By Published On: 23. April 2019Categories: Gesundheit, Psychologie

Jeder hat seine eigene: seine Persönlichkeit. Sie ist ein relativ stabiles Konzept, welches sich aus den einzelnen Eigenschaften eines Menschen zusammensetzt.[1] Das kann Freundlichkeit sein, oder Ehrlichkeit, aber zum Beispiel auch Aggressivität. Ich habe mal einen Persönlichkeitstest gemacht und es kam heraus, dass ich ein sehr großer Optimist bin, der immer das Positive in allem sieht, aber selten mal die Kontrolle abgeben kann. Naja gut, dass war jetzt die Zusammenfassung einer fünf Seiten langen Auswertung, in der ungefähr 30 verschiedene Unterkategorien der „Big Five“ der Persönlichkeit untersucht worden sind, aber diese, fand ich, beschreiben mich am besten.

An dieser Stelle überlege du doch auch einmal, wie du dich am besten beschreiben würdest. Versuche doch einfach mal fünf Eigenschaften aufschreiben, aber sei dabei auch kritisch…könnten auch negative dabei sein?

Sie lassen uns immer wieder in einer bestimmten Weise handeln, also in ähnlichen Situationen auch ähnlich. Beispielsweise wird eine mutige Person sich immer wieder in neue Situationen begeben, während eine ängstliche Person zum Beispiel immer wieder die Straßenseite wechseln wird, wenn ihr jemand entgegenkommt, der ihr unheimlich ist. Klar kann dieser Mensch auch mal mutig sein, es ist jedoch wahrscheinlicher, dass er sich entsprechend seiner Persönlichkeitseigenschaft verhält.

Persönlichkeitseigenschaften haben also einen Einfluss auf unser Verhalten.

Da liegt es doch auch nahe, dass unsere Persönlichkeit auch Einfluss auf unser Gesundheitsverhalten hat. Hannelore Weber und Manja Vollmann sagen, dass sie ein relativ stabiles und konsistentes Erleben und Verhalten beschreiben und, dass die Beständigkeit somit natürlich auch eine Wirkung auf die Gesundheit erwarten lässt.[2] Um diesen Zusammenhang genauer zu beschreiben, werden verschiedene Modelle betrachtet, in denen verschiedene Mechanismen diskutiert werden, mit denen eine gesundheitsförderliche oder gesundheitsgefährdende Wirkung erzeugt werden könnte[3]:

Modell 1:

Die Persönlichkeit geht mit Verhaltensweisen einher, die unmittelbare Folgen für die Gesundheit haben. Das können sowohl negative sein, wie zum Beispiel der Konsum von Alkohol, oder ungeschützter Geschlechtsverkehr, aber auch Positive. Whitemann, Fowkes, Deary & Lee haben so 1997 zum Beispiel festgestellt, dass ein erhöhter Alkohol- und Nikotinkonsum mit Feindseligkeit verbunden ist, Friedman et al. zeigten 1993, dass das Persönlichkeitsmerkmal Gewissenhaftigkeit mit einem gesunden Lebenswandel, weniger Leichtsinn und einer Reduktion von Unfallrisiken zusammenhängt.

Modell 2:

Die Persönlichkeit geht mit Verhaltensweisen einher, die über indirekte Folgen die Gesundheit beeinflussen. Feindseligkeit zum Beispiel verschreckt andere Personen und damit soziale Unterstützung, die wiederum gesundheitsschützend wirken würde. Solch eine Person beeinflusst also indirekt seine Gesundheit negativ.

Modell 3:

Persönlichkeitsmerkmale können die Gesundheit auch über die Selektion von Umwelt beeinflussen. Das Modell besagt, dass Menschen je nach Charaktereigenschaften gefährliche oder ungefährliche Situationen aufsuchen, oder sogar schaffen, da dies ihren Bedürfnissen/Zielen/Fähigkeiten entspricht. Eine Person mit der Eigenschaft Gewissenhaftigkeit wird so eher durch Sorgfalt, Bedacht und Planung ein Umfeld aufbauen oder suchen, welches sich durch eine soziale und berufliche Stabilität auszeichnet. Das hat wiederum positive Folgen für die Gesundheit.

Modell 4:

Auch über das gezeigte Krankheitsverhalten können Persönlichkeitsmerkmale die Gesundheit beeinflussen. Dazu zählt zum Beispiel die Symptomwahrnehmung, das Aufsuchen von ärztlicher Hilfe und Selbstmedikation.

Modell 5:

In diesem Modell wird ein korrelativer Zusammenhang angenommen und davon ausgegangen, dass die gleichen biologischen Ursachen sowohl für die Erkrankung, als auch für die Persönlichkeit verantwortlich sind. So ist der Ausdruck oder Folge Beider, Folge einer gemeinsamen genetischen Prädisposition.

