By Published On: 23. August 2020Categories: Gesundheit, Psychologie

Einleitung

Das ist ein Foto von Daisy, eine lebhafte Havaneserhündin, die ihrer Besitzerin viel Freude und Abwechslung schenkt. Jede freie Minute verbringen sie mit gemeinsamen Aktivitäten, aber darüber hinaus zeigen sich noch viele weitere positive Aspekte. Daisy trägt zu einem strukturierten Tagesablauf bei, spendet Wärme und Nähe, interagiert mit ihrer Besitzerin,  löst Fürsorgeverhalten aus, und reduziert Einsamkeit. Tiere, ob Katzen, Hunde, Pferde oder Vögel bereichern den Alltag ihrer Besitzer, geben ihnen eine Aufgabe und Sinn im Leben. Schon Franz von Assisi beschrieb die Bindung zu Tieren, wie folgt: „Der Hund blieb mir treu im Sturme, der Mensch nicht mal im Winde,“ (Franz von Assisi) Dieses Zitat gibt Einblick, dass oftmals eine sehr enge Beziehung zwischen Mensch und Tier besteht. Aber wie ist diese Bindung zu bewerten, welche Bedeutung hat  sie für den Menschen und resultieren daraus auch positive gesundheitliche Auswirkungen?

Allgemeine Grundlagen

Generell werden bspw. Hunde für die verschiedensten Einsatzgebiete ausgebildet, um  Menschen zu unterstützen, sei es bei Rettungseinsätzen, als Blindenhund, Drogenspürhunde und auch im Gesundheitsbereich. Sie können bspw. Krankheiten wie Krebs und Diabetes erschnüffeln (Vgl. Meißner,T., 2009). Schon Freud und Jung erkannten die Bedeutung der Tiertherapie und setzen sie bei schwierigen Patienten ein (Vgl. Julius, Beetz, Kotrschal,Turner,  Unväs-Moberg, 2014, S.19).

Aber nicht nur als Dienst- oder Therapiehunde leisten sie wichtige Beiträge, auch im alltäglichen Leben. Viele Menschen schätzen es mit Haustieren, wie bspw. Hunden, Katzen oder Pferden zusammen zu leben. Diese sogenannten Kumpantiere umfassen vorwiegend höhere Tiergattungen. Der Begriff selbst leitet sich vom englischen „Companion Animal “ ab und darunter werden Tiere verstanden, die Partner für gemeinsame Aktivitäten sind und mit den Menschen eine operationale und soziale Bindung eingehen (Vgl. Julius et al., 2014, S. 20). Aber die Bedeutung der tierischen Gefährten geht weit über ihre Arbeitseinsätze und ihr Dasein als ein Spielgefährte hinaus. Studien attestieren, dass Hundehalter sich einer besseren Gesundheit erfreuen und seltener Ärzte konsultieren. Es stellt sich also die Frage, worauf diese kurativen, positiven Effekte zurückzuführen sind.

