By Published On: 13. August 2020Categories: Psychologie

Folgendes Szenario ist dir bestimmt bekannt: Es ist Freitagabend, deine Freunde haben sich verabredet um gemeinsam etwas trinken zu gehen. Alle bis auf dich. Du musst Samstagmorgen früh raus, weil du vielleicht für eine wichtige Klausur lernen musst oder blöderweise die Frühschicht auf der Arbeit erwischt hast. Wie fühlst du dich? Fühlst du dich vielleicht gut, weil du weißt, dass du in Ruhe deinen Abend genießen kannst? Oder fühlst du dich gestresst, weil deine Freunde heute Abend bestimmt viele tolle Momente erleben werden, bei denen du nicht dabei sein kannst?

Wenn dir das zweite Gefühl bekannt vorkommt kann es sein, dass du einer der zahlreichen Menschen bist, der an dem Symptom „Fear Of Missing Out“, kurz FOMO, leidet.

Wie der Name bereits sagt, haben Menschen, die unter diesem Symptom leiden, das Gefühl etwas zu verpassen, wenn sie nicht an der geplanten gesellschaftlichen Aktivität teilnehmen können.[1] Diese Angst kann so weit gehen, dass betroffene Personen psychischen und körperlichen Stress verspüren, wenn sie bei einer solchen Aktivität verhindert sind. Häufig können Personen, die an FOMO leiden dies jedoch nicht als FOMO einordnen, beziehungsweise wollen sie es sich nicht eingestehen. Daraus resultiert dann, dass sie in den meisten Fällen trotzdem an Verabredungen teilnehmen, obwohl sie eigentlich durch die Teilnahme im Nachhinein viel mehr Stress haben werden.[2] Studienergebnisse haben außerdem gezeigt, dass FOMO stärker wird, wenn soziale Aktivitäten zu späteren Tageszeiten oder am Wochenende geplant sind.[3]

Woher kommt diese meist unbegründete Angst und wie lässt sie sich erklären?

Zu dem Symptom der „Fear Of Missing Out” gibt es zurzeit noch relativ wenig empirisch geprüfte Untersuchungen, da FOMO erst durch das digitale Zeitalter populär geworden ist. Dieser Form der Angst unterliegt ein Grundbedürfnis nach sozialen Beziehungen. Unser psychisches Wohlbefinden hängt durchaus zu einem großen Teil von den Interaktionen mit unseren Mitmenschen ab.[4]

Studien haben gezeigt, dass Menschen die stärksten Glücksgefühle empfinden können, wenn sie ein großes, positives soziales Netzwerk haben. Die stärksten Negativgefühle hingegen empfinden Menschen, die aufgrund eines schwachen sozialen Netzes häufig in Einsamkeit leben.[5] Eine weitere Studie zu sozialen Interaktionen hat gezeigt, dass wenn ein Mensch an einer Aktivität ausgeschlossen wird, in seinem Hirn dieselbe Region aktiv wird, die auch bei körperlichen Schmerzen aktiviert wird.[6] Die sogenannte Affiliation und Bindung zu anderen Menschen gehört zu unseren Grundbedürfnissen, da sich die Zugehörigkeit zu anderen Menschen in unserer Evolution als unabdingbar herausgestellt hat. Wenn wir auf die Welt kommen sind wir auf die Bindung zu unserer Mutter angewiesen, da wir ohne sie nicht überleben könnten.[7]

Das erklärt zwar auf welcher Grundlage diese Angst beruht, jedoch nicht weshalb sie in der heutigen Zeit, insbesondere in der Generation Y und Z, so häufig auftritt. Viele Psychologen und Sozialforscher sehen das Problem in der Nutzung der sozialen Medien.[8]

