By Published On: 25. August 2020Categories: Kommunikation, Psychologie

Einleitung

Wie schön ist es einen langen, stressigen Arbeitstag im Lieblingsrestaurant entspannt ausklingen zu lassen und genüsslich ein gutes „echtes“ „Wiener Schnitzel“ zu verspeisen.  Bald könnte dies jedoch der Vergangenheit angehören. Neue Technologien verändern unser Leben, eine davon ist die künstliche Produktion von Fleisch, um das Konsumverhalten in eine „bessere“ Richtung zu lenken. Aber nicht nur in diesem Bereich, auch in vielen weiteren wird der Alltag und auch das menschliche Verhalten zunehmend von  technischen Trends beeinflusst, sei es das Smartphone, der Computer, autonom gesteuerte Autos oder Robotik. Es stellt sich die Frage wie Menschen mit diesen neuen Entwicklungen umgehen, welche Akzeptanz sie neuen Erfindungen entgegen bringen,  welche Anpassungsfähigkeit sie besitzen und vor allem welche Auswirkungen die veränderten Lebensabläufe auf das Verhalten des Menschen nach sich ziehen.

Schnitzel aus dem 3 D Drucker und andere Technologien

Eine Vielzahl an Start-ups bringt täglich neue Ideen und Erfindungen auf den Markt. Ein konkretes Beispiel dafür ist „Clean Meat“ aus dem 3D Printer. Der steigende Fleischkonsum, die umstrittene Massentierhaltung,  die qualvollen Tiertransporte, sowie der hohe CO 2 Ausstoß lassen Kritiker nicht verstummen. Alle diese Faktoren führen zu einer desaströsen Ökobilanz. Startups, wie Aleph Farms, zeigen, dass die Herstellung  schlachtfreien Fleisches überall möglich ist  und dies ohne großen Ressourceneinsatz. Rund 60 kg Fleisch werden pro Jahr und Kopf in Deutschland verspeist. Die Massentierhaltung verursacht 14,5 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Somit scheint in der Biotechnologie  die Antwort für die Ernährung der ständig wachsenden Bevölkerung zu liegen. Gentechnik-freies Fleisch wird mittels Biopsie am lebenden Tier, aus dem Muskelgewebe entnommen (Vgl. Mutzbauer, 2019), in Petrischalen gezüchtet  und infolge als „Bio-Tinte“ für den Druckprozess eines Schnitzels verwendet (Vgl. Reiblein, 2012). Zielsetzung ist  Fleischproduktion ohne Tierleid und Klimabelastung. Das „Clean Meat“ wurde im Weltall hergestellt, da durch die Schwerelosigkeit leichter essbare Gerüststrukturen entstehen. Auch der Gesundheitsfaktor spielt eine bedeutende Rolle, weil eine Zugabe von Antibiotika obsolet ist und geschmacklich kein Unterschied bestehen soll (Vgl. Mutzbauer, 2019). Dieses Verfahren ist nur eines von vielen und soll stellvertretend für weitere, die vorwiegend  im digitalen Bereich angesiedelt sind, angeführt werden.

Durch die ständig zunehmenden Forschungserkenntnisse  kristallisiert sich immer mehr die  Bedeutung, die der Technik im Allgemeinen beigemessen werden muss, heraus. Neue  Entwicklungen verändern  unser Leben, aber werden sie  in Zukunft auch den Alltag gestalten, bestimmen oder die Menschheit gar in eine gewollte Abhängigkeit führen?

