By Published On: 8. August 2025Categories: Digitalisierung, Pädagogik, Soziales, Technologie

Der Gedanke, dass meine Töchter (3 und 7 Jahre alt) in wenigen Jahren selbst digitale Medien regelmäßig nutzen werden, löst in mir ein ungutes Gefühl aus. Bereits jetzt bekomme ich den Druck zu spüren, dem andere Kinder ausgesetzt sind: Wer von ihnen hat eine Smartwatch, und wer besitzt bereits ein Handy?  

Digitale Technologien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ob eine  E-Mail beantworten, einen Podcast anhören oder ein Telefonat führen. Das Handy  als digitaler Begleiter ist stets dabei. Aber nicht nur das Handy begleitet einen, auch  das Sprachsystem zu Hause, Die Smartwatch, die unsere Vitalwerte misst,  Textnachrichten anzeigt, auch im „lautlos“- Modus am Handgelenk vibriert. All diese Informationen und Hinweise, welche den ganzen Tag auf uns einwirken, werden die kommende Generation prägen und beeinflussen. Der technologische Fortschritt erfolgt exponentiell.   

Diese Allgegenwärtigkeit der digitalen Technologien erstreckt sich auch auf Kinder und Jugendliche, deren Leben zunehmend von digitalen Medien durchdrungen ist. Die Kinder wachsen nicht mehr in Bullerbü auf, sondern bekommen von klein auf digitale Technologien in die Wiege gelegt.   

Dieser Beitrag beleuchtet die positiven Aspekte digitaler Medien und analysiert, welche Gefahren für Kinder und Jugendliche im digitalen Raum existieren. Anschließend werde ich aufzeigen, wie es uns Erwachsenen gelingen kann, Kindern und Jugendlichen einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien nahezubringen. Abschließend folgt ein Fazit.

Chancen der digitalen Medien

99% der Jugendlichen sind heutzutage online (Albert et al.2015,S.18). Davon  besitzen 97% ein Smartphone, das multifunktional genutzt wird: Zum Musik hören,  zum Austausch mit Anderen oder zur Informationsbeschaffung. Die Möglichkeiten des Austauschs und der Informationsbeschaffung ist grenzenlos. Zu jeder Zeit können Bildung und Wissen erfolgen. Kinder und Jugendliche können sich online weiterbilden, recherchieren, neue Sprachen lernen und sich mit Themen  auseinandersetzen, die sie interessieren.

Auch bei Schulaufgaben ist Wissen nicht nur in Büchern zu finden, sondern kann online recherchiert werden oder es sich mit Hilfe von Chat- GPT einfacher erklären lassen.   

Die digitalen Medien bieten auch Möglichkeiten zur Selbstgestaltung und zum Experimentieren (Moser,2019, S.245 f.). Kinder können aktiv eigene Texte, Bilder, Videos  und Musik erstellen und somit ihrer Kreativität freien Lauf lassen.  

Auch Makerspaces, in welchen beispielsweise Robotik und Coding erlernt werden können, bieten Kindern und Jugendlichen Raum für Kreativität und  Experimente. Diese Makerspaces finden häufig in sogenannten Third Spaces statt (Moser, 2019, S. 245-247). Diese Third Spaces können z.B. in Jugendzentren oder Bibliotheken stattfinden, die den Vorteil bieten, dass die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit haben, fernab der Schule in entspannter Atmosphäre mit Gleichgesinnten sich austauschen können. Makerspaces bieten die Gelegenheit, technische und soziale Kompetenzen aufzubauen und unterstützen Kinder und Jugendliche spielerisch darin, sich schon Heute mit Zukunftstechnologien von Morgen auseinanderzusetzen.  

Risiken der digitalen Medien 

Die digitalen Medien haben auch eine Vielzahl von Risiken für Kinder und  Jugendliche. Einige davon habe ich aus dem Gefährdungsatlas der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendschutz entnommen (BzKJ-Publikation,2019) und in Kategorien eingeteilt.  

