By Published On: 17. Mai 2021Categories: Gesundheit, Psychologie

„Jetzt denk‘ doch mal positiv!“ – Was kann die Positive Psychologie eigentlich bewirken?

„Jetzt denk‘ doch mal positiv!“ – eine Phrase bzw. eine Aufforderung, die sehr schnell ausgesprochen wird und ein gut gemeinter Rat ist, jedoch auch schon ein wenig „abgedroschen“ klingt. Grob gesagt wird dabei von einem verlangt, mittels positiven Denkens über Probleme hinwegkommen zu können, wodurch folglich Gesundheit, Wohlbefinden und Erfolg ermöglicht werden. Diese Denkrichtung wird unter dem Fachbegriff „Positive Psychologie“ verstanden – eine eher neumodische Denkrichtung, die zunehmend an Bedeutung und Bekanntschaft erlangt. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff? Wie die Worte „positiv“ und „Psychologie“ vielleicht schon vermitteln, befasst sich dieser Bereich der Psychologie mit den „guten“ Aspekten des Lebens. Ausdrücke bzw. Sicherheits- und Wohlgefühle wie Geborgenheit, Vertrauen, Gelassenheit und Vergebung kommen in der positiven Psychologie häufig vor.1 Menschen verbinden diese Begriffe mit etwas Gutem. Doch was genau soll die positive Psychologie nun bewirken?

Positive Psychologie
Der Psychologe Martin Seligman prägte den Begriff der positiven Psychologie enorm. Die ursprünglichen Ziele der Psychologie befassten sich mit der Heilung psychischer Krankheiten, der Förderung eines produktiven und erfüllten Lebens und der Entdeckung und Förderung der Hochbegabung. Besonders auf erstere wurde, vor dem Denkumschwung durch Seligman, besonders geachtet. Seligman jedoch sah es als besonders wichtig, sich mehr auf die zweite Aufgabe zu konzentrieren und das Positive im Leben der Menschen wieder zu entdecken und zu fördern. Die Ausrichtung auf das Positive, die wissenschaftliche Fundierung und die positive Wirkung auf Erleben und Verhalten im Alltag eines Individuums stellen die drei Grundpfeiler der positiven Psychologie dar.2

Positives Denken
Das positive Denken umfasst verschiedene psychologische Konzepte: Kontrollüberzeugungen, Selbstwirksamkeitserwartung, positiv konnotierte Bewältigung und Optimismus.3 Schön und gut, einige der Begriffe kennt man bestimmt aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, aber wie genau sollen diese zu einem persönlich besseren Wohlbefinden bzw. Leben beitragen?

Kontrollüberzeugungen
Darunter versteht man eine allgemeine Überzeugung, dass das eigene Schicksal kontrollierbar ist. Es gilt jedoch in internale und externale Kontrollüberzeugungen zu unterscheiden: erstere besagt, dass das eigene Schicksal vom eigenen Zutun abhängt, während die externale Kontrollüberzeugung davon ausgeht, dass „höhere Mächte“ das Schicksal bestimmen. Für ein psychisches Wohlbefinden stellt die internale Kontrollüberzeugung einen wichtigen Faktor dar. 1992 konnte der Psychologe Albert Bandura belegen, dass durch internale Kontrollüberzeugungen die Immunabwehr gestärkt werden kann und hat sich hilfreich im Umgang mit chronischen Krankheiten erwiesen.4

Selbstwirksamkeitserwartung
Dieser Begriff geht ebenso auf Bandura zurück und bezeichnet die Überzeugung einer Person, selbst wirksam Einfluss auf ein Geschehen nehmen zu können, um so das erreichen zu können, was man erreichen will. Dieses Konzept weist Ähnlichkeiten zu jenem der Kontrollüberzeugungen auf. Selbstwirksamkeitserwartungen stellen eine wichtige Rolle im präventiven Gesundheitsverhalten einer Person dar. Versucht eine Person beispielsweise mit dem Rauchen aufzuhören, ist es förderlicher, wenn sie davon überzeugt ist, dass sie das auch schaffen kann, als wenn sie von Anfang an sagt „Das geht genau drei Tage gut, danach brauche ich wieder meine Zigaretten.“ Doch nicht nur beim Erreichen von Zielen kann eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung von Nutzen sein, auch in Bezug auf Burnout oder berufsbezogenen Stress kann eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung eine Schutzfunktion darstellen.5

Positiv konnotierte Bewältigung
Unter positiv konnotierten Bewältigungsformen fallen Begriffe wie Humor oder Hoffnung. Diese sind wichtige Bestandteile für die effektive Bewältigung von kritischen Lebensereignissen. Beispielsweise aktiviert Lachen denselben Gehirnbereich wie Kokain, jedoch ohne gesundheitsschädliche Auswirkungen, sondern eher gesundheitsförderliche. In einer Untersuchung konnte Abel (2002) belegen, dass ein ausgeprägter Sinn für Humor Stress und Angst reduzieren bzw. entgegenwirken kann. Weitere Untersuchungen (Svebak, et al. 2004) ergaben, dass sich Humor positiv auf das Zufriedensein mit der eigenen Gesundheit auswirken kann und im Zusammenhang mit einem niedrigen systolischen Blutdruck steht. Ebenso können Personen mit ausgeprägtem Humor über sich selbst lachen, was hilfreich ist, um Misserfolge besser verstehen bzw. damit umgehen zu können.6

