By Published On: 23. September 2019Categories: Wiki

Antriebsschwäche, Traurigkeit oder Desinteresse fühlen die meisten Menschen gelegentlich in ihrem Leben – wenn bspw. ein geliebter Mensch stirbt oder eine persönliche Krise zu überwinden ist.
Depression wird in der Gesellschaft als nicht physische Krankheit immer noch schwer akzeptiert. Ratschläge wie „Reiß dich zusammen“ oder „mir geht’s auch nicht immer gut“ sind schnell zur Hand. Depression gehört nach ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, Leitfaden zur Diagnostik und Therapie für die medizinische Versorgung)[1] zu den affektiven Störungen (Veränderungen der Stimmungslage [2]). Sie ist in der Kategorie F32 beschrieben.[3]

Wie erkennt man eine Depression

Nach ICD-10 sind die Hauptsymptome:

  • Depressive Verstimmung
  • Niedergeschlagenheit
  • Desinteresse
  • Antriebslosigkeit und hohe Ermüdbarkeit

zusätzliche Symptome können sein:

  • Konzentrationsstörungen
  • Minderwertigkeitsgefühl
  • schlechte Zukunftsaussichten in Gedanken
  • Schlafstörungen
  • Appetitlosigkeit
  • Suizidgedanken
  • Angstgefühle[4]

Wenn mindestens 2 Anzeichen aus beiden Gruppen zutreffen, sollte man tiefer in die Diagnose gehen. Auch wird die Mindestdauer von 14 Tagen für die Symptomdauer angegeben.[5]
Ebenso undefinierbare, körperliche Beschwerden und Schmerzen, für die keine Ursache gefunden werden, können zu einer Depression gehören. Wichtig ist ein Ausschluss aller organischen Erkrankungen wie z.B. Hirntumore oder Schilddrüsen-Disfunktionen. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto positiver sind die Heilungsaussichten. Eine Depression kann wiederkehrend oder chronisch sein.

Es wird unterschieden zwischen leichter, mittelschwerer und schwerer Depression.

  • Leichte Depression
    Zwei Hauptsymptome und zwei Zusatzsymptome treten auf.
  • Mittelschwere Depression
    Zwei Hauptsymptome und vier Zusatzsymptome treten auf.
  • Schwere Depression
    Drei Hauptsymptome und mindesten fünf Zusatzsymptome treten auf.

Eine leichte oder mittelschwere Depression tritt in Phasen auf.[6]

Ursachen

Die Ursachen für Depression sind vielfältig. Möglich sind

genetische Ursachen: gibt es in der Familie bereits Mitglieder mit Depression oder depressiven Verstimmungen? Besteht eine Verwandtschaft ersten Grades (Mutter oder Vater), dann besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass man auch erkrankt.[7]
Neurobiologische Störungen: Veränderung in der Funktion von Botenstoffen. Die Neurotransmitter Dopamin, Serotonin, Noradrenalin, Acetylcholin sind verantwortlich. Antidepressiva (Medikamente) können die Störungen ausgleichen. Auch Veränderungen in der Aktivität des limbischen Systems (stressregulierendes System), das unter anderem verantwortlich ist für das Empfinden und Verarbeiten von Gefühlen, wirken sich begünstigend aus.[8]
Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörungen: fürsorglicher, ängstlicher Erziehungsstil oder der frühe Verlust eines Elternteils kann die Entwicklung begünstigen. Eine Störung der Mutter-Kind Beziehung und ein mangelndes Selbstwertgefühl oder nicht verarbeitete Traumata (z.B. sexueller Missbrauch) können die Basis für eine spätere Depression sein.[9]
Geringe Toleranz gegenüber Belastungen und geringe Resilienz: Menschen stecken psychisch belastende Ereignisse mehr oder weniger gut weg. Kann man Bewältigungsstrategien abrufen und anwenden (gute Stressbewältigung), ist es eher möglich, die Situation schneller so zu verarbeiten, dass sich keine Krankheitsbilder wie Depression entwickeln.[10]

Weitere Faktoren, die Depressionen begünstigen können sind

  • weibliches Geschlecht
  • Single, ohne Beziehung(en)
  • Drogen- und Alkoholmissbrauch

Je nach Veranlagung braucht die Depression für den Ausbruch einen Auslöser. Beispiele sind belastende Situationen wie Trennung vom Partner, Tod einer nahe stehenden Person, Verlust des Arbeitsplatzes oder Mobbing. Aber auch fortwährender Stress und Konflikte in der Familie, die nicht gelöst werden (z.B. mit externer Hilfe) können zum Auslöser werden. Betrifft die affektive Störung nur die Depression, spricht man von unipolarer Depression.[11] [12]

