung und Bindung junger Mitarbeitender.
Warum ticken junge Menschen heute anders? Die Antwort liegt nicht nur im Wertewandel, sondern auch in tiefgreifenden psychologischen und gesellschaftlichen Veränderungen:
- Digitale Sozialisation:
Generation Z ist in einer Welt aufgewachsen, in der digitale Technologien selbstverständlich sind. Dies prägt Kommunikationsformen, Erwartungshaltungen und auch das Bedürfnis nach Flexibilität (Deci & Ryan, 2000, S. 227, zitiert in Schäfer, 2018, S. 67). - Pandemiebedingte Isolation:
Mehrere Studien zeigen, dass Studierende während der Pandemie verstärkt unter Einsamkeit, Stress und psychischen Belastungen litten (Hofmann, 2024, S. 185). - Psychische Belastung:
Bereits vor der Pandemie wurde ein enger Zusammenhang zwischen Stress, Burnout und Engagement bei Studierenden festgestellt. - Neue Erwartungen an Arbeit:
Viele junge Menschen streben nicht mehr nur nach Karriere und Status, sondern nach Sinn, Autonomie und einer gesunden Balance zwischen Beruf und Privatleben (FOM Hochschule, 2021, S. 12). Damit reagieren Unternehmen sinnvoll auf die Bedürfnisse der Generation Z, wenn sie nicht nur Gehalt und Karrierechancen in den Vordergrund stellen, sondern auch Sinnstiftung, Flexibilität, Entwicklungsmöglichkeiten und Gesundheitsförderung in ihre Arbeitskultur integrieren.
Die Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan (2000) zeigt, dass Menschen besonders motiviert und engagiert sind, wenn die Grundbedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit erfüllt werden. Die übertragen auf den Arbeitskontext bedeutet das, jungen Mitarbeitenden Gestaltungsspielräume zu eröffnen, sie ernsthaft einzubinden und gleichzeitig ihre Belastungen zu reduzieren.
Theorie:
- Generationentheorie (Strauss & Howe, 1991)
Laut diesem Modell formt jede Generation ihre kollektive Identität auf Basis historischer Erfahrungen. Die Generation Z ist mit Klimakrise, Digitalisierung und sozialer Unsicherheit aufgewachsen – das prägt ihre Erwartungshaltung an Arbeit: Sicherheit ja, aber nicht auf Kosten der Freiheit (Strauss & Howe, 1991, S. 34). - Bedürfnispyramide nach Maslow
Während ältere Generationen oft über Sicherheit und Status zur Selbstverwirklichung gelangten, steht bei der Generation Z das Bedürfnis nach Sinn, Zugehörigkeit und Authentizität stärker im Vordergrund (Maslow, 1981, S. 212). Die Arbeit soll nicht nur Existenz sichern, sondern auch zum eigenen Wertesystem passen. - Selbstbestimmungstheorie (Deci & Ryan, 2000)
Diese Theorie identifiziert drei Grundbedürfnisse, die Autonomie, Kompetenzerleben und soziale Eingebundenheit. Die Studien zeigen, dass Generation-Z-Mitarbeitende besonders sensibel auf Hierarchien und Fremdbestimmung reagieren sie wünschen sich Mitgestaltung, Feedback und persönliche Entwicklung.
Lösungsansätze: Wie Unternehmen Generation Z erreichen
1. Feedback statt Kontrolle:
Die jungen Talente wollen gesehen, gehört und gecoacht werden nicht überwacht. Regelmäßige Rückmeldungen und persönliche Entwicklungsgespräche ersetzen klassische Top-down-Kommunikation.
2. Flexible Arbeitsmodelle:
Die Remote Optionen, Vertrauensarbeitszeit und selbstbestimmte Arbeitsrhythmen sind keine „Extras“, sondern zentrale Kriterien bei der Job Wahl. Die Studien zeigen, Flexibilität steigert die Motivation (Hofmann, 2024, S. 185).
3. Sinnorientierte Unternehmenskultur:
Wer Werte lebt etwa Nachhaltigkeit, Diversität oder soziale Verantwortung, spricht junge Mitarbeitende emotional an. Ein Job, der nur funktioniert, reicht nicht, er soll auch etwas bewirken (Stiftung Neue Verantwortung, 2023, S. 11).
4. Mentale Gesundheit & Work-Life-Balance fördern:
Die Pausenkultur, psychologische Beratung und offene Gespräche über mentale Belastung schaffen Vertrauen und binden Mitarbeitende langfristig (Salanova et al., 2010, S. 44).
5. Lernen & Weiterentwicklung ermöglichen:
Das lebenslange Lernen ist für die Generation Z selbstverständlich. Die Unternehmen, die Weiterbildung fördern, digitale Lernformate anbieten und Entwicklungspfade sichtbar machen, gelten als attraktiv und zukunftsfähig (FOM Hochschule, 2021, S. 12).
