By Published On: 5. August 2020Categories: Meine Hochschule und mein Studium

Patientenedukationen sind im Kontext von Prävention und Rehabilitation als wichtiger Bestanteil psychologischer Interventionen bei verschiedenen Krankheitsbildern anzusehen. Im Folgenden erfolgt eine Darstellung der Psychoedukation im Allgemeinen sowie der konkreten Maßnahmen am Beispiel der Psychoonkologie.

Begriffsdefinition

Der Begriff Patientenedukation umfasst alle pädagogischen sowie psychologischen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung bzw. Verbesserung des aktuellen Gesundheitszustandes eines Patienten. Die Interventionen beinhalten immer einen Einbezug der Angehörigen und orientieren sich an den individuellen Alltagskompetenzen der Person als Fokus. Die Maßnahmen der Patientenedukation verfolgen vier Hauptstrategien, die Information, die Beratung, Schulungen sowie die Moderation. Der Bereich Information bezieht sich auf eine mündliche, schriftliche oder mediale Informationsweitergabe, die Beratung bezeichnet einen ergebnisoffenen Dialog und die Schulung einen zielorientierten Prozess mit Informationsbündelung und Sicherung der Ergebnisse. Die Strategie der Moderation wurde erst vor kurzer Zeit hinzugefügt und bezeichnet ein Gruppengespräch, z. B. mit den Angehörigen, um Informationen und eventuelle Konfliktschlichtungen bei pflegebedürftigen Patienten zu vermitteln. (Ouatedem Sonné, 2020)

Ziele der Patientenedukation

Primäres Ziel von Patientenedukationen ist eine Verbesserung der Lebensqualität und eine erfolgreiche Re-/Integration der Patienten. Für diesen Zweck beinhalten die Edukationen verschiedene Komponenten. Diese Komponenten reichen von Informationen über Krankheit und Therapie bis hin zu Trainingseinheiten zur Selbstdiagnostik und -behandlung, wie z. B. der Blutzuckerkontrolle, eine Motivation zu einem gesundheitsförderlichen Lebensstil, mit gesunder Ernährung und dem Abbau von Risikoverhalten. Weitere Komponenten sind Maßnahmen zur Stressbewältigung durch autogenes Training, Interventionen zum Aufbau sozialer Kompetenzen sowie psychologische Unterstützung zur Reduktion der mit der Krankheit einhergehenden Angst oder Depression. (Faller, Reusch & Vogel, 2009, S. 400)

Durchführung

Die Umsetzung einer Patientenedukation erfolgt meist in mehreren Settings in Gruppen zwischen acht und 15 Patienten. Die Einheiten umfassen pädagogische sowie psychologische Interventionsmethoden, die in Kombination mit interaktiven Vorträgen, wie z. B. Rollenspielen, Diskussionsrunden in der Gruppe oder Gruppenarbeiten, umgesetzt werden. Zusätzlich wird mit einem Manual für die Teilnehmer gearbeitet. Das Manual enthält neben den Schulungsinhalten und didaktischen Prinzipien Lernziele und Unterrichtsmaterialien für die teilnehmenden Personen. (Wolf-Kühn & Morfeld, 2016, S. 65)

Es empfiehlt sich eine Überprüfung der Wirksamkeit der Psychoedukation bei den Teilnehmern. Hierfür stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Eine Option ist die Vermittlung der erlernten Techniken an einen Angehörigen im Beisein eines Psychologen, wie z. B. die korrekte Insulininjektion. Eine ebenso erfolgreiche Möglichkeit ist die Überprüfung des Gelernten am Ende der Psychoedukation mithilfe eines schriftlichen Tests oder spielerisch durch ein Wissensquiz im Gruppensetting. (Schewior-Popp, Sitzmann & Ullrich, 2017, S. 34)

Empirisch nachgewiesene Wirksamkeit

In einer Vielzahl von empirischen Untersuchungen wurden die Effektivität und Effizienz der Patientenedukationen nachgewiesen. Vor allem in den Indikationsbereichen der Krebserkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates oder der Atmungsorgane sowie bei Diabetes-Mellitus konnten positive Effekte erzielt werden. Der Erfolg zeigte sich sowohl bei einer Verbesserung der subjektiven Lebensqualität als auch in medizinischen Kriterien wie der Prävalenz von Spätkomplikationen bei Diabetes Mellitus. (Faller et al., 2009, S. 401)

Somit ist die Patientenedukation als wichtiger Bestandteil der sekundären und tertiären Prävention von chronischen Erkrankungen sowie bei deren Rehabilitation anzusehen. Durch ein zunehmend neues Verständnis der Gesundheitsversorgung, in dem sowohl Patienten als auch das Fachpersonal die Behandlung beeinflussen, entspricht der Begriff der Patientenedukation zunehmend der tertiären Prävention. Die Integration des Konzepts des Empowerments ermöglicht den Patienten eine Steuerung der Krankheitsbewältigung sowie die Nutzung professioneller Interventionen. (Berth, Balck & Brähler, 2008, S. 325)