Bipolare Störung

Wechseln sich die Depressionsphasen mit euphorischen Phasen ab, könnte die Ursache in einer bipolaren Störung liegen. In einer euphorischen Phase können die Stimmungslagen, die für die Depression beschrieben wurden, in die andere Richtung ausschlagen. Die Betroffenen fühlen

  • eine gehobene Stimmungslage
  • gesteigerter Antrieb, hohe Aufmerksamkeit
  • kein oder wenig Schlafbedürfnis
  • Geselligkeit
  • Größenwahn

Je nach Ausgeprägtheit spricht man von Manie (Symptome sind sehr stark) und Hypomanie (leicht ausgeprägt).[13]
Dauer und Abwechslung der Phasen sind sehr unterschiedlich. Außerdem sind die Phasen unabhängig von der äußeren Lebenssituation. Als Ursache gelten, wie oben beschrieben, die krankhafte Funktion der Botenstoffe und genetische Anlagen. Das limbische System im Gehirn, verantwortlich für die Verarbeitung von Gefühlen, arbeitet abnorm.[14]

Fazit

Sowohl Depression- wie auch Maniephasen sind sehr belastend für den betroffenen Menschen, seine Umwelt und Familie. So kann bei einer Manie die Selbstüberschätzung zu unüberlegten Handlungen führen, wie z.B. exzessivem Spielen im Kasino mit daraus folgender Privatinsolvenz.
Vor allem die Familie und das Umfeld eines Betroffenen sollte bei den beschriebenen Symptomen sensibel reagieren und den erkrankten Menschen zu einer Behandlung drängen. Dabei ist es für einen Nicht-Fachmann sicher schwierig, die Symptome entsprechend einzuschätzen. Je früher die Therapie beginnt, desto besser sind die Heilungsaussichten.

Fußnoten

[1] Vgl. DMDI (Abruf am 21.8.19)

[2] Vgl. Müßigbrodt H. et al.: S.65

[3] Vgl. Müßigbrodt H. et al.: S.71f.

[4] Vgl. Burton N.: S.88

[5] Vgl. Hautzinger M., Thies E.: S.64

[6] Vgl. Müßigbrodt H. et al.: S.71f.

[7] Vgl. Hautzinger M., Thies E.: S.70

[8] Vgl. Burton N.: S.92

[9] Vgl. Hautzinger M., Thies E.: S.67f.

[10] Vgl. Fleischhacker W., Hinterhuber H.: S.158f.

[11] Vgl. Statista – Depression Geschlechtsverteilung (Abruf 23.8.2019)

[12] Vgl. Neurologen und Psychiater im Netz – Ursachen Depression (Abruf  23.8.2019)

[13] Vgl. Berking M., Rief W.: S.49

[14] Vgl. Neurologen und Psychiater im Netz – Bipolare Störung (Abruf 23.8.2019)

Abbildungen

Titelbild: https://pixabay.com/de/illustrations/depression-stimmen-selbstkritik-1250897/

Literaturverzeichnis

Berking M., Rief W.: Klinische Psychologie und Psychotherapie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg, 2012.

Burton N.: Der Sinn des Wahnsinns, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2011.

Fleischhacker W., Hinterhuber H.: Lehrbuch Psychiatrie, Springer Verlag, Wien, 2012.

Hautzinger M., Thies E.: Klinische Psychologie, Beltz Verlag, Weinheim Basel, 2009.

Müßigbrodt H., Kleinschmidt S., Schürmann A., Freyberger H., Dilling H.: Psychische Störungen in der Praxis, Verlag Hans Huber Hogrefe AG, Bern, 2014.

Payk T.: Psychopathologie, 4.Auflage, Springer Verlag, Berlin Heidelberg, 2015.

Internetquellen

DMDI – Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information, Abruf am 21.8.2019, verfügbar unter https://www.dimdi.de/dynamic/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm

Neurologen und Psychiater im Netz – Ursachen Depression, Abruf am 23.8.2019, verfügbar unter https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/depressionen/ursachen/

Neurologen und Psychiater im Netz – Bipolare Störung, Abruf am 23.8.2019, verfügbar unter https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/erkrankungen/bipolare-erkrankungen/was-ist-eine-bipolare-erkrankung/

Statista – Depression Geschlechtsverteilung, Abruf am 23.8.2019, verfügbar unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/221498/umfrage/bevoelkerungsanteil-mit-depressionen-in-deutschland-nach-geschlecht-und-alter/

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