By Published On: 1. Juli 2019Categories: Psychologie, Wirtschaft

Vereine in Deutschland

Schätzungsweise die Hälfte aller Deutschen ist in einem Verein Mitglied. Deswegen werden diese oft als typisch deutsch bezeichnet [1].

Dabei leiden die Vereine immer stärker unter dem demographischen Wandel. Gerade deswegen versuchen Vereine immer stärker junge Menschen als Mitglieder zu gewinnen. Doch woran liegt es, dass Vereine Probleme mit der Mitgliederwerbung haben?

Ein Ansatz, dies zu erklären, ist der Bekanntheitsgrad der Vereine. Hierbei kann ein Vergleich aus der Werbung für Produkte gezogen werden, da ein Produkt oder eine Dienstleistung, welche einem potenziellen Kunden nicht bekannt ist, von diesem nicht abgerufen werden kann [2].

Wie bekannt ist mein Verein eigentlich?

Daraus entsteht die Frage, wie bekannt der eigene Verein bei den potenziellen Kunden, also der Bevölkerung im Einzugsbereich von diesem ist.

Hierbei ist es jedoch nicht von Bedeutung, wie bekannt sich ein Verein selbst schätzt, sondern wie bekannt dieser tatsächlich ist. In der Regel ist anzunehmen das Vereine, beziehungsweise die Vorstände von diesen, den Verein als bekannter einschätzen als dieser tatsächlich ist. Dies wäre auf die Überbewertung des selbst geleisteten [3]  oder auch die Annahme der Eigentümerschaft [4], als auch auf die Selbstprojektion auf andere zurückzuführen [5].

Hierzu wurde in Schrobenhausen eine Umfrage durchgeführt, welche im Folgenden näher betrachtet wird.

Ziel der Umfrage

Das Ziel der Umfrage war es, festzustellen wie bekannt die Vereine in Schrobenhausen bei den Schrobenhausenen sind und wie bekannt sich diese selbst einschätzen. Des Weiteren ist ein Ziel darin zu sehen, ob ein Zusammenhang zwischen der Vereinsgröße und dem Bekanntheitsgrad des Vereines besteht.

Eckdaten der Umfrage

Die Umfrage wurde bei der Dult im November, am 4.11.2018 durchgeführt. Die Dult ist in Schrobenhausen ein großer Markt, welcher viermal im Jahr stattfindet.  Schrobenhausen hat rund 17.000 Einwohner [6] und 138 Vereine [7]. An der Umfrage nahmen 14 Vereine teil, diese gaben in einer Vorumfrage Informationen zu ihrem geschätzten Bekanntheitsgrad, Mitgliederzahlen, sowie Werbemaßnahmen die sie Betreiben. Des Weiteren wurde gefragt ob, sie mit dem Bekanntheitsgrad zufrieden sind und daran arbeiten.

Vorgehen

Um die Bekanntheit von Vereinen in der Bevölkerung zu messen, muss diese danach gefragt werden. Doch der simple Ansatz, Personen zu befragen, ob sie einen bestimmten Verein kennen, scheint zwar auf den ersten Blick hilfreich, jedoch kann auch hier eine falsche Erinnerung [8] oder aber der Wunsch, mehr Vereine zu kennen, als man tatsächlich kennt, um das eigene Selbstbild zu verbessern [9] die Umfrage beeinflussen. Deshalb muss eine Kontrollgruppe benutzt werden, wobei hierfür „nichtexistierende Vereine“ eingefügt wurden. Diese Vereinsnamen sind von Vereinen, die im selben Sektor wie die echten Vereine angesiedelt sind und existierten, jedoch in Orten mindestens 100 km entfernt. Des Weiteren sind die verwendeten Vereine nicht überregional bekannt. Auch verwenden viele Vereine ortsbezogen Namen, beispielsweise „Spiel- und Sportverein Schrobenhausen“, hierbei wurden fremde Ortsnamen durch Schrobenhausen oder Ortsteile von Schrobenhausen ersetzt. Eine Ausnahme ist anzumerken, der im späteren Verlauf als 10 bezeichnete Vereine ist ein Verein, der in nahezu jeder Stadt in Deutschland existiert und sogar in den meisten Ortsteilen mit einem Verein vertreten ist. Schrobenhausen hat 6 Ortsteile, von denen der Verein 10 in 5 Vereinen mit einer Ortsabteilung vertreten ist, im Zuge der Umfrage wurde dem 6. Ortsteil auch eine Abteilung von diesem angedichtet.

