By Published On: 13. Juni 2025Categories: Psychologie, Soziales

Bestimmt hat jeder das Sprichwort „Ich kann dich gut riechen“ schon einmal gehört. Vielleicht weckt der Geruch eines bestimmten Waschmittels Erinnerungen an seinen Opa oder ein bestimmtes Parfüm riecht nach dem letzten Hawaii-Urlaub und löst Glücksgefühle aus. Auch jeder Mensch hat einen eigenen Körpergeruch und jeder wertet Gerüche unterschiedlich. Aber wie lösen Gerüche diese Emotionen in uns aus und ist es möglich die soziale Kompatibilität an anderen zu erriechen?

Wie funktioniert Riechen?

Beim Einatmen atmen wir Moleküle aus unserer Umgebung ein, dies kann direkt durch die Nase oder auch durch den Mund und den Rachen passieren. In unserer Nasenhöhle treffen diese Moleküle auf eine Vielzahl an Geruchssinneszellen, an dessen Rezeptoren sie sich binden. Wir Menschen haben ungefähr 1000 verschiedene von diesen Duftrezeptoren. Die Genfamilie, welche diese regelmäßig erneuert, ist die größte unseres Erbmaterials. Wird die Sinneszelle mit genügend Molekülen aktiviert, werden Signale an Nervenzellen namens Mitralzellen gesendet, über welche dann Informationen über die Duftmoleküle mit bestimmten Gehirnregionen geteilt werden (Pause & Seul, 2021, S.47f.; Keller, 2019, S. 3). Der Geruchssinn ist bei jedem Mensch unterschiedlich ausgeprägt und somit ein idiosynkratischer Sinn. Das bedeutet, dass trotz gemeinsamer Nuancen, jeder seine Umwelt individuell wahrnimmt und verschiedene Noten stärker herausriecht als andere. Etwa ein Drittel der Geruchsrezeptoren unterscheiden sich zwischen zwei Menschen (Pause & Seul, 2021, S.48).

 
Wie hängen der Geruchssinn und Emotionen zusammen?

Vor zweihundert Millionen Jahren wurde das Gehirn von Säugetieren komplexer und es entstanden Emotionen. Zuvor konnte unser Gehirn Gerüche nur verarbeiten, mit der Entstehung von Emotionen wurde das Fühlen und das Riechen jedoch nicht geteilt. Man geht davon aus, dass das Riechen somit eine erste Form des Fühlens war und wir ohne das Geruchshirn kein Gefühlshirn hätten. Erst danach hat sich das Denken entwickelt. Durch das Denken wird das Fühlen beim Menschen nur komplexer, Emotionen und Kognitionen lassen sich jedoch nicht trennen (Pause & Seul, 2021, S. 81). Dadurch dass das emotionale Gehirn aus dem Geruchshirn entstanden ist, lassen sich Gerüche und Emotionen nicht trennen. Dadurch, dass sich unsere Geruchsrezeptoren voneinander unterscheiden, empfinden wir Menschen auch unterschiedlich bei bestimmten Gerüchen. Zusätzlich unterscheiden sich die Erinnerungen, die mit den Gerüchen verbunden werden, was ebenfalls unsere Emotionen beeinflusst. Der Geruchssinn ist der einzige unserer Sinne, den wir nicht kontrollieren und vermeiden können, weshalb wir so einfach beeinflussbar sind durch Gerüche. Dies hat aber auch seine Wichtigkeit, da uns unser Geruchssinn schützen will, indem er uns z. B. vor Feuer oder verdorbener Lebensmittel warnt. Anders als bei allen anderen Sinnen, muss der Geruchssinn nicht vom Thalamus kontrolliert werden, sondern werden direkt vom emotionalen Gehirn verarbeitet (Pause & Seul, 2021, S. 98f.,101). Dadurch, dass wir unseren Geruchssinn nicht kontrollieren können, können wir in diesem Fall die damit verbundenen Emotionen ebenfalls nicht kontrollieren. Wenn wir etwas Ekliges sehen, können wir unsere Ekelgefühle gut kontrollieren, beim Riechen eines ekligen Geruchs jedoch, ist das Kontrollieren nicht möglich. Die Ekelgefühle werden direkt ausgelöst und lassen sich auch nicht reduzieren (Pause & Seul, 2021, S. 102). Im Gegensatz zu anderen Lernprozessen, bei welchen ein Konditionierungsprozess durchlaufen werden muss, reicht beim Erlernen von Emotionen durch den Geruchssinn eine einzige Paarung aus. So kann nach dem Einmaligen Riechen eines bestimmten Duftes später im Leben dasselbe in diesem Moment empfundene Gefühl erneut ausgelöst werden, auch wenn der Duft erst zum zweiten Mal wahrgenommen wurde (Pause & Seul, 2021, S. 108).

Bestimmt der Geruch, wen wir mögen?

