By Published On: 4. Juli 2023Categories: Management

Eine Studie von Ernest & Young (2022) belegt, dass Weiterbildungsmöglichkeiten und Talentförderung eine wichtige Rolle bei der Arbeitgeberwahl spielen. Sie sind eine wichtige Voraussetzung, um sich für einen Arbeitgeber zu entscheiden. Aber auch für Unternehmen ist Personalentwicklung von hoher Bedeutung, um die Arbeitsfähigkeit ihrer Arbeitnehmenden zu erhalten oder Personal für neue Aufgaben intern weiter zu qualifizieren.

In diesem Beitrag soll Personalentwicklung mit ihren Ansätzen und Methoden, wie teamorientiertes Lernen, Learning Management Systeme und Karriereentwicklungssysteme genauer in den Blick genommen werden.

Was genau ist eigentlich Personalentwicklung?

Personalentwicklung soll sicherstellen, dass die Mitarbeitenden zur Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben befähigt werden, um so die Erreichung der Unternehmensziele zu gewährleisten. Sie umfasst „alle Maßnahmen der strategischen Personalplanung, der Personalauswahl,  der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie der Förderung und Beurteilung von Mitarbeitern“ (Nissen, R., 2021).

Wissensvermittlung nach Berufszyklus in der Personalentwicklung

Personal zu entwickeln kann u.a. im Zusammenhang mit dem Berufszyklus betrachtet werden. Es gibt klassische Entwicklungsmaßnahmen, die den Jobbeginn und die Einführung in das Arbeitsfeld betreffen, Maßnahmen, die die berufliche Laufbahn betreffen und solche, die die eigentliche Arbeit und die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit betreffen und oft direkt am Arbeitsplatz stattfinden. Des Weiteren gibt es Maßnahmen, die nicht zwingend mit der eigentlichen Arbeit, aber zumindest mit arbeitsnahen Entwicklungsmöglichkeiten zu tun haben, wie z.B. einer Tätigkeit als Ausbilder:in oder als Projektleiter:in. Final gibt es Maßnahmen rund um das Ausscheiden aus einem Job (Lorenz, M., Rohrschneider, U., 2022, S. 129).

Konkrete Wissensvermittlungsformate für die jeweilige Berufszyklusphase sind:

Berufszyklusphase Wissen vermitteln, um … Wissensvermittlung mittels …
Jobbeginn –

Einführung in das Arbeitsfeld/

Onboarding

(gilt auch für Wiedereinstieg in den Job)

…eine optimale Einarbeitung in das Aufgabengebiet zu gewährleisten; Arbeitsfähigkeit und Mitarbeiterbindung herzustellen. …detaillierten auf die jeweilige Stelle individualisiertes Onboardingprogramm mit allen für die Stelle nötigen Infos und Schulungen; …Pate und/oder Mentor

…Arbeitsplatzbegehung

Karriere –

Berufliche Laufbahn/

Entwicklung

…Perspektiven für Entwicklungen innerhalb der Organisation zu schaffen.

…durch attraktive Karrieremöglichkeiten die Motivation und die Mitarbeiterbindung zu stärken.

…Fachkräfte für die eigene Bedarfsdeckung aufzubauen.

…Übergeben von Verantwortung für …Projekte.

…Coaching.

…Workshop.

…Ausbildung zum…

..Ausbilder o. Projektleiter

Operative Arbeit –

Erhaltung Arbeitsfähigkeit

…die Arbeitsfähigkeit zu erhalten, z.B. durch Vermittlung neuer Kenntnisse in firmeninterner Software oder neue für den Arbeitsbereich relevante Rechtsprechung

…lernen am Arbeitsplatz.

…Seminare.

…Vorträge und Best Practice Beispiele.

…Hospitation.

Jobende –

Ausscheiden aus dem Job/

Offboarding

…Wissen an neue Kolleg:innen zu übergeben.

…Mitarbeitende auf Jobende und danach folgende Optionen vorzubereiten.