Ergebnisse

Das Ergebnis des Bekanntheitsgrades der Vereine und der „nicht existierenden Vereine“ zeigt die Abbildung 1. Die Vereinsnamen wurden aus Datenschutzgründen anonymisiert. Zu erkennen ist, dass einige Vereine sehr bekannt sind und von denen fast jeder Befragte angab, diese zu kennen.

 

Abbildung 1: Befragungsergebnisse der Umfrage, Eigene Darstellung

Auffällig ist, dass die „nichtexistierenden Vereine“ auf einen durchschnittlichen Bekanntheitsgrad von 30,7% kamen, die echten Vereine erreichten 64,5%. Deshalb ist eine Bereinigung des Ergebnisses für teile der Auswertung nötig, gleichzeitig jedoch enthalten jedoch auch die Rohdaten eine hohe Aussagekraft und wurden deswegen aufgezeigt.

 

Eine Bereinigung ist durch zwei verschiedene Ansätze möglich. Einerseits kann das Ergebnis mit dem durchschnittlichen Bekanntheitsgrad der „nichtexistierenden Vereine“ bereinigt werden. Jedoch ist auch ist eine spezifische Bereinigung möglich, sodass ein Verein mit dem Ergebnis jeweilig korrespondierenden „nichtexistierenden Vereins“ bereinigt wird. In beiden Fällen wird angenommen das ein „nichtexistierender Verein“ nicht bekannt sein sollte, sodass der Anteil der Befragten, die den Verein kennen erhöht werden muss. Daraus ergeben sich folgende Formeln.

Wird dies auf die „nichtexistierenden Vereine“ angewandt, ergibt sich ein Bekanntheitsgrad 0%. Die Abbildung 2 zeigt nun die Bereinigten Werte.

 

Abbildung 2: Bereinigte Bekanntheitsgrade der Vereine, Eigene Darstellung

Sowohl die Bereinigung um den Durchschnittswert als auch die Spezifische Bereinigung ergaben bei nahezu allen Vereinen ein ähnliches Ergebnis. Verein Nr. 10 fällt aus der Reihe, da dieser bei einer spezifischen Bereinigung keine Bekanntheit mehr erreicht. Nr. 11 und Nr. 14 sind ebenfalls Randgruppenvereine, sodass auch bei diesen die jeweilige Bekanntheit der „nichtexistierenden Vereine“, mit 9% und 4,2% weit unter dem Durchschnitt von 30,4% der anderen „nichtexistierenden Vereine“ liegen. Dadurch profitieren diese stark von einer spezifischen Bereinigung.

Im weiteren Verlauf werden als bereinigte Bekanntheitsgrade die Werte der spezifischen Bereinigung verwendet.

Mitgliederzahlen und Bekanntheit

Aufgrund der Vorumfrage bei den Vereinen liegen Informationen über die Mitgliederzahlen dieser vor, wodurch ein Vergleich der Mitgliederzahlen und dem Bekanntheitsgrad möglich ist. Dabei zeigt die linke Achse mit den Säulen die Mitgliederzahlen, die rechte Achse und die Linien den Bekanntheitsgrad. Die Vereine sind nach der Anzahl der Mitglieder sortiert. Aus der Abbildung 3 ist ersichtlich, dass die tatsächliche Bekanntheit eines Vereines nicht grundsätzlich mit der Anzahl der Mitglieder zusammenhängt, wobei angemerkt werden muss, dass die beiden mitgliederstarken Vereine Nr. 6 und Nr. 7 überdurchschnittlich bekannt sind.

