By Published On: 20. Juni 2023Categories: Gesundheit, Psychologie

Mentales Training verspricht eine Leistungssteigerung durch reine Vorstellungskraft.  Leistungssportler nutzen diese Form des Trainings schon seit Jahren als eine etablierte Methode um ihre Leistung zu verbessern und auch im Breitensport findet mentales Training immer mehr Beachtung. Wie mentales Training funktioniert, welche Ziele mit mentalem Training verfolgt werden und welche Ansätze in der Praxis zur Anwendung kommen, wird im folgenden Beitrag dargestellt.

Definition

Mentales Training ist das bewusste Wiederholen von Bewegungsabläufen und Handlungen, welches rein durch die Vorstellungskraft erfolgt, ohne die Bewegung motorisch auszuführen. Das Ziel ist die Präzisierung und Stabilisierung von Bewegungen und Handlungsabläufen durch interne Repräsentation. Durch wissenschaftliche Analysen wurde belegt, dass die Kombination von körperlichem und mentalem Training zu einer Optimierung der Bewegungsabläufe führt (Brand & Schweizer, 2019, S. 155–156). Die Wirksamkeit beläuft sich darauf, dass beim Ausführen einer Handlung als auch beim bloßen Vorstellen dieser Bewegung die gleichen kognitiven Strukturen im Gehirn angesprochen werden. Die Grundlage bilden dabei die regelmäßigen Wiederholungen, die wie beim Erlernen eines motorischen Bewegungsablaufs oder Lernen einer Fremdsprache die entsprechenden Leistungsbereiche im Gehirn aktivieren und das erlernte automatisieren (Albert & Droste, 2022, S. 27). Die Einsatzmöglichkeiten von mentalem Training sind sehr vielfältig und finden sich im Breiten- bis hin zum Leistungssport sowohl auf der Ebene von Individualsportarten als auch im Teamsport wieder (Albert & Droste, 2022, S. 25). Vorteil der Anwendung von mentalem Training ist die verkürzte Dauer, um sich bestimmte Bewegungsabläufe anzueignen als auch die energieeffizient durch die Möglichkeit höherer Wiederholungsfrequenzen während des Trainings. Mentales Training birgt jedoch auch Risiken, denn auch die in der Vorstellung nicht korrekt ausgeführten Handlungen werden vom Gehirn übernommen, automatisiert und im Nachhinein während der praktischen Bewegung falsch ausgeführt (Heimsoeth & Kahn, 2015, S. 20).

Zielstellung von mentalem Training

Die Zielsetzung von mentalem Training kann in zwei grobe Bereiche eingeteilt werden. Es wird zwischen dem Ziel der Optimierung der Kompetenzüberzeugung als auch dem Verbessern von Lern- und Automatisierungsprozessen von Handlungsausführungen unterschieden. Die Kompetenzüberzeugung zielt auf eine Verbesserung der psychischen Ressourcen hinaus und hat eine motivational-emotionale Funktion (Schüler, Wegner & Plessner, 2020, S. 468–469). Durch die Vorstellung einer bestimmten Handlung wird das erfolgreiche Bestehen einer individuellen Anforderung visualisiert. Die Vorstellung, diese Situation erfolgreich zu bewältigen, dient als stellvertretende Erfahrung und hat dadurch positiven Einfluss auf die Erwartung und das Abrufen der eigenen Kompetenzen in der später realen Anforderungssituation (Eberspächer, 2019, S. 30). Im Gegensatz dazu hat die Optimierung des Lern- und Automatisierungsprozesses von Handlungen eine rational-handlungssteuernde Funktion mit dem Ziel die motorische Leistung zu verbessern. Dies geschieht, indem der entsprechende Bewegungsablauf in der Vorstellung detailgetreu mit allen Einzelheiten durchgegangen wird.  Bei der mentalen Ausführung sollte versucht werden die höchst machbare Anzahl an Sinnesmodalitäten mit einzubeziehen. Dadurch kann die  Bewegung so intensiv und real wie möglich nachempfunden werden, um den größtmöglichen Effekt in der Leistungsoptimierung zu erreichen (Schüler et al., 2020, S. 468–470).