Umgang und Verhalten gegenüber neuen Technologien

Unsere Zeit ist von Schnelllebigkeit geprägt und der Wettbewerb um neue Technologien ist eine wichtige Voraussetzung für eine moderne funktionierende Marktwirtschaft. Hayek sieht es sogar als Entdeckungsverfahren(Vgl. Häckl, 2010, S. 1). Aber wie geht der Mensch mit den vielen Entwicklungen um und haben diese technischen Errungenschaften, die das Leben jedes einzelnen erleichtern auch ihren Preis?   Die „Deutsche Gesellschaft für Transhumanismus“ bspw. sieht darin eine Erweiterung der individuellen Handlungsmöglichkeiten, also die Erweiterung menschlicher Fähigkeiten und Möglichkeiten durch den gezielten Einsatz von Rationalität, Wissenschaft und Technik. Darunter werden sogenannte „Human Enhancement- Techniken“verstanden, die  neben gen- und biotechnischen Eingriffen vor allem digitale Technik enthalten(Vgl. Kollmann, 2015). Zunächst scheint vieles eine Vereinfachung des Lebens darzustellen, wie Smartphones, Smarthome-Lösungen oder autonomes Fahren. Viele Abläufe, die  früher durch Denkprozesse und Muskelkraft gesteuert wurden, werden nun von ausgereiften technischen Lösungen übernommen, wodurch  zusehends die Abhängigkeit von der Technik steigt. Ein Computerausfall bspw. führt nahezu zu einem wirtschaftlichen Stillstand.

Charles Darwin sagte:““ Es ist nicht die stärkste Spezie die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige,  die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.“ Durch die in der Regel vorhandene Lernfähigkeit, die auch Neugier und Interesse beinhaltet,  passt sich der Mensch schnell  an die  neuen Anforderungen an. Dies zieht aber nicht nur bei Prozessabläufen  eine Veränderung  nach sich, sondern wirkt sich auch auf das Verhalten beim  Menschen aus.  Sie bedienen sich nicht mehr ihrer erlernten Fertigkeiten, sondern delegieren alles an Assistenten oder elektronische Hilfssysteme. Daraus entsteht oft ein rasches Verlernen grundlegender Kenntnisse und schafft ein Abhängigkeitsverhältnis, dass nahezu an Selbstentmündigung grenzt. Schnell werden die unterstützenden Assistenzsysteme  zur Selbstverständlichkeit, wie bspw. Einparkhilfen oder Navigationsgeräte. Der Mensch verlässt sich auf die Technik  und verlernt dadurch viele Grundfertigkeiten des Autofahrens und der Orientierung in der Umwelt. Auch Kopfrechnen scheint antiquiert zu sein, was dazu führt  dass Rechnungen  oder Beträge nicht einmal überschlagsmäßig nachvollzogen werden können. Laut Bourdieu ist der Mensch zwar von seinem individuellen Habitus geprägt, dessen Denk- und Handlungsmuster aus vorgegebenen Strukturen resultieren (Vgl. Tieben, R., 2003),  es zeigt sich aber, dass auch die Technik vermehrt Einfluss auf das Verhalten nimmt (Vgl. Kollmann 2015) Die menschliche Bequemlichkeit und Gewohnheiten verstärken die selbst verschuldete Entmündigung und führen in die Abhängigkeitsfalle. Das Leben wird immer häufiger von „Internet of Things“ geprägt, wie bspw. durch das autonome Auto und führt zur vollständigen Vernetzung.

Auswirkungen

Ob sich die Wirklichkeit dann noch als gestaltbarer Raum definiert, der dem subjektiven Willen unterworfen ist  und inwieweit fremdgesteuertes Verhalten , durch die Technik noch eine weitere Initialisierung erfährt, ist zu hinterfragen. (Vgl. Kollmann 2015) Es zeichnet sich vermehrt die sogenannte „erlernte Hilflosigkeit“ ab. Selgimann versteht darunter einen psychologischen Zustand, der aus einem drei aufeinander folgenden Schritten ausgelösten Lernprozess besteht: Wahrnehmung der Unkontrollierbarkeit- Erwartung zukünftiger Unkontrollierbarkeit – Hilflosigkeitsdefizite. Mit dieser Erwartungshaltung gehen infolge motivationale, kognitive und emotionale Defizite einher (Vgl. Stienmeier-Pelster, 1988, S. 7-8), wodurch die Handlungskontrolle Technologien überlassen wird und die Selbstbestimmtheit des Einzelnen sich reduziert.