Laut BLSV ist es gerade für kleine Vereine unter 500 Mitgliedern einfach, Mitglieder zu werben, aber auch für sehr große Vereine mit über 1500 Mitgliedern. Vereine im Bereich 500 bis 1500 Mitglieder haben hier oft Probleme [10]. Ein Vergleich der Bekanntheit der Vereine zeigt auch hier gerade für die großen Vereine Nr. 6 und 7 eine hohe Unbekanntheit und eine hohe Verwechslungsgefahr mit anderen Vereinen, was aus der hohen Differenz des Erfragten und bereinigten Bekanntheitsgrades hervorgeht.

Abbildung 3: Bekanntheitsgrad im Vergleich mit den Mitgliederzahlen

 

Selbst- und Fremdwahrnehmung des Bekanntheitsgrades

Interessant für eine tatsächliche Handlungsempfehlung für Vereine ist jedoch, wie bekannt sich der Verein selbst einschätzt und wie bekannt er tatsächlich ist. Diesen Vergleich zeigt die Abbildung 4. Die Korrelation zwischen dem geschätzten und dem erfragten Bekanntheitsgrad beträgt 0,28, die Korrelation zwischen dem geschätzten und dem bereinigten Bekanntheitsgrad beträgt 0,12. Damit ist zwar ein Zusammenhang zu erkennen, dieser ist jedoch nicht signifikant.

Abbildung 4: vergleich der von den Vorständen geschätzten Bekanntheit des Vereines und der Bekanntheit bei den Befragten, sortiert nach der bereinigten Bekanntheit, Eigene Darstellung

 

Wie wichtig ist es dir, bekannt zu sein?

Ebenfalls wurden die Vereine gefragt, zufrieden sie mit der Bekanntheit ihres Vereines sind und wie wichtig ihnen die Bekanntheit ihres Vereines ist. Dazu wurde eine Skala von 1-5 verwendet, wobei 1 sehr unzufrieden oder nicht wichtig und 5 sehr zufrieden beziehungsweise sehr wichtig ist. Das Ergebnis ist in Abbildung 5 dargestellt. Auffällig ist, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Bekanntheit, sowohl der geschätzten als auch der erfragten, und dem wie wichtig einem Verein seine Bekanntheit ist besteht. Das selbe trifft auch auf die Zufriedenheit mit der Bekanntheit des Vereins und der Bekannt des Vereins zu.

Abbildung 5: Vergleich der Zufriedenheit und der Wichtigkeit mit der bereinigten und der geschätzten Bekanntheit.

Handlungsempfehlung

Für Vereine ist es wichtig, neue Mitglieder zu werben. Hierzu gibt es vielerlei Empfehlungen, wie ein Verein Mitglieder wirbt, wobei in den seltensten Fällen die Bekanntheit des Vereins thematisiert und eine Steigerung dieser vorgeschlagen wird [11].

Auch wird oft von einer Wechselwirkung der Vereinsgröße und der Mitgliederwerbung gesprochen, wobei angenommen wird, dass ein größerer Verein leichter Mitglieder werben kann, als ein kleiner [12]. Wie die Umfrage, an der zwei im Verhältnis große Vereine teilnahmen und 12 kleine Vereine, ist zu sehen, dass ein Teil dieser Annahme nicht grundsätzlich gilt. Vielmehr müssen Vereine aktiv Werbung betreiben, um ihren eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern. Vor allem für unbekannte Vereine sind Werbemaßnahmen zu empfehlen. Des Weiteren sollten Vereine aufgrund der hohen Abweichung zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung ihre eigene Bekanntheit öfters überprüfen.

 

Fazit und Ausblick

Durch die Umfrage konnte gezeigt werden, wie bekannt ein Teil der Vereine in Schrobenhausen ist. Auch konnte aufgezeigt werden, dass nicht die Vereinsgröße für den Bekanntheitsgrad eines Vereines verantwortlich ist, sondern dies andere Faktoren sind. Es wurden zwar die Werbemaßnahmen der Vereine erfasst, doch konnte hieraus keine Handlungsempfehlung abgeleitet werden. Es ist weitere Forschung im Bereich Vereine und dem Bekanntheitsgrad dieser nötig, vor allem darauf ausgerichtet, welche Werbemaßnahmen einen hohen Erfolg erzielen.

