By Published On: 4. November 2017Categories: Psychologie, Wirtschaft

Ich persönlich bin der Meinung, dass mich Werbung nicht beeinflusst. Läuft im Fernsehen Werbung schalte ich um, Zeitschriften schaue ich nicht an, im Internet nutze ich den Ad-Blocker und ins Kino gehe ich erst, wenn die Filmvorschauen beginnen… An dieser Stelle komme ich ins Grübeln. Was sind eigentlich Filmvorschauen? Etwa Werbung?

 

Im Gabler Wirtschaftslexikon ist Werbung als „die Beeinflussung […] von verhaltensrelevanten Einstellungen mittels spezifischer Kommunikationsmittel, die über Kommunikationsmedien verbreitet werden“ [1] definiert. Die Einstellung eines Menschen bezeichnet dabei die „Bewertung von Menschen, Objekten und Ideen“.[2] Das Ziel der Werbung ist es demnach die Einstellung von potentiellen Kunden zu beeinflussen, um eine Verhaltensänderung hervorzurufen. Neben den klassischen Kommunikationsmedien wie Fernsehen, Radio, Zeitschriften[3] gewinnt immer mehr das Internet an Bedeutung, wenn es um Werbung geht. Hier kommen immer neue Werbeformen hinzu wie die Produktvorstellungen durch Youtuber oder Blogger.[4]

 

Zurück zu dem einleitenden Beispiel: Filmvorschauen dienen dazu den Zuschauer davon zu überzeugen, den beworbenen Film zu schauen und müssen folglich als Werbung bezeichnet werden. Daher muss ich meine Eingangsthese wohl revidieren: auch ich werde von Werbung beeinflusst. Schließlich beeinflussen die Filmvorschauen, welchen Film ich als nächstes im Kino ansehen werde.

 

Wie funktioniert Werbung?

Ziel von Werbung ist die verhaltensrelevante Einstellungsänderung von Personen. Ob eine bestimmte Einstellung letzten Endes tatsächlich zu einer Handlung führt, hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen unter anderem soziale Normen, situative Faktoren, die Einstellungsstärke, Verhaltenskonsequenzen, eventuell konkurrierende Einstellungen aber auch Persönlichkeitsfaktoren, wie das Selbstbewusstsein des Kunden. Manche Menschen sehen es vielleicht als wichtig an den stationären Einzelhandel zu unterstützen. Das entspräche ihrer Einstellung. Dennoch kaufen sie letzten Endes im Internet, da es deutlich günstiger ist oder ein Produkt im Handel schlicht nicht verfügbar ist. Ob der Preis hier eher als situativer Umstand oder als innere Einstellung, getreu dem Motto „geiz ist geil“ zu sehen ist, soll hier nicht erörtert werden. Dennoch wird durch dieses Beispiel deutlich, dass die Einstellung einer Person nicht ausreicht, um ein bestimmtes Verhalten hervorzurufen.[5] Trotz dieser vielen Einflussfaktoren gilt die Einstellung einer Person immer noch als bester Prädikator für das zukünftige Verhalten einer Person.[6] Daher ist es wichtig zu verstehen warum Menschen ihre Einstellung ändern. Eine mögliche Erklärung bietet der Yale Ansatz zur Einstellungsänderungen. Um überzeugend zu kommunizieren und eine erfolgreiche Werbung zu konzipieren, sollten demnach gewisse Regeln beachtet werden. Diese können sich auf den Werbebotschafter, die potentiellen Kunden, aber auch auf die Botschaft selbst beziehen.[7]

 

Werbebotschafter und potentielle Kunden

Als erstes spielt es eine Rolle wer versucht wen zu überzeugen. Sowohl Glaubwürdigkeit als auch Attraktivität erhöhen die Chancen den Kunden zu überzeugen. Nicht umsonst werden in Zahnpasta Werbungen häufig Zahnärzte als Experten konsultiert und Nespresso von George Clooney beworben, bei dem zumindest ich mir eingestehen muss, dass er sehr attraktiv ist. Dass diese Faktoren wirken, haben Studien bestätigt. Dennoch reicht dies alleine nicht aus. Fühlen sich die Kunden absichtlich beeinflusst, wird die Werbung wenig erfolgreich sein. Denn die meisten Menschen mögen das Gefühl nicht, beeinflusst zu werden. Schließlich spielen auch das Alter und die Charaktereigenschaften der Kunden eine Rolle. So hat sich gezeigt, dass es leichter ist, junge Erwachsene zwischen 18-25 Jahren zu beeinflussen, die ein mittleres Selbstwertgefühl mit sich bringen, als Personen, die jünger oder älter sind und viel oder wenig Selbstwertgefühl haben.[8]

 

