By Published On: 7. November 2019Categories: Pädagogik, Psychologie

 

Der Suchbegriff „Erziehung“ führt im Internet zu tausende Bücher, Ratgeber und Tipps dazu. Viele junge Familien sind verunsichert, ist es so schwer ein Kind zu erziehen? Müssen alle Ratschläge perfekt ausgeführt werden, um das perfekte Kind zu bekommen?
In den zahlreichen Ratgebern stehen Richtlinien wie: Kindern Freiheit und Freiraum schaffen, damit sie sich in jeder erdenklichen Situation gut entwickeln können, aber nicht zu viel, um eine Schieflage zu vermeiden. Kindern eine Umgebung schaffen, die ihnen Schutz und Sicherheit gibt, aber nicht zu viel, um die Möglichkeit wichtiger Lernerfahrungen zu schaffen. Sie durch ihre Erfahrungen in die „richtige Richtung“ lenken, aber nicht zu viel, um ihre natürlichen Interessen nicht im Verborgenen bleiben zu lassen. Ihnen Werte wie Besonnenheit, Vorsicht oder Weisheit für schwierigere Zeiten mitgeben, aber nicht zu viel, dass Hoffnung, Begeisterung und Neugier getrübt werden oder vielleicht sogar völlig verschwinden (vgl.: Tomoff, 2016, S.2f.).

Zu Beginn entsteht die Bindung
Mit der Geburt eines Kindes beginnt eine enge emotionale Beziehung zwischen Eltern und Kind oder einer anderen engen Bezugsperson. Dies ist ein evolutionsbiologisch gesteuertes Verhaltensprogramm, welches auf die Herstellung einer Bindung ausgerichtet ist. Die Intensität der Bindung hängt vom Fürsorgeverhalten und der Empfindlichkeit der Bezugsperson ab. Auch das Temperament des Säuglings, eventuelle Krankheiten oder Entwicklungsverzögerungen sind am Bindungsaufbau beteiligt, solche Situationen können aber müssen nicht frustrierend sein und können dysfunktionale Beziehungsschemata in Gang setzen (vgl.: Gerrig, 2018, S.398f.). Fehlt den Kindern die Zuwendung und liebevolle Beziehung kann dadurch das Wachstum und sogar das Überleben negativ beeinflusst werden (vgl.: Gerrig, 2018, S.402).

Die angeborene Fürsorglichkeit der Eltern und die Fähigkeit auf die Bedürfnisse des Kindes einzugehen wurde vom britischen Kinderpsychiater und Psychoanalytiker John Bowlby erstmals als Bonding bezeichnet. Dazu wurde auch der „Fremde-Situation-Test“ entwickelt, welcher Aufschluss über die Natur der eingegangenen Bindung von einjährigen geben sollte. Bei diesem Test werden die Reaktionen des Kindes beobachtet, wie es sich in unterschiedlichen Situationen mit Fremden verhält und welche Reaktion es beim Zurückkommen der Mutter zeigt (vgl.: Dornes, 1994, S.229ff.).

Typische Verhaltensmuster wurden beobachtet:
– Sicher gebundene Kinder zeigen leichte Unruhe wenn die Mutter sie verlässt, suchen beim wiederkommen Kontakt und Beruhigung, sie beginnen dann wieder zu spielen. Diesen Bindungsstil entwickeln zwei Drittel aller Kinder, er gilt als erstrebenswert und als Grundlage für das erlernen vieler prosozialen Verhaltensweisen (vgl.: Gerrig, 2018, S.400).
– Unsicher-vermeidend gebundene Kinder verhalten sich distanziert, sie zeigen fast keine Reaktionen, wenn die Mutter zurückkommt, eventuell sogar Abwehr.
– Unsicher-ängstlich/ambivalent gebunden Kinder wissen nicht was sie erwartet, suchen einerseits die Nähe andererseits sind sie wütend auf die Mutter, wenn sie wiederkommt und lassen sich nicht beruhigen. Bei Kindern mit diesem Bindungsstil wir ein aggressives und antisoziales Verhalten bis in die Schulzeit und auch noch weiter beobachtet (vgl.: Lohaus/Vierhaus, 2015, S.215).
– Desorganisiert- desorientiert gebundene Kinder zeigen widersprüchliche und bizarre Verhaltensmuster. Auch diese Kinder zeigen häufig aggressives und antisoziales Verhalten (vgl.: Assen, 2015, Kapitel 5.4.2).

