By Published On: 3. Februar 2021Categories: Psychologie, Wirtschaft

Die Arbeit mit Kunden ist für viele Menschen in der heutigen Zeit eine Selbstverständlichkeit geworden. Nicht zuletzt ist dies auf den berufsstrukturellen Wandel vom primären landwirtschaftlichen Sektor hin zum sekundären Industriesektor sowie dem tertiären Dienstleistungssektor zurückzuführen (Hadjar & Becker, 2006, S.94). Zentral für die Kundenbeziehung ist dabei insbesondere, dass Dienstleister offen und dem Kunden zugewandt sind. Beim Kunden sollen positive Gefühle verstärkt werden, denn das wirkt sich günstig auf die Reputation des Unternehmens und letztendlich den Gewinn aus. Frei nach dem Leitspruch „der Kunde ist König“, werden Angestellte daher dazu angehalten die eigenen Bedürfnisse hinter denen des Kunden anzustellen (Rastetter, 2008, S.10). Das ist nicht immer leicht, vor allem wenn Dienstleister sich mit Kritik oder Beschwerden konfrontiert sehen, kann es schwer fallen die eigenen Emotionen in den Griff zu bekommen.

Emotionsarbeit und Emotionsregulation

Die beschriebenen Anforderungen die eigenen negativen Emotionen bewusst zu unterdrücken und gewünschte positive Emotionen im Beruf zu zeigen, werden auch unter dem Terminus Emotionsarbeit geführt (Brandstätter, et. al., 2013, S.178-179). Ein weiterer Begriff, der in diesem Zusammenhang häufig auftaucht, ist „Emotionsregulation“. Unter Emotionsregulation sind die Strategien und Prozesse zu verstehen, die dafür sorgen das Auftreten, die Intensität, die Dauer und den Ausdruck einer Emotion zu verändern (Barnow & Petermann, 2013, S.193). Die Fähigkeit Emotionen zu regulieren besitzt grundsätzlich jeder Mensch, denn sie wird durch die Arbeit neuronaler Netzwerke im präfrontalen Kortex realisiert. Die neuronalen Netzwerke der präfrontalen Kortexareale hemmen dabei die Aktivität der Amygdala, welche eine hohe Relevanz für Prozesse rund um Emotionen besitzt (LeDoux, 1992, S.339-351) und reduzieren dadurch die Signifikanz des emotionsauslösenden Ereignisses (Steinfurth, Wendt & Hamm, 2013, S.208-216).

Surface Acting und Deep Acting

Wenn es um Emotionsregulation am Arbeitsplatz geht, so wird darüber hinaus zwischen sogenanntem „Surface Acting“ und „Deep Acting“ unterschieden.  Beim Surface Acting wird dabei lediglich der emotionale Ausdruck unterdrückt, während die Emotion der ausübenden Person dennoch zugelassen wird. Folglich würde man einer Person, die Surface Acting betreibt ihre Emotion äußerlich nicht ansehen, obwohl sie diese noch spürt. Im Gegensatz dazu wird beim Deep Acting das Erleben der Emotion unterdrückt, sodass der emotionale Ausdruck gänzlich ausbleibt (Brandstätter, et. al., 2013, S.178-179). Doch welche Vor- und Nachteile lassen sich zwischen diesen beiden Arten von Emotionsarbeit finden und wie funktionieren zugehörige Methoden? Eine Methode, die sich dem Surface Acting zuordnen lässt und die empirisch recht häufig untersucht wurde, ist die Regulation des emotionalen Ausdrucksverhaltens.  Dabei wird das Ausdrucksverhalten einer Person entweder bewusst intensiviert oder unterdrückt (Brandstätter, et. al., 2018, S.231). Ein Beispiel dafür wäre einen unhöflichen Kunden anzulächeln, obwohl tatsächlich Wut über dessen Verhalten empfunden wird. Eine bekannte Strategie des Deep Acting ist dagegen die kognitive Veränderung oder Neubewertung. Bei dieser Strategie werden Reizen neue Bedeutungen verliehen, wodurch sie anders wahrgenommen und bewertet werden können. Auf diesem Wege kann die Wichtigkeit einer Situation oder eines Reizes neubewertet werden (Brandstätter, et. al., 2018, S.230). Beispielsweise kann die Unhöflichkeit eines Kunden neubewertet werden, indem man sich gedanklich sagt, dass der Kunde sicher nur einen schlechten Tag hatte oder damit, dass das zum Berufsalltag dazugehört.

