By Published On: 17. April 2024Categories: Digitalisierung, Gesundheit

Wer kennt es nicht? Abends vor dem Schlafen noch kurz Nachrichten checken oder durch soziale Medien scrollen. Was vielen von uns eine kleine Auszeit nach unserem Arbeitsalltag verspricht, ist nicht nur eine lästige Angewohnheit, die unseren Schlaf verkürzt, sondern kann auch ernsthafte gesundheitliche Folgen, wie Depressionen und Angsterkrankungen erzeugen. Es kann jedoch auch gelingen, einen gesunden Umgang mit unseren Smartphones zu finden.

Soziale Medien kapern geschickt unser Gehirn

Ehe wir tiefer eintauchen, werfen wir einen sinnbildlichen Blick auf unseren ständigen Begleiter: das Smartphone. Warum spielen diese Geräte in unserem Alltag so eine große Rolle?

Vorab in aller Deutlichkeit: Es gleicht einer Sucht. Das liest man natürlich nicht gerne. Verständlich. Tatsache ist aber, dass es für die meisten Menschen schwierig ist, ihr Handy aus ihrem Alltag zu verbannen. Und das ist nicht unsere Schuld! Die kreativen Köpfe hinter den Apps gestalten diese so, dass wir uns immer wieder in den Bann der sozialen Medien ziehen lassen und möglichst lange auf den jeweiligen Plattformen bleiben. Sehr zu empfehlen ist hierzu der Film The Social Dilemma, in dem die Mechanismen hinter den Oberflächen der Apps verständlich erklärt werden.

Zunächst ist es ein schöner Gedanke, mit anderen in Kontakt zu treten, Teil einer Gesellschaft zu sein und stets informiert bleiben zu wollen. Auch digital. Klar. Gleichzeitig mag unser Gehirn Belohnung, also den Dopaminkick. Diese Gehirnfunktion ist eigentlich für die Entwicklung von eigenen Fähig- und Fertigkeiten fundamental, da sie uns fühlbar zeigt, dass wir etwas gut machen oder erfolgreich sind, und so unser Überleben sichert. Dieses Gefühl wollen wir gleich noch einmal haben. Also wiederholen wir unser Verhalten. Wieder und wieder. Bis zur Perfektion. Eigentlich.

Genau hier liegt das Dilemma: unser Gehirn versteht einerseits den Unterschied zwischen echtem Erfolg, der mit vorangegangenen Anstrengungen verbunden ist, und reinem Konsumverhalten nicht und ist andererseits permanent bestrebt, in seinen ursprünglichen ausgeglichenen Zustand zurückzukehren. Bei dauerhafter Dopaminausschüttung entwickelt es also eine Toleranz für den Neurotransmitter Dopamin. Es wird folglich zunehmend schwieriger, uns angenehm belohnt zu fühlen. Wir nehmen also unser Smartphone einfach häufiger in die Hand, denn unser hocheffizientes Gehirn hat sich diesen Link für Wohlbefinden natürlich gemerkt.

Die Psyche bezahlt die Zeche für die abendliche Bildschirmzeit

Wir alle kennen es: Das Smartphone hält uns abends oft länger wach, als geplant, und wir wissen, dass das nicht gut ist. Auf einmal ist es so spät, dass uns viel weniger Zeit bis zum Klingeln des Weckers bleibt, als wir eigentlich benötigen würden. Doch ist es tatsächlich nur dieser Faktor, der uns den Schlaf raubt? Aktuelle Studien zur abendlichen Bildschirmzeit zeigen weitere Zusammenhänge auf, die unsere mentale Gesundheit leise unterwandern.