Modell 6:

In diesem Modell werden Persönlichkeitsmerkmale nicht als Ursache einer Erkrankung beschrieben, sondern als Folge. Es wird dabei angenommen, dass bestimmte Prozesse, wie zum Beispiel eine Krebserkrankung, oder ein Herzinfarkt, die Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen bestimmen, sogar bevor sie entdeckt wurden. Es kann aber auch eine bereits vorhandene Krankheit zu Veränderungen in der Persönlichkeit führen: Zum Beispiel der Rückzug aus der Gesellschaft, aufgrund von chronischen Schmerzen.

 

Abbildung 12 Mögliche Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit und Gesundheit, Zusammenfassung (Eigendarstellung)

 

Dies sind 6 theoretische Ansätze, wie Gesundheit und Persönlichkeit zusammenhängen könnten. Bewiesen sind dagegen die förderlichen oder gefährdenden  Auswirkungen bestimmter Merkmale[4]: Diese lassen sich in zwei Gruppen teilen: die Gruppe der kognitiven Merkmale, wie habituelle Erwartungen, Einschätzungen und Überzeugungen, sowie in eine Gruppe, die primär das Erleben und die Regulation von Emotionen beschreibt. Zusammen umfassen sie folgenden Merkmale:

Stressbewältigung, soziale Unterstützung und wahrgenommene soziale Unterstützung, Optimismus, Kontrollüberzeugung, Selbstwirksamkeit, Kohärenzsinn, Neurotizismus, Typ-A-Muster und Emotionsregulation. Eine Studie von J. T. Hupp (2013) mit 5102 Probanden konnte ein 1,9-faches Risiko für einen Herzinfarkt in Verbindung mit „Stress“ und ein 2-fach erhöhtes Risiko für die Entstehung eines Herzinfarkts bei „Neurotizismus“ und „Feindseligkeit“ feststellen.[5] Dabei zeigte der Stressfaktor „Arbeitsbelastung“ die größte Varianz.[6] Im Vergleich verschiedener Studien durch Vögele (2015), bildeten sich Ärger und Feindseligkeit in Verbindung mit einem höheren Erkrankungsrisiko heraus, sowie Gewissenhaftigkeit im Zusammenhang mit einem positiven Gesundheitsverhalten.[7] Weiter zeigten sich Zusammenhänge zwischen starkem Neurotizismus, geringer Gewissenhaftigkeit und niedrig ausgeprägter Extroversion mit Depression.[8]

Habt ihr euch selbst als Optimist eingeschätzt? Oder doch eher als Pessimist? Habt ihr häufig das Gefühl, ihr habt keine Kontrolle über die Situation? Habt ihr euch nach einer langen Krankheitsphase vielleicht doch unbewusst verändert? Oder bringt euch euer Stressverhalten dazu, gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen in Kauf zu nehmen? Kann man da vielleicht etwas gegen machen? Und habt ihr euch mal Gedanken um eure Stressbewältigung gemacht? Wenn nicht, dann solltet ihr das ganz dringend tun, denn ihr solltet euch bewusst sein, dass eure einzelnen Charakterzüge sich auch durch euer Gesundheitsverhalten zieht.

 

[1] Vgl. Kreddig/Karimi, 2013, S.136

[2] Vgl. Vollmann/Weber, 2005, S.437

[3] Vgl. Vollmann/Weber, 2005, S.437; 526-527

[4] Vgl. Vollmann/Weber, 2005, S.438-531

[5] Vgl. Hupp, 2013, S. 113, 147

[6] Vgl. Hupp, 2013, S.147

[7] Vgl. Vögele In: Rief/Henningsen, 2015, S.134, 138

[8] Vgl. Kotov et al., 2010, S.768-821

 

Literaturvezeichnis

Hupp, J. T. (2013). Einfluss von Stress, Persönlichkeitsmerkmalen und Gesundheitsverhalten auf die Entstehung von Herzinfarkt: Ergebnisse aus der Heidelberger-Längsschnittstudie. Fakultät für Verhaltens- und Empirische Kulturwissenschaften der Ruprecht-Karls Universität Heidelberg

Kreddig, N. & Karimi, Z. (2013). Psychologie für Pflege- und Gesundheitsmanagement. Wiesbaden: Springer

Kotov, R. Gamez, W. Schmidt, F. & Watson, D. (2010). Linking „big“personality traits to anxiety, depressive, and substance use disorders: a meta-analysis. Psychol Bulletin; Vol. 136, No. 5, 768-821

Vögele, C. Die Rolle von Persönlichkeitszügen für Gesundheit und Krankheit. In:Rief, W. & Henningen, P. (2015). Psychosomatik und Verhaltensmedizin. Stuttgart: Schattauer

Vollmann, M & Weber, H. Gesundheitspsychologie. In: Schütz, A., Selg, H. & Lautenbacher, S. (2005). Psychologie: eine Einführung in ihre Grundlagen und Anwendungsfelder. 3.Aufl. p.436-532. Stuttgart: Kohlhammer

 

Titelbild

https://pixabay.com/de/photos/yoga-im-freien-frau-pose-jung-2176668/ (Letzter Zugriff: 15.04.2019)

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