Anwendung in der Praxis

Durch die reine Vorstellung eines Bewegungsablaufs oder einer Handlung ist noch keine Sicherstellung einer Leistungsveränderung möglich. Um mentales Training erfolgreich anzuwenden ist ein systematisches Vorgehen notwendig. Es wird in der Praxis zwischen dem sprachlich-symbolischen Ansatz, dem räumlich-bildhaften Ansatz und dem kinästhetischen Ansatz unterschieden, wobei die Anwendung meist in Kombination stattfindet (Jansen, Seidl & Richter, 2019, S. 105–106). Beim sprachlich-symbolischen Ansatz wird die Bewegung aus der Vorstellung heraus beschrieben. Dies kann verbal per Kommunikation oder auch schriftlich erfolgen. Als Methode eignet sich das Stufenmodell des Mentalen Trainings nach Eberspächer, welches auch als ideomotorisches Training bekannt ist. Dabei wird die Bewegung zuerst detailliert beschrieben, daraus werden Knotenpunkte ermittelt und diese hervorgehoben. Im weiteren Verlauf werden diese symbolisch markiert, rhythmisiert und mental trainiert (Heimsoeth & Kahn, 2015, S. 114–115). Vorteil dieses Ansatzes ist die Verbesserung der Kommunikation zwischen dem Sportler und dem Trainer in Bezug auf den Trainingsprozess. Als nachteilig wirkt sich jedoch die oft schlecht zu beschreibende kinästhetische Empfindung aus, so dass die Beschreibung meist auf die reine Bewegungsform beschränkt ist (Schüler et al., 2020, S. 471). Räumlich-bildhafte Ansätze verfolgen eine andere Strategie, bei der die innere Vorstellung der Handlung durch Videoaufnahme entwickelt wird. Hierbei besteht die Möglichkeit eine Videoaufnahme der eigenen Bewegung oder auch die Handlung einer anderen Person anzusehen. Dieser Ansatz beruht auf der Theorie, dass durch Spiegelneuronen eine Bewegungsvorstellung generiert wird und die gesehene Handlung dadurch kopiert wird (Schüler et al., 2020, S. 471). Eine weitere Methode zum Aufbau einer Bewegungsvorstellung wird mit dem kinästhetischen Ansatz erreicht. Hierbei wird eine Erinnerung an eine erlebte Bewegung mental mit allen Details nachempfunden Die mentale Ausführung erfolgt möglichst direkt nach einer optimalen Handlungsausführung um genau diese korrekte Bewegung nachzuspüren und  zu verinnerlichen (Schüler et al., 2020, S. 471).

Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Mentale Training in der Durchführung wesentlich vom motorischen Training, dennoch weisen beide Trainingsformen auch Gemeinsamkeiten auf. Es lässt sich feststellen, dass während der Ausführung der mentalen Vorstellung ähnliche Gehirnareale aktiv sind, wie bei der eigentlichen körperlichen Bewegung. Ebenfalls benötigen beide Methoden eine nahezu gleiche zeitliche Dauer der Trainingsumfangs  (Jansen et al., 2019, S. 106). Dennoch kann das mentale Training das körperliche Training nicht in Gänze ersetzen, sondern bietet lediglich eine unterstützende Funktion, um die Leistung zu stärken oder zu stabilisieren. Währen Verletzungsphasen, Sportpausen und im Bereich des rehabilitativen Trainings bietet das mentale Training eine gute Alternative, um das fehlende körperliche Training zu kompensieren (Jansen et al., 2019, S. 106).

Fazit

Mentales Training ist eine wissenschaftlich belegte Methode, um kognitive Prozesse des Handelns und der Kontrollüberzeugung zu verbessen als auch zu stabilisieren. Körperliches Training kann durch Mentales Training nicht ersetzt werden, aber richtig angewendet bietet es eine energieeffiziente Methode, um das motorische Training im Leistungs-, Breiten- als auch Rehasport zu ergänzen und die eigene Leistung zu optimieren.

Literaturverzeichnis

Albert, A. & Droste, S. (2022). Mentaltraining für Sportler. Mit neurowissenschaftlichen Strategien Emotionen steuern, Motivation und Konzentration fördern und Bestleistung erreichen (1. Auflage, Originalausgabe). München: riva. Verfügbar unter: http://www.blickinsbuch.de/item/e6991e4bd42504cdc025284436c72eab

Brand, R. & Schweizer, G. (2019). Sportpsychologie. Verständnisgrundlagen für mehr Durchblick im Fach (Basiswissen Psychologie, 2. Aufl. 2019). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. Verfügbar unter: http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:31-epflicht-1540777

Eberspächer, H. (2019). Mentales Training. Das Handbuch für Trainer und Sportler (Copress Sport, 9., durchgesehene Neuauflage). Grünwald: Copress Sport.

Heimsoeth, A. & Kahn, O. (2015). Sportmentaltraining (1. Auflage). Stuttgart: pietsch.

Jansen, P., Seidl, F. & Richter, S. (2019). Achtsamkeit im Sport. Theorie und Praxis zu achtsamkeitsbasierten Verfahren in Freizeit, Training, Wettkampf und Rehabilitation. Berlin, Germany, München: Springer; Ciando. Verfügbar unter: http://ebooks.ciando.com/book/index.cfm/bok_id/2568119

Schüler, J., Wegner, M. & Plessner, H. (Hrsg.). (2020). Sportpsychologie. Grundlagen und Anwendung (Springer eBook Collection). Berlin: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56802-6

Bildquelle

Fxquadro. (o. J.). Sports and motivation concept. portrait of pensive young sportsman put index fingers on his temples and looking at camera. Verfügbar unter: https://www.freepik.com/free-photo/sports-motivation-concept-portrait-pensive-young-sportsman-put-index-fingers-his-temples-looking-camera_25130089.htm#query=sportler%20fokus&position=4&from_view=search&track=ais

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