By Published On: 15. August 2021Categories: Gesundheit, Psychologie

Vorab ein Paar Fakten: 

Zigaretten, Kautabak, Wasserpfeifen, E-Zigaretten etc. liefern eine Dosis Nikotin direkt in die Mundschleimhaut oder je nach Form auch in die Lunge, wo es resorbiert, also durch Zellen, Gewebe und Organe aufgenommen wird und bereits innerhalb von sieben bis zehn Sekunden über den Blutkreislauf in das Gehirn gelangt. Dort stimuliert es Nikotinrezeptoren, die daraufhin über chemische Reaktionen einen Nikotin-Kick erzeugen. Die Tabakabhängigkeit entsteht multifaktoriell. Neben der Wirkung des Nikotins sind auch lernpsychologische und soziale Faktoren für die Entstehung einer Sucht verantwortlich (dkfz, 2006, S. 7). Weltweit stellt der Tabakkonsum ein Problem für die menschliche Gesundheit, infolgedessen eine finanzielle Belastung des Gesundheitswesens und die Volkswirtschaft dar. Durch neuartige Tabakprodukte wie Snus (Kautabak), Wasserpfeifen, E-Zigaretten etc. ist das Problem noch komplexer geworden (Adams & Effertz, 2009).

Rauchen ist wohl in der Geschichte der medizinischen Forschung die am intensivsten untersuchte Ursache körperlicher Erkrankungen. Die gesundheitlichen Schäden durch das Rauchen werden jedoch nicht vom Nikotin, sondern durch zahlreiche andere Stoffe verursacht, die beim Verbrennen einer Zigarette freigesetzt werden (Kräger & Lohmann, 2007, S. 11). Zusammengefasst schädigt Rauchen fast alle menschlichen Organsysteme. Es reduziert die physische Gesundheit, insbesondere die Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atmungsorgane und nicht wegzudenken sämtliche Krebserkrankungen. Rauchen beschleunigt zudem den Alterungsprozess auf zellulärer Ebene. Außerdem kommen negative Effekte der Fruchtbarkeit, Schwangerschaft und Geburt sowie einzelne Erkrankungen des Skelettsystems und des Verdauungstraktes hinzu und es wirkt sich negativ auf die Genesung, z. B. bei Wundheilungen aus (Raupack, Nowak, Hering, Batra, Andreas, 2007, S. 11). Gemäß dem neusten Tobacco Atlas der American Cancer Society rauchen weltweit mehr als 1,1 Milliarden Menschen, davon sterben jedes Jahr sechs Millionen an den Folgen des Rauchens. Im Durchschnitt verliert ein Raucher acht Jahre seines Lebens (tobaccoatlas). In Deutschland sind rund 121 000 Todesfälle auf das Rauchen zurückzuführen. Das verursacht knapp 100 Milliarden Euro für die Volkswirtschaft allein durch Arbeitsausfälle und Krankheiten (Bundesregierung, 2020). Raucher gefährden jedoch nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die ihrer nicht rauchenden Mitmenschen, welche ungewollt Tabakrauch einatmen müssen. An den Folgen des Passivrauchens sterben in Deutschland jedes Jahr 3 300 Nichtraucher. Zusätzlich erkranken jährlich viele Menschen infolge der Passivbelastung an Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen. Öffentliche Rauchverbote sind daher notwendig (dkfz, 2009, S. 7).

Es lässt sich vermuten, dass die meisten sich deren Folgen des Zigarettenkonsums bewusst sind, da sie auch durch kleine Bilder und Texte auf den Zigarettenpackungen nochmals verdeutlicht werden. Jedoch stellt sich mir die Frage, wieso um alles in der Welt rauchen die Menschen weiterhin und gefährden bewusst ihre Gesundheit?

Werden Raucher gefragt, ob sie sich als gefährdet einstufen, an Lungenkrebs zu erkranken, erhält man meist eine ausweichende Antwort. Das eigene Risiko wird als geringer eingeschätzt als das von anderen Rauchern. Darüber hinaus vertraut der Raucher auf seine eigene Fähigkeit, rechtzeitig mit dem Rauchen aufzuhören, bevor es zu Erkrankungen führt (Schwarzer & Renner, 1997, S. 1).

Zuerst muss man die Raucher in zwei Gruppen aufteilen. Die Gelegenheitsraucher, die ab und zu am Lagerfeuer oder am Wochenende auf Partys rauchen und die Gewohnheitskonsumenten, die täglich auch mal bis zu 20 Zigaretten konsumieren. Die Gefahr bei Gelegenheitsraucher ist, dass sie schneller als gewollt zu Gewohnheitsraucher werden, denn vom Genuss zu Sucht ist es nur ein kleiner Schritt. Wenn nämlich das Nikotin in das Gehirn gelangt, wirkt es auf unser Belohnungszentrum und das Hormon Dopamin wird freigesetzt. Die Zigarette wird also zum Symbol der Belohnung. Werden regelmäßig Zigaretten konsumiert, fällt der Nikotinspiegel nach einer Stunde im Blut auf ein Viertel ab und der Körper verlangt nach einer neuen Zigarette. Nach einer gewissen, aber auch kurzen Zeit gewöhnt sich der Körper auch schon an die Nikotinzufuhr und den gewissen Spiegel im Körper und wenn dieser wegfällt oder sinkt, löst dies Entzugserscheinungen wie Nervosität, Reizbarkeit oder Kopfweh aus (Kolte, 2006, S. 12). Und ehe man sich versieht, dient die Zigarette nicht nur als Symbol der Belohnung, sondern auch um Unwohlsein zu reduzieren.