Optimismus
Ein optimistischer Mensch verfügt über eine Lebensauffassung, die alles von der besten Seite betrachtet, quasi eine heitere, zuversichtliche und lebensbejahende Grundhaltung. Selbst in herausfordernden Situationen erwarten optimistische Personen positive Ergebnisse. Zusammenfassend kann man Optimismus als eine Neigung zum positiven Denken verstehen. Auch im Hinblick auf die Gesundheit kann eine optimistische Lebenseinstellung förderlich sein.7 Mondloch et al. (2001) haben herausgefunden, dass eine bessere, positive Erwartung in direktem Zusammenhang mit weniger Schmerzempfinden stand. Die Zutphen Elderly Study konnte verdeutlichen, dass Optimismus eine relativ stabile Eigenschaft ist und hinsichtlich Depressionen bei älteren Menschen vorbeugen kann.8 Ebenso wird einem ausgeprägten Optimismus die Verringerung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zugeschrieben.9

Kann man auch zu positiv denken und geht das Ganze dann nach hinten los?
Geht eine positiv eingestimmte Person stets davon aus, dass „ohnehin alles gut wird“, kann es leicht passieren, dass jegliche präventive Maßnahmen unterlassen oder Risiken unterschätzt werden.10 Beispielsweise beim Thema Rauchen von Tabakwaren: wenn eine Person davon ausgeht, dass der Tabakkonsum „ja ohnehin nicht so schädlich sei“, werden Maßnahmen, die den Konsum einschränken bzw. beenden, unterlassen und folglich das Risiko einer Lungenerkrankung erhöht. Auch im Hinblick auf Leistungen kann ein zu positives Denken bzw. positive Einstellungen „gefährlich“ werden. Kinder oder Jugendliche, die ihre eigenen Leistungen weit überschätzen, werden davon ausgehen, dass sie die bevorstehende Prüfung auch ohne ausreichende Vorbereitung schaffen werden. Sie betrachten den Erfolg als „selbstverständlich“ und sind nach dem Erhalt einer schlechten Note umso mehr enttäuscht von sich selbst, was sich keinesfalls „gut“ im Sinne der positiven Psychologie auf das psychische Wohlbefinden auswirkt. Jedoch gilt es hier auch zu beachten, dass positiv gestimmt nicht mit „leichtfertig“ zu vergleichen ist; positiv gestimmte Menschen haben eine bejahende Erwartung an zukünftige Ereignisse und gehen davon aus, dass sie mögliche Risiken erfolgreich bewältigen können, während leichtfertige Menschen die Risiken nicht wahrnehmen bzw. erkennen und folglich in verantwortungsloser Weise handeln.11

Fazit
Die förderlichen Erkenntnisse der positiven Psychologie hinsichtlich der Stärkung der psychischen und physischen Gesundheit sollten nicht außer Acht gelassen werden. Positives Denken wirkt sich gesundheitsförderlich auf die Psyche und folglich auch auf das Leben im Allgemeinen aus. Ein positiv denkender Mensch wird in vielen Situationen eher zuversichtlich sein als jemand, der gleich den Kopf in den Sand steckt und in Selbstmitleid versinkt, was sich keinesfalls positiv auf das eigene Wohlbefinden auswirken wird. Positives Denken kann sich in angemessener „Dosis“ nachweislich förderlich auf die Psyche und folglich auf die Gesundheit auswirken. Gewiss bedarf es eines bestimmten Maßes an Mühe bzw. Handlungsbereitschaft einer Person und auch eine gewisse Fähigkeit, sich und sein Leben zu reflektieren, dennoch stellt diese „moderne“ Richtung der Psychologie eine gute Möglichkeit dar, sich von negativen Dingen abzuwenden und sich mehr auf die guten Dinge im Leben zu fokussieren.

Literatur:

1 Vgl. Auhagen, A. E., 2019, S. 15f.

2 Vgl. Auhagen, A. E., 2019, S. 1-3
3 Vgl. Auhagen, A. E., 2019, S. 16
4 Vgl. Auhagen, A. E., 2019, S. 16f.

5 Vgl. Auhagen, A. E., 2019, S. 16-18
6 Vgl. Auhagen, A. E., 2019, S. 16-18
7 Vgl. ÄrzteZeitung, 2019
8 Vgl. Giltay, E. J. et al., 2006, S. 431-436

9 Vgl. ÄrzteZeitung, 2019
10 Vgl. Auhagen, A. E., 2019, S. 24
11 Vgl. Auhagen, A. E., 2019, S. 23-26

ÄrzteZeitung: (2019) Schützt Optimismus Herz und Gefäße?. Abgerufen am 11.02.2020. Verfügbar unter: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Schuetzt-Optimismus-Herz-und-Gefaesse-403408.html
Auhagen, A. E.: (2019) Positive Psychologie – Anleitung zum „besseren“ Leben. 3. Auflage. Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG.
Giltay, E. J. & Kamphuis, M. H. & Kalmijn, S. & Kromhout, D., & Zitman, F. G.: (2006). Dispositional optimism and the risk of cardiocascular death: The Zutphen Elderly Study. Archives of Internal Medicine, 166, 431-436.

Beitragsbild: 2021, eigene Darstellung, erstellt von Patricia Stetter

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