By Published On: 15. Juli 2025Categories: Digitalisierung, Inklusion, Technologie

Ein Zuhause, das unterstützt und mitdenkt

Den eigenen Alltag selbstbestimmt gestalten – für viele Menschen mit Beeinträchtigung ist das nach wie vor eine große Herausforderung. Fehlende Assistenz, bauliche Barrieren und eingeschränkte Mobilität können die Selbstständigkeit massiv beeinflussen.

Doch durch Smart-Home-Technologien verändert sich vieles: Das Zuhause wird zum aktiven und unsichtbaren Unterstützer, der auf Knopfdruck, per Sprache oder selbstständig reagiert (Verbraucherzentrale, 2025). Von Lichtsteuerung über smarte Türöffner bis hin zu digitalen Sprachassistenten: Was ursprünglich als Komfortlösung entwickelt wurde, entfaltet gerade im Kontext von Inklusion ein beeindruckendes Potenzial.

Selbstbestimmt im Alltag: Kleine Funktionen, große Wirkung

Wer eine körperliche Einschränkung hat, kann mit Hilfe von Sprachsteuerung das Licht einschalten, die Heizung regeln, Musik abspielen oder das Fenster öffnen – ohne aufzustehen oder nach Hilfe zu rufen (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, o. J.). Das erhöht nicht nur Selbstständigkeit, Teilhabe und Lebensqualität, sondern steigert auch das Selbstwertgefühlt (EnableMe, o. J.). Moderne Smart-Home-Technologien bieten älteren Menschen und Personen mit Einschränkungen eine wertvolle Unterstützung im Alltag. Automatisierte Rollläden, intelligente Heizsysteme oder smarte Notruflösungen erhöhen nicht nur den Wohnkomfort, sondern auch die Sicherheit. Funktionen wie Bewegungsmelder, Herdabschaltungen oder GPS-Ortung sorgen dafür, dass Angehörige im Ernstfall schnell reagieren können – und Betroffene länger selbstbestimmt in ihrem Zuhause leben können (Pflege durch Angehörige, 2025).

Empowerment statt Abhängigkeit

Was diese Technologien eint, ist ihr Potenzial, Fremdbestimmung zu reduzieren. Smart Homes ermöglichen es Nutzer*innen, ihre Umgebung nach eigenen Bedürfnissen zu gestalten, wann und wie sie es wollen. Statt auf Hilfe angewiesen zu sein, entstehen Selbstbestimmung und Empowerment. Gerade für Menschen, die ihre Selbstständigkeit durch Unfall oder Alter verloren haben, kann ein technikgestütztes Zuhause den Weg zurück in ein unabhängigeres Leben ebnen und gleichzeitig Angehörige und Pflegende entlasten.

Beispiel: Smart Home – selbstbestimmt leben mit Tetraplegie

Alex lebt in einer barrierefreien Wohneinheit einer betreuten Wohngruppe. Trotz seiner starken körperlichen Einschränkungen gestaltet Alex seinen Alltag selbstbestimmt. Dabei unterstützt ihn eine speziell auf seine Bedürfnisse abgestimmte Smart-Home-Ausstattung. Die Steuerung erfolgt vollständig per Sprachbefehl oder mit einem Augensteuerungssystem, das an seinem Rollstuhl mit seinem Tablet gekoppelt ist. Damit kann Alex eigenständig Lichtquellen im Raum ein- und ausschalten, die Raumtemperatur regulieren oder Musik abspielen. Auch die motorisierten Fenster, Rollläden und Türen lassen sich so bedienen. Über eine App ruft Alex Pflegepersonal oder aktiviert einen Notruf, wenn er Unterstützung braucht. Die Kommunikation mit Freunden und Familie läuft ebenfalls über sein sprachgesteuertes Smartphone über Videoanrufe oder Textnachrichten. Diese Technologie gibt Alex nicht nur mehr Kontrolle über seinen Alltag, sondern auch das Gefühl, nicht bei jeder Kleinigkeit auf Hilfe angewiesen zu sein. Für ihn bedeutet Smart-Home nicht nur Komfort, sondern echte Selbstbestimmung und Teilhabe.

