By Published On: 16. Februar 2024Categories: Gesundheit, Psychologie

Das Jugendalter ist geprägt durch viele neue Anforderungen. Zum einen durch die Pubertät bedingte körperlichen Veränderungen, zum anderen durch neue soziale Herausforderungen und dem Aufbau einer eigenständigen Identität. Auch alltägliche Probleme und kritische Lebensereignisse müssen Jugendliche nach und nach bewältigen. Doch oftmals ist das Bewältigungspotenzial in diesem Alter unzureichend und es kann schnell zu einer Überbelastung kommen, wodurch die Chance zu Entwicklungsrisiken steigt, wie das Risikoverhalten des Alkoholkonsums. Im Jugendalter spielt hierbei vor allem die Beziehung zu Gleichaltrigen eine große Rolle (Eschenbeck & Lohaus, 2022, S. 101–103). Ob das soziale Umfeld ursächlich für riskante Verhaltensweisen wie der Alkoholkonsum sind, zeigt sich in diesem Blogbeitrag.

Verbreitung des Alkoholkonsums bei Jugendlichen

Jugendlicher Alkoholkonsum ist nicht selten und weit verbreitet. In der Drogenaffinitätsstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) im Jahr 2019 gaben rund 64% der 12-17-jährigen Jugendlichen an, bereits Alkohol konsumiert zu haben. 9% davon trinken regelmäßig, also mindestens einmal in der Woche Alkohol. Knapp 15% dieser Altersgruppe berichtet, bezogen auf die letzten 30 Tage vor der Befragung, Erfahrung mit Rauschtrinken gemacht zu haben (Orth & Merkel, 2020, S. 38). Rauschtrinken bezeichnet das Konsumieren von mindestens 5 alkoholischen Getränken bei einer Trinkgelegenheit (Diestelkamp & Thomasius, 2017, S. 5). Fast 4% der Jugendlichen haben in den letzten 12 Monaten vor der Befragung Alkoholmengen konsumiert, die für Erwachsene als gesundheitlich riskant gelten (Orth & Merkel, 2020, S. 38).

Die Zahl der Jugendlichen, die wegen akuter Alkoholintoxikation im Krankenhaus behandelt wurde, lag 2022 bei rund 12.000 Jugendlichen, 1,3% weniger als im Vorjahr und 43% weniger als 2019. Zwar geht der Konsum im Allgemeinen zurück, unter anderem aufgrund von damaligen Corona-Regeln, wie zum Beispiel Kontaktbeschränkungen, oder demografische Effekten. Dennoch ist das Risiko des Konsums und möglichen Vergiftungen hoch. 2022 wurden mit rund 9.700 Fällen (15-17-Jährige) die meisten erfasst (Statistisches Bundesamt, 2023).

Auswirkungen

Der Konsum von Alkohol kann gravierende Folgen mit sich ziehen. Kurzzeitige Auswirkungen des Alkoholmissbrauchs bei Jugendlichen sind „ein erhöhtes Unfallrisiko, aggressives Verhalten bis hin zu Gewaltdelikten, frühe sexuelle Aktivität, häufig wechselnde Geschlechtspartner, sexuell übertragene Infektionen, Vergewaltigungen, durch Alkohol belastete Schwangerschaften und Suizidversuche.“ (Hagen & Koletzko, 2011, S. 110). Bei einer Intoxikation durch Alkohol kann es vor allem aus medizinischer Sicht zu Hirninfarkten, Hirnödemen, Hypothermie, Hypoglykämie und Aspirieren von Erbrechen kommen. Ein andauernder Konsum kann zu zahlreichen sozialen, körperlichen und psychischen Schäden führen und auch die Hirnentwicklung beeinträchtigen. Regelmäßige Alkoholintoxikationen können zudem die Leistungsfähigkeit in der Schule negativ beeinflussen und ein Risiko für eine Abhängigkeitsentwicklung darstellen (Hagen & Koletzko, 2011, S. 110).

