By Published On: 14. Februar 2024Categories: Pädagogik, Psychologie, Soziales

Das Vorkommen von Mobbing an Schulen ist keine Seltenheit und stellt sowohl eine Gefahr für das kindliche Wohlbefinden, als auch für die ganze Schulgemeinschaft dar. Das Thema ist in der Gesellschaft von großem Interesse und wird in vielen Jugendliteraturen und Serien, wie beispielsweise „Tote Mädchen lügen nicht“ des Streaming-Dienstes Netflix thematisiert. Die Schule wird hierbei schon länger nicht mehr als reiner Ort der Wissensvermittlung betrachtet, sondern als Ort des sozialen Miteinanders (Wachs & Schuhbarth, 2022, S. 1399–1400).

Aus welchen Gründen entsteht dieses inakzeptable Fehlverhalten und welche Rolle spielt dabei die Schule als Ort des Geschehens? Diesen Fragen wird in diesem Blogbeitrag nachgegangen.

Definition und Formen von Mobbing

Mobbing bezeichnet ein aggressives Verhalten, welches sich gezielt gegen eine Person oder Gruppe richtet. Es entsteht und kommt über einen längeren Zeitraum vor und ist durch das offensichtliche Ungleichgewicht des Machtverhältnisses zwischen der  Täterschaft und des Opfers gekennzeichnet, sodass die Täterperson dem Opfer stets überlegen ist (Politi, 2020, S. 4).

Nach Olweus (2010) kann Mobbing in vier unterschiedlichen Formen auftreten:

  • Verbales Mobbing: Verletzende Aussagen gegen das Opfer (zum Beispiel Drohungen oder Beschimpfungen).
  • Relationales Mobbing: Schädigung sozialer Beziehungen des Opfers (zum Beispiel Ausgrenzen oder Verbreitung von Gerüchten).
  • Physisches Mobbing: Körperliche Schädigung des Opfers (zum Beispiel Treten oder Schlagen).
  • Cyber-Mobbing: Schädliches Verhalten gegen das Opfer unter Nutzung digitaler Medien (zum Beispiel Belästigung oder Verunglimpfung) (Wachs & Schuhbarth, 2022, S. 1401).

Ursachen

Zur Erklärung für das Vorkommen von Mobbing an Schulen werden im Folgenden drei Ansätze vorgestellt. Wichtig ist hierbei, dass nicht von einer konkreten Ursache ausgegangen werden kann, sondern von einem individuellen Zusammenspiel verschiedener Einflussfaktoren, die immer zu einem einzigartigen Fall führen. Zudem befinden sich Kinder und Jugendliche in einem wechselwirkenden System von Schule, Familie, Gesellschaft und Kultur (Puschmann, 2020, S. 34 & S. 51; Heldt, 2018, S. 15).

Ansatz 1: Individuelle Unterschiede

Dieser Ansatz fokussiert sich auf individuelle Merkmale des Opfers und der mobbenden Personen. Darunter zählen äußere Merkmale, die weitestgehend beobachtet werden können. Der genetische Einfluss, das Geschlecht, körperliches Erscheinungsbild und sozialer Status spielen hierbei eine Rolle. Beispielsweise fördert ein starkes körperliches Erscheinungsbild den sozialen Status. Dieser erhöhte Status kann wiederum zu einer Steigerung des Mobbingverhaltens führen (Puschmann, 2020, S. 35–37). Übergewichtige oder introvertierte Schüler*innen fallen dem Mobbing oftmals zum Opfer (Heldt, 2018, S. 14).

Hinzu kommen psychologische Merkmale, die nicht direkt beobachtbar sind und sich auf das Innenleben des Individuums beziehen. Hier wird das Selbstwertgefühl, Empathie, soziale Kompetenz, Machiavellismus, sozio-emotionale Entwicklung, Psychopathologie sowie individuelle Risikofaktoren eingeordnet. Sowohl ein niedriges Selbstwertgefühl als auch ein geringes Empathievermögen und geringe soziale Kompetenz beispielsweise, können Risikofaktoren für Mobbing darstellen (Puschmann, 2020, S. 37–41).

Ansatz 2: Schulische Faktoren

Die Schule ist ein komplexes System aus vielen verschiedenen Faktoren. Auch hier finden sich mehrere mögliche Risikofaktoren, die das Mobbingvorkommen beeinflussen können. Mögliche Risikofaktoren beziehen sich unter anderem auf die Klassengröße, Ort der Schule, Gestaltung der Schule sowie Lern- und Schulklima (Puschmann, 2020, S. 41–47).

Eine große Klasse kann ein tendenzielles Risiko für das Aufkommen von Mobbing darstellen, da es für Lehrende schwieriger ist, diese zu betreuen und zu managen (Puschmann, 2020, S. 42–43).

Mobbing findet in den meisten Fällen auf dem Pausenhof statt und weniger in Fluren oder Bädern. Nach Jannan (2015) spielt sowohl die Gestaltung der Schule und der Außenanlage als auch die Größe der Klassenräume eine nicht zu unterschätzende Rolle bezüglich des Vorkommens von Mobbing (Puschmann, 2020, S. 44).

Ansatz 3: Außerschulische Faktoren

Auch außerschulische Faktoren, wie Familie und Medien beeinflussen Mobbingverhalten. Zwar befinden sich diese Faktoren nicht direkt am Ort des Geschehens (Schule), dennoch reicht ihr Wirkkraft bis dorthin (Puschmann, 2020, S. 48).

