By Published On: 29. Dezember 2020Categories: Gesundheit, Psychologie

Einleitung

Die Gesundheit ist für die meisten Menschen das höchste Gut. Durch eigene Erfahrungen, Beobachtungen und Erzählungen, sowie Informationen aus den Medien hat jeder eine Vorstellung von Gesundheit. Jedoch fällt es Laien und Experten schwer, eine einheitliche Definition über die Gesundheit bereitzustellen. Am bekanntesten ist jedoch die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO), welche folgendes besagt: „Gesundheit ist der Zustand des vollständigen körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen.“[1] Hierbei wird die Gesundheit als Idealzustand beschrieben, zu dem sich die Menschen nur mehr oder weniger stark annähern können.[2] Was passiert jedoch, wenn die Vorsorge aufhört und die Gesundheit zu einem Zwang wird? Um dieses Thema einzuengen, geht es in diesem Blogbeitrag um die sogenannte Orthorexia nervosa. Hierbei wird erläutert, was die Orthorexia nervosa bedeutet ist wo der Unterschied zwischen Vorsorge und Zwang liegt. Anschließend wird aufgezeigt, ob und wie ein solcher Zwang therapiert werden kann.

Orthorexia nervosa

Bei der Orthorexia nervosa ernähren sich die Betroffenen ausschließlich gesund, bei ihnen geht es weniger um die Quantität des Essens, sondern eher um die Qualität. Es stellt sich nur dann als Störung heraus, wenn diese Person dadurch ihren eigenen Lebensstil aufgibt bzw. wenn dieser beeinträchtigt wird.[3] Es gibt verschiedene Merkmale der Orthorexia nervosa, welche einzeln gesehen jedoch nicht automatisch dazu führen, dass eine Person davon betroffen ist. Dazu gehören die starke Fixierung auf gesunde Ernährung, die Berechnung des Mikronährstoffgehaltes, Genussunfähigkeit, soziale Isolation und eingeschränkte Lebensqualität sowie weitere Merkmale, die auf die Störung hinweisen. Viele Menschen achten auf eine gesunde Ernährung, jedoch nicht jeder davon entwickelt eine Störung.[4] Daher sollte hierbei eine klare Linie zwischen einem fanatischen Verhalten und einer Störung gezogen werden.

Unterschied zwischen Vorsorge und Zwang

Bei der Vorsorge geht es allgemeingesprochen darum, zukünftige, unerwünschte Ereignisse und Beeinträchtigungen zu verhindern, indem die Risiken direkt aufgegriffen werden. Es sollte bereits beim Eintreten des Rehabilitationsbedarfs vorgebeugt werden.[5] Bezüglich der Ernährung leistet gesundes Essen einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit. Gesunde Ernährung ist vor allem für das Gehirn sehr wichtig, da es dadurch mit wichtigen Nährstoffen versorgt und die Leistungsfähigkeit angekurbelt wird. Ein Mangel gesunder Lebensmittel führt zu Krankheiten und beeinträchtigt die Gehirnleistung.[6] Durch eine ausgewogene und gesunde Ernährung werden dementsprechend Krankheiten und andere Defizite verhindert.

Zwänge hingegen gehen mit Störungen einher. Meistens bestehen sie aus Zwangshandlungen und -Gedanken, welche entweder gemeinsam oder einzeln auftreten können.[7] Bezüglich der Ernährung sind die Betroffenen wie oben schon erwähnt gezwungen, sich gesund zu ernähren. Natürlich gibt es noch andere Störungsbilder, welche die Ernährung betreffen, wie Bulimie oder ähnliches. Hierbei liegt der Fokus jedoch auf der Orthorexia nervosa. Diese Störung führt nämlich zu Nährstoffmängeln, medizinische Komplikationen und einer schlechten Lebensqualität.[8] Hierbei ist also zu beobachten, dass sich das übertriebene Achten auf die Gesundheit negativ auswirkt.