Empirische Ergebnisse zu beiden Strategien

Für beide Methoden wurden empirische Daten zu den affektiven, kognitiven und sozialen Folgen gesammelt. Beide Strategien sind in Bezug auf die affektiven Folgen in der Lage das Ausdrucksverhalten zu verändern. Jedoch treten bei der Unterdrückung des emotionalen Ausdrucksverhaltens zusätzlich physiologische Prozesse auf und das subjektive Emotionserleben bleibt weitgehend unverändert. Bei der kognitiven Leistung zwischen den beiden Strategien ergab sich, dass die Gedächtnisleistung bei Probanden, welche die Unterdrückung des Ausdrucksverhaltens anwendeten, beeinträchtigt war, da sie weniger Details in Erinnerung behielten und weniger zuversichtlich in Bezug auf die getroffenen Angaben waren als die Probanden der Neubewertungsgruppe (Brandstätter, et. al., 2018, S.235-236). Dies zeigte sich auch in der mathematischen Leistungsfähigkeit, die bei Probanden, welche die Unterdrückung des Ausdruckverhaltens anwandten, deutlich niedriger war (Shulei & Miner, 2006, S.262-270). Mit Blick auf die sozialen Folgen zeigte sich, dass die Unterdrückung der Emotionen eine negative Wirkung auf soziale Interaktionen aufweist. Versuchspersonen der Unterdrückungsgruppe wiesen eine niedrigere soziale Responsivität auf und wirkten abgelenkter. Personen, die mit den „Unterdrückern“ interagierten, mochten diese zudem weniger und erlebten von ihnen weniger Nähe (Brandstätter, et. al., 2018, S.235-236; Shulei & Miner, 2006, S.262-270).

Fazit

Folglich lässt sich zusammentragen, dass die Verwendung der Neubewertung und damit das Deep Acting in Bezug auf die kognitiven, sozialen und affektiven Folgen zu bevorzugen ist, obgleich es im Angesicht von Kritik und Beschwerden für Betroffene situativ nicht immer einfacher ist die Situation neu zu bewerten. Deshalb ist es von Vorteil verschiedene Emotionsregulationstechniken zu kennen und diese flexibel nach ihren jeweiligen Kosten und Vorzügen einsetzen zu können, um souverän auf Situationen reagieren zu können (Gross, 2002, S.289).

Literatur

Barnow, S. & Petermann, F. (2013). Psychologische Rundschau, 64, pp. 193-195. https://doi.org/10.1026/0033-3042/a000178. Hogrefe Verlag, Göttingen.

Brandstätter, V., Schüler, J., Puca, R. M. & Lozo, L. (2013). Motivation und Emotion. Allgemeine Psychologie für Bachelor; mit 9 Tabellen, Springer, Berlin.

Brandstätter, V., Schüler, J., Puca, R. M. & Lozo, L. (2018). Motivation und Emotion. Allgemeine Psychologie für Bachelor. Springer, Berlin, Heidelberg.

Gross, J. J. (2002). Emotion regulation: Affective, cognitive, and social consequences. Psychophysiology, 39, 281–291.

Hadjar, A. & Becker, R. (2006). Die Bildungsexpansion. Erwartete und unerwartete Folgen. VS Verlag der Sozialwissenschaften, Wiesbaden.

LeDoux, J.E. (1992). Emotion and the amygdala. In J. P. Aggleton (Ed.), The amygdala: Neurobiological aspects of emotion, memory, and mental dysfunction (p.339-351). Wiley-Liss.

Rastetter, D. (2008). Zum Lächeln verpflichtet: Emotionsarbeit im Dienstleistungsbereich. Campus Verlag.

Shulei, M. & Miner, H. (2006). Emotional Labor; Surface Acting and Deep Acting, Which One is Better? Acta Psychologica Sinica, 38(2), pp.262-270.

Steinfurth, E., Wendt, J. & Hamm, A. (2013). Psychologische Rundschau, 64, pp. 208-216. https://doi.org/10.1026/0033-3042/a000173 Hogrefe Verlag, Göttingen.

Bildquelle Titelbild

https://pixabay.com/de/photos/kauf-verkauf-shop-frau-innerhalb-3090820/

Von: Nastya Gepp

Teile diesen Artikel