By Published On: 27. September 2021Categories: Meine Hochschule und mein Studium

Meine dreieinhalbjährige Tochter sieht mich den Computer anschalten und fragt mich mit einem Strahlen im Gesicht: „Mama, machst du heute wieder ‚was für die Uni für uns?“ Das fragte sie mich im zweiten Lockdown der Corona-Pandemie. Sie wusste, dass sie dann etwas Zeit vor dem Fernseher verbringen dürfte. In aller Regel versuche ich solche Situationen zu vermeiden. Anstelle vom Kindergarten, welcher im Lockdown ja zu war, das Kind vor dem Fernseher abzustellen, kommt mir nicht richtig vor. Zugleich habe ich den Fernseher, gerade in Pandemie-Zeiten, zu schätzen gelernt.
Ein Vollzeitstudium zu absolvieren kann herausfordernd sein. Ein Vollzeitstudium mit zwei Kleinkindern und zeitweise einem Nebenjob inmitten einer Pandemie ist noch herausfordernder. Diese Herausforderung lebe ich und liebe ich. In einer solchen oder einer ähnlichen Lebenslage befinden sich viele Eltern. Jede individuelle Situation ist auf ihre eigene Art und Weise zu bewältigen. Doch wie gelingt es, sowohl die Kinder, die Partnerschaft, Gesundheit und Fitness sowie Kontakte zu Familie und Freunden aufrechtzuerhalten und all die anderen Erwartungen zu erfüllen? Wie ist es möglich, all das unter einen Hut zu bekommen, an den Herausforderungen nicht zu verzweifeln, weder die Erziehung der Kinder, eine Partnerschaft noch das Studium und all die anderen Bereiche zu vernachlässigen? Mit diesen Fragen habe ich mich besonders in der jüngsten Zeit intensiv beschäftigt und beschlossen, meine Gedanken, Erfahrungen und Recherchen zu teilen.

Wie fängt man es an?

Die oben genannten Fragestellungen sind sehr komplex und nicht mit einer einfachen Antwort abzufertigen. Es ist weitläufig bekannt, dass für ein Fernstudium ohnehin eine hohe Selbstmotivation und ein effizientes Selbstmanagement notwendig sind. Da es in einem Fernstudium keinen festen Stundenplan gibt und jeder sich selbst die Module und die benötigte Zeit einteilt, ist Prokrastination keine Seltenheit. Es ist außerdem keine Seltenheit, dass Menschen versuchen, in einer Art und Weise zu arbeiten, die ihrer Persönlichkeit nicht entspricht. „Too many people work in ways that are not their ways, and that almost guarantees nonperformance.“ Was Drucker (2005, S. 10), der Vorreiter und Visionär des heutigen (Selbst-) Managements hier postuliert ist, dass ein Wissen um die eigene Arbeitsweise maßgeblich dafür verantwortlich ist, ob ein Mensch Leistung erbringen kann. Es geht also bei Selbstmanagement um die eigene Persönlichkeit und Einzigartigkeit. Kurzum: Selbstmanagement beschäftigt sich mit einem selbst (Drucker, 2005, S. 1-2).
Der erste Wortbestandteil „betont nachdrücklich, dass nur die im Bezugswort genannte Person oder Sache gemeint ist und niemand anderes“ (Dudenredaktion, n. d.) Es ist also unumgänglich, seine Ziele abzustecken, damit der Weg dorthin geplant werden kann. Dafür ist es notwendig, seine eigene Arbeitsweise und seinen eigenen Rhythmus zu finden.

