By Published On: 12. September 2022Categories: Psychologie, Wirtschaft

Wir werden im beruflichen Alltag vor verschiedenste Herausforderungen gestellt. Diese Herausforderungen variieren je nach Berufsgruppe und sind facettenreich. Während ein Pilot die Verantwortung trägt, seine Passagiere sicher von A nach B zu fliegen, müssen Pflegende in Notfallsituationen innert kürzester Zeit richtig handeln. Musiker und Künstler sind gefordert, am Tag ihres Auftrittes zu performen. Ein Koch wiederum kocht zur Mittagszeit vier verschiedene Gerichte gleichzeitig. So facettenreich die Berufe sind, haben sie alle etwas gemeinsam: man muss funktionieren. Mentale Stärke ist dabei von hohem Wert und unterstützt, um Ruhe zu bewahren und zu liefern.

Der Begriff der mentalen Stärke stammt aus dem Sport. Ein mental starker Sportler ist dazu fähig, im entscheidenden Moment die bestmögliche Leistung abzurufen. Dies, unter den gegebenen Bedingungen, unabhängig von äusserlichen Widrigkeiten oder externen Hindernissen. (Czerner, 2019, S. 36) Demnach ist mentale Stärke in verschiedenen Situationen der Schlüssel zum Erfolg und lässt sich auch in die Arbeitswelt übertragen. Empirische Ergebnisse zeigen, dass sich das Konstrukt mentale Stärke aus sechs hoch miteinander korrelierenden Facetten zusammensetzt: Selbstwirksamkeitserwartung, Optimismus, Resilienz, Selbstvertrauen, Hoffnung und Emotionskontrolle. Die Selbstwirksamkeitserwartung umschreibt die optimistische Selbstüberzeugung neue oder schwierige Herausforderungen dank der eigenen Kompetenzen bewältigen zu können. Sie wirkt sich also auf die Handlungsbereitschaft einer Person aus und beeinflusst ihre Zielverfolgung entscheidend. Dadurch unterstützt sie positives Denken, Handeln und Fühlen und trägt somit zum Wohlbefinden bei. Optimismus steht für eine zuversichtliche Erwartungshaltung gegenüber Entwicklungen und Ereignissen. Dies sorgt dafür, dass Optimisten sich oft gesunder verhalten. In einer Studie zum postoperativen Genesungsprozess von Männern wurde ersichtlich, dass optimistisch denkende Patienten bereits während der Operation günstigere physiologische Messwerte vorwiesen und auch eine schnellere Genesung erfahren. Demnach korreliert Optimismus sowohl mit dem subjektiven Wohlbefinden als auch mit der objektiven Gesundheit. Resilienz steht für die Fähigkeit in belastenden Situationen und Lebensphasen standhaft zu bleiben und trotz Widrigkeiten sich weiterzuentwickeln. Resiliente Personen verfügen also über eine mentale Widerstandskraft, die einen erfolgreichen Umgang mit belastenden Lebensphasen und den negativen Folgen von Stress unterstützen. (Braun, 2019, S. 10-13) Resilienz ist nicht angeboren, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal, dass durch Person-Umwelt-Interaktionen im Laufe der Entwicklungen erworben wird. Es wird angenommen, dass Resilienz ein variables und multidimensionales Konstrukt ist. Folglich kann sie zu verschiedener Zeit und Situation anders ausfallen und lässt sich nicht automatisch auf alle Lebensbereiche übertragen. (Nimz, 2016, S. 57) Eine weitere wichtige Facette der mentalen Stärke ist das Selbstvertrauen. Selbstvertrauen ist das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sowie das Machtgefühl, Schwierigkeiten mit diesen zu bewältigen. Auch die Hoffnung ist eine für mentale Stärke wichtige Facette. Hoffnung ist ein zukunftsgerichteter positiver und motivierter Zustand, der auf zielgerichteter Energie und Handlungen basiert. (Braun, 2019, S. 15) Die Art und Weise wie eine Person ihre eigenen Emotionen erlebt, verarbeitet und ausdrückt, wird Emotionsregulation genannt. Der Prozess der Emotionsregulierung kann sowohl automatisch als auch willentlich gesteuert ablaufen. Die Emotionsregulierung kann durch Lernprozesse und psychologische Interventionen gelernt und zunehmend automatisiert werden. (Schüler, Wegner & Plessner, 2020, S. 250-251) Eine effektive Emotionsregulation ist insofern wichtig, da kontrollierte und in die richtige Richtung gelenkte Gedanken und Emotionen die erfolgreiche Bewältigung von schwierigen Situationen erleichtern. (Müllner & Müllner, 2020, S. 180)