Evolutionäre Faktoren

In der organismischen Biologie zeigen sich eine Reihe  grundlegender Strukturen und Funktionen des Verhalten, der Physiologie und des Gehirns, die Menschen mit anderen höheren Tieren teilen und daher in  der zwischenartlichen Kommunikation von Relevanz sind. (Vgl. Julius et al., 2014, S. 20) Herkunftsgleich ist nach Goodson das „Soziale Netzwerk des Gehirns“ (social behavior network) zu sehen. Darunter werden Kerngebiete im basalen Mittel- und Vorderhirn verstanden, die ursprünglich bei Vögeln und Fischen untersucht wurden, aber weitgehendst funktionsgleich mit dem homologen Netzwerk der Säugetiere   sind und als Schaltstelle für Bindungs- und Emotionsbereiche dienen (Goodson, 2005,  zitiert nach Julius et al., S. 27). Weitere Komponenten, die ein Kommunizieren der unterschiedlichen Arten ermöglicht, sind gleiche Stresssysteme, ähnliche Individualentwicklung und Variabilität der Persönlichkeit. Daraus lässt sich folgern, dass diese bio-psychologischen Systeme und Verhaltenssysteme eine biologisch evolutionäre  Grundlage des Sozialverhalten darstellen und in einem bestimmten sozialen Kontext stehen. In der vergleichenden Biologie zeigt sich zudem, dass bei der Mensch-Tierbeziehung sehr ähnliche Verhaltens-, neurobiologische und physiologische Mechanismen involviert sind, die  den zwischenmenschlichen entsprechen, so wurde auch   altruistisches Verhalten bei Tieren beobachtet (Vgl. Pawlik,2006, S. 376). Die meisten zwischenartlichen Merkmale von Sozialisierung entsprechen dem Darwin´schen Kontinuum, was ebenfalls auf Herkunftsgleichheit schließen lässt. (Vgl. Julius et al., 2014), S. 22) Haustiere, wie Hund, Katze oder Pferd reagieren sozial auf das menschliche Verhalten, daher kann eine Interaktion stattfinden (Vgl. Julius et al., 2014, S.20). Da die psychologischen Anlagen der Menschen im soziobiologischen Kontext entstanden, resultiert eine Kompatibilität zu sozialen Veranlagungen anderer Tiere. Dabei ist Stimmungsübertragung der zentrale Mechanismus jeder sozialen Interaktion ebenso wie Synchronisation (Vgl. Julius et al., 2014, S. 21). Die zwischenartlichen Ähnlichkeiten zeigen sich auch in der sozialen Kognition, episodischen Gedächtnis, der Fähigkeit zur Perspektivenübernahme und sogar der „Theory of Mind“, die bis zu einem gewissen Grad zu beobachten ist. (Vgl. Julius et al., 2014, S. 31) Ein wesentlicher Merkmalsunterschied zum Tier liegt jedoch im reflexiven und forschenden Gehirn des Menschen (Vgl. Julius et al., 2014, S. 21).

Hormonelle Faktoren

Das Zitat, „Alles Leben ist Chemie“ hat auch hier seine Berechtigung. Die vielen positiven Effekte, die aus einer Mensch-Tierbeziehung resultieren, könnte auf tiefer liegende Gründe zurückzuführen sein. Dabei spielt das im Hypothalamus gebildete Peptidhormon Oxytocin eine maßgebliche Rolle. Die Funktionsweise dieses sogenannten „Kuschelhormons“ entspricht sowohl dem eines Neurotransmitters, als auch dem eines Hormons. Durch Oxytocin wird das soziale Zusammenleben zwischen Mensch und Tier stimuliert, und trägt zu einer Reduktion von Stress, Angst, Depression und Aggression bei. (Vgl. Julius et al.,2014, S. 16-17), (Vgl. Uvnäs-Moberg, 2016, S. 2)

Zudem fördern Auslöserreize des Kindchenschemas den Fürsorgetrieb (Vgl. Eibl-Eibesfeldt, 1999, zitiert nach Julius et al., 2014, S. 30) und aktivieren das ocytocin-bezogene Belohnungssystem im Gehirn (Vgl. De Vries et al., 2003 zitiert nach Julius, 2014, S.30) Konrad Lorenz erkannte 1943, dass dies auch zwischenartlich geschieht. (Vgl. Julius et al., 2014, S. 29)

Fallbeispiele

Die Autoren des Buches „Bindung zu Tieren“ zeigen in vielen Fallbeispielen, die positiven Effekte der Tier-Mensch-Beziehung auf. Zur Veranschaulichung werden zwei davon angeführt (Vgl. Julius, et al., 2014)

In einem Altersheim wurde eine Forschungsstudie der Universität durchgeführt. Im Rahmen dieses Projekt sollten die Bewohner Wellensittiche zur Betreuung übernehmen.  Die Senioren erfüllten die Aufgabe mit Begeisterung. Sie hatten plötzlich eine sinnvolle Beschäftigung, Verantwortung, neue Gesprächsthemen und neue Freundschaften ergaben sich. Die depressiven Verstimmungen verschwanden und es wurde eine soziale Beziehung zum Tier aufgebaut.