Ich mach‘ mir die Welt widde widde wie sie mir gefällt

Ich habe festgestellt, dass ich es selten schaffe, abends noch effizient zu arbeiten, wenn ich mich den ganzen Tag um die Kinder, den Haushalt, den Einkauf, etc. gekümmert habe. Es kam nicht selten vor, dass ich abends im Bett der Kinder mit eingeschlafen bin. Doch genau das habe ich zu meinem Vorteil genutzt. Ich habe sozusagen begonnen, ein Doppelleben zu führen. Tagsüber kümmere ich mich um die Kinder und alle anfallenden Aufgaben lege mich dann abends für eine Stunde oder zwei hin und stehe zur Tagesschau und meiner „Spätschicht“ wieder auf. Die erste Stunde nach dem Aufwachen widme ich dann komplett meinen eigenen Interessen, sei es auf Nachrichten von Freunden zu antworten, zu telefonieren oder Sport zu treiben. Danach bin ich wieder so wach, dass ich mehrere Stunden effektiv arbeiten kann. Natürlich geht es nicht jeden Tag in diesem Rhythmus. Aber es funktioniert so gut, dass ich jede Woche noch zwei bis drei Tage Puffer habe, um eventuell entstandene Verzögerungen aufzuholen, Krankheitstage der Kinder abzudecken oder die Uni ruhen zu lassen und einen Abend komplett freizumachen. Denn auch das ist für eine gute Balance zwischen Studium und Familie unumgänglich. Es hat sich herausgestellt, dass diese Vorgehensweise für mich sehr effizient ist. Damit breche ich komplett aus meinem jahrelang gewohnten und sozialisierten Tagesablauf aus. Ich mache die Dinge vollkommen anders, als ich es bisher gemacht habe und das bedeutet eine Menge Spaß. Ganz im Sinne von Drucker habe ich herausgefunden, wie meine beste Arbeitsweise in dieser Situation aussieht und diese umgesetzt.

Selbst und Management

Der Begriff Management steht laut Duden für Leitung und Planung wie auch für Organisation. Mein Beispiel verdeutlicht, dass das Kompositum aus selbst und Management genau das oben Beschriebene erfasst (Dudenredaktion, n. d.). Das eigene Verhalten wird durch behaviorale Selbstkontrolle gemäß den Zielvorstellungen gesteuert (Luthans & Davis, 1979).
werden Ziele nun so gesetzt, dass sie auch tatsächlich in einem von Spontanitäten und Unvorhersehbarkeiten geprägten Alltag erreichbar sind? – Über die Kenntnis der eigenen Arbeitsweise haben wir schon gesprochen. Dies ist eine Grundvoraussetzung für die Arbeitsgestaltung. Es geht weiter mit der konkreten Zielgestaltung. In der Zielsetzungstheorie von Locke & Laham (1990, 2013) wird postuliert, dass „do your best“ – Ziele nicht so erfolgreich sind wie „specific and difficult“ – Ziele. Das bedeutet, dass ein Ziel möglichst so konkret formuliert werden soll, dass es die Aufmerksamkeit auf die Zielerreichung lenkt. Umso mehr deutet es die notwendigen Handlungsstrategien an. Geht ein Individuum mit dem Ziel „ich mach es so gut ich kann“ an eine Problemstellung, zeigen Studien, dass das Leistungspotenzial bei weitem nicht ausgereizt wird (Brandstätter et. al., 2013, S. 137-139).

Do it the SMART way

Die SMART-Zielformulierungen, erstmals 1981 von George T. Doran in einem wissenschaftlichen Artikel erwähnt und seitdem weiter ausgearbeitet, helfen dabei, dass ein Ziel möglichst das volle Leistungspotenzial für das bestmögliche Handlungsergebnis anvisiert. Dabei gilt, dass der Zielerfolg umso größer ist, je qualitativ hochwertiger er ist. SMART ist ein Akronym, wobei jeder Buchstabe eine eigene Bedeutung mit sich trägt (Hettl, 2012, S. 19-20, Herzog, 2019, Kapt. 3). Ein Ziel sollte [s]pezifisch das Ergebnis beschreiben. Es sollte qualitativ und/oder quantitativ [m]essbar gemacht werden. Eine Einschätzung, ob das Ziel erreichbar oder nicht erreichbar ist, sollte möglich sein. Ein [a]ttraktives Ziel motiviert und ist leichter zugänglich. Zudem sollten Ziele [r]ealistisch gesetzt und formuliert werden. Ein jeder kennt die demotivierende Wirkung eines unrealistischen Ziels. Mit Hilfe einer [T]erminierung lässt sich leichter beurteilen, ob ein Ziel erreicht oder nicht erreicht wurde.
Mit der Zeit wurde noch ein weiterer Buchstabe zur SMART-Formel hinzugefügt. Bei der SMARTI-Formel steht das [I] für integriert. Ein individuelles Ziel soll demnach auch übergeordnete Ziele unterstützen (Herzog, 2019, Kapt. 3).