Die mentale Stärke unterstützt einen nicht nur unter den gerade gegebenen Bedingungen bestmöglich zu performen, sondern beeinflusst auch indirekt das eigene Wohlbefinden. Denn das eigene Wohlbefinden hängt stark von der Arbeit ab. Einerseits kann die Arbeit sinnstiftend wirken, andererseits kann sie physische und psychische Erkrankungen bedingen. (Braun, 2020, S. 222) Bei herausfordernder Arbeitssituationen wird Stress ausgelöst. Personen mit ausgeprägter mentaler Stärke schätzen ihre Kontrollmöglichkeiten die Anforderung durch ihre eigenen Ressourcen zu bewältigen als grösser ein und verhindern so eine weitere Stressreaktion. In Personen mit weniger ausgeprägter oder gar fehlender mentalen Stärke lösen sich hingegen ungünstige Gefühle aus, welche wiederum die Stressreaktion verstärkt. Hält diese über längere Zeit an, besteht die Gefahr in ein Burnout zu laufen. (Linde, 2015, S. 5)

Mentale Stärke ist also nicht nur ein facettenreiches Konstrukt, das dabei hilft, zu gegebenem Zeitpunkt klar zu funktionieren; sondern auch ein für die psychische Gesundheit unterstützend wirkendes Konstrukt, besonders in belastenden Situationen. Mentale Stärke kann erlernt und aufrechterhalten werden. Hierfür ist die Auseinandersetzung mit sich selbst sowie der Wille zur Einsicht und der Offenheit gegenüber unbequemen Antworten die Basis. (Müllner & Müllner, 2020, S. 180) Steht diese Basis, kann die mentale Stärke vertieft trainiert werden. Dabei wird versucht seine Gedanken und Gefühle selbst positiv zu beeinflussen und zu erkennen, was beeinflusst werden kann und was nicht – und sich dann schliesslich auf das Beeinflussbare fokussiert. (Kraaz, 2021, S. 43)

Literaturverzeichnis

Czerner, M. (2019). Alles Kopfsache (2. Auflage). Göttingen: Business Village.

Braun, O. (2019). Selbstmanagement und Mentale Stärke im Arbeitsleben – Training und Evaluation. Berlin Heidelberg: Springer.

Braun, O. (2020). Positive Psychologie, Kompetenzförderung und Mentale Stärke – Gesundheit, Motivation und Leistung fördern. Berlin Heidelberg: Springer.

Kraaz, C. (2021). Nachhaltig leistungsfähig bleiben – Praxis-Tipps für den Business Marathon. Berlin Heidelberg: Springer.

Linde, D. (2015). Burnout vermeiden – Berufsfreude gewinnen. Praxisleitfaden zum Restart für Lehrer und pädagogische Fachkräfte. Berlin Heidelberg: Springer.

Müllner, M. & Müllner, C. (2020). Emotional intelligent führen – authentisch, motivierend, wirksam (2. Auflage). Wiesbaden: Springer Gabler.

Nimz, G. (2016). Scheitern im Spitzensport. In: Kunert, S. (2016). Failure Management – Ursachen und Folgen des Scheiterns. Berlin Heidelberg: Springer.

Schüler, J., Wegner, M. & Plessner, H. (2020). Sportpsychologie – Grundlagen und Anwendung. Berlin Heidelberg: Springer.

Bildquelle

Fizkes, 1302585175, https://www.shutterstock.com/de/image-photo/calm-female-executive-meditating-taking-break-1302585175

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