…lernen am Arbeitsplatz.

…Coaching.

…Seminare.

Tabelle 1: Wissensvermittlung nach Berufszyklusphase. Eigene Darstellung angelehnt an Lorenz, M., Rohrschneider, U. (2022) S. 130-132

Personalentwicklungsmaßnahmen nach Personalportfolio – wer wird wie gefördert?

Die Personalentwicklungsmaßnahmen für alle regelmäßig Mitarbeitenden bemessen sich auch nach deren Können und Wollen. Ähnlich dem Produktportfolio der Boston Consulting Group werden die Mitarbeitenden in eine 4-Feld-Matrix mit den Achsen „Können“ (y-Achse) und „Wollen“ (x-Achse) eingeordnet. Je nach Einordnung in eines der 4 Felder bemessen sich auch die Entwicklungsmaßnahmen. Von der Ausprägung 0% Können und 0% Wollen bis hin zu 100% Können und 100% Wollen bemessen sich die 4 Felder (Lorenz, M., Rohrschneider, U.2022. S. 130).

Personalportfolio und Personalentwicklungsmaßnahmen. Eigene Darstellung angelehnt an Lorenz, M., Rohrschneider, U. (2022) S. 129 -130

Karriereentwicklungs- /Kompetenzmanagementsysteme – was ist das?

Anmerkung der Redakteurin: Karriereentwicklungs- und Kompetenzmanagementsystem werden in diesem Artikel als sich ergänzend gesehen.

Kompetenzen bezeichnen die Fähigkeit der Selbstorganisation einer Person auch in unbekannten, komplexen und dynamischen Situationen. Kompetenzen beinhalten das dafür notwenige Wissen bzw. Fertigkeit, Regeln und Werte, sowie Qualifikationen und können unterteilt werden in (Heyse. V., Erpenbeck, J., 2009, S. XI-XII):

  • Personale Kompetenzen

z.B. Loyalität, Glaubwürdigkeit, Einsatzbereitschaft, Zuverlässigkeit, Selbstmanagement

  • Aktivitäts- und Handlungskompetenzen

z.B. Tatkraft, Konsequenz, ergebnisorientiertes Handeln, Optimismus, Impulsgeben

  • Fach- und Methodenkompetenz

z.B. Fachwissen, Marktkenntnisse, Planungsverhalten, Projektmanagement

  • Sozialkommunikative Kompetenz

z.B. Kommunikationsfähigkeit, Beziehungsmanagement, Konfliktlösungsfähigkeit

Mittels der KODE-Kompetenzmessung können die Kompetenzen und Potenziale der Mitarbeitenden diagnostiziert und anschließend ausgebaut werden. Der der Messung zugrundeliegende KODE-Kompetenzatlas besteht aus 64 Kompetenzen, die mit je 16 Teilkompetenzen den jeweiligen 4 Kompetenzfeldern zugeordnet sind (kodekonzept.com, 2023).

Kompetenzmanagement

Kompetenzmanagement fokussiert sich auf die Entwicklung der für die Karriereentwicklung notwenigen Kompetenzen. Dies dient u.a. der Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit, der Unterstützung der Laufbahnentwicklung, sowie dem Sicherstellen der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens (Paulsen, H.F.K., Kauffeld, S. 2019, S. 511, 513-514). Beim Kompetenzmanagement geht es auch darum eine für die Entfaltung und Entwicklung eigener Kompetenzen förderliche Arbeitsumgebung zu schaffen. Das kann u.a. auch durch die Übergabe der Verantwortung für anspruchsvolle Aufgaben geschehen und auch durch Unterstützung bei der Erreichung derselben (Heyse, V., Ortman, S., 2008, S. 7).