Motive und Risikofaktoren

Die Motive für einen übermäßigen Alkoholkonsum im Jugendalter sind vielfältig. Ein Großteil der Jugendlichen gibt soziale Motive als Grund für den Konsum an, während sie sich meist nicht über die negativen Folgen im Klaren sind. Der Konsum erfüllt im Jugendalter oftmals die Funktion der Bewältigung von Entwicklungsherausforderungen wie zum Beispiel die Identitätsentwicklung oder die Zugehörigkeit zu einer Peergroup (Diestelkamp & Thomasius, 2017, S. 9).

Die Risikofaktoren, die die Entstehung des Alkoholmissbrauchs begünstigen sind ebenfalls vielseitig. Zum einen können individuelle Faktoren eine begünstigende Wirkung haben. Zahlreiche Studien konnten belegen, dass genetische Faktoren an der Entstehung des Missbrauchs beteiligt sind. Nach Hinckers, Laucht, Heinz und Schmidt (2005) sind gewisse Persönlichkeitsmerkmale, wie ein starkes Neugierverhalten, mangelnde Emotionsregulation, niedrige Belohnungsabhängigkeit, eine geringe Schadensvermeidung und eine geringe Sensitivität gegenüber Alkohol begünstigende Eigenschaften. Hagen und Röper (2007) betonen zudem Impulsivität, geringe Fähigkeit zur Selbststeuerung, Aktivitätsdrang, Eingrenzungsgefühle, Leistungsprobleme und richttraditionelle Wertorientierung (Hagen & Papastefanou, 2011, S. 120).

Zum anderen gelten auch bestimmte Umweltfaktoren als riskant. Gerade die Eltern und Peergroups können das Verhalten von Jugendlichen bezüglich des Alkoholkonsums beeinflussen. Wird das Verhalten der Eltern als kontrollierend und überwachend wahrgenommen, kann dies zu einem Protestverhalten und einem vermehrtem Alkoholkonsum führen (Kerr & Sattin 2000; zitiert nach Hagen & Papastefanou, 2011, S. 121). Das Modelllernen kann hier zusätzlich eine Rolle spielen und Jugendliche können sich an dem Trinkverhalten der Eltern orientieren (Hagen & Papastefanou, 2011, S. 121).

Bezüglich des Modelllernens haben auch Peergroups eine Bedeutung. Jugendliche orientieren sich an den Verhaltensweisen bekannter und ähnlicher Personen und übernehmen Verhaltensmuster, wie beispielweise der Alkoholkonsum (Eschenbeck & Lohaus, 2022, S. 111). Auch der Gruppendruck ist hierbei entscheidend, wodurch die Anpassung des Trinkverhaltens an die der Gruppe erfolgt, um kein abweichendes Verhalten zu zeigen und ausgegrenzt zu werden (Blomeyer & Laucht, 2009, S. 180; Eschenbeck & Lohaus, 2022, S. 112).

Prävention

Hinsichtlich der gravierenden Folgen, die der Alkoholkonsum bei Jugendlichen ausrichten kann, erscheinen adäquate Präventionsmaßnahmen unausweichlich. In der primären Prävention steht das Aufklären und Informieren über den Konsum von Alkohol der Allgemeinbevölkerung im Fokus. Hierbei werden auch Lehrende, Psychologen und Psychologinnen oder Ärzte und Ärztinnen miteinbezogen. Eine allgemeine Aufgabe wäre die Reduktion der Verfügbarkeit und der Werbung. Eltern sind bezüglich des Konsums Vorbild und müssen einen verantwortungsvollen Umgang vorleben und auf Grenzen deutlich hinweisen. Gewisse Awareness-Programme beispielsweise finden in der sekundären Prävention Anwendung. Diese Prävention bezieht sich auf die Früherkennung und -behandlung von Betroffenen (Koller, Karamatzkos & Pogarell, 2010, S. 40).

Im Allgemeinen sollten Jugendliche angeregt werden, ihren eigenen Konsum zu reflektieren und auch ihre Motive zum Trinken abzuklären, um Maßnahmen vorzunehmen, die ein riskantes Trinkverhalten verbessern (Hagen & Koletzko, 2011, S. 110).