Werbebotschaft

Ebenso entscheidend kann es sein, auf welcher Ebene versucht wird zu überzeugen: emotional oder über Argumente. Wann sollte welche Strategie angewendet werden? Auch dies lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Es ist nämlich von der jeweiligen Zielgruppe abhängig, also von den Kunden. Ist etwas für uns besonders wichtig und betrifft uns direkt, sind wir offen für Argumente. Wir versuchen alles genau zu analysieren, genau zuzuhören und betrachten die Fakten. Anders ist es, wenn uns etwas nicht persönlich betrifft. Dann werden wir nur oberflächlich hinhören und es ist wichtiger, wer etwas sagt als was gesagt wird.[9] Genau dieser Zusammenhang wird auch in verschiedenen Werbewirkungsmodellen aufgegriffen. Dazu zählen beispielsweise das Alternative-Wege- und das Verarbeitungs-Wahrscheinlichkeits-Modell.  In beiden Modellen bestimmt das Involvement der Kunden, ob Argumente oder eher periphere Reize zum Erfolg der Werbung führen. Dabei wird unter Involvement einer Person sowohl die Fähigkeit als auch die Gelegenheit und Motivation einer Person verstanden sich mit einem Produkt auseinanderzusetzen. Je mehr eine Entscheidung für die jeweilige Person relevant ist und sie motiviert ist sowie die Fähigkeit besitzt eine Entscheidung rational zu fällen, desto mehr spielen Argumente eine Rolle und desto weniger führen periphere Reize zum Erfolg. Ist sie hingegen wenig involviert, werden Argumente eher vernachlässigt und auf periphere Reize zurückgegriffen, wie beispielsweise häufige Werbewiederholung und Sympathie der Darstellung. Beim Verarbeitungs-Wahrscheinlichkeits-Modell wird die Auseinandersetzung auf kognitiver Ebene als zentraler Weg, der andere Weg als peripherer Weg bezeichnet.[10] In diesem Zusammenhang wird oft von High- und Low-Involvement Produkten gesprochen. Ein Beispiel für ein High-Involvement-Produkt wäre der Kauf eines Autos. Aufgrund des hohen Kaufpreises wird der Kunde motiviert sein, sich die verschiedenen Optionen genauer anzuschauen. Es ist keine ad-hoc Entscheidung womit ihm auch die Gelegenheit gegeben ist, sich ausreichend zu informieren. Besitzt er nun auch die Fähigkeit sich damit inhaltlich auseinander zu setzen, um zu erkennen, welches Auto sicher ist, die notwendige Ausstattung mit sich bringt und die richtige Motorisierung für ihn hat, wird er die verschiedenen Kaufoptionen gegeneinander abwägen und sich ausgiebig damit beschäftigen, bevor es zu einer Kaufentscheidung kommt. Anders ist es bei Low-Involvement-Produkten, zu denen Dinge des täglichen Bedarfs zählen. Beim Kauf einer Zahnpasta, Schokolade oder von Waschmitteln ist die Entscheidung nicht so wichtig. Es geht um einen geringeren Kaufpreis, was meistens eine geringe Motivation zu vergleichen zur Folge haben wird. Dementsprechend wird eher der kurze Weg über periphere Hinweisreize genutzt. Gefällt mir das Produkt? Sieht es ansprechend aus? Wer wirbt für das Produkt?[11] Ist bekannt, welcher dieser Wege die Kunden nutzen, sollte die Werbebotschaft daran angepasst werden.

 

Eins ist mir bis hier hin klargeworden: Werbung umfasst weit mehr als die klassische Fernsehwerbung und ob ich es will oder nicht, auch ich werde durch Werbung beeinflusst. Zwei Fragen bleiben offen: Welche Rolle spielt die Aufmerksamkeit und wie lassen sich Kinotrailer als Werbemaßnahme einordnen? Diese Fragen werden in dem Artikel. „Werbung – warum ich lieber zuschaue als umschalte beantwortet.

 

 

[1] Gabler Wirtschaftslexikon (gefunden am 25.03.2017) http://wirtschaftslexikon.gabler.de/

[2] Aronson, E./ Akert, R.M./ Wilson, T.D.: 2010, S. 265

[3] Vgl. Trepte, S./ Reinecke, L.: 2013, Kap 1.1

[4] Vgl. Hilker, C: 2012, S. 113

[5] Vgl. Mayerl, J.: 2009, S. 37

[6] Vgl. Werbepsychologie Online (gefunden am 20.05.2017) http://www.werbepsychologie-online.com

[7] Vgl. Aronson, E./ Akert, R.M./ Wilson, T.D.: 2014, S. 224 f.

[8] Vgl. Aronson, E./ Wilson, T./ Ackert, R.: 2014, S. 225

[9] Vgl. Aronson, E./ Wilson, T./ Ackert, R.: 2014, S. 227 f.

[10] Vgl. Moser, K.: 2015, S. 18 f.

[11] Vgl. Neumann, R.: 2009, S. 48 ff. und Neumann, R.: 2009, S. 97 ff.

 

 

 

Literaturverzeichnis

Aronson, E./ Wilson, T. D./ Akert, R. M. (2010) Sozialpsychologie. 4. akt. Auflage. München. Pearson Studium.

Aronson, E./ Wilson, T. D./ Akert, R. M. (2014) Sozialpsychologie. 8. aktualisierte Aufl. Hallbergmoos. Pearson.

Gabler Wirtschaftslexikon. Zugriff am 25.03.2017. Online verfügbar unter http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/werbung.html.

Hilker, C. (2012) Social Media für Unternehmer. Wie man Xing, Twitter, YouTube und Co. erfolgreich im Business einsetzt. 1. Auflage. Linde Verlag Wien Gesellschaft m.b.H.

Mayerl, J. (2009) Kognitive Grundlagen sozialen Verhaltens. Framing, Einstellungen und Rationalität. 1. Auflage. Wiesbaden. VS Verlag für Sozialwissenschaften / GWV Fachverlage GmbH Wiesbaden.

Moser, K. (2015) Werbewirkungsmodelle. In: Moser, K. (Hg.): Wirtschaftspsychologie. 2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. 2015. Berlin. Springer.

Neumann, R. (2009) Die Involvementtheorie und ihre Bedeutung für das Lebensmittelmarketing. Wismar, Hochschule, Diplomarbeit, 2008. 1. Auflage. Bremen. Europäischer Hochschul-verl.

Trepte, S./ Reinecke, L. (2013) Medienpsychologie. 1. Auflage. Stuttgart. Kohlhammer.

Werbepsychologie Online. Zugriff am 20.05.2017. Online verfügbar unter http://www.werbepsychologie-online.com/index.php/kaufverhalten/einstellung-und-verhalten.

Bildnachweis

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