By Published On: 4. Juni 2020Categories: Literaturempfehlungen

Entspannt von Hausarbeit zu Hausarbeit wandeln und dabei lässig Zeit für Freunde, Hobbys und Arbeit haben. Wer hätte das beim Studium nicht auch gerne?
Als ich die erste, zweite Hausarbeit für das Fernstudium schrieb, habe ich gemerkt, wie schwer mir das fiel. Ich wollte, dass es mir leichter von der Hand ging, und lauschte neidisch anderen Studierenden, die fix – so schien es mir – die Arbeiten herunterschrieben. Dabei kannte ich doch den Aufbau von Hausarbeiten und wusste um die Stolpersteine – alles schon einmal gehabt. Warum kam ich aber nicht voran? Durch Zufall stolperte ich dann über Schreibratgeber und mir ging ein riesiges Neonlicht auf! Damit du nicht auch so viele Nerven und Zeit wie ich verlierst und damit du gleich von Anfang an entspannt an deine Schreibaufgaben gehst – egal ob fürs Studium oder für den Beruf – empfehle ich dir hier wärmstens die folgenden zwei Bücher: „Keine Angst vor dem leeren Blatt“ von Otto Kruse und „Frei geschrieben“ von Judith Wolfsberger.

„Wissenschaftliches Schreiben (…)[ist] eine Art Konversation unter Fachleuten“1

Otto Kruses Buch „Keine Angst vor dem leeren Blatt“ ist ein Ratgeber zum Schreiben im Studium. Das Buch beschreibt in acht Kapiteln mit einigen Illustrationen die notwendigen Kompetenzen für das Schreiben und gibt verschiedene Tipps. Der Autor ist Professor an der Züricher Hochschule der Angewandten Wissenschaften und Leiter des Zentrums für Professionelles Schreiben.

Mir gefällt sehr, dass der Autor gleich zu Beginn herausstellt, warum im Studium geschrieben werden muss und es nicht nur Klausuren geben kann. Falls dich diese Frage vom Schreiben abhält, dann erfährst du mit Kruses Antwort, dass es unter anderem eben nicht nur um reine Zusammenfassungen wie zu Schulzeiten geht. Wenn du den Sinn hinter dem Schreiben verstanden hast, platzt bei dir vielleicht auch ein Schreibblockade-Knoten. Kruses schreibt sachlich sowie wissenschaftlich fundiert und erklärt sehr gut die Grundlagen des Schreibens mit Modellen und Theorien, wobei er ebenso sehr auf die Besonderheiten des wissenschaftlichen Schreibens und auf die Formulierungen der Wissenschaftssprache eingeht. Sehr interessant finde ich sein Kapitel über verschiedene Schreibkulturen und seine Hinweise zu den Schreibunterschieden zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Fächern. Das aus meiner Sicht wichtigste Kapitel im Buch ist Kapitel 5 „Schreibprozess Schritt für Schritt“. Hier erläutert er den Schreibprozess einer wissenschaftlichen Arbeit sehr verständlich und gibt viele praktische Tipps.
Die gut erklärten Tipps des Autors sind leider mitten in den Kapiteln verstreut – das erschwert ein schnelles Nachschlagen. Daher ist das Buch ungeeignet für Personen, bei denen es mit ihrem Schreibprojekt 5 vor 12 steht und die schnell Tipps benötigen. Aus meiner Sicht überflüssig sind die kurzen Erläuterungen zu den verschiedenen Schreibanlässen, wie Protokoll, Portfolio, da diese nichts zum Thema Schreiben beitragen. Auf Schreibblockaden, welche im Untertitel des Buches erwähnt werden, geht der Autor nur auf zwei Seiten direkt ein. Daher finde ich den Untertitel nicht passend zum Buch.
Meines Erachtens ist die Intention des Buches einen kurzen populärwissenschaftlichen Abriss über den Schreibprozess zu geben und dadurch sowie durch die eingestreuten Tipps beim Schreiben zu unterstützen. Diese Intention wird erreicht.

„Ein Text ist nie fertig.“2 Also lass ihn los!

Judith Wolfsberger motiviert mit ihrem Buch „Frei geschrieben“ in 22 kurzen Kapiteln und mit neun Schreibmethoden zum Schreiben von Abschlussarbeiten und anderen. Die Autorin ist Schreibtrainerin und hält Seminare an Universitäten und in Firmen.

