By Published On: 5. Februar 2024Categories: Gesundheit

In den letzten Monaten sind mir wiederholt Berichte über fermentierte Lebensmittel begegnet – in Zeitschriften und  Zeitungen,  Radiosendungen und Podcasts. Hier wird berichtet, was unser aller Großeltern auch schon wussten: Durch Fermentation, ein Gärungsprozess, lassen sich Lebensmittel haltbar machen. Joghurt, Käse, Wein und Brot beispielsweise können hergestellt und Gemüse wie Weißkohl oder Gurken eingelegt werden. Die Notwendigkeit, unsere Lebensmittel vor dem Verderben schützen zu müssen, wird uns heutzutage durch die Lebensmittelindustrie und geräumige Kühlschränke weitgehend abgenommen. Woher kommt nun also das wiedererwachende Interesse an der Fermentation?

Neben der Ansicht, dass Lebensmittel selber herzustellen Freude bereitet, ist eine weitere Antwort darauf: Fermentierte Produkte, genauer solche, die durch Milchsäurebakterien haltbar gemacht werden, haben gesundheitsfördernde Eigenschaften. Sie sind probiotisch – was das genau bedeutet und weshalb sie die Gesundheit fördern, wird im Folgenden erläutert. Doch zunächst zum Begriff selbst:

Was ist Fermentation?

Jeder Prozess, bei dem durch die Enzymaktivität bestimmter Mikroorganismen Lebensmittel haltbarer gemacht werden, wird als Fermentation bezeichnet (1). Es können entweder bereits in der Nahrung vorhandene Enzyme (Fermente) für die Fermentation genutzt werden oder gezielt bestimmte Stämme von Bakterien, Hefen oder auch Schimmelpilzen zugeführt werden. Daraus ergibt sich, dass verschiedene Arten von Fermentations- bzw. Gärungsprozessen unterschieden werden.

Bei der sogenannten Milchsäuregärung werden die im Lebensmittel enthaltene Kohlenhydrate (Zucker) von Bakterien zu Milchsäure umgewandelt, wodurch z.B. aus Milch Joghurt oder Käse entsteht. Auch Gemüse kann auf diese Weise fermentiert werden und so aus Weißkohl Sauerkraut machen. Durch die während der Gärung gebildete Milchsäure wird der pH des Lebensmittels gesenkt, was den typisch säuerlichen Geschmack entstehen lässt und zugleich die Haltbarkeit erhöht. Darüber hinaus kommt es durch die mikrobielle Umgestaltung des Lebensmittels auch zu aromatischen und/oder strukturellen Veränderungen, was sich beispielsweise in einem milderen Geschmack oder einer anderen Konsistenz zeigt. Es kann zudem zu einer Anreicherung mit Vitaminen kommen (1)(2).

Eine weitere Art der Fermentation ist die alkoholische Gärung, bei der z.B. Wein oder Bier unter dem Einsatz von Hefen produziert werden. Auch die Brotherstellung mit Hilfe von Sauerteig oder Bäckerhefe ist ein Fermentationsprozess. Sogar Schimmelpilze werden zur Fermentation von Lebensmitteln eingesetzt, wie z. B. bei der Herstellung von Soyasauce, wo der Pilz Aspergillus verwendet wird (3).

Ein kleiner Exkurs in die Geschichte der Fermentation

Bereits vor 14.000 Jahren haben die Menschen ihre Lebensmittel mit Hilfe von Gärungsprozessen konserviert. Sowohl pflanzliche als auch tierische Produkte von Milch bis Fleisch wurden auf diese Weise aufbewahrt und auch für den Transport handhabbarer gemacht. Aber nicht nur diese Aspekte boten Vorteile – besonders im Winter waren die fermentierten Lebensmittel eine wichtige Vitaminquelle. Seefahrer beobachteten, dass Sauerkraut auf dem Speiseplan die Fälle von Skorbut auf langen Reisen verhindern konnte durch das darin enthaltene Vitamin C. Unter hygienischen Gesichtspunkten hatten zudem fermentierte Getränke wie z. B. Bier eine große Bedeutung (1) (2).

Wie fermentierte Lebensmittel unsere Gesundheit fördern können

Bei den verschiedenen Arten der Lebensmittelfermentation ist ein Unterscheidungsmerkmal, ob im Endprodukt die enthaltenen oder zugeführten Mikroorganismen noch lebendig, also aktiv sind oder im Verlauf des Prozesses inaktiviert wurden. So sind in Produkten wie Joghurt, Käse, Quark, Oliven, Kimchi, Sauerkraut, Miso, fermentiertem Fleisch oder Essig noch lebendige Mikroorganismen vorhanden. Wurde bei der Fermentation z.B. Wärme angewandt wie bei der Herstellung von Brot oder andere Verfahren wie bei bestimmten Sorten von Gemüse, Kaffee, Soyasauce, Wein oder Bier, so sind die Mikroorganismen inaktiviert oder auch entfernt worden (2). Die Fermentation durch Milchsäurebakterien führt dazu, dass die Bakterien im Lebensmittelendprodukt in aktiver Form vorhanden sind.  Das sind in erster Linie Gattungen der Lactobazillen und Bifidobakterien. Diese Bakterien können bei ausreichend aufgenommener Menge in aktiver Form im Darm eine gesundheitsfördernde Wirkung haben – sie werden als probiotisch bezeichnet (3).