Karriereentwicklungssysteme

Karriereentwicklungssysteme werden nach Leibowitz (1986) charakterisiert durch:

  1. Ein organisiertes, geplantes und formalisiertes Leistungssystem, das nicht nur aus wahllosen Aktivitäten, sondern aus einem zielorientierten Plan besteht.
  2. Zielt darauf ab sowohl die individuellen als auch die organisationalen Ziele zu berücksichtigen.
  3. Ist fortdauernd und nicht nur einmalig.
  4. Schafft Verbesserung und Entwicklung der bestehenden Personalstrukturen.

(Leibowitz, Z.B., 1986, S. 195-196)

Erfolgreiche Karriereentwicklungssysteme orientieren sich klar an den Bedürfnissen, den Herausforderungen und den Möglichkeiten der Organisation (Leibowitz, Z.B., 1986, S. 197). Die Merkmale und Methoden eines solchen Systems sind nach Paulsen und Kauffeld (2019) vergleichbar mit einem Begabtenförderungsprogramm. Übertragen auf Organisationen bedeutet dies, dass sich in einem ersten Schritt auf die Identifizierung der Potentialträger fokussiert werden muss mittels einer Potenzialanalyse. Im nächsten Schritt werden passende Workshops, Coachings oder Traineeprogramme angeboten und parallel dazu die Heranführung an anspruchsvolle Aufgaben im Unternehmen eingeleitet, für welche es auch ein offenes und strukturiertes Mentoringprogramm gibt. Unterstützend wird das Networking im angestrebten Bereich angeboten. Bei erfolgreicher Absolvierung der Entwicklungsmaßnahme steht der berufliche Aufstieg in Aussicht (Paulsen, H.F.K., Kauffeld, S. 2019, S. 273).

Ein transparentes, faires und gut durchdachtes Karriere- und Kompetenzentwicklungssystem in einem Unternehmen zu etablieren, ist eine Grundvoraussetzung für zielgerichtete und zielführende  sowie faire und angemessene Personalentwicklungsmaßnahmen. Ziel eines solchen Systems muss die Beschreibung und Gestaltung der Bedingungen für die berufliche Weiterentwicklung sein (Paulsen, H.F.K., Kauffeld, S. 2019, S. 272).

Learning Management Systeme

Learning Management Systeme sind web-basierte Lernsysteme, die üblicherweise im schulischen und  universitären Zusammenhang ergänzend zur Wissensvermittlung genutzt werden. Sie enthalten Lerninhalte, u.a. als Textdatei, Vokabel- und Grammatiktrainer, Video oder Audio aber auch Aufgabenstellungen und Tests. Sie sind zu jederzeit und auf jedem technischen Endgerät verfügbar und ermöglichen ein selbstorganisiertes Lernen (eigene Definition).

Beispiele für Learning Management Systeme in der Personalentwicklung:

Haufe Akademie

Das LMS der Haufe Akademie bietet die Individualisierbarkeit der innerbetrieblichen Weiterbildungen, bietet integrierte Lernangebote, sowie die Integration eigener oder externer Lernangebote, die zu jeder Zeit abrufbar sind. Des Weiteren bietet es die terminliche Verwaltung von Präsenzveranstaltungen und die Dokumentation der Lernfortschritte in einem Cockpit (haufe-akademie.de).

Rexx Seminarmanagement und e-Learning

Die Personalverwaltungssoftware Rexx verfügt über ein Seminarmanagement, bei welchem verschiedene e-learnings integriert und deren erfolgreiches absolvieren auch kontrolliert werden können. Des Weiteren können Zertifikate für erfolgreich bestandene Maßnahmen im System übergeben und abgebildet werden (https://www.rexx-systems.com/e-learning/). Videos und Dokumentationen können aktuell noch nicht integriert werden (https://www.capterra.com.de/compare/150446/126552/cornerstone-lms/vs/rexx-systems).

Workademy

Die Lernplattform von Workademy bietet die Möglichkeit alle Weiterbildungsformate selbst anzulegen, Wissen der Teammitglieder zu teilen und zu behalten, zu schulen und eine Fortschritts- und Erfolgskontrolle durchzuführen. Sie ist integrierbar in die Personalmanagementsoftware Personio (www.theworkademy.com/).

