Schnell, praktisch, lecker – und überall. Ultra-Processed Foods (UPFs) oder auch hoch verarbeitete Lebensmittel, gehören für viele längst zum Alltag: Müsliriegel, Tiefkühlpizza, aromatisierte Joghurts oder Energy Drinks. Sie sparen Zeit und schmecken gut. Allerdings deuten inzwischen einige Studien darauf hin, dass stark verarbeitete Lebensmittel nicht nur mit Übergewicht, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammenhängen, sondern auch unsere mentale Gesundheit[1] und unser Essverhalten[2] nachhaltig beeinflussen können.
Dieser Beitrag geht der Frage nach, was UPFs ausmacht, wie sie auf unseren Körper und unser Gehirn wirken und was wir daraus für unseren Alltag lernen können.
Was sind Ultra-Processed Foods?
Viele Produkte, wie Brot, Joghurt oder Tiefkühlgemüse werden grundsätzlich industriell verarbeitet, um sie haltbar, bekömmlich und sicherer zu machen. Das macht sie noch lange nicht ungesund. Entscheidend ist nämlich, wie stark ein Lebensmittel verarbeitet wurde. Der Begriff Ultra-Processed Foods bezeichnet in der sog. NOVA-Klassifikation stark industriell hergestellte Produkte, die meist kaum noch natürliche Inhalte enthalten[3]. NOVA teilt dafür alle Lebensmittel und Lebensmittelprodukte in vier Gruppen ein, je nach Umfang und Zweck der industriellen Verarbeitung.
Das lässt sich gut am Beispiel eines Maiskolbens veranschaulichen: Ein frischer Maiskolben ist ein unverarbeitetes Lebensmittel, also „unprocessed“ und gehört demnach zur NOVA-Gruppe eins. Werden aus dem Lebensmittel anschließend Zutaten wie bspw. Maismehl oder Maisgrieß, gewonnen, handelt es sich um leicht verarbeitete Zutaten der Gruppe zwei. Gruppe drei beinhalten verarbeitete Lebensmittel, die aus wenigen Zutaten bestehen, wie Brot oder Käse[4]. Wird der Mais konserviert und in Dosen abgefüllt ist er ebenso „processed“ und wird Gruppe drei zugeordnet. Sobald aus dem Mais durch die Zuführung von künstlichen Aromen, Farbstoffen und Fette ein knallorangener Nacho-Chip wird, ist dieser stark industriell verändert und gehört in die Kategorie Gruppe vier „Ultra-Processed Foods“. UPFs sind also das Ergebnis aus der Zusammensetzung von Zutaten, die meist ausschließlich industriell verwendet werden und aus einer Reihe industrieller Prozesse hervorgehen und daher „ultra“ hochverarbeitet sind.
Was machen Ultra-Processed Foods mit unserem Körper?
Durch die industrielle Verarbeitung (z.B. Erhitzen, Konservieren) werden essenzielle Mikronährstoffe wie Ballaststoffe, Mineralstoffe und Vitamine häufig stark reduziert oder zerstört. Dadurch sinkt die Nährstoffdichte, während gleichzeitig der Energiegehalt (Kalorien) durch Verarbeitungsmethoden wie z.B. Frittieren oder die Zufuhr von Zucker zunimmt[5]. UPFs mit hoher Energiedichte, wie ein Schokoriegel, befriedigen nur kurzfristig das Hungergefühl. Nährstoffreiche unverarbeitete Lebensmittel versorgen den Körper mit wichtigen Nährstoffen und erzeugen gleichzeitig ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl[6]. Der Körper ist auf Mikronährstoffe angewiesen, damit der Energiestoffwechsel im Körper ungestört stattfinden kann. Fehlen sie, entsteht ein Gefühl häufiger Müdigkeit, Gereiztheit oder Energielosigkeit, obwohl ja „genügend“ Kalorien aufgenommen wurden.
Neben dem Nährstoffverlust bergen UPFs auch Risiken durch Stoffe, die bei der Verarbeitung entstehen. Beim Erhitzen können z.B. Acrylamid oder Acrolein entstehen, das sind Industriechemikalien, die in Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen[7]. Gerade Acreolein gilt als „möglicherweise krebserzeugend bei Menschen“[8].
Nach Lustig (2020) ist es vor allem der übermäßige Zucker in UPFs, der das Risiko von Krebserkrankungen, Diabetes Typ 1 und 2 oder Herz-Kreislauferkrankungen begünstigt[9]. In einer Kontrollstudie von Hall et al. (2019) erhielten zwanzig gesunde, gewichtsstabile Erwachsene zwei Wochen lang eine ultraverarbeitete Ernährung (Gruppe 1) oder eine unverarbeitete Ernährung (Gruppe 2). Erstere Gruppe zeigte einen starken Anstieg des Körpergewichts. Was wiederum Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt. Zudem stehen UPFs im Verdacht, das Darmmikrobiom zu verändern, mit möglichen Folgen wie Entzündungen, Stoffwechselstörungen und Depressionen[10].
Was sind die Auswirkungen auf unsere Psyche?