Stolperstein: Die Hürde Technikverständnis

Hier zeigt sich eine neue Form von digitaler Barriere: Wer kein technisches Vorwissen oder keine Unterstützung bei der Einrichtung dieser Systeme hat, keine finanziellen Mittel für Smart-Geräte oder nicht die Fähigkeit, digitale Tools zu bedienen, wird erneut ausgeschlossen. Eine inklusive Digitalisierung muss also auch heißen: Technik muss für alle zugänglich, verständlich und bezahlbar sein.

Datenschutz: Wenn das Zuhause zur Datenquelle wird

Ein weiterer kritischer Aspekt ist der Datenschutz. Smart Homes erzeugen eine Fülle an persönlichen Daten – wann wird das Haus betreten, wie oft wir uns in welchem Raum bewegen, welche Gewohnheiten wir haben. Was geschieht mit diesen Daten? Wer hat Zugriff? Und wie lässt sich sicherstellen, dass technische Assistenz nicht zur Überwachung wird?

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (o. J.) rät, beim Einsatz von vernetzten Geräten im Smart Home auf regelmäßige Softwareupdates, sichere Passwörter und verschlüsselte Datenübertragung zu achten. Nur so lässt sich ein hohes Maß an Datenschutz und IT-Sicherheit gewährleisten.

Technik gemeinsam gestalten: Inklusion durch Partizipation

Ein smartes Zuhause sollte nicht einfach übergestülpt werden, es muss gemeinsam mit den Menschen, die darin leben, entwickelt und eingerichtet werden. Denn was für die eine Person ein Gewinn an Selbstständigkeit ist, kann für eine andere als übergriffig oder unpraktisch empfunden werden. Deshalb braucht es mehr als technische Innovation, es braucht partizipative Entwicklungsprozesse, einfache Bedienoberflächen und ein Bewusstsein dafür, dass Technik immer im Dienst der Menschen stehen sollte, nicht umgekehrt.

Fazit: Smart Home als Chance – wenn wir sie inklusiv denken

Smart Homes haben das Potenzial, Teilhabe und Selbstbestimmung neu zu gestalten. Sie können Menschen mit Beeinträchtigung helfen, ihren Alltag autonomer zu gestalten, Notfallsituationen besser zu meistern und sich sicherer zu fühlen, ohne dabei auf ständige menschliche Unterstützung angewiesen zu sein.

Doch damit diese Technologie tatsächlich inklusiver ist, braucht es mehr als Geräte und Apps:

  • Barrierefreiheit muss Standard sein.
  • Datenschutz muss aktiv gestaltet und nicht bloß akzeptiert werden.
  • Technologie muss mit den Nutzer*innen partizipativ entwickelt werden, nicht an ihnen vorbei.

Literaturverzeichnis

Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (o. J.). Smarthome – den Wohnraum sicher vernetzen. Zugriff am 04.06.2025. Verfügbar unter https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Verbraucherinnen-und-Verbraucher/Informationen-und-Empfehlungen/Internet-der-Dinge-Smart-leben/Smart-Home/smart-home_node.html

EnableMe (o. J.). Digitale Hilfsmittel für Menschen mit Behinderungen: Verbesserte Möglichkeiten und Chancen. Zugriff am 04.06.2025. Verfügbar unter https://www.enableme.de/de/themen/digitale-hilfsmittel-fur-menschen-mit-behinderungen-verbesserte-moglichkeiten-und-chancen-10018?gad_source=1&gad_campaignid=14741388917&gbraid=0AAAAADvl89WOzfpct7aSCjDMAJt4XhG4P&gclid=EAIaIQobChMI04bNpbnYjQMVShoGAB1YIyP-EAAYASAAEgKc1fD_BwE

Pflege durch Angehörige (2025). Smarthome – Intelligente Lösungen für ein barrierefreies und sicheres Zuhause. Zugriff am 04.06.2025. Verfügbar unter https://www.pflege-durch-angehoerige.de/barrierefreies-wohnen/smarthome/#:~:text=Beispiele%20sind%20automatische%20Rolll%C3%A4den%2C%20die,Im%20Notfall%20schnell%20Hilfe%20rufen.

Verbrauerzentrale (2025). Smart Home – Das „intelligente Zuhause“. Zugriff am 04.06.2025. Verfügbar unter https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/wohnen/smart-home-das-intelligente-zuhause-6882

Bildquelle

Titelbild von geralt, Titel: smart-home-house-technology-3819021. Veröffentlicht am 19.11.2018. Abgerufen am 09.06.2025. Auf pixabay unter: https://pixabay.com/photos/smart-home-house-technology-3819021/

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