Die Familie stellt ein eigenes System dar, in welches das Kind stark miteinbezogen ist. So kann das Phänomen des Modelllernens zum Tragen kommen. Mangelnde Fürsorge, Gewaltvorleben oder autoritäre Erziehung können zur Täterrolle oder zur Opferrolle des Mobbens führen. Gerade auch das Vorleben von Emotionsregulation spielt in diesem Kontext eine entscheidende Rolle (Puschmann, 2020, S. 49; Heldt, 2018, S. 16).

Soziale Medien sind täglicher Begleiter der meisten Menschen und spielen auch bei Kindern und Jugendlichen eine immer größere Rolle. Durch „Fake News“ und der Verherrlichung von Gewalttaten kann es zu einer verzerrten Wahrnehmung kommen, wodurch wiederum eigene Gewalttaten (Mobbing) entstehen können. Soziale Medien schaffen zudem bestimmte Erwartungen an Personen. Wollen und oder können Kinder und Jugendliche diesen nicht gerecht werden, kann dies ebenfalls dazu führen, dass sie zum Opfer von Mobbing werden (Puschmann, 2020, S. 51).

Präventionsprogramme

Aufgrund schwerwiegender Auswirkungen von Mobbing, wie zum Beispiel Angststörungen, Depressionen oder Störungen des Sozialverhaltens, sind geeignete Interventionsmaßnahmen von großer Relevanz (Mehl, 2020, S. 126).

Eine bekannte Maßnahme stellt das „Olweus Bullying Präventionsprogramm“ dar. Das 1983 von Dan Olweus entwickelte Programm hat das Ziel, durch aktive Beteiligung der Erwachsenen und der Schüler*innen bestehende Mobbingverhaltensweisen zwischen Schüler*innen zu minimieren, neue Mobbingprobleme vorzubeugen als auch ein besseres Verhältnis unter Schülerschaft zu schaffen (Olweus 1993; zitiert nach Erpelding & Schiel, 2020, S. 180).

Eine weitere Methode ist das finnische Programm „KiVa“. Das Ziel hierbei ist die Beeinflussung von Fähigkeiten, sozialen Normen, Einstellungen, Verhalten sowie Klassen- und Schulklima. Der Schwerpunkt liegt bei KiVa besonders auf der Ermutigung von Zuschauer*innen („Bystander“), sodass sie zum einen fähig werden dem Opfer zu helfen, zum anderen die Täter*innen nicht zu bestärken (Erpelding & Schiel, 2020, S. 188).

Fazit

Mobbing stellt ein hohes Risiko für emotionale und Verhaltensprobleme dar (Politi, 2020, S. 2).

Gerade in Schulen ist das Auftreten nicht selten, weshalb sich die Frage ergab, inwieweit sie Einfluss auf das Vorkommen nimmt. Mobbing kann überall zum Vorschein kommen, wo Menschen in sozialen Gruppen in Interaktion stehen (Wachs & Schuhbarth, 2022, S. 1400). Doch gerade in Schulen existieren viele Risikofaktoren, die zum Auftreten führen können. Dennoch zeigt jeder einzelne Mobbingfall individuelle Kombinationen aus Einflussfaktoren (individuell, schulisch und außerschulisch) auf (Puschmann, 2020, S. 51).

Interventionen erzielen häufig die kurz- und langfristig gewünschte Reduktion von Mobbing. Zudem sollten Lehrkräfte noch mehr Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung geboten werden, um ein besseres Verständnis zu Mobbingverhalten zu erhalten (Ulbricht 2019; zitiert nach Wachs & Schuhbarth, 2022, S. 1411).

Bildverzeichnis

Titelbild: Von Gert Altmann auf https://pixabay.com/de/illustrations/tyrannisieren-beschuldigen-betonen-6932049/

Literaturverzeichnis

Erpelding, L. & Schiel, J. (2020). Was sind die bekanntesten Mobbingprogramme? In M. Böhmer & G. Steffgen (Hrsg.), Mobbing an Schulen (S. 179-212). Wiesbaden, Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26456-7_11

Heldt, U. (2018). Schüler-Mobbing. Opfer wirksam unterstützen. Hamburg: AOL-Verlag

Jannan, M. (2015). Das Anti-Mobbing-Buch: Gewalt an der Schule – Vorbeugen, erkennen, handeln (4. Aufl.). Weinheim: Beltz.

Mehl, S. (2020). Was sind die Folgen von Mobbing? In M. Böhmer & G. Steffgen (Hrsg.), Mobbing an Schulen (S. 114-126). Wiesbaden, Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26456-7_7

Olweus, D. (1993). Bullying at school: What we know and what we can do. Oxford: Blackwell.

Olweus, D. (2010). Understanding and researching bullying: Some critical issues. In S. R. Jimerson, S. M. Swearer & D. L. Espelage (Hrsg.), Handbook of bullying in schools. An international perspective (S. 9–34). New York: Routledge.

Politi, S. (2020). Was ist Mobbing und wie kann man es erkennen? In M. Böhmer & G. Steffgen (Hrsg.), Mobbing an Schulen (S. 2-15). Wiesbaden, Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26456-7_1

Puschmann, C. M. (2020). Warum gibt es Mobbing? In M. Böhmer & G. Steffgen (Hrsg.), Mobbing an Schulen (S. 34-51). Wiesbaden, Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26456-7_3

Ulbricht, J. (2019). Gewalt und Mobbing an Schulen als Thema in der Lehrerausbildung: eine empirische Bestandsaufnahme. Trier: Wissenschaftlicher Verlag.

Wachs, S. & Schuhbarth, W. (2022). Schule und Mobbing. In T. Hascher, T. S. Idel & W. Helsper (Hrsg.), Handbuch Schulforschung (S. 1400-1412). Wiesbaden, Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-24729-4_65

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