In einer Studie wurden 386 amerikanische Studenten zu ihrer „Fear Of Missing Out“ und ihrem Social-Media-Nutzverhalten befragt. Die Ergebnisse zeigten, dass FOMO häufig dazu führt, dass es zu einem übermäßigen Social-Media Konsum kommt. Des Weiteren zeigen die Ergebnisse, dass FOMO unter anderem zu einer weniger erfolgreichen Entwicklung persönlicher Beziehungen führt, da die Betroffenen eher dazu neigen etwas in größeren Gruppen zu unternehmen, als mit einer einzelnen Person. Außerdem führt FOMO zu einer schlechteren akademischen Leistung und zu einer verringerten persönlichen Motivation.[9] Die Forscher gehen auch davon aus, dass FOMO mit einer geringen Achtsamkeit gegenüber dem eigenen Selbst einhergeht. Das heißt Menschen, die aufgrund von FOMO an einem Event teilnehmen, obwohl sie zeitlich eigentlich nicht die Kapazität hätten, haben ein geringes Empfinden dafür, dass sie auch Zeit für sich alleine benötigen um beispielsweise Stress zu reduzieren.[10]

Fazit

Mit Sicherheit hast du dich, während du diesen Artikel gelesen hast, an einigen Stellen wiedererkannt oder konntest zumindest zu einem gewissen Teil nachempfinden wie es sich anfühlt, wenn man Angst hat etwas zu verpassen. Dieses Phänomen ist mit Sicherheit jedem von uns in irgendeiner Art und Weise bekannt. Wichtig ist jedoch sich bewusst zu machen, dass es eine sehr unbegründete Angst ist, da es realistisch betrachtet sehr unwahrscheinlich ist, dass deine Freunde genau an dem Abend, an dem du nicht dabei sein kannst, den Abend ihres Lebens erleben werden.

 

[1] Vgl. Hayran, Anik & Gürhan-Canil (2020), S. 2

[2] Vgl. Stangl; Dogan (2019), S. 3

[3] Vgl. Dogan (2019), S. 3

[4] Vgl. Dogan (2019), S. 4

[5] Vgl. Jonas, Stroebe & Hewstone (2014), S.403

[6] Vgl. Jonas, Stroebe & Hewstone (2014), S.404

[7] Vgl. Kessler & Fritsche (2018), S. 95-96

[8] Vgl. Balta, Emirtekin, Kircaburun & Griffiths (2018), S. 630

[9] Vgl. Baker, Krieger & LeRoy (2016), S. 280

[10]Vgl. Baker, Krieger & LeRoy (2016), S. 280

 

Literaturverzeichnis

Balta, S., Emirtekin, E., Kircaburun, K. & Griffiths, M., D. Neuroticism, Trait Fear of Missing out, and Phubbing: The Mediating Role of Fear of Missing Out and Problematic Instagram Use. Int J Ment Health Addiction 18, 628–639 (2020). https://doi.org/10.1007/s11469-018-9959-8

Baker, Z., G., Krieger, H. & LeRoy, A., S. Fear of Missing Out: Relationships With Depression, Mindfulness and Physical Symptoms. Translational Issues in Psychological Science Vol. 2, No. 3, 275–282 (2016). http://dx.doi.org/10.1037/tps0000075275

Dogan, V. Why Do People Experience the Fear of Missing Out (FoMO)? Exposing the Link Between the Self and the FoMo Through Self-Construal. Journal of Cross-Cultural Psychology 1 –15 (2019). https://doi.org/10.1177/0022022119839145

Hayran, C., Anik, L. & Gürhan-Canil, Z. (2020). A threat to loyalty: Fear of missing out (FOMO) leads to reluctance to repeat current experiences. PLoS ONE 15(4): e0232318. DOI: 10.1371/journal.pone.0232318

Jonas, K., Stroebe, W. & Hewstone, M. (2014). Sozialpsychologie. Springer. Berlin

Kessler, T. & Fritsche, I. (2018). Sozialpsychologie. Springer. Berlin

Stangl .(o.J.). Fear Of Missing Out – FOMO. https://lexikon.stangl.eu/17010/fear-of-missing-out-fomo/  (26.06.2020)

 

Bildquelle

Pixabay: https://pixabay.com/photos/people-man-woman-dreadlocks-party-2589091/

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