Teamorientierte Lernmethoden

Lernmethoden, die als Team praktiziert werden können, finden auch Anwendung in der Personalentwicklung. Folgend sollen einige davon kurz angerissen werden (nach Schüller, A. 2023):

  • Micro Learning: kurze Lerneinheiten, die in ca. 5min durchgearbeitet werden können.
  • Lunch & Lern: Mittagessen mit Kolleg:innen, bei welchem zu einem vorher besprochenen Thema in einem knappen Zeitrahmen (gesamt 20min) Wissen vermittelt und ausgetauscht wird.
  • Interne TED Talks: regelmäßige Impulsvorträge von Mitarbeitenden zu firmeninternen Themen und Innovationen.
  • Jung coacht alt: junge Mitarbeitende coachen ältere in Themen, die junge besser können (oft digitale Anwendungen).
  • Smart Learning: mittels Virtual Reality und Augmented Reality.
  • Mitarbeitenden schulen Mitarbeitende: Ziel ist es spezifisches Fachwissen zu teilen und alle auf einen gleichen Stand zu bringen.

Fazit – Personalentwicklung möglichst niedrigschwellig und breitgefächert anbieten

In diesem Artikel wurde die Personalentwicklung mit ihren Ansätzen und Methoden in den Fokus genommen. Wichtige Erkenntnis ist, dass Wissensvermittlung und Kompetenzentwicklung wichtig sind für Unternehmen wie Mitarbeitende und dass ein an das Unternehmen angepassten Karriere- und Kompetenzentwicklungssystem eine gute Grundlage für Personalentwicklung darstellt. Eine weitere Erkenntnis ist, dass sich das Wissens- und Kompetenzvermittlungsangebot an die individuellen Bedarfe entsprechend der Berufszyklusphasen anpassen können muss. Die zahlreichen Methoden und Möglichkeiten der Wissensvermittlung und Kompetenzentwicklung müssen je nach Situation angewendet werden, möglichst vielfältig und leicht zugänglich sein.

 

Literatur

Capterra.com (2023), Zugriff am 13.06.23 über https://www.capterra.com.de/compare/150446/126552/cornerstone-lms/vs/rexx-systems

Codekonzept.com Zugriff am 16.06.23 über https://www.kodekonzept.com/loesungen/personalentwicklung/

Ernest&Young (2022), EY Studie, Karrierewege Millenials 2022, Zugriff am 12.06.23 über https://assets.ey.com/content/dam/ey-sites/ey-com/de_de/news/2022/05/ey-karrierewege-millennials-2022.pdf

Heyse, V./Erpenbeck, J. (2009), Kompetenztraining. 64 Informations- und Trainingsprogramme, Schäffer-Poeschel Verlag.Stuttgart.

Heyse, V., Ortman, S., (2008), Talentmanagement in der Praxis. Waxmann: Münster

Lorenz, M., Rohrschneider, U. (2022).Praxishandbuch Mitarbeiterführung.5.Auflage.Haufe Group.Freiburg.

Nissen, R. (2021). Definition Personalentwicklung in Wirtschaftslexikon Gabler. Zugriff am 15.06.23 über: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/personalentwicklung-52604/version-384860

Paulsen,H.F.K., Kauffeld,S. 2019, Kompetenzmanagement in Organisationen: Ein Beitrag zur Laufbahnentwicklung,

Rexx-Systems.com (2023) Zugriff am 13.06.23 über https://www.rexx-systems.com/e-learning/

Schüller, A. (2023) Zugriff am 13.06.23 über https://blog.anneschueller.de/future-learning-selbstgesteuertes-lernen-ist-fortan-ein-muss/):

Workademy.com (2023) Zugriff am 13.06.2023 über www.theworkademy.com/

Foto von Tim Mossholder auf Unsplash

Teile diesen Artikel