Fazit

Alkoholkonsum im Jugendalter kann schwerwiegende Auswirkungen und Folgen mit sich ziehen. Besonders exzessive Trinkmuster, wie das Rauschtrinken, stellen ein großes Risiko dar (Koller et al., 2010, S. 41).

Oftmals findet das Rauschtrinken zusammen in einer Peergroup statt, weshalb ein devianter Freundeskreis durchaus als ursächlich betrachtet werden kann (Blomeyer & Laucht, 2009, S. 185). Gleichaltrige beeinflussen die Entwicklung eines Jugendlichen und können unter anderem diverse Gesundheitsverhaltensweisen im Positiven aber auch Negativen prägen (Eschenbeck & Lohaus, 2022, S. 120).

Doch nicht nur Peergroups, sondern auch andere Faktoren können das Gesundheitsverhalten, speziell Trinkverhaltensweisen der Jugendlichen beeinflussen. Neben individuellen Faktoren spielt auch das Verhalten der Eltern eine entscheidende Rolle. Elterliches Trinkverhalten kann eine Modellfunktion für Jugendliche einnehmen (Hagen & Papastefanou, 2011, S. 120–121).

Präventive Maßnahmen bieten hierfür mehrere Möglichkeiten, einem schädlichen Alkoholkonsum vorzubeugen (Koller et al., 2010, S. 41).

Bildverzeichnis

Titelbild: Von Gerd Altmann auf https://pixabay.com/de/photos/alkohol-trinken-alkolismus-flaschen-64164/

Literaturverzeichnis

Blomeyer, D. & Laucht, M. (2009). Riskanter Alkoholkonsum im Jugendalter. Psychotherapeut, 3, S. 179-186.

Diestelkamp, S. & Thomasius, R. (2017). Riskanter Alkoholkonsum bei Jugendlichen. Berlin, Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-49315-1

Eschenbeck, H & Lohaus, A. (2022). Bedeutung von Peerbeziehungen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Gesundheit und Wohlbefinden von Jugendlichen. In A. Heinen, R. Samuel, C. Vögele & H. Willems (Hrsg.), Wohlbefinden und Gesundheit im Jugendalter (S. 101-128). Wiesbaden: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-35744-3_6

Hagen, C. von & Röper, G. (2007). Resilienz und Ressourcenorientierung – Eine Bestandsaufnahme. In I. Fooken & J. Zinnecker (Hrsg.), Trauma und Resilienz. Chancen und Risiken lebensgeschichtlicher Bewältigung von belasteten Kindheiten (S. 15–29). Weinheim: Juventa.

Hagen, C. von & Koletzko, B. (2011). Alkoholmissbrauch im Kindes- und Jugendalter. Monatsschrift Kinderheilkunde, 159, S.110. https://doi.org/10.1007/s00112-010-2282-5

Hagen, C. von & Papastefanou, C. (2011). Risikoverhalten und Alkoholkonsum im Jugendalter. Monatsschrift Kinderheilkunde, 159, S. 118-123. https://doi.org/10.1007/s00112-010-2285-2

Hinckers, A., Laucht, M., Heinz, A. & Schmidt, M. (2005) Alkoholkonsum in der Adoleszenz – soziale und individuelle Einflussfaktoren. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 33, S. 273–284.

Kerr, M. & Stattin, H. (2000). What parents know, how they know it, and several forms of adolescent adjustment: further support for a reinterpretation of monitoring. Developmental psychology, 36, S. 366–380.

Koller, G., Karamatskos, E. & Pogarell, O. (2010). Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit im Kindes- und Jugendalter. Monatsschrift Kinderheilkunde, 158, S. 35-41. https://doi.org/10.1007/s00112-009-2059-x

Orth, B. & Merkel, C. (2020). Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2019. BZgA-Forschungsbericht. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.

Statistisches Bundesamt (2023). Zahl der Klinikbehandlungen junger Menschen wegen Alkoholmissbrauchs weiter rückläufig. Zugriff am 07.01.2024. Verfügbar unter https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/11/PD23_N060_23.html

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