By Published On: 31. Juli 2025Categories: Gesundheit, Psychologie

Viele kennen es: Nach einer schlechten Nacht reagieren wir gereizter, Konflikte eskalieren schneller, Emotionen lassen sich schwer kontrollieren. Dieser Beitrag beleuchtet, wie Schlafmangel die Emotionsregulation beeinträchtigt und zeigt Ansätze, wie durch eine gute Schlafhygiene die negativen Effekte der Schlaflosigkeit sich vermeiden lässt.

Schlafrhythmus und emotionale Bedeutung

Wie viel Schlaf ein Mensch benötigt, ist individuell unterschiedlich; im Durchschnitt brauchen Erwachsene etwa sieben bis acht Stunden Schlaf, wobei Frauen meist etwas länger schlafen als Männer. Gesteuert wird die Schlafdauer durch die innere Uhr, die unseren Tag-Nacht-Rhythmus reguliert. Nach dem Zwei-Prozess-Modell von Borbély hängt unser Schlaf aber nicht nur von dieser inneren Uhr ab, sondern auch vom sogenannten Schlafdruck, der mit zunehmender Wachzeit steigt und während des Schlafs wieder abgebaut wird. Beide Prozesse zusammen bestimmen, wann wir müde werden und wie erholsam unser Schlaf ist (Becker-Carus & Wendt, 2017, S. 249). Unser Schlaf wird in REM (rapid eye movement)- und Non-REM-Phasen unterteilt, die mit deutlichen Veränderungen im Gehirn einhergehen. Träume im REM-Schlaf sind besonders emotional und lebendig und spielen eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Gefühlen. Sie spiegeln häufig Motive und Emotionen wider. Auch Albträume können dabei helfen, negative emotionale Erlebnisse abzubauen und emotionale Ungleichgewichte vom Tag auszugleichen (Vandekerckhove & Wang, 2017, S. 4).

Wie Schlafmangel die Emotionsregulation beeinträchtigt

Schlafmangel beeinträchtigt unsere Stimmung deutlich: Wer schlecht oder zu wenig schläft, fühlt sich am nächsten Tag schneller gereizt und weniger positiv gestimmt — besonders junge Menschen sind davon betroffen (Tomaso et al., 2021, S. 1). Ein Grund dafür liegt in den neurobiologischen Veränderungen durch Schlafmangel: Vor allem ein Mangel an REM-Schlaf führt zu einer verstärkten Aktivität in limbischen Hirnregionen, die für die emotionale Verarbeitung zuständig sind (Vandekerckhove & Wang, 2017, S. 3). Nach zu wenig Schlaf reagiert die Amygdala, das emotionale Alarmsystem des Gehirns, sogar überempfindlich — selbst auf eigentlich neutrale Reize, was negative Gefühle zusätzlich verstärken kann (Simon et al., 2015, S. 13195). Gleichzeitig arbeiten die Hirnbereiche, die für Emotionskontrolle zuständig sind, schlechter zusammen. Auch der wichtige REM-Schlaf wird durch Schlafmangel reduziert, was die emotionale Stabilität zusätzlich schwächt. Insgesamt senkt Schlafentzug die Schwelle für emotionale Überreaktionen – wir sind schneller gereizt, gestresst oder überfordert (Simon et al., 2015, S. 13194).

Emotionsregulation beschreibt den Prozess, mit dem Menschen ihre Gefühle wahrnehmen, steuern und anpassen, um einen gewünschten emotionalen Zustand zu erreichen. Dabei gibt es hilfreiche (adaptive) Strategien wie kognitive Neubewertung, Akzeptanz oder Ablenkung, die mit mehr positiven und weniger negativen Emotionen verbunden sind. Hinderliche (maladaptive) Strategien wie Unterdrückung, Grübeln oder Selbstkritik verstärken hingegen negative Gefühle und können langfristig emotionale und psychische Probleme begünstigen. Studien zeigen, dass dysfunktionale Emotionsregulation mit einem höheren Risiko für Depressionen und Angststörungen verbunden ist. Schlafmangel kann zudem die Fähigkeit zur Anwendung hilfreicher Strategien schwächen und so emotionale Belastungen verstärken (Richard-Sephton et al. 2024, S. 12817). Schon wenige Tage reduzierter Schlaf schwächen besonders bei jungen Menschen die Fähigkeit zur adaptiven Emotionsregulation, ohne die Nutzung maladaptiver Strategien zu erhöhen — vielmehr werden hilfreiche Strategien seltener eingesetzt (Tomaso et al., 2021, S. 26).

