By Published On: 4. Mai 2016Categories: Gesundheit, Psychologie

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Können diese Auge lügen?

Tiergestützte Therapie mit Hunden – positive Wirkung auf unser Wohlbefinden

 “Als die Tür aufgeht und der kleine Hund auf den Mann zuläuft, fängt dessen Gesicht an zu strahlen. Sage kann der Mann nichts. Auch nicht aufstehen. Er sitzt im Rollstuhl, gelähmt. Der Hund schnuppert an der Hand des Patienten, in der Kanülen mit dünnen Schläuchen stecken, die an verschiedenen Apparaten angeschlossen sind. Der Mann lächelt immer noch. Es ist eine der wenigen Regungen, die seine Muskeln ihm zurzeit erlauben.”

 

Als Physiotherapeutin und Hundeliebhaberin stelle ich mir schon lange die Frage, ob und warum Hunde das Wohlbefinden des Menschen beeinflussen, uns aktiver werden lassen und unsere Gesundheit fördern.

Unter tiergestützter Therapie versteht man alle Maßnahmen, bei denen durch den gezielten Einsatz eines Tieres positive Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten von Menschen erzielt werden soll. Die Therapiepläne sind auf eine gezielte Einwirkung auf bestimmte Leistungs- oder Persönlichkeitsbereiche, umfassende Be-und Verarbeitung von konfliktreichen Erleben ausgerichtet. Sie werden durchgeführt von therapeutisch qualifizierten Personen, die je nach Konzept das speziell trainierte Tier als integralen Bestandteil in die Behandlung einbeziehen. Tiere wurden bereits sehr früh in therapeutische Handlungen mit eingebunden. So wurden in Belgien schon im 8. Jahrhundert Tiere konkret für therapeutische Zwecke genutzt.

Einen Hund zu erziehen und mit ihm zu arbeiten ist mit viel Arbeit verbunden aber überwiegend mit viel Spaß. Durch die tägliche Bewegung an der frischen Luft werden Muskeln und Gelenke trainiert. Besonders bei älteren Menschen ist das von größerer Bedeutung, da die Beweglichkeit sich stetig verringert. Spaziergänge haben einen positiven Einfluss auf die Verdauung, das Herz-Kreislaufsystem und die Blutfettwerte. Eine Studie hat gezeigt, dass ältere Patienten mit Tierkontakt weniger Krankenhausaufenthalte haben also ohne Kontakt zu Tieren. Hunde sind menschenorientiert und kontaktfreudig. Sie haben ein sehr feines Gespür für Stimmungen und reagieren instinktiv. Hunde kommunizieren klar, ehrlich und unvoreingenommen, sie wirken beruhigend und motivierend. Im Kontakt zu einem Tier können positive als auch negative Gefühle hervorgerufen und verstärkt werden. Alleine die Anwesenheit eines Tieres kann dazu beitragen, Erregungszustände positiv zu beeinflussen, wie z.B. Beruhigung und Entspannung. Bei Menschen mit sozialen Ängsten kann ein Tier den Gefühlszustand, auch in Gegenwart anderer Menschen teilweise reduzieren oder die gesamte Situation entspannen. Die emotionale Selbststeuerung kann im Umgang mit dem Tier unmittelbar gefördert werden, da die artspezifischen Reaktionen auf affektive Äußerungen direkt situationslogisch erfolgen. Menschen, die Angst haben, Kontakt zu anderen aufzunehmen, werden im Umgang mit Tieren einerseits eher die Kontaktsperre überwinden, andererseits werden sie bei anfänglichen Misslingen eher bereit sein, die frustrierenden Gefühle auszuhalten und neue Versuche zu wagen.