Ein zentraler Bereich sind inhaltliche Risiken. Da es jedem möglich ist, sich im digitalen Raum mitzuteilen, können Fake News und Propaganda verbreitet werden, welches die Meinungsbildung manipulieren kann. Auch extremistische  Inhalte, die im schlimmsten Fall zur Radikalisierung führen können, sind frei zugänglich. Eine Studie der Medienanstalten ergab jedoch, dass Jugendliche sozialen Medien zwar für ihren breiten Themenüberblick schätzen, ihnen aber skeptisch gegenüberstehen und auf die Nachrichtenquellen achten (Griese H. et al. 2020, S. 28).  

Auch pornografische Inhalte und Cybersex stellen eine Gefahr dar. Solche Inhalte  können je nach Entwicklungsstand verunsichern oder sogar nachhaltig beeinträchtigen. Der Kontakt mit pornografischen Inhalten kann auch ungewollt  stattfinden und in sozialen Medien oder Messengern erscheinen. Häufig nutzen Jugendliche Pornografie auch als Informations-, und Inspirationsquelle (Vogelsang ,2016, S.108 f.). Dadurch können unrealistische Erwartungen an die eigene Sexualität aufkommen und durch die idealisierten Körperbilder eine eigene Körperunzufriedenheit entstehen.  Von Foren, die Essstörungen verherrlichen oder Suizidgedanken fördern, gehen ebenfalls inhaltliche Risiken aus.

Soziale Risiken, wie das Cybermobbing, Cyberstalking oder das Cybergrooming,  letzteres beschreibt die Anbahnung sexueller Kontakte durch Erwachsene, gehören  zu den alltäglichen Risiken der digitalen Medien. Auch Fake Accounts, Identitätsmissbrauch oder Betrug sind im öffentlichen Netz häufig anzutreffen.

Die verhaltensbezogenen Risiken beschreiben die Probleme, die durch eigene  Nutzungsgewohnheiten entstehen können. Dazu gehören u.a. die Internetsucht und  die exzessive Selbstdarstellung. Darüber hinaus existieren immer wieder  gesundheitsschädigende Challenges, in welchen Teilnehmer sich bewusst  großer Gefahren aussetzen, um mehr Likes oder Reichweite zu generieren. 

 All diese Risiken können für die Psyche der Kinder und Jugendlichen sehr gefährlich sein und verschiedene psychische Krankheiten auslösen, darunter Angststörungen, Minderwertigkeitskomplexe und Depressionen. 

Wie kann ein verantwortungsbewusster Umgang geschaffen werden?

Durch die vorangegangene Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken digitaler Medien ist mir bewusst geworden, dass mein ungutes Gefühl in Bezug auf digitale Medien bei meinen Töchtern gerechtfertigt ist. Schließlich möchte ich sie diesen Gefahren nicht schutzlos aussetzen, wie in der Werbung „Wo ist Klaus?“  (jugendundmedien.ch, 2013).   

Ich erkenne aber auch, dass digitale Medien nicht komplett vorenthalten werden können. Kinder und Jugendliche werden früher oder später damit in Berührung kommen.

Wir, und damit meine ich Eltern, Erwachsene, Erzieher, Lehrkräfte und den Staat, haben die Verantwortung, den Kindern eine Medienkompetenz zu vermitteln  und den digitalen Raum, soweit es geht, sicher zu machen.

Medienkompetenz  kann durch die bewusste Auseinandersetzung mit den Funktionsweisen und deren Wirkung erreicht werden. Es reicht nicht aus, Kinder und Jugendliche nur vor den Gefahren der digitalen Medien zu warnen. Vielmehr ist es wichtig, Medien bewusst zu nutzen und zu verstehen (Moser,2019,S.61). Das Konzept der „Digital Citizenship (Moser,2019, S,222) handelt von der Vermittlung eines verantwortungsvollen Umgangs mit digitalen Medien und die ethische Haltung ihnen gegenüber. Wenn Kinder und Jugendlichen einen verantwortungsvollen Umgang erlernen, können sie sich vor den Risiken schützen.   