Zudem kann Schlafmangel einen Teufelskreis in Gang setzen: Emotionaler Stress am Tag beeinträchtigt die Schlafqualität, etwa durch veränderte Schlafarchitektur oder intensivere, emotional gefärbte Träume. Umgekehrt schwächt schlechter Schlaf die Fähigkeit, mit Emotionen konstruktiv umzugehen, was Stress, Angst und Anspannung am nächsten Tag verstärken kann. So schaukeln sich Schlafprobleme und emotionale Belastungen gegenseitig auf und erhöhen langfristig das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen (Vandekerckhove & Wang, 2017).

Tipps für eine bessere Schlafhygiene

Es gibt viele Strategien, mit denen sich die Schlafhygiene verbessern und Schlafmangel vorbeugen lässt – daher lohnt es sich, einige zentrale Empfehlungen zu beachten. Ein erster wichtiger Aspekt ist der Umgang mit Licht: Künstliches helles Licht am Abend bringt unseren natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus aus dem Gleichgewicht, weshalb wir vor dem Zubettgehen darauf verzichten sollten (Becker-Carus & Wendt, 2017, S. 249). Ebenso sollte das Schlafzimmer als Rückzugsort verstanden werden, besonders im Homeoffice oder in kleinen Wohnungen: Wird das Bett auch zum Arbeiten, Lesen oder Fernsehen genutzt, verliert das Gehirn die klare Assoziation mit Ruhe und Erholung, was den Schlaf zusätzlich erschweren kann. Auch äußere Störfaktoren spielen eine Rolle: Gerade in den ersten 90 Minuten, in denen wir meist in die erholsame Tiefschlafphase eintreten, ist ungestörter Schlaf entscheidend – aber Lärm kann über die gesamte Nacht hinweg den Schlafrhythmus beeinträchtigen. Bewegung wirkt sich grundsätzlich positiv auf die Schlafqualität aus, da körperliche Ermüdung den Schlaf fördert; jedoch sollte intensive Aktivität möglichst nicht mehr in den letzten drei Stunden vor dem Schlafengehen stattfinden (Ern & Fischbach, 2008, S. 148). Neben diesen äußeren und körperlichen Faktoren helfen auch innere Rituale: Meditation, Atemübungen oder andere Entspannungstechniken am Abend unterstützen dabei, den Tag loszulassen und Körper und Geist auf die Nachtruhe vorzubereiten.

Fazit

Zusammenfassend zeigt sich, dass Schlaf und Emotionsregulation eng miteinander verbunden sind: Wer schlecht schläft, ist am nächsten Tag anfälliger für negative Stimmungen und kann Gefühle weniger gut steuern – vor allem, wenn wichtige Schlafphasen wie der REM-Schlaf verkürzt sind. Schlafmangel schwächt insbesondere die Fähigkeit, hilfreiche Strategien zur Emotionsregulation anzuwenden, während Stress wiederum den Schlaf beeinträchtigen kann, sodass schnell ein belastender Kreislauf entsteht. Auch wenn die bisherigen Ergebnisse wichtige Hinweise geben, gibt es bislang noch zu wenige Studien zu diesem Thema, und die bisherigen Befunde weichen teils voneinander ab. Umso wichtiger ist es, auf gute Schlafhygiene zu achten und Schlaf nicht als Nebensache zu betrachten – denn er bildet eine wesentliche Grundlage für emotionale Stabilität und psychische Gesundheit.

Literaturverzeichnis

Becker-Carus, Ch. & Wendt M. (2017). Allgemeine Psychologie: Eine Einführung (3. Aufl.). Berlin: Springer

Ern, G. & Fischbach R. D. (2008). Gesunder Schlaf: Endlich wieder gut schlafen. Hannover: humboldt

Richard-Sephton, P. B., Crisp, D. A. & Burns, R. A. (2024). The emotion regulation strategies of flourishing adults. Current Psychology, 43, S. 12816-12827

Simon, E. B., Oren, N., Sharon, H., Kirschner, A., Goldway, N., Okon-Singer, H., Tauman, R., Deweese, M. M., Keil, A., Henlder, T. (2015). Losing neutrality: The neural basis of impaired emotional control without sleep. The Journal of Neuroscience, 35, S. 13194-13205

Tomaso, C. C., Johnson, A. B. & Nelson, T. D. (2021). he effect of sleep deprivation and restriction on mood, emotion, and emotion regulation: three meta-analyses in one. Sleep, 44, S. 1-30

Vandekerckhove, M. & Wang, Y. (2017). Emotion, emotion regulation and sleep: An intimate relationship. AIMS Neuroscience, 5, S. 1-17

Titelbildquelle

Titelbild von Megan te Boekhorst, veröffentlicht am 23. Oktober 2018, Zugriff am 08.07.2025, verfügbar unter

https://unsplash.com/de/fotos/schatten-einer-frau-auf-dem-bett-3sn9MUlx2ZE

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