Eigenständiges Planen und Organisieren wird zurückgedrängt,  es wird  delegiert und man verlässt sich auf Maschinen bis zur nahezu vollständigen Abhängigkeit und Handlungsunfähigkeit. Die Bequemlichkeit hat ihren Preis. Eine wichtige Voraussetzung ist daher, den Einsatz der neuen Technologen zu überblicken, und nicht die Kontrolle abzugeben. Oftmals werden aus Zeitmangel, Interesselosigkeit oder um der Annehmlichkeiten willen, Aufgaben delegiert, ohne sie nachzuvollziehen. Als Konsequenz entstehen Fehlerquellen, die oft schwerwiegende Folgen nach sich ziehen können. Das Vertrauen in die Technologien ist gut, trotzdem erfordert es menschliche Überprüfung. Der Mensch soll die Technik beherrschen und nicht sie ihn. Es empfiehlt sich daher, sich die angenehmen Seiten zu Nutze zu machen, ohne das Zepter aus der Hand zu geben.

Fazit

Viele neue Technologien verändern unsere Welt, oft ist es schwierig abzuschätzen welche Errungenschaften sich zielführend für die Zukunft der Menschheit   erweisen. Trotzdem bedarf es einer Auseinandersetzung mit neuen Theorien oder Erfindungen. Dieser stete Wissensdurst und das Interesse an neuen Entwicklungen ist eine wichtige Voraussetzung und Überlebensstrategie. Oft sind es die kleinen Dinge des Lebens, die große Veränderungen hervorbringen und vielleicht kann ein ausgedrucktes Schnitzel den Hunger der Weltbevölkerung reduzieren. Trotz all dieser Errungenschaften darf der  Überblick  nicht verloren gehen und zu einer Selbstaufgabe führen. Schlussendlich muss der  Mensch die Kontrolle über die Technik behalten, sie beherrschen und  nicht sich ihr ausliefern.

Literatur

Darwin, C., 1000 Zitate, Abgerufen am 15.08.2020, Verfügbar unter https://1000-zitate.de/16300/Es-ist-nicht-die-staerkste-Spezies.html

Häckl, D. (2010), Neue Technologien im Gesundheitswesen: Rahmenbedingungen und Akteure, Wiesbaden: Gabler Verlag/Springer Fachmedien

Kollmann, K. (2015), Veränderung beim Menschen durch Technik.  Abgerufen am                 01. 08.2020. Verfügbar unter https://www.heise.de/tp/features/Veraenderungen-bei-Menschen-durch-Technik-3374640.html?seite=all

Mutzbauer, B. (2019), Beginnt mit Weltraum- Fleisch aus dem 3DDrucker eine neue Ära der Menschheitsgeschichte. Abgerufen am 01.08.2020. Verfügbar unter https://1e9.community/t/beginnt-mit-weltraum-fleisch-aus-dem-3d-drucker-eine-neue-aera-der-menschheitsgeschichte/4651

Reiblein, J. ( 2012),  Das Schnitzel der Zukunft kommt aus dem Drucker. Abgerufen am 01.08.2020 .Verfügbar unter https://www.wiwo.de/technologie/forschung/3d-drucker-das-schnitzel-der-zukunft-kommt-aus-dem-drucker/7013342.html

Stiensmeier-Pelster, J. (1988), Erlernte Hilflosigkeit, Handlungskontrolle und Leistung, Berlin, Heidelberg: Springer Verlag

Tieben, R., Habitus-Theorie und Kapitalbegriff (Pierre Bourdieu)Uni Münster. Abgerufen am 04.08.2020. Verfügbar unter https://www.uni-muenster.de/FNZ-Online/theorien/modernisierung/unterpunkte/habitus.html

Beitragsbild: Eigene Darstellung, Schnitzel 2020, fotografiert von Susanne Svejda

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