By Published On: 12. April 2016Categories: Psychologie, Wirtschaft

Gute Werbung lebt von gutem Werbetext. Doch wie sieht der aus? Etwa so?

 

„Die vollmundigen Säfte von Granini sind einzigartig, denn sie werden aus Früchten hergestellt, die von erfahrenen Saftbauern einzeln gepflückt und ausgewählt werden.“

 

Natürlich nicht. Guter Werbetext muss unterhalten. Denn in den meisten Fällen interessiert den Konsumenten der Inhalt des Textes kaum. Umso besser muss er verpackt sein. Nur dann hat der eine Chance auf die Aufmerksamkeit des Lesers.

Wie schaut es mit folgender Variante aus?

 

„Aus Überzeugung verwenden wir bei Granini zur Saftherstellung nur ausgewählte Früchte. So garantieren wir einen einzigartigen und vollmundigen Geschmack.“  

 

Schon viel besser, nicht wahr? Kurz und knackig, aktiv und im Präsens verfasst. Doch dazu später mehr.

 

Denn darum geht es in diesem Beitrag: Wie lässt sich guter Werbetext aus kreativer und psychologischer Hinsicht definieren? Um diese Frage zu beantworten, möchte ich das Thema mit Euch zusammen aus der Sicht einer klassischen Anzeige betrachten.

Eine klassische Anzeige besteht aus einem Motiv und einer Headline (Überschrift). In den meisten Fällen gesellt sich eine Copy (Anzeigentext) hinzu.

 

Die Headline

Der bekannte Werber Konstantin Jacoby hatte einmal gesagt: „Es gibt kein Argument gegen kürzer.“[1] Mit dieser Aussage hatte er Recht. Eine gute Headline bringt ihre Botschaft auf den Punkt, klar und deutlich. Dafür braucht sie höchstens acht Wörter, nur in wenigen Fällen dürfen es auch einmal mehr sein. Sie ist nicht passiv formuliert und enthält möglichst keine negativen Formulierungen.[2] Und im besten Fall ist eine Headline auch noch interessant: Das bedeutet so viel wie kreativ, ungewöhnlich und neu. Sie buhlt schließlich um unsere Aufmerksamkeit. Und sie möchte, dass wir innehalten und schmunzeln oder über sie nachdenken.

Schauen wir uns ein paar Beispiele guter Headlines an:

 

Eine Anzeige von BMW:
Visual: Ein goldener BMW in voller Fahrt.
HL: Bei diesem Motor müsste eigentlich das Benzin bezahlen.

Eine Anzeige von Sixt:
Visual: Müllwagen.
HL: Ist es nicht ungerecht, dass Ihr Müll immer Mercedes fährt und Sie nicht?

Eine Anzeige von IWC:
Visual: Close-Up einer teuren Uhr.
HL: Verdoppeln Sie den Wert Ihrer Yacht.

Eine Anzeige von Mercedes:
Visual: Geländewagen, neueste Generation der G-Klasse.
HL: Legendewagen.

 

Vier völlig verschieden konzipierte Headlines, aber sie alle schaffen es, den Benefit des beworbenen Produkts auf den Punkt zu bringen – auf interessante und unterhaltsame Weise.

 

Die Copy

Es ist schwierig, mithilfe einer Headline die Aufmerksamkeit des Konsumenten zu gewinnen. Ihn zum vollständigen Lesen einer Copy zu bewegen, ist fast unmöglich. Aber vollkommen machbar – mit den richtigen Mitteln.