Dass blaues Licht dafür verantwortlich gemacht wird, dass wir abends später schlafen, nachts häufiger erwachen und morgens folglich unausgeschlafener sind, wissen wir bereits alle. Das schon 5 Minuten Bildschirmzeit im Bett dafür ausreichen, ist allerdings neu. Die Forschung von Joshi, Woodward und Woltering hebt einen zusätzlichen Aspekt hervor: Das Ansehen emotionaler, sexueller oder gewalttätiger Inhalte vor dem Einschlafen kann zudem ernstzunehmende Schlafprobleme verursachen. Diese stehen in einem engen Zusammenhang mit einem gesteigerten Stresslevel über den Tag hinweg und damit einhergehenden erhöhten Wahrscheinlichkeit an einer Depression oder Angststörung zu erkranken, was hier, hier und hier nachzulesen ist. Zusätzlich schwächt der Schlafentzug auch noch das Immunsystem und begünstigt die Entstehung von Fettleibigkeit.

Während dies für Erwachsene bereits eine große Herausforderung darstellt, hat es laut einer Studie von Moustakbal und Maataoui für Jugendliche noch tiefgreifendere Folgen, da sich ihr Zentrales Nervensystem noch in einer entscheidenden Entwicklungsphase befindet. Bei leichtem Schlafentzug zeigen Kinder und Jugendliche zunächst neben akuter Müdigkeit auch Symptome wie Kopf-, Schulter- und Nackenschmerzen, Schwindel, Reizbarkeit und daraus resultierende Lernschwierigkeiten. Wenn der Schlaf am Wochenende jedoch nicht ausreichend nachgeholt wird, können langfristig emotionale Störungen wie Depressionen und Angsterkrankungen entstehen, die dann jedoch bis ins Erwachsenenalter hinein wirken können. Inwieweit ein chronischer Schlafentzug ähnliche neurologische Auswirkungen auf das sich entwickelnde Gehirn von jungen Erwachsenen hat, ist noch nicht erforscht, aber durchaus denkbar.

Digital vernetzt und trotzdem ausgeschlafen

Smartphones sind fester Bestandteil unseres Lebens. Und wir müssen tatsächlich nicht viel tun, um einen individuell passenden Umgang mit ihnen zu finden. Denn eines ist sicher: Die Nutzung des Smartphones wirkt sich außerhalb unseres Betts zumindest nicht negativ auf unsere Schlafqualität aus!

Abendliche Rituale: Wie bringen Sie sich eigentlich selbst ins Bett? Nehmen Sie sich Zeit, um sich selbst etwas Gutes zu tun, um wirklich Abstand von Ihrem stressigen Alltag zu bekommen? Oder fallen Sie nach dem Zähneputzen einfach ins Bett? Es lohnt sich hier genau hinzusehen und sich zu überlegen, was Sie tun und was Sie wirklich brauchen, um zur Ruhe zu kommen und zu entspannen.

Das Handy aus dem Schlafzimmer verbannen: Es lohnt es sich schon, das Ladekabel in einem anderen Raum zu installieren. So kann der Impuls kontrolliert werden, das Mobiltelefon abends einfach mit ins Bett zu nehmen.

Einen Wecker benutzen: Auch wenn der Klingelton eines Standardweckers sicherlich nicht attraktiv ist, tut er, was er soll. Das kann man mal probieren und dann entscheiden, ob die Vorteile überwiegen, oder eben nicht.

Für Eltern: Richten Sie Ihrem Kind einen sinnvollen Schutz auf seinem Smartphone ein und besprechen Sie dies mit ihm. Wie Sie eine Kindersicherung installieren, können Sie hier nachlesen. Apps wie Familytime, Famisafe, Screen Time Parental Control und Spyzie ermöglichen Eltern beispielsweise zusätzlich, die tägliche Bildschirmzeit zu überwachen und die Nutzung von Apps auf dem Handy Ihres Kindes zu steuern.

Während das Smartphone und andere digitale Geräte uns in so vielen Bereichen unseres Lebens bereichern, sollten wir nicht vergessen, uns Zeit für echte Entspannung und unseren Schlaf zu nehmen. Warum ein gesunder Schlaf außerdem auch wichtig für Ihre Karriere ist, darüber können Sie hier nachlesen.

Quellen

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[2] Johann-Ridinger, M. (2014). Neurowissenschaftliche Basis der Sucht. Therapeutische Umschau, 71(10), 579–583

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Bild

„Smartphone im Bett“; eigene Darstellung; mit ChatGPT erstellt

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