By Published On: 7. März 2018Categories: Psychologie

Schlägt man morgens die Tageszeitung auf oder schaut während der Zugfahrt auf das Smartphone und liest die neuesten Nachrichten, könnte man den Eindruck gewinnen, unsere Welt besteht fast nur aus Gewalt. Nicht zuletzt der G20 Gipfel in Hamburg zeigte uns gewalttätige Bilder der Demonstranten. Fliegende Steine, brennende Molotow-Cocktails, eingeschlagene Fensterscheiben, geplünderte Supermärkte, aggressive und vermummte Personen prägten tagelang die Bilder in unseren Medien.

Was ist die Ursache für dieses Verhalten?

Mit insgesamt 6,37 Millionen Straftaten im Jahr 2016 sind die Zahlen zum Vorjahr 2015 nahezu unverändert, doch gibt es Unterschiede. Bundesinnenminister De Maizière sagte dazu: „Weniger Wohnungseinbrüche, weniger Ladendiebstähle, weniger Betrugsdelikte, dafür mehr Gewaltdelikte aller Art.“[1]

Zudem hat es einen knapp zehnprozentigen Anstieg bei Straftaten gegeben bei denen es zu gefährlichen und schweren Körperverletzungen kam. [2]

Dies führt de Maiziere auf eine Verrohung unserer Gesellschaft zurück. De Maiziere äußert dazu:  „ Alle Teile dieser Gesellschaft sind hier gefragt, der zunehmenden Verrohung und jeder Form von Hass und Gewalt entschieden entgegenzutreten – auf unseren Straßen und auch im Internet.“[3]

Doch wer als Kind oder Jugendlicher die Erfahrung gemacht hat, seine Ziele durch Gewalt zu erreichen, wird diese Methode nicht so schnell wieder ablegen können. Das gilt besonders, wenn keine anderen Alternativen zur Durchsetzung der Ziele erlernt wurden.

Die individuelle Persönlichkeit nimmt eine große Rolle ein, sie bestimmt, ob es zu aggressivem Verhalten oder zur Gewaltanwendung kommt. Hierbei spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle, zum Beispiel kulturelle Werte und Normen, persönliche Einstellungen gegenüber anderen Mitmenschen, aber auch Persönlichkeitsmerkmale wie Risikobereitschaft, Selbstwertgefühl oder der Grad der Extrovertiertheit.

Treffen diese Eigenschaften auf frustrierende oder provozierende Situationen, kann dies Aggressionen und/ oder Gewalt hervorrufen, in einer  anderen Person dagegen kommt es zu keinem auch nur angedeutetem aggressiven Verhalten.[4]

Auch das Umfeld der jeweiligen Situation ist wichtig. Bei kollektiver Gewalt muss eine klare Aufteilung der beiden Gruppen gegeben sein, „Wir“ und „die Anderen“. Sowohl Demonstranten als auch die Polizei sind eine geschlossene Gruppe.[5]

Je anonymer das Umfeld und je geringer die Angst vor möglichen Konsequenzen ist, desto mehr wird die Aggression ausgelebt.[6] Diese Art der Anonymität bietet beispielsweise eine Demonstration, wie im „Schwarzen Block“ beim G20-Gipfel in Hamburg. Hier waren teilweise die „Demonstranten“ vermummt und gingen in der Masse unter. In einer Gruppe verändern Mitglieder ihr Gefühl und ordnen ihre eigenen Werte und Normen unter. Die Verhaltensstandards der Gruppe werden nun übernommen. [7]

Hirnforscher unterscheiden hierbei drei unterschiedliche Typen von Straftätern. Die erste Gruppe von Straftätern sind jene, die gelernt haben, dass Gewalt eine Erfolgsstrategie für sie darstellt.

Die zweite Gruppe und zugleich die größte Gruppe mit 70% aller Gewalttäter sind Menschen, die sich schnell abgelehnt und bedroht fühlen und ihre Impulse nur schwer kontrollieren können.