Psychoonkologie

Die Psychoonkologie bezieht sich auf die psychologische Betreuung von Menschen mit einer Krebserkrankung. Sie wird als interdisziplinäre Form der klinischen Psychologie angesehen und beschäftigt sich mit den psychischen sowie sozialen Konsequenzen und Begleiterscheinungen von Krebs. (Stangl, 2020)

Ziel der psychoonkologischen Maßnahmen ist die Behandlung psychischer sowie sozialer Probleme und Funktionsstörungen bei Krebserkrankungen. Diese Interventionen umfassen eine Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung und Verbesserung der psychischen Befindlichkeit sowie Begleitprobleme im Rahmen der Therapie. Weitere Ziele sind die Stärkung der personellen Ressourcen und somit eine Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen und deren Angehörigen. Wichtige Bereiche der psychoonkologischen Intervention sind in erster Linie Entspannungsverfahren, eine Psychoedukation, psychotherapeutische Einzel- oder Gruppensettings und eine psychosoziale Beratung. (Adolph et al., 2014, S. 24–25)

Fazit und Ausblick

Die Wirksamkeit von Patientenedukationen wurde unter anderem durch eine psychoedukative Gruppenintervention bei Krebspatienten an einer deutschen Universitätsklinik mittels einer Befragung mit Fragebögen untersucht. Die Bewertung der Schulungen seitens der Patienten verlief positiv. 50 % der Probanden besuchten alle sechs angebotenen Schulungseinheiten. 89 % bewerteten den Kurs als sehr gut und 90 % stimmten einer guten Informationsvermittlung zu. Ebenso wurde die Frage nach einer Unterstützung der Bewältigung der Krebserkrankung von 87 % der Patienten mit „Ja“ beantwortet. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die Inanspruchnahme stark vom sozialen Status abhängt. Vor allem Patienten mit einem niedrigen Bildungsniveau, einer rezidivierten Krankheit oder einer palliativer Therapieintention waren bei den Kursen unterrepräsentiert. Bei den Teilnehmern zeigten sich bei Messungen im zeitlichen Verlauf positive Entwicklungen hinsichtlich der subjektiven Informationsaufklärung, Emotionen im Kontext der Lebensqualität, der Krankheitsverarbeitung sowie der affektiven Stabilität. Trotz der positiven Effekte, die erzielt wurden, ist die Entwicklung psychoonkologischer Interventionen für Patienten mit einem niedrigeren Sozial- oder Bildungsstatus notwendig. Ebenso ist eine Evaluation von Gruppeninterventionen in Deutschland durchzuführen. (Lordick et al., 2002, S. 451–453)

 

 

Literatur

Adolph, H., Berberich, H., Besseler, M., Beutel, M., Blettner, G., Böhle, E. et al. (2014). S3-Leitlinie Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten. Berlin: Leitlinienprogramm Onkologie. Zugriff am 15.07.2020. Verfügbar unter https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Psychoonkologieleitlinie_1.1/LL_PSO_Langversion_1.1.pdf

Berth, H., Balck, F. & Brähler, E. (2008). Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie von A bis Z (1. Aufl.). Göttingen: Hogrefe Verlag.

Faller, H., Reusch, A. & Vogel, H. (2009). Psychologische Behandlung bei körperlichen Erkrankungen. In J. Bengel & M. Jerusalem (Hrsg.), Handbuch der Gesundheitspsychologie und medizinischen Psychologie (Handbuch der Psychologie, Bd. 12, S. 397–403). Göttingen: Hogrefe.

Lordick, F., Gündel, H., Schilling, C. von, Würschmidt, F., Leps, B., Sendler, A. et al. (2002). Strukturierte Patientenschulung in der Onkologie. Eine prospektive Studie zur Implementierung und Wirksamkeit einer interdisziplinären psychoedukativen Gruppenintervention an einer deutschen Universitätsklinik. Medizinische Klinik (Munich, Germany : 1983) [Structured patient education in oncology. A prospective study for implementing and effectiveness of interdisciplinary psycho-educational group intervention at a German university clinic], 97(8), 449–454. https://doi.org/10.1007/s00063-002-1178-0

Ouatedem Sonné, C. A. (2020). Patientenedukation, Netzwerk Patienten- und Familienedukation in der Pflege e.V. Zugriff am 15.07.2020. Verfügbar unter https://patientenedukation.de/themen/patientenedukation

Schewior-Popp, S., Sitzmann, F. & Ullrich, L. (2017). Thiemes Pflege. Das Lehrbuch für Pflegende in Ausbildung (13., aktualisierte und erweiterte Auflage). Stuttgart: Georg Thieme Verlag.

Stangl, W. (2020). Lexikon für Psychologie und Pädagogik. Psychoonkologie. Zugriff am 15.07.2020. Verfügbar unter https://lexikon.stangl.eu/10241/psychoonkologie/

Wolf-Kühn, N. & Morfeld, M. (2016). Rehabilitationspsychologie. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

 

 

Beitragsbild von Gerd Altmann auf Pixabay, https://pixabay.com/de/photos/f%C3%A4higkeiten-k%C3%B6nnen-kompetenzen-3371153/

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