Farben beschäftigen die Menschheit: Schon in der Antike wurde über Farben geforscht, im Mittelalter waren sie bereits mit starker Symbolkraft behaftet (Aslam, 2005, S. 1). So verwundert es nicht, dass Farben heutzutage als integraler Bestandteil eines gelungenen Marketings betrachtet werden. Welchen Einfluss diese dabei haben wird im Folgenden untersucht. Dabei soll ein spezieller Fokus auf die viel diskutierte Farbe Rot gelegt werden.

Farben im Marketing
Grundsätzlich gibt es zwei Thesen über die Assoziationen, die Menschen mit bestimmten Farben verbinden: Zum einen könnten gewisse Empfindungen biologisch veranlagt sein, zum anderen könnten diese erlernt sein, beziehungsweise auf Erfahrung basieren. Man ist inzwischen übereingekommen, dass, wenn überhaupt, die biologische Veranlagung eine deutlich geringere Rolle spielt; zumeist wird von einem über einen klassischen Konditionierungsprozess erlernten Assoziationsverhalten ausgegangen (Aslam, 2005, S. 2; Felser, 2015, S. 339). Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass in unterschiedlichen Kulturkreisen teils komplett konträre Attribute mit der gleichen Farbe verbunden werden (Aslam, 2005, S. 3). Allen gemein ist dabei allerdings, dass Farben Emotionen auslösen, einen starken visuellen Einfluss auf die Psyche ausüben und deshalb als zentrales Kommunikationsinstrument angesehen werden (Aslam, 2005, S. 2; Breiner, 2019, S. 72). Vor diesem Hintergrund erstaunt die Tatsache, dass die Farbwirkung im Marketing lange Zeit komplett vernachlässigt wurde und auch zahlreiche Farbstudien aufgrund ihrer undifferenzierten Betrachtung als wenig belastbar gelten (Felser, 2015, S. 339). Dazu kommt, dass Studien zur Farbwirkung aufgrund der Angst vor der Konkurrenz von vielen Unternehmen meist nicht veröffentlicht werden (Aslam, 2005, S. 1). Dennoch besteht seit mehreren Jahrzehnten Einigkeit über die große Bedeutung der Farbe in der Werbung: Sie gilt als zentraler Bestandteil von Produkten und Werbeanzeigen, vermittelt die Coporate Identity, gibt Hinweise auf Eigenschaften des entsprechenden Produkts, wie beispielsweise Preis oder Qualität und beeinflusst die Kundenwahrnehmung (Aslam, 2005, S. 2-3). Farben fördern willkürliche Aufmerksamkeit; können die Wiedererkennung von Produkten oder die Tendenz, Werbeanzeigen zu lesen, deutlich steigern. Diese Effekte sind vor allem bei hellen, warmen, neuartigen und von ihrer Umgebung abweichenden Farben ausgeprägt. Allerdings ist dies nicht uneingeschränkt zu bestätigen, denn sehr stark ins Auge stechende Farben können auch als störend oder manipulativ betrachtet werden (Breiner, 2019, S. 72; Felser, 2015, S. 443). Interessant ist darüber hinaus, dass bestimmte Produktklassen mit bestimmten Farben assoziiert werden und sogar die Geschmackswahrnehmung beeinflussen können (Aslam, 2005, S. 7). Ein weiterer Aspekt, der die große Marketingmacht der Farben verdeutlicht, ist die Tatsache, dass bestimmte Farben mit bestimmten Marken verknüpft werden und deshalb aktiv das Suchverhalten nach diesen steuern. Auf diese Weise werden mit der entsprechenden Farbe auch die Eigenschaften der Marke, wie beispielsweise hohe Qualität verbunden. Somit verwundert es nicht, dass Nachahmer bekannter Marken die Farbwahl so weit als möglich kopieren (Felser, 2015, S. 343-344).
Ein weiterer, sehr wichtiger Aspekt, der unter Umständen sogar über den Markenerfolg entscheiden kann, sind länder- und kulturspezifische Unterschiede im Assoziationsverhalten mit Farben. Im Allgemeinen passen fast alle global agierenden Firmen ihre Produktpalette oder Marketingstrategie dem entsprechenden Land an. Zentral ist es hier, auch die Farbwahl anzupassen; ein Missachten dieser Tatsache hat für nicht wenige Unternehmen zu einem Fauxpax oder rückläufigen Umsätzen geführt: Farben haben in unterschiedlichen Ländern ganz unterschiedliche, teils sogar entgegengesetzte Konnotationen und müssen deshalb im Marketing sorgfältig ausgewählt werden. Diese Tatsache trifft nicht nur – wenn auch dort besonders ausgeprägt – auf Kulturen zu, auch unterschiedliche Geschlechter, Altersgruppen, Bräuche, individuelle Vorlieben oder Trends beeinflussen die Farbwahrnehmung und dürfen deshalb von Marketingabteilungen nicht vernachlässigt werden (Aslam, 2005, S. 1-9). Dass eine Farbe in unterschiedlichen Kontexten und somit auch bei unterschiedlichen Produkten konträre Eindrücke hervorrufen kann, wird bei der Betrachtung der Farbe Rot noch deutlich werden. Problematisch ist vor diesem Hintergrund die Tatsache, dass Farben im Marketing häufig intuitiv oder aufgrund rein ästhetischer Empfindungen gewählt werden. Dennoch zeigt die Praxis, dass dies durchaus funktionieren kann: Lila wird inzwischen mit Schokolade verbunden, auch wenn dies überhaupt nichts mit der natürlichen Farbe des Lebensmittels zu tun hat (Felser, 2015, S. 343).