Auch der Staat hat Gesetze erlassen, die entwicklungsbeeinträchtigende und jugendgefährdende Inhalte in digitalen Medien verbieten (JuSchuG, §10a). Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz setzt sich im Auftrag des Jugendschutzgesetzes für ein sicheres Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen mit digitalen Medien ein. Ihre  Aufgaben umfassen die Indizierung jugendgefährdender Medien, die Überwachung  von Vorsorgemaßnahmen bei Medienanbietern, die Vernetzung relevanter Akteure sowie die Förderung der Medienkompetenz von Eltern, Fachkräften und  Jugendlichen.  

Sie setzt dabei auf Aufklärung u.a. am Safer Internet Day, einem weltweiten Aktionstag zur Aufklärung über Online- Pornografie, sexuelle Gewalt und digitalen Grenzverletzungen. 

Der Gefährdungsatlas „Digitales Aufwachsen. Vom Kind aus denken. Zukunftssicher  handeln“ von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdete Medien, bietet einen guten Überblick über die Gefahren und einem altersgerechten Umgang mit digitalen Medien (Albert et al. 2015).

Wenn es jedoch um die Durchsetzung der Heraufsetzung der Altersbeschränkung in sozialen Medien geht, tut sich Deutschland schwer. Hintergrund ist die EU-Datenschutzverordnung von 2018, die das Heraufsetzen der  Altersbeschränkung erschwert ( Moser,2019, S.61). 

Fazit

Abschließend möchte ich sagen, dass die digitalen Medien für Kinder und  Jugendliche große Chancen und Möglichkeiten bieten. Mir ist aber auch bewusst  geworden, dass mein ungutes Gefühl berechtigt ist, jedoch ein komplettes Vorenthalten digitaler Medien nicht zielführend ist. Ich sehe es in meiner Verantwortung, meinen Töchtern Medienkompetenz zu vermitteln und ihnen einen bewussten Umgang aufzuzeigen und auch vorzuleben. Ein komplettes Social-Media-Verbot  unter 16, wie es in Australien seit November 2024 existiert, fände ich für Deutschland gut. Ob dies umsetzbar ist und wie das trotz den hohen EU -Datenschutzverordnungen möglich sein könnte, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

Literaturverzeichnis

„Wo ist Klaus?“ Jugendundmedien.ch:

Zugriff über: https://www.youtube.com/watch?v=tixkem59YZs

Aufgerufen am 4.Juli 2025.  

Albert M./ Hurrelmann K. /Quenzel G.( 2015).In: Jugend 2015. Eine pragmatische Generation im Aufbruch. 17. Shell Jugendstudie. Frankfurt, S.18.  

Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz(2019), Digitales Aufwachsen. Vom Kind aus denken. Zukunftssicher handeln. 

Zugriff über: https://www.bzkj.de/bzkj/service/publikationen/gefaehrdungsatlas-digitalesaufwachsen-vom-kind-aus-denken-zukunftssicher-handeln–175506 

Aufgerufen am: 4.7 2025.  

Griese, H./ Brüggen, N./Materna, G./ Müller, E.(2020). Politische Meinungsbildung  

Jugendlicher in sozialen Medien. Zugänge, ausgewählte Befunde und aktuelle Einblicke in ein interdisziplinäres Forschungsfeld, Institut für Medienpädagogik in Forschung und  Praxis. München,S.28.  

Zugriff über: https://www.jff.de/fileadmin/user_upload/jff/veroeffentlichungen/2020/jff_muen chen_2020_veroeffentlichungen_politische_meinungsbildung.pdf.

Aufgerufen am 1. Juli 2025.  

Moser H. (2019), Einführung in die Medienpädagogik, Aufwachsen im digitalen Zeitalter, Wiesbaden, S.57-63, S.222,245 f.  

Vogelsang V. (2016). Sexuelle Viktimisierung, Pornografie und Sexting im Jugendalter.  Dissertation, Wiesbaden, S.108 . 

Rechtsquellenverzeichnis: 

 §10a, Absatz 1, JuSchuG. abrufbar unter: https://www.gesetze-im  internet.de/juschg/BJNR273000002.html

Titelbildquelle

Titelbild von Ron Lach, veröffentlicht am 04. Oktober 2021, Zugriff am 07.08.2025, verfügbar unter

https://www.pexels.com/de-de/foto/madchen-internet-jung-junge-9785029

Nutzungsbedingungen: https://www.pexels.com/de-de/lizenz/

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