Ein weiterer wesentlicher Faktor für die Sucht ist die Gewohnheit. Kleine Abläufe, die mit dem Rauchen verbunden sind, wie bspw. eine Zigarette nach dem Essen oder beim Zusammensein mit den Freunden, können bei einer Rauchentwöhnung genauso zu Herausforderungen führen wie die tatsächliche körperliche Nikotinabhängigkeit (Barben & Künzli, 2019).

Die Zahl der entwöhnungswilligen Raucher wird auf 20 – 30 Prozent geschätzt. 25 – 40 Prozent wollen das Rauchen einschränken oder irgendwann zu einem späteren Zeitpunkt aufgeben (Batra, 2000, S. 28). Allerdings gelingt nicht allen schon beim ersten Versuch die Verwirklichung der Tabakabstinenz. Die Überwindung des Nikotinentzugs ist oft der schwierigste Teil der Rauchentwöhnung. Doch je öfter der Versuch gestartet wird, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, Erfolg zu haben (haypp). Es heißt, dass die erste Woche bzw. die ersten fünf Tage nach der letzten Zigarette der schwierigste Zeitraum ist, denn so lange braucht der Körper, um das Nikotin abzubauen. Natürlich kommt es auf die Anzahl der gerauchten Zigaretten an, wie sich der Entzug körperlich auswirkt. Nach fünf Wochen ist bereits das Gröbste überstanden. Jedoch kann der Kopf bzw. die Gewohnheit das Verlangen nach einer Zigarette wieder hervorrufen. Mögliche Auslöser könnten hierfür sein: mit anderen Rauchern zusammen zu sein, Stress, Alkohol, Kaffee oder Tee und/oder Langeweile. Hilfreich ist es, die individuellen Auslöser zu identifizieren und versuchen sie zu vermeiden bzw. einen Bewältigungsplan parat zu haben (hyapp). 

Fazit:

Klar, langfristig gesehen ist Rauchen gesundheitsschädlich für einen selbst und für die nicht rauchenden Mitmenschen. Kurzfristig gesehen lässt eine Zigarette einem aber besser fühlen und hat eine beruhigende Wirkung auf den menschlichen Organismus. Langfristig ist sie also eine Sünde und kurzfristig eine Belohnung. Um aber den langfristigen Folgen zu entgehen, sollte spätestens bis zum 35. Lebensjahr aufgehört werden. Laut einer Studie zufolge kann sich der Körper bis dato noch vollständig regenerieren (Fend, 2005, S. 82-94). 

Literatur

Bundesregierung (2020). Tabakwerbung wird weitgehend verboten. Zugriff am 06.05.2021. Verfügbar unter https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/tabakwerbeverbot-.

Batra, A. (2000). Tabakabhängigkeit. Darmstatt: Dr. Dietrich Steinkopff Verlag.

Barben, J., Künzli, N. (2019). Tabakprävention angesichts neuer Trends. Zugriff am 03.05.2021. Verfügbar unter https://medicalforum.ch/de/detail/doi/smf.2019.08361.

Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.). (2009). Die Kosten des Rauchens für Gesundheitswesen und Volkswirtschaf in Deutschland. Heidelberg: dkfz.

Deutsches Krebsforschungszentrum (2006). Rauchlose Tabakprodukte: Jede Form von Tabak ist gesundheitsschädlich. Heidelberg: dkfz.

Fend, H. (2005). Rauchen als Risiko-Indikator für jugendliche Lebensstile. Stabilität und Folgen für soziale Übergänge ins Erwachsenenalter. Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 25, S. 82 – 94.

Haypp. Wie lange dauert ein Nikotinentzug? Zugriff am 18.05.2021. Verfügbar unter https://www.haypp.com/de/nicopedia/wie-lange-dauert-ein- nikotinentzug/?gclid=CjwKCAjwy42FBhB2EiwAJY0yQl9oK4UhwFkAbKWM6_U9BeCq0_XzQ6F no87mNkD6DORh3vec9TCRyRoCYZwQAvD_BwE. 

Kolte, B. (2006). Rauchen zwischen Sucht und Genuss. Berlin: Springer.

Kräger, C. B., Lohmann, B. (2007). Tabakkonsum und Tabakabhänigkeit. Göttingen: Hogrefe.

Raupach, T., Nowas, D., Hering, T., Batra, A., Andreas, S. (2007). Rauchen und pneumologische Erkrankungen, positive Effekte der Tabakentwöhnung. Stuttgart: Georg Thieme. doi:  10.1055/s-2006-954989

Schwarzer, R., Renner, B. (1997). Risikoeinschätzung und Optimismus. Göttingen: Hogrefe.

Tobaccoatlas (2021). Health Effects. Zugriff am 05.04.2021. Verfügbar unter https://tobaccoatlas.org/topic/health-effects/.

Beitragsbild von Comfreak auf pixabay. Zugriff am 16.08.2021, von https://pixabay.com/de/illustrations/mann-rauchen-zigarette-rauch-1418483/.

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