Die Farbe Rot

Da die Farbe Rot als die am meisten untersuchte Farbe gilt und gerade im Marketing – man denke nur an die weit verbreiteten „Sale-Schriftzüge“ – eine übergeordnete Rolle spielt, soll diese im Folgenden genauer betrachtet werden. Rot ist die Farbe mit der längsten Wellenlänge und wird als warm wahrgenommen. Diese Tatsache erkannte bereits Goethe, der als Erster umfassende Farbstudien durchführte: Er verknüpfte Rot mit Wärme und Aufregung (Breiner, 2019, S. 88-92). Darüber hinaus werden der Farbe in unterschiedlichen Kulturkreisen auch durchaus divergierende Assoziationen zugesprochen: Während in einigen afrikanischen Staaten und auch in Deutschland Rot mit negativen Aspekten und Unglück verbunden wird, gilt es beispielsweise in Argentinien, Rumänien, Dänemark und China als Farbe des Glücks und wird bei Letzteren sogar als Brautfarbe bei Hochzeiten genutzt. Dies zeigt, dass ein Marketingkonzept aus China, in dem die Farbe Rot dominiert, beispielsweise nicht ungefiltert auf Afrika übertragen werden kann. Die Assoziation mit Liebe gilt allerdings als sehr weit verbreitet (Aslam, 2005, S. 3).
Aufgrund eben beschriebener Unterschiede beziehen sich die folgenden Aussagen also auf den westlichen Kulturkreis, speziell Deutschland, wobei sich auch hier, je nach Kontext, gegensätzliche Empfindungen ergeben: Im Leistungskontext wird rot als hemmend und leistungsschwächend empfunden – vermutlich begründet durch die Tatsache, dass im schulischen Rahmen Fehler zumeist rot markiert werden und auch sonst Verbotsschilder rot sind. Im zwischenmenschlichen Kontakt kann Rot allerdings als attraktivitätssteigernd und in Wettkampfsituationen aufgrund des Eindrucks von Dominanz leistungsfördernd wirken (Felser, 2015, S. 339-341). Im Allgemeinen werden Rot zumeist starke, sowohl positive als auch negative Emotionen wie Wut, Zorn oder Liebe und auch eine verführerische, gefährliche, starke oder aktive Wirkung zugesprochen (Breiner, 2019, S. 92). Gerade letzteres gilt als durchaus marketingrelevant und ist neben der Auffälligkeit der Farbe auch der Grund für die roten Angebotsschilder. Darüber hinaus wurde beispielsweise untersucht, dass die Farbe Rot das Ausgeben von mehr Trinkgeld stimuliert. Auch Casinos wollen sich diese aktivitätssteigernde Wirkung durch ihr häufig rotes Interieur zu Nutze machen (Felser, 2015, S. 343).
Es lässt sich zusammenfassend also sagen, dass Farben im Marketing eine durchaus übergeordnete Rolle spielen. Unternehmen sollten diese deshalb gezielt einsetzen, dabei kulturelle und persönliche Unterschiede in der Farbwirkung allerdings keinesfalls vernachlässigen. Aufgrund seiner Auffälligkeit und aktivierenden Wirkung eignet sich die Farbe Rot gut als Werbefarbe, muss aber genau zum Kontext passen, da sie sonst schnell als zu aufdringlich oder abschreckend empfunden werden kann.
Literaturverzeichnis
Aslam, M. M. (2005). Are you selling the right colour? A cross-cultural review of colour as a marketing cue [Konferenzbeitrag]. In I. Papasolomou (Hrsg.), Developments and Trends in Corporate and Marketing Communications: Plotting the Mindscape of the 21st Century (S. 1–14). Cyprus: InterCollege, Marketing Department, School of Business Administration. https://ro.uow.edu.au/commpapers/1043
Breiner, T. C. (2019). Farb- und Formpsychologie. Berlin: Springer.doi:10.1007/978-3-662-57870-4
Felser, G. (2015). Werbe- und Konsumentenpsychologie (4. Aufl.). Berlin/Heidelberg: Springer.doi:10.1007/978-3-642-37645-0