Was können Eltern tun, um eine entscheidende sichere Bindung herzustellen?
Elterliche Erziehungsmaßnahen werden in unterschiedliche Klassen eingeteilt. Diese Muster von Einstellungen, Handlungsweisen und Ausdrucksformen werden in Erziehungsstilen zusammengefasst (Myers, 2014, S.756). Es wird fast immer von vier Erziehungsstilen berichtet: der Autoritative, der Autoritäre, der Permissive und der Vernachlässigende Erziehungsstil.
– Bei der autoritären Erziehung sind Eltern wenig sensibel, sie fordern eine strenge Einhaltung von Regeln. Das Klima ist kalt und sie zeigen wenig Interesse an den Absichten des Kindes. Die Kinder erlangen dadurch wenig Selbstwertgefühl. Sie könne ihre Fähigkeiten zum Eigenverantwortlichen Handeln nicht erproben und reagieren eventuell aggressiv, da sie gelernt haben, dass der Stärkere meist gewinnt.
– Bei der permissiven Erziehung zeigen Eltern wenig Erwartungen an das Kind, sie stellen keine Regeln auf und bewerten auch nicht das Verhalten des Kindes. Bestrafungen gibt es kaum. Die Kinder sind oft impulsiv und haben kein Verantwortungsgefühl (vgl.: Kray/Schaefer, 2012, S. 227).
– Bei der vernachlässigenden Erziehung sind Eltern wenig sensibel, sie kümmern sich kaum um das Kind, fordern oder kontrollieren es nicht und haben eine ablehnende Haltung dem Kind gegenüber. Deren Entwicklung kann dadurch auf vielen Ebenen nachhaltig gestört werden. Dieser Erziehungsstil wird auch am schlechtesten bewertet. Kinder schneiden in Tests am schlechtesten ab.
– Eine Vielzahl an Studien haben ergeben, dass in unserer Kultur der autoritative Erziehungsstil überlegen führt. Eltern verlangen die Einhaltung von Regeln und stellen Anforderungen an ihre Kinder. Aber sie akzeptieren auch Einwände und sind an ihnen interessiert. Eltern mit einem autoritativen Erziehungsstil ermutigen ihre Kinder selbstständig zu werden. Diese Erziehung führt zu großen Fortschritten in der psychosozialen Reife, fördert prosoziales Verhalten und interne Kontrollüberzeugung. Sie führt zu wenig nach außen oder innen gerichteten Verhaltensproblemen und zu wenig Dogenproblemen (vgl.: Myers, 2014, S.759).

Das elterliche Monitoring wird als weitere wichtiger Aspekt für die soziale Entwicklung von Kindern genannt. Eltern sollten über Aufenthaltsorte, Aktivitäten und Befindlichkeiten informiert sein. Durch stetige Kommunikation können Eltern aus ihren Kindern viele Informationen erhalten (vgl.: Lohaus/Vierhaus, 2015, S.218). Dieses Verhalten sollte jedoch auch nicht übertrieben werden. Der Begriff „Helikopter Eltern“ wurde bereits geboren.

Fazit
Neben einem autoritativen Erziehungsstil und einem gesunden elterlichen Monitoring sollten sich Mütter und Väter vor Augen führen, dass sie Vorbilder sind. Kinder tun häufig das, was sie von ihren Bezugspersonen sehen. Eine positive Grundeinstellung, Humor, Gefühl und Liebe lässt Kinder gesund heranwachsen. Sollte dennoch etwas schief laufen ist es von Vorteil, sich das eigene Verhalten vor Augen zu führen, um mögliches Fehlverhalten zu erkennen und ausgleichen zu können.

Literaturverzeichnis
Assen, C. (2015). Crash-Kurs Psychologie. Berlin, Heidelberg: Springer.
Dornes, M. (1994). Der kompetente Säugling. Die präverbale Entwicklung des Menschen. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbücher-Verl.
Gerrig, R. J. (2018). Psychologie (Bde. 20., aktualisierte und erweiterte Auflage). Hallbergmoos: Pearson.
Kray, J., & Schaefer, S. (2012). Mittlere und späte Kindheit. In W. Schneider, & U. Lindenberg, Entwicklungspsychologie (Bde. 7., vollst. überarb. Aufl., S. 211-233). Weinheim: Beltz.
Lohaus, A., & Vierhaus, M. (2015). Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters für Bachelor. Mit 29 Tabellen (Bde. 3., überarb. Aufl.). Berlin: Springer.
Myers, D. G. (2014). Psychologie, (Bd. 3. Auflage). Berlin, Heidelberg: Springer – Verlag.
Tomoff, M. (2016). Positive Psychologie in der Erziehung. Heidelberg: Springer essentials.

Bildquelle

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