UPFs wie besonders süße oder salzige Snacks und Fast Food sind Beispiele für süchtig machende Lebensmittel, dessen einzelne Reize eine überadditive Wirkung auf die Belohnungssysteme des Gehirns haben[11]. Die Kombination aus Zucker, Fett und raffinierten Kohlenhydraten löst also eine stärkere Suchtreaktion aus als es beide Komponenten einzeln tun würden. Studien fanden in dem Zusammenhang heraus, dass dabei ähnliche Mengen Dopamin freigesetzt werden wie z.B. bei Nikotin- oder Alkoholkonsum[12].
Der regelmäßige Konsum von UPFs kann nicht nur die Entwicklung einer sog. Food-Addiction begünstigen[13], sondern auch nach Lafata et al. (2024) neurobiologische Veränderungen hervorrufen, wie eine geringere Dopaminwirkung[14]. Das wiederum führt langfristig zu Antriebslosigkeit oder Reizbarkeit. Gleichzeitig wurde bei natürlich vorkommenden oder minimal verarbeiteten Lebensmitteln wenig bis gar keine Auswirkungen in diesem Zusammenhang gezeigt[15].
Handlungsempfehlungen
Anfang der 2000er stammte der Nationalen Verzehrstudie rund die Hälfte der gesamten Energieaufnahme von Erwachsenen in Deutschland aus hochverarbeiteten Lebensmitteln[16]. Und der Konsum nimmt weiter zu[17]. Was kann dagegen unternommen werden?
- UPFs erkennen: Auf kurze Zutatenlisten und erkennbare Bestandteile achten und bestenfalls Produkte, deren Zusatzstoffe fremd oder kosmetisch klingen (Aromen, Farbstoffe, Emulgatoren, Füllmittel, etc.) vermeiden[18].
- Langsame, bewusste Umstellung: Es darf nicht das Gefühl vermittelt werden, dass zukünftig auf geschmacksintensive, leckere und anreizende Gerichte verzichtet werden muss. Meist sind kleine Veränderung, wie z.B. der Austausch von Fertiggerichten zu selbstgekochten zunächst wirksamer als eine radikale Ernährungsumstellung.
- Ernährungsbewusstsein fördern: Nicht nur zuhause, sondern auch in Schulen und Bildungseinrichtungen sollte eine gesunde Ernährungsweise gelehrt werden. Normann (2019) betont, dass besonders Kinder dabei ein Kohärenzgefühl entwickeln sollten,[19] sodass ein einheitliches Verständnis von gesunder Ernährung besteht.
Fazit
Ultra-Processed Foods beeinflussen unseren Körper, unsere Psyche und unser Essverhalten. Dennoch sind nicht alle UPFs per se schlecht: In Maßen konsumiert, können sie Teil einer ausgewogenen Ernährung sein. Entscheidend ist die Balance zwischen vollwertiger Nahrung und gelegentlichem „Soul Food“. Außerdem, anders als in den USA, schützen in Deutschland strengere europäische Standards die Verbraucher*innen zusätzlich[20]. Letztlich macht, wie so oft, die Menge das Gift.
Fußnoten
[1] Vgl. Mengist et al. (2025), S. 1
[2] Vgl. Gearhardt & Schulte (2021), S. 387
[3] Vgl. Monteiro et al. (2019), S. 937
[4] Vgl. Monteiro et al. (2019), S. 937
[5] Vgl. Elmadfa & Leitzmann (2023), S. 537
[6] Vgl. Rogers & Brunstrom (2021), S. 468
[7] Vgl. Pagliai et al. (2020), S. 316
[8] Vgl. Watzek (2012)
[9] Vgl. Lustig (2020), S. 3
[10] Vgl. Pagliai et al. (2020), S. 316
[11] Vgl. Gearhardt & Schulte (2021), S. 398
[12] Vgl. Gearhardt & Schulte (2021), S. 398
[13] Vgl. Rezazadegan & Amani (2025), S. 175
[14] Vgl. Lafata et al. (2024), S. 655
[15] Vgl. Lafata et al. (2024), S. 655
[16] Vgl. DGE (2023)
[17] Vgl. Bauer et al. (2022), S. 14
[18] Vgl. Monteiro et al. (2019), S. 939
[19] Vgl. Normann (2019), S. 389
[20] Vgl. EFSA (2021)
Literaturverzeichnis
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Mengist, B., Lotfaliany, M., Pasco, J. A., Agustini, B., Berk, M., Forbes, M., Lane, M. M., Orchard, S. G., Ryan, J., Owen, A. J., Woods, R. L., McNeil, J. J. & Mohebbi, M. (2025). The risk associated with ultra-processed food intake on depressive symptoms and mental health in older adults: a target trial emulation. BMC Medicine. doi: https://doi.org/10.1186/s12916-025-04002-4.
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Watzek, T. (2012). Acrylamid und Acrolein: Toxikokinetik hitzeinduzierter Kontaminanten in Lebensmitteln. Zugriff am 28.04.2025. Verfügbar unter Acrylamid und Acrolein: Toxikokinetik hitzeinduzierter Kontaminanten in Lebensmitteln.
Titelbildquelle
Titelbild von Fotorech, Titel: french-fries-2640743_1280, veröffentlicht am 15.08.2017, abgerufen am 03.06.2025 auf pixabay, unter: https://pixabay.com/photos/french-fries-potato-fast-food-chips-2640743/
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