Bei „Frei geschrieben“ fällt sofort der lockere, positive Ton der Autorin auf und die frische Freude der Autorin am Schreiben überträgt sich gleich auf die Lesenden. Auf einer Doppelseite werden die Kapitel kurz und knapp erläutert und die Autorin lädt zum Blättern und Springen zwischen den Kapiteln ein. Jedes Kapitel hat sein eigenes Symbol, welches auch auf jeder Seite am oberen Buchrand zu sehen ist. Für grafische Lernende ist dies eine gute Orientierung. Auch dass die Quintessenz vieler Absätze neben diesen in einer breiten Randspalte steht, strukturiert den Text und verbessert aus meiner Sicht ein schnelles Nachschlagen. Jedes Kapitel endet mit Aufgaben – ansprechend formuliert mit „Jetzt bist du dran“ statt nur „Übung“ – und Tipps zum Weiterlesen aus verschiedenen Bereichen. An diesem Buch gefällt mir sehr, dass die Autorin nicht nur beim Handwerkzeugs des Schreibens bleibt, sondern darüber hinaus geht. Sie geht auf (gefühlt) Alles ein: Glaube an das eigene Können, Gefühle beim Schreiben wie Verlust und Angst, Aufbau einer Arbeit, Tipps um ins Schreiben zu kommen, Beziehung zu Betreuenden, Perfektionismus und, und, und. Die Kürze der Kapitel hilft hierbei sehr, die einzelnen Punkte nachschlagen und nachlesen zu können.
Im Gegensatz zu Kruses Buch ist dieses Buch weniger wissenschaftlich fundiert und je nach Geschmack kann der lockere Ton für einige Lesenden auch zu lapidar wirken. Mir fehlt stellenweise eine Vertiefung, da die Kürze der Kapitel nur ein Anreißen des Themas erlauben. Des Weiteren verwendet die Autorin meines Erachtens zu viele persönliche Beispiele und Beispielstudierenden als Modelle für die Lesenden und kommt dadurch in den Geschichtenerzähler-Modus, welcher zu sehr von den Tipps ablenkt.
Die vermutete Intention des Buches – in knappen Einführungskapiteln viele Tipps zum Schreibprozess und dem Drumherum zu geben – wird für mich erreicht.

 

Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich nach dem Lesen sehr überrascht war, wie hilfreich diese beiden Bücher im Nachhinein tatsächlich für mich waren. Auch ergänzen sie sich wunderbar: die Sachlichkeit Kruses mit der Motivation Wolfsbergers. Ich hätte beide gerne schon zu meiner Schulzeit gekannt.
Meine Exemplare haben viele bunte eingeklebte Markierungsstreifen und meine erstellten Zusammenfassungen der Tipps blättere ich regelmäßig durch. Meine fünf Lieblingstipps für dich:

  • Hab Mut zur Lücke! Du kannst nicht alles über ein Thema wissen.
  • Fang bei der Recherche daher auch nur mit drei Büchern an.
  • Sprich mit deinen Profs! Es ist – lapidar gesagt – Teil ihres Jobs.
  • Mach bei Schreibtreffs mit und hol dir Feedback (von Freunden, Studierende, Familie etc.)
  • Mach wenige Pausen beim Schreiben. Neu anzufangen kostet mehr Kraft als Durchhalten!

Ich empfehle diese beiden Bücher jeder Person – egal ob sie etwas mit dem Schreiben zu tun hat oder nicht. Denn diese Bücher helfen aus meiner Sicht nicht nur im Studium, sondern ihre Tipps können auch verallgemeinert werden und auf vieles andere im Leben bezogen werden.
Und somit beende ich diesen Blogbeitrag nun mit dem Mut „zu sagen, das war‘s und ab die Post“3 !

Fußnoten

1Kruse (2007), S. 60

2Wolfsberger (2009), S. 228

3Wolfsberger (2009), S. 227

Literaturverzeichnis

Kruse, O. (2007), Keine Angst vor dem leeren Blatt: Ohne Schreibblockaden durchs Studium, 12., völlig neu bearbeitete Auflage, Campus Verlag. Frankfurt/Main.

Wolfsberger, J. (2009), Frei geschrieben: Mut, Freiheit und Strategie für wissenschaftliche Abschlussarbeiten, 2. Auflage, Böhlau Verlag, Wien.

Beitragsbild: Diana Grüger / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)

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