By Published On: 4. August 2020Categories: Meine Hochschule und mein Studium, Psychologie

Die Erlangung eines Bachelor zusammen mit der Erstellung einer Bachelorarbeit beziehungsweise allgemein eines Abschlusses und einer Abschlussarbeit stellt vermutlich für jede Person eine stressreiche Situation dar, die Anstrengung und Ausdauer zur erfolgreichen Bewältigung erfordert. Wieso sollte sich nun jemand dieses anstrengende Ziel stecken, statt entspannt mit den Beinen zu baumeln? In meinem Beitrag möchte ich dir die Bedeutung von Zielen hervorheben und anreißen, wie Selbstwirksamkeit beim Erreichen dieser Ziele helfen kann.

Laut Dudens Bedeutungswörterbuch versteht man im Deutschen unter „Ziel“ „etwas, worauf jemandens Handeln (…) ganz bewusst gerichtet ist, was man als (…) Ergebnis seines Handelns (…) zu erreichen sucht1. Kleinbeck geht weiter und betont, dass ohne ein Ziel gar keine Handlung möglich ist.2 Stell dir einmal folgende Situation vor: Du stehst vor einer Treppe und könntest treppauf oder treppab gehen. Du weißt, dass du diese Treppe benutzen willst. Nur, was machst du? Gehst du hoch oder runter? Was brauchst du, um dich zu entscheiden? Dieses „hoch“ oder „runter“ sind deine möglichen Handlungen. Wenn du aber gar nicht weißt, warum du die Treppe benutzen möchtest, kannst du gar nicht entscheiden, ob du nach oben oder unten musst. Auch kannst du für dich selbst nicht bewerten, ob deine Handlung erfolgreich war. Würdest du deine Handlung wiederholen, wenn du gar nicht weißt, worauf du hinaus wolltest? Du benötigst etwas Entscheidendens, dass dir die Richtung gibt.
Und hier kommen Ziele ins Spiel.

Bleiben wir bei der Treppe: Vielleicht möchtest du aus dem Keller eine alte Lampe holen. Das heißt, dein Ziel ist es, die Lampe zu holen. Dann musst du treppab in den Keller gehen und sie nehmen. Erfolg. Gehst du stattdessen treppauf, landest du vielleicht im Schlafzimmer, wo die Lampe nicht ist. Misserfolg.
Du merkst schon, hinter der einfach klingenden Erläuterung des Dudens mit Zielen als Ergebnis einer Handlung steht sehr viel mehr.
Bekannt ist: Menschen sind einfach glücklicher bei der Verfolgung von Kurzzeitzielen als ohne Ziel.3 Ziele benötigst du, um handeln zu können. Du benötigst sie auch, um das Ergebnis deiner Handlung als Erfolg oder Misserfolg einteilen zu können4 und um keine deiner Ressourcen zu verschwenden5.
Darüber hinaus ist es auch wichtig, was du erreichen möchtest und warum. Sind deine Ziel von Außen vorgegeben, sind es extrinsisch motivierte Ziele. Hast du dir selbst diese Ziele gesetzt, sind es intrinsisch motivierte Ziele. Um den Unterschied für dein langfristiges Wohlbefinden einprägsam zu zeichnen, gibt es ein schönes Bild6: Es ist bekannt, dass Äpfel einen höheren Nährwert haben als Schokoladenkuchen. Sind die intrinsisch motivierten Ziele Äpfel und die extrinsisch motivierten Schokoladenkuchen, dann ergibt sich ganz leicht daraus, dass ein Mensch, der Äpfel isst, gesünder ist, als ein Mensch, der nur Schokoladenkuchen isst. Wichtig ist also nicht nur, irgendein Ziel zu erreichen, sondern ein intrinsisch motiviertes, um dein langfristiges Wohlbefinden zu steigern.7

Fall du dich nun fragst, ob es noch etwas Besseres als Kurzzeitziele gibt: Die Antwort ist eindeutig Ja! Langzeitziele machen noch zufriedener!8 Und das Ziel zu erreichen macht glücklicher als das Engagement zum Ziel: Lebenszufriedenheit, mentale Gesundheit, physisches Wohlergehen, Selbstbewusstsein, einfach vieles steigert sich, wenn ein Ziel erreicht wird.9

Eingangs erwähnte ich den Abschluss Bachelor. Das ist ein wunderbares Beispiel für ein Langzeitziel! Wurde es aus intrinsischer Motivation gewählt, ist es sogar noch besser. Stell dir die Freude und Zufriedenheit vor, wenn du dieses Ziel erreicht hast! Dies gibt dir auch die Energie für weitere Ziele: Meistere ein schweres Ziel, wachse daran und nutze die Aufwärtsspirale um nach dem nächsten schweren Ziel zu greifen!

Wie kann dir Selbstwirksamkeit nun helfen, dieses Ziel zu erreichen?