Im Folgenden wird nun ein Überblick über die gesundheitsfördernden Eigenschaften gegeben, welche diese probiotischen Lebensmittel haben können:

Milchsäurebakterien haben eine antimikrobielle Wirkung (1). Sie gehören zu der menschlichen  Darmflora und unterstützen die Ausbildung eines sauren Milieus im Darm, sodass pathogenen Keimen die Besiedelung erschwert wird. Manche Stämme produzieren neben Milchsäure auch Essigsäure, kurzkettige Fettsäuren und andere antimikrobielle Substanzen, was zusätzlich die Lebensbedingungen von krankmachenden Bakterien und Viren verschlechtert. Es konnte nachgewiesen werden, dass der regelmäßige Verzehr von probiotischen Lebensmitteln einen positiven Einfluss auf das Entstehen und auf den Verlauf von gastrointestinalen Infektionen hat. Studien zeigen, dass der regelmäßige Konsum von Joghurt zu einer signifikanten Erhöhung der Population von  Lactobazillen im Darm führt (4).

Neben diesem direkten lokalen Effekt im Darm haben Milchsäurebakterien auch eine immunmodulierende Wirkung. Die zur unspezifischen Immunabwehr gehörende Phagozytoseaktivität wird erhöht ebenso wie die Bildung bestimmter Zytokine und Immunglobuline (3). Es gibt Hinweise darauf, dass dieser Aspekt im Zusammenhang mit dem durch Milchsäurebakterien geförderten niedrigen pH im Darmtrakt eine antikanzerogene Wirkung hat, vor allem in Bezug auf die Entstehung des Kolonkarzinoms.

Da Milchsäurebakterien den im Lebensmittel enthaltenen Milchzucker (Lactose) in Säure umwandeln, sind fermentierte Milchprodukte für Menschen mit Lactoseintoleranz oftmals besser verträglich (1). Positive Wirkungen wurden auch auf die Entstehung von atopischer Dermatitis bei Kindern nachgewiesen (4). Weitere Effekte sind die Senkung des Cholesterinspiegels und eine verminderte Neigung zu Übergewicht (5).

Fazit

Einige der vielfältigen, gesundheitsfördernden Wirkungen von Milchsäurebakterien wurden oben beschrieben. Um die Effekte auf unsere Gesundheit zu nutzen und zu erfahren, genügt es, eine ausreichende Menge an probiotischen Lebensmitteln zu verzehren. Da die Nahrungsaufnahme zu den alltäglichen, regelmäßigen Tätigkeiten von uns Menschen gehört, spricht genaugenommen nichts dagegen, den täglichen Speiseplan mit den unterschiedlichen und schmackhaften Varianten von probiotischen Lebensmitteln zu bereichern.

Vielleicht haben Sie Lust bekommen, in diesem Bereich der Ernährung neue Dinge auszuprobieren? Es muss nicht nur Joghurt und Sauerkraut sein – wer neugierig den Blick etwas schweifen lässt in nähere und fernere Länder kann unterschiedliche Lebensmittel entdecken wie Pickles, Oliven oder Salami, Kimchi oder Tempeh und vieles mehr. Auch der Besuch eines Buchladens lohnt sich – es gibt zahlreiche Rezepte, um diese fermentierten Lebensmittel selber herzustellen. Viel Freude, Gesundheit und guten Appetit!

Literaturverzeichnis

1. Von Koerber K, Leitzmann C. Gesundheitsfördernde Substanzen in fermentierten Lebensmitteln. Erfahrungsheilkunde. August 2002;51(8):555–7.

2. Eugster E, Götze F, Heine D, Fachhochschule B. Das Potenzial fermentierter Lebensmittel für eine gesunde und nachhaltige Ernährung. Agrar Schweiz. 2023;

3. Heller KJ. Mikrobiologie der Lebensmittelfermentationen. In: Antranikian G, Herausgeber. Angewandte Mikrobiologie [Internet]. Berlin, Heidelberg: Springer; 2006 [zitiert 7. Dezember 2023]. S. 511–27. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/3-540-29456-2_29

4. Leitzmann C. Substanzen in fermentierten Lebensmitteln. In: Stange R, Leitzmann C, Herausgeber. Ernährung und Fasten als Therapie [Internet]. Berlin, Heidelberg: Springer; 2018 [zitiert 8. Dezember 2023]. S. 101–13. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/978-3-662-54475-4_8

5. Park KY, Jeong JK, Lee YE, Daily JW. Health Benefits of Kimchi (Korean Fermented Vegetables) as a Probiotic Food. J Med Food. Januar 2014;17(1):6–20.

Bildquelle: https://unsplash.com/de/fotos/klarglasglaser-mit-bonbons-TZw891-oMio

Teile diesen Artikel