By Published On: 19. Dezember 2023Categories: Gesundheit, Psychologie

Die Wechselwirkung zwischen Emotionen und Essverhalten repräsentiert ein hochinte­ressantes Forschungsfeld, das in der jüngsten Vergangenheit erhebliche wissenschaft­liche Aufmerksamkeit erfahren hat. Umfangreiche empirische Evidenz hat gezeigt, dass sowohl Stress als auch negative emotionale Zustände einen signifikanten Einfluss auf individuelles Essverhalten ausü­ben können. Dennoch wirft sich bei der Analyse dieser Thematik eine entscheidende Frage auf: In welchen spezifischen Kontexten und unter welchen Bedingungen manifes­tiert sich die Steigerung des Essverhaltens aufgrund von negativen Emotionen, und wann wird dieses Verhalten unterdrückt?


Der Einfluss von Emotionen auf das Essverhalten

Untersuchungen zeigen, dass emotionale Aktivierung oft Veränderungen im Essverhal­ten hervorruft. Dabei ist zu beachten, dass emotionsbedingte Veränderungen im Essver­halten von den spezifischen Emotionen und den individuellen Essgewohnheiten abhän­gen. In Anbetracht dessen, wie Emotionen das Essverhalten beeinflussen, müssen so­wohl die Merkmale der Emotionen als auch die individuellen Merkmale der Personen, insbesondere ihre Essgewohnheiten, einbezogen werden (Macht, 2005, S. 304).

Begriffsbestimmung von emotionalem Essen

Emotionales Essen bezeichnet das Verhalten, in Reaktion auf negative Emotionen über­mäßige Nahrungsaufnahme zu praktizieren (Frayn, Knäuper, 2018, S. 924). Bei speziellen Untersuchungsansätzen werden auch positive Emotionen in Betracht gezo­gen und als Teil des emotionalen Essens erfasst (Geliebter, Aversa, 2003, S. 341).

Im Wesentlichen basiert die Theorie des emotionalen Verhaltens auf zwei Grundannah­men:

1. Negative Emotionen verstärken das Essverhalten.

2. Das Essverhalten reduziert negative Emotionen.

Obwohl die erste Annahme bereits ausgiebig in empirischen Studien untersucht wurde, bleibt die Frage, wie genau das Essverhalten tatsächlich dazu beiträgt, negative Emoti­onen zu reduzieren, noch größtenteils unbeantwortet (Macht, 2005, S. 305–306).

Emotionales Essen und seine Auswirkungen auf Gewicht und Psyche

Untersuchungen belegen, dass im Laufe der Zeit eine Korrelation zwischen emotionalem Essverhalten und einer Erhöhung des Körpergewichts sowie Herausforderungen bei der Gewichtsreduktion und deren Aufrechterhaltung existiert.

Emotionales Essen stellt ein häufig auftretendes Problem für Menschen dar, die mit Ge­wichtsproblemen konfrontiert sind. Schätzungen zufolge sind 60 % oder mehr der Men­schen mit Übergewicht oder Fettleibigkeit auch als Personen mit emotionalem Essmus­ter zu klassifizieren. Diese Personen neigen dazu, als Reaktion auf negative Gefühle Nahrungsmittel mit hohem Fett-, Zucker- und Kaloriengehalt vermehrt zu verzehren. Die Kombination dieser Nahrungspräferenzen und eines gesteigerten Körpergewichts erhö­hen die Anfälligkeit emotionaler Esser für die Entstehung von Diabetes und Herzkrank­heiten (Frayn, Knäuper, 2018, S. 924).

Des Weiteren hat emotionales Essen einen erheblichen Einfluss auf psychische Ge­sundheitsprobleme, insbesondere in Bezug auf das Körperbild und damit verbundene Schwierigkeiten im Bereich des Essverhaltens (Duarte, Pinto-Gouveia, 2015, S. 501).