Zuerst einmal: Selbstwirksamkeit ist ein wichtiger Prozess beim Erreichen von Zielen.10 Sie ist der Grad deiner Überzeugung eine Situation, in der du dich befindest, durch dein eigenes passendes Verhalten mit deinen eigenen Fähigkeiten trotz Hindernissen erfolgreich zu bewältigen.11
Eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung erhöht die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg12, ist hilfreich bei der Erhaltung deiner Motivation13 und unterstützt dich in der Verfolgung deines Ziels14.
Es gibt vier Quellen für die Selbstwirksamkeit15, die du beispielsweise so für die Bachelorarbeit einsetzen kannst:

  • Teile das Langzeitziel in Etappen von mehreren Kurzzeitzielen auf, um herauszufinden, welche deiner Fähigkeiten notwendig sind um das Langzeitziel zu erreichen. Erreichst du ein Kurzzeitziel, steigert dies deine Selbstwirksamkeitserwartung für das Langzeitziel und verbessert deine Wahrnehmung deiner eigenen Fähigkeiten. Eine Etappe kann die Wahl des Themas sein, eine weitere Etappe kann die Recherche dafür sein usw. usf.
  • Wähle ein Modell, welches dir sehr ähnlich ist und bereits eine Abschlussarbeit geschrieben und bestanden hat. Geeignet sind beispielsweise Geschwister und Freunde in ähnlichen Situationen. Jedoch niemanden, den du als überlegen empfindest!
  • Hol dir verbale Unterstützung. Frage Verwandte, Partner und Freunde um eine realistische Einschätzung, ob du das Ziel erreichen könntest. Gleichwohl ist es wichtig, dass diese Personen zu einer realistischen Einschätzung der Situation und deiner Fähigkeiten fähig sind und dass ihre Einschätzung relevant für dich sind.
  • Bei negativen physiologischen Reaktionen wie zitternde Hände, Schweißausbruch und dergleichen solltest du dich fragen, ob dies tatsächlich auf die Aufgabe zurückzuführen ist oder auf andere Faktoren wie Kälte im Arbeitszimmer oder eine beginnende Erkältung. Du kannst auch versuchen, die Sicht auf diese Reaktionen positiv umzukehren, indem du zum Beispiel akzeptierst, dass du aufgeregt und nervös bist und dies bei anspruchsvollen Zielen beziehungsweise dem ersten Versuch eines solchen Ziels normal ist. Und keine Sorge: Vermutlich nehmen diese Reaktionen mit der Zeit und deinem steigenden Vertrauen in deine Fähigkeiten auch wieder ab.

Es gibt noch viele weitere Möglichkeiten, um Selbstwirksamkeit durch die Quellen zu steigern und deinen Zielen näher zu kommen. Auch gibt es noch viele weitere spannende wissenschaftliche Erkenntnisse zu Zielen und ihrem Einfluss auf unser Wohlbefinden und Leben im Allgemeinen. Hier habe ich für dich nur einige wenige Beispiele herausgepickt. Auf jeden Fall hast du nun eine Ahnung, warum Ziele so wichtig sind. Und du weißt, dass, auch wenn der Schokoladenkuchen kurzfristig lecker ist, auf Dauer die Äpfel besser für dich sind ;)

Fußnoten

1Dudenredaktion (2010), S. 1122

2Vgl. Kleinbeck (2010), S. 285

3Vgl. Schmuck/Sheldon (2001), S. V

4Vgl. Kleinbeck (2010), S. 256

5Vgl. Schwarzer (2000), S. 204

6Vgl. Schmuck/Sheldon (2001), S. 128

7Vgl. Schmuck/Sheldon (2001), S. 128

8Vgl. Schmuck/Sheldon (2001), S. V

9Vgl. Schmuck/Sheldon (2001), S. 80

10Vgl. Maltby (2011), S. 167

11Vgl. Salewski (2009), S. 99; Salewski (2009), S. 166; Becker (2014), S. 80

12Vgl. Bandura (1997), S. 39; Salewski (2009), S. 99; Maltby (2011), S. 167

13Vgl. Becker (2014), S. 82

14Vgl. Becker (2014), S. 80

15Vgl. Bandura (1997), S. 79

Literaturverzeichnis

Bandura, A. (1997), Self-efficacy, Freeman and Company. New York.

Becker, B. (2014), Grundlagen der Differentiellen und Persönlichkeitspsychologie, 1. Auflage, Studienbrief der SRH Fernhochschule Riedlingen, Riedlingen.

Dudenredaktion (2010), Das Bedeutungswörterbuch, 4., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Dudenverlag. Mannheim.

Kleinbeck, U. (2010), Handlungsziele. In: Heckhausen, J./Heckhausen, H. (Hrsg.), Motivation und Handeln, 4. überarbeitete und erweiterte Auflage, Springer. Berlin, S. 285-307.

Maltby, J./Day, L./Macaskill, A. (2011), Differentielle Psychologie, Persönlichkeit und Intelligenz, 2. aktualisierte Auflage, Pearson. München.

Salewski, C./Renner, B. (2009), Differentielle und Persönlichkeitspsychologie, Ernst Reinhardt Verlag. München.

Schmuck, P./Sheldon, K. M. (2001), Life goals and well-being: towards a positive psychology of human striving, Hogrefe. Seattle.

Schwarzer, R. (2000), Streß, Angst und Handlungsregulation, 4. überarbeitete Auflage, Kohlhammer. Stuttgart.

Sternberg, R. J. (2001), The concept of intelligence. In: Sternberg, R. J. (Hrsg.), Handbook of intelligence, Cambridge University Press. Cambridge, S. 3-15.

Beitragsbild: Diana Grüger / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)

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