In einer Zeit, in der Werbung oft als Hintergrundrauschen vernommen wird, schaffen es Influencer, mit nur einem Post die Aufmerksamkeit von Millionen zu fesseln. In den letzten Jahren hat sich dabei ein bedeutender Trend herauskristallisiert: das Influencer-Marketing. Dieser Ansatz nutzt Personen mit großer Reichweite auf sozialen Medienplattformen, um Produkte und Dienstleistungen zu bewerben. Doch was macht Influencer-Marketing so erfolgreich?
Aufmerksamkeit als Währung
Influencer (engl. to influence = beeinflussen) sind in den sozialen Netzwerken auftretende Personen, die mit ihren meist hochfrequenten Beiträgen eine hohe Reichweite erzielen. Fans folgen Influencern durch Abonnements, unterstützen sie mit „Gefällt mir“-Klicks und nutzen ihre Kanäle als Plattformen zum Austausch. Influencer werden von ihren Followern oft idealisiert und mit positiven Eigenschaften wie Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Authentizität assoziiert. Nach den Empfehlungen von Freunden und Produktrezensionen zählen Influencerempfehlungen zu den glaubwürdigsten Quellen für Produktinformationen. Mit dem Ausbau der sozialen Medien hat auch das Einsatzpotenzial von Influencern erheblich zugenommen (Deges, 2018, S. 13-17). Influencer-Marketing beschreibt in diesem Kontext die gezielte Kommerzialisierung der Reichweite und des Einflusses dieser Personen für die Markenkommunikation (Lammenett, 2024, S. 136).
Die Investitionen in Influencer-Marketing steigen kontinuierlich. Bis 2028 sollen die globalen Werbeetats von 32,54 Milliarden Euro (2024) auf 52,74 Milliarden Euro anwachsen, was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von etwa 10,14 Prozent entspricht (Statista, 2024). Die Honorare der Influencer variieren dabei stark und hängen von Faktoren wie Followeranzahl, Zielgruppenübereinstimmung und Engagement-Rate ab (Lammenett, 2024, S. 141).
Die Psychologie des Einflusses: Vom Like zur Loyalität
Der Kern des Influencer-Marketings liegt in der sozialen Beeinflussung, einem psychologischen Phänomen, bei dem Menschen ihr Verhalten und ihre Meinungen an andere anpassen, die sie als vertrauenswürdig oder kompetent wahrnehmen (Nirschl & Steinberg, 2018, S. 5-6). Ein authentischer Lebensstil und persönliche Einblicke schaffen dabei eine emotionale Bindung, die das Vertrauen und die Bereitschaft zur Nachahmung stärken.
Cialdini postuliert sechs Prinzipien erfolgreicher Beeinflussung (Cialdini, 2017):
- Gefallen: Menschen folgen gerne Personen, die ihnen sympathisch erscheinen. Social-Media-Ikonen nutzen diesen Sympathiefaktor gezielt durch Botschaften wie „Ihr seid die Besten“, um eine Atmosphäre der Vertrautheit und Nähe zu kultivieren.
- Reziprozität: Persönliche Interaktionen wie Antworten auf Kommentare schaffen Nähe und verstärken den Impuls, Freundlichkeiten zu erwidern, etwa durch den Kauf beworbener Produkte.
- Beständigkeit: Menschen möchten in ihrem Verhalten konsistent erscheinen und halten sich eher an vorher getroffene Entscheidungen. Wenn Influencer ihre Follower dazu auffordern, Interesse an einem Event oder einer Marke zu bekunden, steigert diese wahrgenommene Verpflichtung die Wahrscheinlichkeit einer späteren Handlung erheblich.
- Knappheit: Begriffe wie „limitierte Auflage“, „nur für kurze Zeit verfügbar“ oder exklusive Insider-Informationen, die Influencer ihren Followern bieten, erhöhen den Einfluss und damit die Kaufbereitschaft.
- Konsens: Die Überzeugungskraft durch soziale Bestätigung wird besonders bei unsicheren Menschen verstärkt. Wenn ein Influencer eine Marke lobt und sich damit präsentiert, kann das bspw. bei jungen Menschen einen starken Kaufimpuls auslösen.
- Autorität: Fachliche Expertise und ein überzeugendes Auftreten sind besonders ansprechend, wenn Zuschauende sich unsicher fühlen und den Experten als unparteiisch wahrnehmen (Kilian & Kreutzer, 2022, S. 246-248).