Therapiehundeteams gibt es bereits in Deutschland. Um überhaupt Erfolge in der Therapie erzielen zu können, müssen Therapeut und Tier optimal aufeinander abgestimmt sein. In den letzten Jahren stieg die Nachfrage in verschiedenen Institutionen und Einrichtungen (Senioren- und Altenheim, Krankenhäuser und Spitäler, Reha-Klinik, Heime für Mehrfach- und Schwerst- Behinderte aller Altersstufen, Förderzentren für Mehrfach-Behinderte aller Altersstufen, Sonderschulen und Schulen mit Integrationsklassen, Kindergärten und Kinderheimen, bei Katastropheneinsätzen und als Sterbebegleitung in Hospizen). Häufig findet man einen Therapeuten mit seinem Hund bei Kindern, die ADS, ADHS, psychische Störungen oder eine autistische Störung haben. Ebenfalls sind die Erfolge bei Senioren in den entsprechenden Einrichtungen zu erkennen. Aus eigener Erfahrung ist es unglaublich schön zu sehen, wie ein Hund eine senile und demente Seniorengruppe Freude bereiten kann.

 

Beziehung zwischen Mensch und Hund

„Der heilende Prozess in der Interaktion zwischen Tier und Mensch beeinflusst unser ganzes Sein. So werden unser Körper (z.B. Muskelentspannung), unser Geist (z.B. Gedächtnistraining), unsere Seele (z.B. Artikulation der Gefühle) und unsere sozialen Talente gleichermaßen angesprochen.“

Die Hundeliebhaber unter uns spüren, dass es zwischen Tier und Mensch eine Beziehung herrscht.

„Der Mensch scheint instinktiv den Kontakt zu einem Lebewesen zu suchen, welches allein durch sein Dasein auf ihn beruhigend, versöhnlich wirkt.“

Zur Verdeutlichung Beziehung vor dem Hintergrund der Möglichkeiten Tiergestützter Interventionen gibt es verschiedene Konzepte. Ein bekanntes Phänomen ist das der Spiegelneurone.

Spiegelneurone sind Nervenzellen im Gehirn, welche dafür sorgen, dass Gefühle und Stimmungen einer Person auf eine zweite Person übertragen werden. Der Mensch besitzt sie zu Beginn seines Lebens. Beispiele dafür findet man täglich in seinem Alltag, der Gegenüber muss gähnen und man reagiert automatisch mit einem Gähnen, es kommen einem die Tränen, wenn man jemanden weinen sieht. „Das Einmalige an den Nervenzellen ist, dass sie bereits Signale aussenden, wenn jemand eine Handlung nur beobachtet. Die Nervenzellen reagieren genauso, als ob man das Gesehene selbst ausgeführt hätte.“

 

Aussicht

In den letzten Jahren wurde deutlich, dass durch den begleitenden Einsatz eines Therapiehundeteams sich in der Genesung etwas erreichen ließ, womit man zuvor nicht gerechnet hat.

Fest steht, dass der Patient, ob alt oder jung, in vielen unterschiedlichen Handlungsfelder durch die Tiergestütze Therapie gefördert und gefordert werden kann.

Die Wirkung und der Einsatz von Therapiehunde ist absolut noch nicht ausgereift, nicht optimal erforscht und ebenso bringt es noch viele weitere offene Fragen mit sich. Dazu gehört beispielsweise die Wirkung von Hunden auf demenziell erkrankte Menschen, welches für mich ein weiteres spannendes Kapitel ist. Da dieses Thema sehr komplex ist und unter anderem ein sensibles Thema ist, verdient es einen eigenen Artikel anstatt es nur anzureißen.

 

Literaturverzeichnis

Behrens, N. „Dackel Pelle motiviert gelähmte Patienten.“ Ärzte Zeitung: Neuropsychatrische Krankheiten, 07. September 2006.

Kaufmann, S. „Planet-Wissen.“ 07. 11 2014. http://www.planet-wissen.de/natur/forschung/spiegelneuronen/pwwbspiegelneuronen100.html (Zugriff am 03. 31 2016).

Otterstedt, C. Tiere als therapeutsche Begleiter. Gesundheit und Lebensfreude durch Tiere – eine praktische Anleitung. Stuttgart: Franck – Kosmos, 2001.

Vernooj, M., und S. Schneider. Handbuch der Tiergestützten Intervention. Grundlagen, Konzepte, Praxisfelder. Wiebelsheim: Meyer, 2010.

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