By Published On: 18. Mai 2023Categories: Kommunikation, Soziales

Vor ein paar Tagen war ich mit einer Freundin in Köln unterwegs. Wir haben uns auf einen netten Abend zu zweit gefreut und waren dementsprechend etwas genervt als wir mehrmals von wesentlich älteren Männern angemacht wurden. Später am Abend wurden wir von einer Gruppe Jungs gefragt, ob wir uns in Köln gut auskennen. Meine Freundin reagierte daraufhin gereizt und sagte, dass wir gerne in Ruhe gelassen werden wollen. Als sich herausstellte, dass die Jungs lediglich wissen wollten welche Bars das Fußballspiel des Abends übertragen, war ihr die Situation sehr peinlich. Sie hatte angenommen, dass die Frage lediglich ein Vorwand war um uns anzusprechen. Missverständnisse wie diese hat mit Sicherheit jeder schon einmal erlebt. Sätze wie „das hast du falsch verstanden“ oder „das habe ich doch gar nicht so gemeint“ tauchen früher oder später überall da auf, wo Kommunikation stattfindet. Kommunikation ist der Austausch von Informationen zwischen einem Sender und mindestens einem oder mehreren Empfängern.

Das Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver

Abbildung 1: Das Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver (Quelle: Eigene Darstellung)

Das Kommunikationsmodell nach Shannon und Weaver hat seinen Ursprung in der Optimierung der Kommunikation über das Telefon. Die Telekommunikationsspezialisten arbeiteten daran potenzielle Störeinflüsse zu reduzieren. Die Voraussetzung für einen Kommunikationsprozess bilden zunächst die Informationsquelle (Sender) und der Adressierte (Empfänger). Der Sender übermittelt eine Nachricht, welche z.B. durch Sprache oder andere Formen der Kommunikation an den Empfänger übermittelt wird. Die Nachricht wird anschließend vom Empfänger aufgenommen und entschlüsselt (Vgl. Röhner & Schütz, 2020). Neben der verbalen Kommunikation unterscheidet man zwischen nonverbaler, paraverbaler, schriftlicher und visueller Kommunikation. Die paraverbale Kommunikation bezeichnet die Art der Aussprache. Dazu zählen zum Beispiel Sprechtempo, Lautstärke und Betonung. Die schriftliche Kommunikation ist besonders anfällig für Missverständnisse, da der Empfänger auf unterstützende Kommunikationsformen wie z.B. Mimik und Gestik verzichten muss. Geschriebene Wörter haben einen großen Interpretationsspielraum und damit einhergehend ein hohes Risiko für Fehlinterpretationen. Bei der visuellen Kommunikation werden Nachrichten z.B. in Form von Bildern visualisiert.

Potenzielle Störungen des Kommunikationsprozesses

Shannon und Weaver konzentrierten sich zunächst hinsichtlich der Kommunikation über das Telefon auf technische Probleme und äußere Einflüsse z.B. Hintergrundgeräusche. Mittlerweile sind viele weitere Ursachen für Fehlkommunikation und damit Missverständnisse bekannt. Wie wir auf bestimmte Situationen reagieren, hängt unter anderem von unseren Erfahrungen ab. Das Beispiel aus der Einleitung ist eine Situation, bei der meine Freundin aufgrund von vorherigen Erfahrungen eine Situation fehlinterpretiert hat. Wie bei der sensorischen Wahrnehmung kann ein emotional getönter Kontext unsere Interpretation des Verhaltens anderer Menschen beeinflussen (Vgl. Myers, 2014, S.). Ein weiteres Hindernis für eine einwandfreie Kommunikation ist der Sarkasmus. Er wird häufig nicht als solcher wahrgenommen und damit fehlinterpretiert. Missverständnisse können außerdem durch unterschiedliche Assoziationen in Bezug auf ein Verhalten entstehen (Vgl. Klüver et al., 2021, S.137). Dies ist zum Beispiel häufig bei kulturellen Unterschieden der Fall. In Deutschland bedeutet der Daumen nach oben beispielsweise „super“, während er in Australien als Beschimpfung gilt. Grundsätzlich können natürlich auch sprachliche Unterschiede, z.B. in Form von Dialekten zu Missverständnissen führen. Ein hohes Risiko für Missverständnisse bieten außerdem sogenannte Homonyme. Unter Homonymen versteht man Wörter, die gleich geschrieben und ausgesprochen werden, aber unterschiedliche Bedeutungen haben. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Wort „Bank“.