Die Rolle der sozialen Medien
Die sozialen Medien sind der zentrale Ort, an dem die Prinzipien der Beeinflussung ihre volle Wirkung entfalten können. Soziale Plattformen wie Instagram, YouTube und TikTok sind die Basis des Influencer-Marketings. Sie ermöglichen Influencern, durch visuelle Inhalte und Interaktionen ihre Reichweite zu erhöhen. Algorithmen sorgen dafür, dass Inhalte zielgruppengerecht ausgespielt werden, was die Sichtbarkeit steigert. Zudem fördern Netzwerkstrukturen virale Effekte: Erfolgreiche Kampagnen können Markenbekanntheit exponentiell erhöhen, wenn Inhalte geteilt werden.
Die Effektivität von Influencer-Marketing-Kampagnen lässt sich durch verschiedene Metriken messen, darunter Reichweite, Engagement-Rate und Konversionsrate. Die Reichweite gibt an, wie viele Personen durch die Kampagne erreicht wurden. Die Engagement-Rate gibt wiederum Aufschluss darüber, wie aktiv das Publikum auf die Inhalte reagiert (z.B. durch Likes, Kommentare, Shares). Die Konversionsrate zeigt, wie viele Personen aufgrund der Influencer-Empfehlung eine bestimmte Handlung, wie den Kauf eines Produkts, durchgeführt haben (Deges, 2018, S. 122). Moderne Analysetools und personalisierte Links ermöglichen eine präzise Erfolgskontrolle. Diese Daten helfen Marken, ihre Zielgruppen besser zu verstehen und Kampagnen zu optimieren.
Schein oder Sein? Ethische Grenzen im Spiel mit der Beeinflussung
Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen und ethische Bedenken im Influencer-Marketing. Ein großes Problem ist die Authentizität: Nicht alle Influencer sind transparent, wenn es um bezahlte Kooperationen geht, was zu einem Vertrauensverlust führen kann. Die Regulierung dieser Praktiken, einschließlich der Offenlegungspflichten, ist daher ein wichtiger Aspekt, um die Integrität des Influencer-Marketings zu gewährleisten. Hinzu kommt, dass sich nach Schätzungen von Media-Part jeder zehnte deutsche Influencer Follower und Likes dazukauft (Kilian & Kreutzer, 2022, S. 245).
Ein weiteres ethisches Thema betrifft den Einfluss auf jüngere Zielgruppen. Kinder und Jugendliche sind besonders anfällig für Beeinflussung und Werbung durch Influencer. Dies kann bei dieser Gruppe zu einem unreflektierten Konsumverhalten führen (Deges, 2018, S. 11). Vor diesem Hintergrund ist zu beachten, dass Influencer und Marken verantwortungsvoll mit ihrer Reichweite umgehen und Inhalte produzieren, die nicht nur informativ, sondern auch ethisch vertretbar sind.
Fazit
Influencer-Marketing hat sich als eine der effektivsten Strategien im digitalen Marketing etabliert. Influencer schlagen dabei die Brücke zwischen Unternehmen und Verbrauchern. Durch die Verbindung von Reichweite, psychologischen Effekten und moderner Technologie können Marken eine direkte Verbindung zu ihrer Zielgruppe herstellen. Richtig eingesetzt ist es ein Plädoyer für Authentizität, Nähe und Vertrauen in der digitalen Welt. Wie bei jeder Marketingstrategie ist jedoch ein bewusster und ethischer Umgang entscheidend, um langfristigen Erfolg zu gewährleisten, das Vertrauen der Konsumenten zu bewahren und letztlich das Reichweitenpotenzial effektiv zu nutzen.
Literaturverzeichnis
Cialdini, R. B. (2017). Die Psychologie des Überzeugens. Bern: Hogrefe .
Deges, F. (2018). Quick Guide Influencer Marketing. Wiesbaden: Springer Gabler.
Kilian, K., & Kreutzer, R. T. (2022). Digitale Markenführung – Digital Branding in Zeiten divergierender Märkte. Wiesbaden: Springer Gabler.
Lammenett, E. (2024). Praxiswissen Online-Marketing. Wiesbaden: Springer-Verlag.
Nirschl, M., & Steinberg, L. (2018). Einstieg in das Influencer Marketing. Wiesbaden: Springer Gabler.
Titelbildquelle
Kampus Production. (15. April 2021). Frau mit Smartphone. Abgerufen am 15. Januar 2025 von Pexels: https://www.pexels.com/de-de/foto/fashion-mode-frau-smartphone-7514845/
Nutzungsbedingungen unter: https://www.pexels.com/de-DE/lizenz/