Um uns herum findet ein ständiger unbewusster Austausch an Düften statt. Das Wahrnehmen der Gerüche, deren emotionale Interpretation und das darauffolgendes Verhalten nennt sich Chemokommunikation. Zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Gerüchen und der Partner*innenwahl wird das immunogenetische System betrachtet. Jeder Mensch hat ein anderes MHC-System, jedes davon erkennt unterschiedliche Viren und bestimmt die Gewebeverträglichkeit. MHC-Moleküle zeigen, ob jemand auf immunologischer Ebene zu ähnlich ist oder nicht (Pause & Seul, 2021, S. 163f.). Wir Menschen sind dadurch geschützt, dass jeder ein anderes MHC-System hat, da Viren schnell mutieren und es somit nicht möglich ist, dass ein neues Virus unentdeckt bleibt. Wenn Menschen mit ähnlichen MHC-Werten Kinder bekommen würden, wären die vererbten Gene zu ähnlich und die Immunabwehr schlecht. Evolutionsbiologisch ist dies daher ungünstig (Pause & Seul, 2021, S. 165; Dehnbostel, 2025). In einer Studie wurden Menschen Körpergerüche vorgeführt, die entweder von immunogenetisch ähnlichen oder unterschiedlichen Menschen stammen. Anhand von Gehirnstrommessungen konnte beobachtet werden, dass das Gehirn eine starke Reaktion aufwies, wenn der MHC ähnlich war, diesen Körpergerüche empfanden die Proband*innen außerdem als unangenehm. Bei einem unähnlichen MHC wies das Gehirn keine besondere Reaktion auf und der Geruch wurde eher als neutral wahrgenommen. Da wir meistens nur Menschen begegnen, die ein unterschiedliches MHC-System haben, ist diese Reaktion normal. Der Geruchssinn hilft uns somit nicht bei der aktiven Partner*innenwahl, sondern fungiert als Warnsystem, an wen wir uns nicht binden sollen, bzw. mit wem wir keine Kinder zeugen sollten. Dass wir einem biologisch nicht kompatiblen Menschen begegnen, passiert jedoch nur in etwa 1 von 10000 Fällen (Pause & Seul, 2021, S.162, 165). Das Gerücht, dass es bestimmte Sprays/Parfüme mit Pheromonen gibt, die einen automatisch attraktiver oder sexy wirken lassen, ist übrigens falsch. Dazu gibt es keine empirischen Beweise (Pause & Seul, 2021, S. 149ff.). Auch Freund*innen sucht man sich mithilfe des unbewussten Riechens aus. Studien haben herausgefunden, dass Freunde genetische Ähnlichkeiten der Geruchssinneszellen aufweisen. Dadurch haben Freund*innen oft dasselbe Bauchgefühl und die gleiche Meinung über andere Menschen. Sie nehmen Gerüche oft ähnlich war und somit fühlt man sich verstanden und aufgehoben in der Freundschaft (Dehnbostel, 2025; Pause & Seul, 2021, S. 202).

Fazit

Unsre Geruchssinn spielt eine große Rolle in unserem Leben und beeinflusst sehr stark was und wie wir fühlen. Da er nicht kontrollierbar ist und Gerüche direkt im emotionalen Gehirn verarbeitet werden, hat dies einen ziemlich großen Einfluss auf uns. Der Geruch leitet uns, soziale Beziehungen einzugehen oder zu vermeiden. Den Geruch, welchen wir bei unserem gegenüber unbewusst wahrnehmen, bestimmt ob die Chemie zwischen uns passt oder nicht. So wählen wir Partner*innen danach aus, dass sie uns immunogenetisch unähnlich sind und Freundschaften werden positiv durch Ähnlichkeiten unserer Geruchssinneszellen beeinflusst. Das Sprichwort „Ich kann dich gut riechen“ ist also nicht nur ein Sprichwort, sondern beschreibt ein Phänomen, welches durch biosoziale Prozesse erklärt werden kann.

Literaturverzeichnis

Dehnbostel, L. (2025). Gerüche und Psychologie: Wie Düfte uns beeinflussen. Abgerufen am 16.05.2025 auf https://www.psychologie.hhu.de/fileadmin/redaktion/Fakultaeten/Mathematisch-Naturwissenschaftliche_Fakultaet/Psychologie/BSP/Pressedokumente/2022_12_Gerueche_und_Psychologie_ICE_Portal.pdf

 Keller, A. (2019). In: Entdecke das Riechen wieder – Warum es sich lohnt, die Welt mit der Nase wahrzunehmen, 1. Auflage, Berlin

Pause, B. M.; Seul, S. M. (2021). In: Alles Geruchssache – Wie unsere Nase steuert, was wir wollen und wen wir lieben, 2. Auflage, München

Titelbildquelle:

Titelbild von Motunrayo Babatunde veröffentlicht am 4. Juli 2021 auf https://unsplash.com/de/fotos/frau-in-schwarz-weissem-geblumtem-kopfkleid-mit-weisser-blume-QMSjaPwd1hM

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