Die dritte Gruppe sind Menschen, die Gewalttaten planen. Sie durchdenken ihre Gewalttat im Voraus und sie empfinden keine Reue oder Mitgefühl mit ihren Opfern. Sie werden auch Psychopathen genannt.[8]

Ist Gewalt und Aggression wie sie beim G20- Gipfel ausgeübt wurde, ansteckend?

In einer Gruppe von Demonstranten kann es zu einer ihr eigenen Gruppendynamik kommen, so können Demonstranten, die ohne gewalttätige Absichten an einer Demonstration wie beispielsweise auf dem G20-Gipfel teilnehmen, zu Gewalttätern werden.

Sozialpsychologin Krahé sagt dazu: „Gewalt kann tatsächlich ansteckend sein, indem zunächst friedliche Personen das Gewalthandeln anderer übernehmen. In großen Gruppen wird man irrationaler und anfälliger für bestimmte Informationen, die einem nahelegen, gewalttätig zu werden. Zum Beispiel das Verhalten gewalttätiger Mitdemonstranten, die als Vorbild dienen.“[9]

Unabhängig von der Abhängigkeit in einer Gruppe kann eine Person gewalttätig werden, ähnlich einer Ansteckung wie bei einer Krankheit. In einer Langzeitstudie der University of Michigan wurden 1500 Kinder aus Kriegsgebieten untersucht. Es stellte sich heraus, dass allein das Erleben von Schlägen, die nicht einmal einem selbst gegolten haben, die Kinder aggressiv macht.[10]

Fazit

Das Thema „Gewalt“ ist ein sehr vielschichtiges Thema. Gewalt in den Medien, Gewalt am Arbeitsplatz, Gewalt gegen den Staat und Gewalt in den Schulen sind nur einige Bereiche, wo uns Gewalt im Alltag begegnet. Sind Kinder gewalttätig, ist die Schuldzuweisung hoch. Die Eltern geben der Schule die Schuld und die Schule den Eltern aufgrund ihrer falschen Erziehung. Doch so einfach ist es nicht, einen Schuldigen ausfindig zu machen. Die Verantwortlichen in Politik, Justiz, den Medien und jeder einzelne Bürger sind in der Pflicht etwas zu tun. Hier sind alle gefordert, Ursachenforschung zu betreiben und Lösungskonzepte zu finden.

Kindern und heranwachsenden Jugendlichen müssen Alternativen aufgezeigt werden, wie eine friedlichen Konfliktbewältigung funktioniert. Sie sollen erlernen, wie sie auf Gewaltsituationen deeskalierend einwirken können und Konflikte auf gewaltlose Weise lösen können.

 

Internetquellen

 

Mücke, P. (2017): Peter Mücke, Stichwort: Kriminalstatistik 2016, Link: https://www.tagesschau.de/inland/kriminalstatistik-111.html, Zugriff: 18.07.2017

Jiménez, F. (2012): Fanny Jiménez, Stichwort: Gewaltforschung, Link: https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article111444217/Wie-es-zu-Aggression-und-Angriffslust-kommt.html, Zugriff: 18.07.2017

Zeit (2017): Stichwort: Gewalt ist Ansteckend, Link: http://www.zeit.de/wissen/2017-07/g20-proteste-demonstrationen-gewalt-hamburg-polizei-psychologie-ausschreitungen, Zugriff: 25.07.2017

Süddeutsche Zeitung (2012): Stichwort: Aggression, Link: http://www.sueddeutsche.de/wissen/aggression-gewalt-ist-ansteckend-wie-eine-krankheit-1.1446146, Zugriff: 26.07.2017

[1]                          Mücke, P: 2017

[2]                          Vgl. Mücke, P: 2017

[3]                          Mücke, P: 2017

[4]                          Vgl. Jiménez, F: 2012

[5]                          Vgl. Krahé in Zeit: 2017

[6]                          Vgl. Vgl. Jiménez, F: 2012

[7]                          Vgl. Zeit: 2017

[8]                          Vgl. Vgl. Jiménez, F: 2012

[9]                          Krahé in Zeit: 2017

[10]                        Vgl. Süddeutsche Zeitung: 2012

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