Behandlungsmöglichkeiten für emotionales Essen

Die „Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT)“ hilft Betroffenen dabei, eigene Emotionen zu erkennen und zu akzeptieren, da eine effektive Emotionsregulierung von dieser Ak­zeptanz abhängt. Zudem legt die DBT Wert auf Achtsamkeit, die das bewusste und vor­urteilsfreie Leben in der Gegenwart fördert. Ebenfalls von Bedeutung ist die Stresstole­ranz, die die Fähigkeit zur Bewältigung von Krisen ohne Verschlimmerung der Probleme betont. Ein weiterer Kernaspekt der DBT besteht in der Erleichterung des Identifizierens und des Ausdrucks persönlicher Bedürfnisse sowie in der Steigerung der Qualität zwi­schenmenschlicher Beziehungen.

Die „Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT)“ zielt darauf ab, Individuen dabei zu unterstützen, rigide Verhaltensmuster und Denkweisen zu überwinden. Im Kontext von ACT wird den Betroffenen vermittelt, dass negative Emotionen nicht unterdrückt werden dürfen, während gleichzeitig die Verfolgung persönlich bedeutungsvoller Ziele priorisiert wird. Es wird betont, dass eine Vielzahl an unerfreulichen Erlebnissen, einschließlich Gedanken und Gefühle, nicht kontrollierbar sind. Dennoch besteht die Möglichkeit, sich auf Verhaltensweisen zu stützen, die den persönlichen Werten und Überzeugungen ent­sprechen.

Die „Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie (MBCT)“ konzentriert sich auf die acht­samkeitsbasierte Stressbewältigung. Das Ziel ist, sich von anhaltenden und belastenden Gedanken zu lösen. Durch die Anwendung einer achtsamen Herangehensweise können Gefühle besser toleriert werden, wodurch der Zyklus von Stress und verzerrtem Denken durchbrochen werden kann (Taitz, 2015, S. 16–19).

Fazit und Ausblick

Emotionales Essen, meistens ausgelöst durch Stress und negative Emotionen, dient oft der Gefühlsregulation. Dieses Verhalten hat nachweisbare negative Auswirkungen auf Gewicht und psychische Gesundheit. Die Anwendung von therapeutischen Maßnahmen wie DBT, ACT und MBCT kann bei der Bewältigung helfen. Die Erforschung der Psycho­logie des emotionalen Essens trägt dazu bei, die Gesundheitsrisiken zu minimieren.

Es ist von Bedeutung, die Thematik des emotionalen Essens aufgrund seiner nachteili­gen Folgen für das Gewicht und die generelle Gesundheit genauer zu erforschen. Bisher wurde die Einbeziehung der Behandlung von emotionalem Essen in Gewichtsabnahme-Programme nur in wenigen Untersuchungen in Erwägung gezogen.

Wichtig ist, dass Therapien entwickelt werden, die die Gewichtsreduktion bei Personen, die unter emotionalem Essen leiden, effektiver gestalten (Frayn, Knäuper, 2018, S. 924).

Bildverzeichnis

Titelbild: Von Szabo Viktor auf https://unsplash.com/de/fotos/person-die-burger-halt-oDBmduFQDn4

Litertaturverzeichnis

Duarte, C., Pinto-Gouveia, J. (2015). Returning to emotional eating: the emotional eating scale psychometric properties and associations with body image flexibility and binge eating. Eating and Weight Disorders – Studies on Anorexia, Bulimia and Obesity, 20(4), 497–504.

Frayn, M., Knäuper, B. (2018). Emotional Eating and Weight in Adults: a Review. Current Psychology, 37(4), 924–933.

Geliebter, A., Aversa, A. (2003). Emotional eating in overweight, normal weight, and underweight individuals. Eating Behaviors, 3(4), 341–347.

Macht, M. (2005). Essen und Emotion. Ernährungs-Umschau, 52(8), 304–308.Taitz, J. L. (2015).Wenn Essen nicht satt macht. Emotionales Essverhalten erkennen und überwinden (2. Aufl.). Köln: BALANCE buch + medien verlag.

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