Das Vier-Ohren-Modell nach Schulz von Thun

Abbildung 2: Kommunikationsmodell nach Schulz von Thun (Quelle: Eigene Darstellung)

Das Kommunikationsmodell nach Schulz von Thun (2000) besagt, dass die menschliche Kommunikation auf vier verschiedenen Ebenen stattfindet. Mit einer gesendeten Nachricht werden also immer gleich vier Botschaften übermittelt. Damit ist das Risiko für Missverständnisse sehr hoch. Missverständnisse entstehen dann, wenn die Intention der sendenden Person nicht der Wahrnehmung der empfangenden Person entspricht (Vgl. Röhner & Schütz, 2020). Die erste Ebene ist die Sachebene. Zur Sachebene gehören die Informationen, die der empfangenden Person durch eine Nachricht mitgeteilt werden sollen. Die zweite Ebene beinhaltet eine Selbstkundgabe/Selbstoffenbarung des Senders. Die Informationen können sowohl aus gewollter Selbstdarstellung als auch aus ungewollter Selbstenthüllung bestehen. Durch die dritte Ebene wird die Beziehung zwischen Sender und Empfänger ausgedrückt. Die Art und Weise der Formulierung und des Tonfalls können Auskunft darüber geben, ob der Empfänger beispielsweise respektiert oder abgelehnt wird. Der Sender möchte mit der gesendeten Nachricht in der Regel etwas bewirken. Der Apell stellt die vierte Botschaft einer Nachricht dar. Die Nachricht soll die empfangende Person direkt oder indirekt dazu bringen, bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen, zu denken oder zu fühlen (Vgl. Röhner & Schütz, 2020).  Auf der Beziehungs- und Appellebene können besonders schnell Missverständnisse entstehen. Als Beispiel hierfür lässt sich eine Alltagssituation anführen. Emilia und Lina fahren das erste Mal gemeinsam mit dem Auto in den Urlaub. In der Hoffnung, dass Lina die Geschwindigkeit etwas reduziert sagt Emilia: Du fährst ja schnell! Lina interpretiert die Nachricht so, dass Emilia sich mit Lina am Steuer sicher fühlt und reduziert die Geschwindigkeit daraufhin nicht, um Emilia zu beeindrucken. Der ursprüngliche Beziehungshinweis, dass Emilia sich mit Lina am Steuer unwohl fühlt, wurde von Lina als Vertrauensbeweis interpretiert. Damit wurde ebenfalls der Appel missverstanden. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollten unterschwellige Botschaften direkt angesprochen werden.

Fazit

Bei dem Vier-Ohren-Modell nach Schulz von Thun und dem Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver handelt es sich um klassische Modelle zur Veranschaulichung der menschlichen Kommunikation. An den Modellen lässt sich die Entstehung von Missverständnissen ableiten. Es gibt einige potenzielle Störungen, die eine Fehlkommunikation begünstigen. Darunter fällt zum Beispiel der Sarkasmus oder bestimmte Vorerfahrungen, die zu einer falschen Interpretation führen. Nach dem Vier-Ohren-Modell beinhaltet eine Nachricht immer auch einen Appell. Bestimmte Aussagen werden getätigt, um die empfangende Person zu einer Handlung anzuregen. Damit in dieser Hinsicht keine Missverständnisse entstehen, sollten konkrete Wünsche direkt angesprochen werden und nicht indirekt in einer Nachricht verpackt werden.

Literaturverzeichnis

Klüver, C., Klüver, J., Schmidt, J. (2021). Missverständnisse. In: Besser und erfolgreicher kommunizieren. Springer Vieweg, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33027-9_12

Röhner, J., Schütz, A. (2020). Klassische Kommunikationsmodelle. In: Psychologie der Kommunikation. Basiswissen Psychologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61338-2_2

Myers, D.G. (2014). Wahrnehmung. In: Psychologie. Springer, Berlin, Heidelberg. Zugriff am 11.4.2023. Verfügbar unter https://lehrbuch-psychologie.springer.com/content/myers-kapitel-7-wahrnehmung

Bildquelle

Titelbild: https://pixabay.com/de/illustrations/kommunikation-telefon-telefonieren-1015376/

Abbildung 1: Das Sender-Empfänger-Modell nach Shannon und Weaver (Quelle: Eigene Darstellung)

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Abbildung 2: Kommunikationsmodell nach Schulz von Thun (Quelle: Eigene Darstellung)

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