Ich soll also SMART(I) sein – Eine Zwischenbilanz

Zunächst einmal ist es notwendig, sich über die groben Ziele, sei es familiär, beruflich oder intellektuell, bewusst zu werden. Ziele sollten also auf eine Art formuliert werden, dass auch andere äußere Umstände wie z. B. Krankheiten in die Handlungs- bzw. Zielanpassung mit einbezogen werden. Notwendige Pufferzeiten müssen einkalkuliert werden – gerade bei einem Leben mit (kleinen) Kindern. Ist eine grobe Zielidee entstanden, kann sie mithilfe der SMART(I)-Formel spezifiziert und ausgearbeitet werden. Je konkreter ein Ziel formuliert ist, umso leichter ist die Umsetzung, sind also die Handlungen. Ein erfolgreiches Selbstmanagement zeichnet sich dadurch aus, dass dem jeweiligen Individuum bewusst ist, wie es arbeitet und wie lange es für bestimmte Handlungen braucht.
So viele strukturelle Vorteile eine gute Zielformulierung mit sich bringt, so motivierend ist sie auch. Eine gute Zielformulierung hat außerordentliches Motivationspotenzial. Ziele können so die Aufmerksamkeit und Anstrengungen ganz bewusst in eine bestimmte Richtung steuern. Eine gelungene Zielformulierung kann außerdem dazu anregen, Strategien für die Vorgehensweise zu entwickeln oder zu vereinfachen (Graf, 2012, S. 188).

3 x 3 macht 6 – widdewidde wer will’s von mir lernen?

Was habe ich nun aus meinen Recherchen und dem Studium von Selbstmanagement gelernt? Ganz deutlich erkennbar ist meine starke Effizienzsteigerung seit der konsequenten Umsetzung von spezifischen Zielformulierungen. Je detaillierter ich mein Studium durchplane, bis auf die Woche genau, umso besser funktioniert die mentale Handlungslenkung. Gleichzeitig sind vollkommen bewusst gesetzte „Uni-freie Tage“ eine Belohnung an mich selbst. Der „Gönnungs-Faktor“ lässt mich am nächsten Tag wieder voller Elan meine Nachtschicht antreten.

Fazit

Jedes Individuum hat seine eigenen Kompetenzen und seine eigenen Herangehensweisen. Im Leben werden die unterschiedlichsten Strategien entwickelt, um mit Stresssituationen umzugehen und Resilienz zu entwickeln. Es liegt in der Hand jedes einzelnen Individuums, auf welche Art und Weise an (Stress-)Situationen herangegangen wird. – Steht zu euch und eurer Einzigartigkeit und schau, wie du am besten arbeiten kannst. Niemand kann das besser wissen als du selbst.

Literatur

  • Brandstätter, V., Schüler, J., Puca, R. M. & Lozo, L. (2013). Motivation und Emotion. Allgemeine Psychologie für Bachelor. Berlin: Springer.
  • Drucker, P. F. (2005). Managing oneself. Boston, Massachusetts: Harvard Business Press.
  • Dudenredaktion (n. d.). Management, das. Zugriff am 13.01.2021. Verfügbar unter https://www.duden.de/node/93211/revision/93247.
  • Dudenredaktion (n. d.). Selbst. Zugriff am 13.01.2021. Verfügbar unter https://www.duden.de/node/165436/revision/165472.
  • Graf, A. (2012). Selbstmanagement-Kompetenz in Unternehmen nachhaltig sichern. Leistung, Wohlbefinden und Balance als Herausforderung (Uniscope. Publikationen der SGO Stiftung). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden; Imprint; Springer Gabler.
  • Herzog, C. (2019). Mit der SMART-Formel Ziele richtig formulieren. Haufe. Talent. Aufgerufen am 18.08.2021. https://www.umantis.com/zielvereinbarung/smart-ziele#anchor2.
  • Hettl M. K. (2013). Ziele müssen „smart“ sein. SW Sozialwirtschaft. Jahrgang 23, Heft 1. S. 19-20. https://doi.org/10.5771/1613-0707-2013-1-19.
  • Luthans, F. & Davis, T. R. V. (1979). Behavioral self-management: The missing link in managerial effectiveness. Organizational Dynamics, 8, 42– 60.
  • Beitragsbild (24.09.2021). home-office-5133286_1920. Image by congerdesign from Pixabay

Teile diesen Artikel