 

 

Fußnoten

[1] Golinsky 2018, S. 2.

[2] Meffert et al. 2018, S. 377.

[3] Ariely und Kreisler 2018, S. 163–164; Ariely 2015, S. 117–120.

[4] Ariely und Kreisler 2018, S. 166–168.

[5] Kessler und Fritsche 2018, S. 168–170.

[6] Stadt Schrobenhausen.

[7] Stadt Schrobenhausen.

[8] Schmitz-Atzert et al. 2014, S. 51–52.

[9] Kessler und Fritsche 2018, S. 139.

[10] Fehres et al., S. 24.

[11] Fehres et al., S. 25–26.

[12] Fehres et al., S. 24–25.

 

 

Abbildungsverzeichnis

Titelbild: Eigene Darstellung; Vereinsname und Vereinslogo: „Landsknechtsgemeinde De frommen Rotten 1992 e.V.“ http://fromme-rotten.de/

Abbildung 1: Befragungsergebnisse der Umfrage, Eigene Darstellung

Abbildung 2: Bereinigte Bekanntheitsgrade der Vereine, Eigene Darstellung

Abbildung 3: Bekanntheitsgrad im Vergleich mit den Mitgliederzahlen, Eigene Darstellung

Abbildung 4: vergleich der von den Vorständen geschätzten Bekanntheit des Vereines und der Bekanntheit bei den Befragten, sortiert nach der bereinigten Bekanntheit, Eigene Darstellung

Abbildung 5: Vergleich der der Zufriedenheit und der Wichtigkeit mit der bereinigten und der geschätzten Bekanntheit, Eigene Darstellung

 

Literaturverzeichnis

Ariely, Dan (2015): Wer denken will, muss fühlen. Die heimliche Macht der Unvernunft. München: Droemer Taschenbuch (Droemer, 30089).

Ariely, Dan; Kreisler, Jeff (2018): Teuer ist relativ. Warum wir nicht mit Geld umgehen können. Berlin: Econ.

Golinsky, Falk (2018): Moderne Vereinsorganisation. Vereinsmanagement leicht gemacht. Berlin: Springer Gabler. Online verfügbar unter http://dx.doi.org/10.1007/978-3-662-56459-2.

Kessler, Thomas; Fritsche, Immo (2018): Sozialpsychologie. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

Meffert, Heribert; Bruhn, Manfred; Hadwich, Karsten (2018): Dienstleistungsmarketing. Grundlagen – Konzepte – Methoden. 9., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Wiesbaden: Springer Gabler. Online verfügbar unter http://dx.doi.org/10.1007/978-3-658-19176-4.

Schmitz-Atzert, Lothar; Peper, Martin; Stemmler, Gerhard (2014): Emotionspsychologie. Ein Lehrbuch. 2nd ed. Stuttgart: Kohlhammer Verlag.

 

Internetquellen:

Stadt Schrobenhausen: Ortsteile. Online verfügbar unter https://www.schrobenhausen.de/de/Die-Spargelstadt/Ortsteile, zuletzt geprüft am 10.06.2019.

Stadt Schrobenhausen: Vereinsübersicht. Online verfügbar unter https://www.schrobenhausen.de/de/Leben/Freizeit-Sport/Vereinsuebersicht, zuletzt geprüft am 11.06.2019.

Fehres, Karin; Blessing-Kapelke, Ute; Tzschoppe, Petra; Hartmann, Stephan: DOSB I Mitgliederentwicklung im Sportverein. Bestandserhebungen und demografischer Wandel. Hg. v. Deutscher Olympischer SportBund. Online verfügbar unter https://cdn.dosb.de/alter_Datenbestand/fm-dosb/arbeitsfelder/Breitensport/demographischer_wandel/Mitgliederentwicklung_demografischer_Wandel_Bestandserhebung.pdf, zuletzt geprüft am 09.09.2018.

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