Therapiemöglichkeiten

Da für die Orthorexia nervosa bislang keine Therapiemöglichkeit existiert, ist es empfehlenswert die Therapieformen der Ess- bzw. Zwangsstörungen anzuwenden, da diese der Orthorexia nervosa sehr ähnlich sind.[9] Bisher ist die kognitive Verhaltenstherapie mit Expositionstraining und kognitiver Umstrukturierung die erfolgreichste Therapie bei Zwangsstörungen. Der Patient lernt hierbei, dass es sich bei den Zwangsgedanken um normale, alltägliche Gedanken handelt, die nur durch das eigene Überzeugungssystem als bedrohlich bewertet werden. Durch die negative Bewertung entwickelt sich daraus eine Angst und die Häufigkeit wird unbewusst verstärkt.[10] Die Therapieform setzt im Gegensatz zu anderen Therapiearten nicht an die Vergangenheit an, sondern an die Gegenwart. Die momentane Einstellung, die die Patienten haben, sind vor allem durch die Vergangenheit angeeignet worden. Diese negative Einstellung sollte verändert werden und das geschieht nicht, indem der Patient die Vergangenheit erneut durchleben muss. Stattdessen sollten neue Lösungen und Ansichten für die Probleme erarbeitet werden. Dabei werden die blockierenden Einstellungen und Gedanken vom Therapeuten untersucht. Nachdem die Patienten gelernt haben, die blockierenden Einstellungen zu erkennen und zu ignorieren, ist es an der Zeit, eine neue Sichtweise zu üben. Dabei können verschiedene Übungen durchgeführt werden. Dazu gehören Atemtechniken, Selbstsicherheitstraining, Verhaltensübungen und weitere effektive Aufgaben.[11] Bezüglich der gesunden Lebenseinstellung sollte dem Patienten beigebracht werden, wo die Grenzen sind. Falls diese jedoch schon lange überschritten sind, ist es nötig, eine Therapie anzuwenden.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine gesunde Lebenseinstellung etwas Positives ist, da es zu einer guten Lebensqualität führt. Wenn sich diese positive Einstellung jedoch in eine negative umwandelt, da der Betroffene daraus einen Zwang entwickelt, sind sofort Maßnahmen zu ergreifen, um schlimmere Folgen zu verhindern. Es lässt sich also sagen, dass Gesundheitsfanatiker in einem gewissen Rahmen vorsorglich leben. Denn wer eine gesunde Lebensweise hat, der verhindert Krankheiten und andere Defizite. Die Balance zwischen Vorsorge und Zwang sollte nicht aus dem Gleichgewicht geraten, da es sonst alles andere als gesund ist.


[1] Becker (2006). S.14

[2] Becker (2006). S.13-14

[3] Schuster (2017). S.195

[4] Klotter und Depa (2015). S.10, 17

[5] Bredehorst und Twehues (2018). S.434

[6] Yesil (2019). S.84-85

[7] Margraf und Schneider (2009). S.630

[8] Koven und Abry (2015).

[9] Klotter und Depa (2015).

[10] Fritzsche und Wirsching (2020). S.116

[11] Wolf (2020).

Literatur

Becker, Peter (2006): Gesundheit durch Bedürfnisbefriedigung. Göttingen, Bern, Wien, Toronto, Seattle, Oxford, Prag: Hogrefe.

Bredehorst, Maren; Twehues, Markus (2018): Vorsorge und Prävention. In: Rehabilitation. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg (Springer Reference Medizin), S. 433–440.

Fritzsche, Kurt; Wirsching, Michael (2020): Basiswissen Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. 2. Auflage 2020. Berlin: Springer Berlin; Springer.

Klotter, Christoph; Depa (2015): Gesund, gesünder, Orthorexia nervosa: Springer Fachmedien Wiesbaden.

Koven, Nancy S.; Abry, Alexandra W. (2015): The clinical basis of orthorexia nervosa: emerging perspectives. In: Neuropsychiatric Disease and Treatment 11, S. 385–394. DOI: 10.2147/NDT.S61665.

Margraf, Jürgen; Schneider, Silvia (2009): Lehrbuch der Verhaltenstherapie. 3., vollst. überarb. und erw. Aufl. Heidelberg: Springer Medizin Verlag.

Schuster (2017): Pädagogische Psychologie: Springer Berlin Heidelberg.

Yesil, Nevriye Amanda (2019): Knack Dein Gehirn für Deinen Erfolg! 1. Auflage 2019. Berlin: Springer Berlin; Springer.

Internet

Wolf, Doris (2020): Kognitive Verhaltenstherapie und Rational-Emotive-Therapie. https://www.palverlag.de/kognitive-verhaltenstherapie.html (zuletzt abgerufen am 03.12.2020).

Bildquelle:

https://pixabay.com/photos/vegetables-carrot-food-healthy-1085063/

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