By Published On: 20. Mai 2024Categories: Meine Hochschule und mein Studium, Psychologie

Lebens- und Bildungswege sind selten geradlinig und auch wenn es noch immer gesellschaftlich ein Manko zu sein scheint, nicht direkt während des Abiturs den spezifischen Karriereplan zu haben, kommen diese Umwege im Bildungsbereich vor. Jedoch sinkt das Durchschnittsalter der Hochschulabsolventen in Deutschland kontinuierlich. Im Jahr 2022 betrug das Alter der Absolventen nach dem Erststudium im Durchschnitt 23,6 Jahre, was im Vergleich zu vor einem Jahrzehnt, als Absolventen im Schnitt 26,6 Jahre alt waren, eine signifikante Verjüngung darstellt (Statistisches Bundesamt, 2023). Wie kam es also zu der Entscheidung, dass ich erst mit 39 Jahren mein Erststudium begann?

Ich heiße Sylke, bin inzwischen 43 Jahre alt und studiere seit August 2020 Psychologie an der SRH Fernhochschule. Schon während des Abiturs hatte ich immer den Wunsch, Medizin oder Psychologie studieren, doch der Numerus Clausus verwehrte es mir. Danach hatte ich eine Ausbildungsstelle zur Arzthelferin sicher und dachte so über Umwege in die Medizinrichtung gehen zu können. Doch das Leben kam dann anders, ich habe mich von den Menschen in meinem Umfeld beeinflussen lassen und mein Bauchgefühl ignoriert. Daher ich löste den Vertrag auf und ich schlug zunächst eine völlig andere Richtung ein und machte eine Ausbildung zur Mediengestalterin für Digital- und Printmedien. Kurz danach kam der Gedanke, Psychologie im Fernstudium zu studieren erstmals. Jedoch war das finanziell in meiner damaligen Lebenssituation nicht umzusetzen und so blieb es ein Traum.

In der Vergangenheit habe ich mich in schwierigen Lebenssituationen wiedergefunden, was mich letztendlich dazu veranlasste, eine Psychotherapie zu beginnen. Hier habe ich viel über mich, meine Familie und die Menschen um mich herum lernen dürfen. Nach und nach wurde mir klar, dass ich mehr vom Leben will und auch anderen mehr Unterstützung geben kann. Die Corona-Pandemie verdeutlichte mir, wie schnell das Leben vorbei sein kann und wie viele Träume sich über Nacht auflösen und das Warten auf‘s „Irgendwann“ für mich unsinnig ist. Also habe ich meinen Wunsch formuliert, finanziell alles durchgerechnet und mich über verschiedene Studienmöglichkeiten informiert.

Es wurde schnell deutlich, dass ein Fernstudium an der SRH Fernhochschule mir die flexible Möglichkeit bot, die ich als dreifache berufstätige Mutter brauche. Ich kann nicht nur lernen und Vorlesungsaufzeichnungen schauen, wann und vor allem wo ich möchte, sondern kann gleichzeitig mein individuelles Lerntempo bestimmen und auch die Reihenfolge der Studieninhalte selbst festlegen. Im Verlauf meines Studiums habe ich zusätzlich erkannt, dass durch die notwendige Eigenmotivation und das selbstständige Lernen eine intensive Auseinandersetzung mit den jeweiligen Modulinhalten erfolgt.

Die Zeiteinteilung zwischen den Bedürfnissen der Familie, den beruflichen Herausforderungen, das Lernen für das Studium und das Schreiben der Prüfungsarbeiten erfordert ein hohes Maß an Struktur und Organisation, aber ich bin sehr glücklich, dass ich den Weg ins Erststudium mit 39 Jahren gewagt habe.  Diese Form der notwendigen Eigenorganisation stärkt meine individuellen Fähigkeiten sowie Selbstkompetenzen, welche die Bereitschaft und das gesamte Repertoire an Fähigkeiten umfassen, die notwendig sind, um persönliches Wachstum zu ermöglichen und das eigene Leben eigenverantwortlich in den jeweiligen sozialen, kulturellen oder beruflichen Rahmenbedingungen zu formen (Becke & Pastoors, 2018, S. 43). Die im Verlauf des Studiums erlangten Fähigkeiten, wie beispielsweise die Kompetenz, Wissen zu erwerben, Informationen zu beschaffen, zu strukturieren, zu bearbeiten, zu speichern, zu verwenden und zu interpretieren, sowie die Fähigkeiten zum Selbstmanagement und zur effektiven Organisation der verfügbaren Zeit, können sich positiv auf den Erwerb von Fachkompetenz auswirken und deren erfolgreiche Anwendung fördern. Daher werden sie auch als Schlüsselqualifikationen für beruflichen Erfolg betrachtet (Pastoors, 2018, S. 71)

Eingangs erwähnte ich, dass auch ich gelernt habe, dass ich etwas zu geben habe. Unter anderem meine Zeit und meine Fähigkeiten zuzuhören. Seit meinem Praktikum während des Studiums bin ich weiterhin ehrenamtlich in der psychosozialen Beratung tätig und bin daher jeder Woche im Austausch mit Menschen, denen ich Unterstützung geben kann. Dieses Gefühl und auch die Dankbarkeit, die ich auf diese Weise zurückerhalte ist mir jede Anstrengung des Studiums wert. 

In Bezug auf meinen Weg zum Erststudium bin ich dankbar für die Vielfalt an Erfahrungen, die ich entlang meines nicht unbedingt geradlinigen Pfades gesammelt habe. Veränderungen sind völlig in Ordnung sind und fordern uns auf zu wachsen. Auch meinen Kindern möchte ich damit zeigen, dass es in Ordnung ist, wenn der erste Weg nicht der einzige sein muss. Wichtig ist jedoch, dass man nicht nach gesellschaftlichen Vorstellungen oder den Erwartungen seines persönlichen Umfelds handelt, sondern stattdessen den individuellen Wünschen und Zielen zu folgen und entsprechend zu agieren. Ich freue mich sehr, hoffentlich dieses Jahr meinen Bachelorabschluss machen zu können und dann zu schauen, was das Leben noch vorhat und welche Wege ich gehen werde.           

Quellen:

  1. Becke, J. H., & Pastoors, S. (2018). Persönliche Kompetenzen. In J. Becker, H. Ebert, & S. Pastoors, Praxishandbuch berufliche Schlüsselkompetenzen (S. 43 – 49). Berlin : Springer-Verlag.
  2. Pastoors, S. (2018). Berufliche Methodenkompetenzen. In J. Becker, H. Ebert, & S. Pastoors, Praxishandbuch berufliche Schlüsselkompetenzen (S. 71 – 79). Berlin: Springer Verlag.
  3. Statistisches Bundesamt. (13. 09 2023). Durchschnittsalter von Hochschulabsolventen¹ in Deutschland in den Prüfungsjahren von 2003 bis 2022. Abgerufen von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/189237/umfrage/durchschnittsalter-von-hochschulabsolventen-in-deutschland am 05. 04 2024

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