Ein weiteres Beispiel ist am Schüler Nick zusehen. Er hatte massive Leseschwierigkeiten, die sich durch das Verbessern der Lehrerin und den Spott der Mitschüler verschärfte. Erst ein tiergestütztes Leseprogramm bei dem er dem Hund Scooter vorlas, behob diese Problematik. Das unvoreingenommene und wertfreie Verhalten des Tieres löste die Anspannungen des Kindes und durch das Streicheln des Hundes beruhigte und entspannte sich Nick. (Vgl. Julius et al., 2014, S. 14)

Effekte für die Gesundheit

Daraus lassen sich die biologisch/hormonellen Erklärungsansätze für emotionale Bindungen in der Mensch-Tierbeziehung ableiten. Aber welche sichtbaren gesundheitsfördernden Effekte resultieren aus dieser sozialen Bindung? Die gemeinsamen Aktivitäten bspw. tragen zu mehr Bewegung bei, fördern die sozialen Kontakte, tragen zur  Stressreduktion bei, lindern Depressionen, helfen gegen Vereinsamung, sind oftmals eine Beschäftigungstherapie, senken Aggressionen und vermitteln das Gefühl gebraucht zu werden, was infolge auch die Verbesserung des Immunsystem nach sich zieht. Im medizinischen Bereich wurden verbesserte Blutdruckwerte, geringere Anfälligkeit für Herzkreislauferkrankungen, weniger Krankenstände, schnellere Genesung sowie kürzere Spitalsaufenthalte bei Erkrankungen beobachtet.

Bedeutung der Erkenntnisse

Aufgrund dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse sollten diese positiven Effekte vermehrt genutzt werden.  Alle Maßnahmen, die zu einer Verbesserung des Wohlbefindens führen, sind zu ergreifen. Da laut WHO der Begriff Gesundheit sich als ein „Zustand vollkommenen physischen, psychischen und sozialen Wohlbefindens, und nicht als Abwesenheit  von Krankheit und Behinderung definiert (Vgl. WHO, 1946 zitiert nach Wendt, 2013, S. 344), beinhaltet das auch im hohen Maße die Psyche. Ein ausgewogenes seelisches Gleichgewicht ist daher eine wichtige Voraussetzung. Wenn die Interaktion mit tierischen Gefährten dazu beiträgt, so empfiehlt es sich dies auch wahrzunehmen. Ein Beispiel dafür sind manche Altersheimbewohner, die ihre Tiere ins Heim mitnehmen können. Aber auch in anderen  Bereichen, wie schon erwähnt, gestaltet sich der tierische Einsatz von Vorteil. So wäre es zielführend die Betreuung durch Therapiehunden auszubauen. Trotz allem sind auch die Ängste und Ablehnung mancher gegen über Tieren zu berücksichtigen und in diesen Fällen wären die Effekte wahrscheinlich von gegenteiliger Wirkung. Ein anderer nachteiliger Effekt wäre eine zu starke Vermenschlichung von Tieren, die wider der Natur ist und  vermieden werden sollte.

Fazit

Tiere können eine große Bereicherung in unserem Leben darstellen, sie gehen emotionale und soziale Bindungen mit ihrem Besitzer ein. Teilen seine Freizeit, begleiten ihn bei seinen Aktivitäten und schenken Freude und Abwechslung. Die Vorteile gehen aber weit darüber hinaus, auch für unsere Gesundheit trägt die Beziehung bei. Laut Statistik leben Tierhalter gesünder und bleiben es häufig und wenn nicht, genesen sie auch schneller. So gesehen fehlt nur mehr der Hund auf Krankenschein.

Literatur

Franz von Assisi, https://www.aphorismen.de/zitat/51644, Abgerufen am 11.08.2020

Julius, H., Beetz, A., Kotrschal,K., Turner, D. C., Unväs-Moberg, K., (2014), Bindung zu Tieren: Psychologische  und neurobiologische Grundlagen, Göttingen: Hogrefe

Meißner, T., 2009, Kann man Krebs am Geruch erkennen? Abgerufen am 16.08.2020, Verfügbar unter https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/BF03373140.pdf

Pawlik, K., (2006), Handbuch Psychologie, Heidelberg: Springer Verlag

Uvnäs-Moberg, K., (2016), Oxytocin, dasHormon der Nähe: Gesundheit- Wohlbefinden-Beziehung, Berlin: Springer

Wendt, C., (2013), Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands (3. Auflage), Berlin: Springer

Beitragsbild: Daisy, 2020, fotografiert von Susanne Svejda

 

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