Eine Headline spricht der Kürze wegen oft in Substantiven.[3] Die Copy hingegen lebt von Verben.[4] Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie ist in aktiven Sätzen geschrieben. Ihre Tonalität trifft die Persönlichkeit der Marke, als würde diese direkt mit dem Leser sprechen. Und das tut sie auf ganz bestimmte Weise: wie sein bester Freund, nicht wie eine Tageszeitung.
Genau wie die Headline bringt die Copy die Dinge auf den Punkt. Sie präsentiert dem Konsumenten relevante Fakten und redet nicht um das Thema herum. Das Motto lautet wie bei einer guten Headline: „Keep it short and simple.“ Empfohlen wird eine Satzlänge von höchstens 15 Wörtern, denn nur dann gilt ein Satz als leicht verständlich.[5] Und das sollte er gerade in der Werbung sein, da schließlich die wenigsten Konsumenten viel Aufmerksamkeit für Anzeigen und Co aufbringen können oder wollen. Deshalb werden in Werbetexten möglichst viele Haupt- und möglichst wenige Nebensätze verwendet.[6] Die Werbesprache geht sogar so weit, häufig mit Ellipsen (unvollständigen Sätzen) zu arbeiten.[7] Denn auch das reduziert die Sätze auf das Wesentliche und bringt Pep in die Sache.

Kurze Sätze machen eine Aussage also leichter verständlich und erleichtern dem Konsumenten das Lesen eines Textes. Auch die sogenannte Satztiefe hat Einfluss auf die Verständlichkeit eines Satzes. Sie bezeichnet die „Menge an Informationen, die man aufnehmen muss, bis man den Inhalt eines Satzes verstanden hat“.[8] Die deutsche Sprache ist Weltmeister im Bereich sprachlich tiefer Sätze. Das gefällt natürlich keinem Betrachter einer Werbeanzeige. Schauen wir uns das Ganze kurz anhand unseres Beispiels an:

 

„Weil wir unsere Früchte einzeln und genau im richtigen Moment ernten, haben unsere Säfte ein so vollmundiges Aroma.“

 

Erst die letzten beiden Wörter transportieren hier die Hauptinformation des Satzes. Wäre es so nicht viel einfacher?

 

„Unsere Säfte haben ein vollmundiges Aroma. Dafür ernten wir jede Frucht einzeln und zum richtigen Zeitpunkt.“

 

Wie Ihr seht hängen die beiden Kriterien „Kürze“ und „geringe Satztiefe“ zusammen. Sie sorgen für die leichte Verständlichkeit und das unterhaltsame Auftreten der Copy.

 

Fazit

Zum Abschluss noch einmal das Wichtigste auf einen Blick: Keep it short, keep it simple. Denn man darf nie vergessen: Das Ziel eines guten Werbetextes muss es sein, es dem Konsumenten so einfach wie möglich zu machen, in kurzer Zeit mit wenig Aufmerksamkeit möglichst viel zu verstehen.

Dabei liegt die Aufgabe der Werbepsychologie in der Bereitstellung der präsentierten Regeln und Empfehlungen zum Verfassen eines Werbetextes. Alles Weitere hängt von den Fähigkeiten des Texters ab: Seiner Sprachfertigkeit und Kreativität. Aber ebenso auch von seiner analytischen Denkweise und seinem Einfühlungsvermögen.[9]

 

 

Verweise:

[1] Barth, P.: 2015, S. 130

[2] Vgl. Felser, G.: 2015, S. 337

[3] Vgl. Felser, G.: 2015, S. 337

[4] Vgl. Barth, P.: 2015, 184 ff.

[5] Vgl. Felser, G.: 2015, S. 354

[6] Vgl. Moser, K.: 2002, S. 206f.

[7] Vgl. Eichler, W.: 2009, S. 166

[8] Felser, G.: 2015, S. 354

[9] Vgl. Winter, J.: 2003, S. 38

 

 

Literaturverzeichnis:

Barth, Philipp: Aufmerksamkeit. Die wichtigste Währung der Welt. Ein Lehrbuch für Kreative. Amazon Fulfillment. Berlin 2015

Eichler, Wolfgang: Kommunikation und Sprache in der Wirtschaftswerbung. Ein Studienbuch. Igel Verlag. Hamburg 2009

Felser, Georg: Werbe- und Konsumentenpsychologie. 4. Auflage. Springer Verlag. Berlin 2015

Moser, Klaus: Markt- und Werbepsychologie. Ein Lehrbuch. Hogrefe-Verlag. Göttingen 2002

Winter, Jörn: Werbetext. Von guten Ideen, erfolgreichen Strategien und treffenden Worten. Deutscher Fachverlag. Frankfurt am Main 2003

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