Zusammenfassung:
Die Generation Z bringt nicht nur neue digitale Kompetenzen in den Arbeitsmarkt, sondern auch ein verändertes Verständnis von Arbeit, Führung und Lebensbalance. Ihre Erwartungen sind geprägt von Autonomie, Sinnorientierung, Feedbackkultur und emotionaler Sicherheit. Die Psychologische Modelle etwa die Selbstbestimmungstheorie oder die Bedürfnispyramide verdeutlichen klar. Es geht dieser Generation nicht nur um Geld oder Karriere, sondern um Authentizität, Wertschätzung und persönliche Entwicklung (Maslow, 1981, S. 212).
Die Untersuchungen belegen, wer diese Bedürfnisse ignoriert, verliert junge Talente schnell nicht nur ans nächste Unternehmen, sondern oft auch an Alternativen wie Selbstständigkeit oder Sabbaticals (SNV, 2023, S. 13). Die Chancen für Unternehmen liegen in echter Veränderungsbereitschaft und der Integration neuer Führungs- und Kommunikationskulturen.
„Die wollen keine 40 Stunden schuften, die wollen mitreden.“ Solche Aussagen hört man oft, wenn es um die Generation Z geht. Doch statt dieser Haltung zu kritisieren, sollten Unternehmen sie als Chance begreifen. Denn junge Mitarbeitende bringen nicht nur neue Ansprüche mit sondern auch neue Perspektiven, Innovation und ein hohes Bedürfnis nach Sinn (Strauss & Howe, 1991, S. 34).
Ich finde es bemerkenswert, wie oft junge Menschen unterschätzt werden und wie selten man ihnen wirklich zuhört. Dabei erlebe ich in meinem Umfeld, wie reflektiert viele Kommilitonen über Arbeit, Gesundheit und Zukunft denken. Sie wollen etwas bewegen aber nicht um jeden Preis.
Ich selbst wünsche mir eine Arbeitswelt, in der Leistung nicht auf Selbstausbeutung basiert, sondern auf echter Motivation, Feedback und persönlichem Wachstum. Wenn Unternehmen das Verstehen, gewinnen beide Seiten.
Die Generation Z ist nicht „schwierig“, sondern ehrlich. Sie zeigt uns, wo die Arbeitswelt menschenfreundlicher, gesünder und zukunftsorientierter werden kann. Für die kommenden Jahre sind daher folgende Entwicklungen zentral Standpunkte.
Ein neues Führungskonzepte, hybride Arbeitsformen, Strategien zur psychischen Gesundheit, Kulturwandel und Lernorientierte Arbeitswelten, die auch Scheitern und Entwicklung zulassen. Die Generation Z ist nicht das Problem sie ist ein Spiegel für notwendige Veränderungen. Sie ist der Impuls für Lösungen.
Literaturverzeichnis:
Deci, E. L., & Ryan, R. M. (2000). The “what” and “why” of goal pursuits: Human needs and the self-determination of behavior. Psychological Inquiry, 11(4), 227–268. Verfügbar unter: https://selfdeterminationtheory.org/SDT/documents/2000_DeciRyan_PIWhatWhy.pdf
FOM Hochschule. (2021). Einfluss von Achtsamkeit auf Stress und Burnout sowie Anforderungen an New Work (FOM-Arbeitspapier Nr. 82). Essen: FOM Hochschule.
Hofmann, L. (2024). Die psycho-soziale Situation von Studierenden in der (post-)pandemischen Zeit. Zeitschrift für Bildungsforschung, 14(3), 180–190. Verfügbar unter: https://www.pedocs.de/volltexte/2024/32089/pdf/Hofmann_2024_Die_psycho-soziale_Situation.pdf
Maslow, A. H. (1981). Motivation und Persönlichkeit. Reinbek: Rowohlt. (Engl. Volltextversion verfügbar unter: https://www.holybooks.com/wp-content/uploads/Motivation-and-Personality-Maslow.pdf)
Salanova, M., Schaufeli, W. B., Martinez, I. M., & Breso, E. (2010). Burnout und Engagement bei Studierenden. In L. Wolf & R. Rosenstock (Hrsg.), Arbeitspsychologie im Hochschulkontext (S. 44–46). Weinheim: Beltz.
Stiftung Neue Verantwortung (SNV). (2023). Wie die Generation Z Arbeit sieht – Werte, Erwartungen, Wünsche.Berlin: SNV. Verfügbar unter: https://www.stiftung-nv.de/de/publikation/wie-die-generation-z-arbeit-sieht
Strauss, W., & Howe, N. (1991). Generations: The history of America’s future, 1584 to 2069. New York: William Morrow. Verfügbar unter: https://archive.org/details/GenerationsTheHistoryOfAmericasFuture1584To2069ByWilliamStraussNeilHowe.
Titelbild: Person In Schwarzer Hose Liegt Auf Braunem Karton Veröffentlichungsdatum 03.06.2020 Künstler: cotteonbro studio
Abgerufen am 19.08.2025. Verfügbar unter: https://www.pexels.com/de-de/foto/person-in-schwarzer-hose-liegt-auf-braunem-karton-4553181/
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