In den letzten Jahren, vor allem seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020, gewann die Nutzung von Home-Office als neue Arbeitsform enorm an Zuwachs. Während der Anteil von Beschäftigten, die zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten, im Juni 2019 noch 24% betrug, erreichte dieser im März 2021 mit 45% seinen Höhepunkt. Eine klare Tendenz zum Homeoffice ist jedoch auch nach der Pandemie geblieben.[1] Der folgende Beitrag befasst sich mit der Frage, ob diese neue Arbeitsform die Beschäftigten entlastet und die Arbeitswelt revolutioniert oder im Gegenteil sogar eine größere Belastung darstellt.
Vorteile und Nachteile
Schon vor der Pandemie war der Wunsch nach Homeoffice bei vielen Beschäftigten spürbar. Dennoch zögerten viele Unternehmen, diese Arbeitsform einzuführen, da sie Leistungseinbußen der Mitarbeiter befürchteten. Empirische Studien widerlegen diese Befürchtung jedoch und zeigen, dass sich die Arbeitsleistung im Homeoffice nicht verschlechtert, sondern, sich, im Gegenteil, sogar verbessert. Der positive Zusammenhang zwischen dem Arbeiten von zu Hause und gesteigerter Arbeitsleistung lässt sich durch die soziale Austauschtheorie erklären. Das Homeoffice ermöglicht es den Angestellten, ihren Arbeitsalltag nach persönlichen Präferenzen und beruflichen und privaten Verpflichtungen selbstbestimmt zu gestalten. Diese neu gewonnene Autonomie führt zu einer positiveren Einstellung zur Arbeit, was wiederum zur Folge hat, dass die Beschäftigten mehr Zeit und Energie in ihre Aufgaben investieren und somit schlussendlich ihre Leistung steigern.[2] Die soziale Austauschtheorie mag erklären, warum Autonomie und Selbstbestimmung im Homeoffice zu einer gesteigerten Arbeitsleistung führen können, doch sie vernachlässigt meiner Ansicht nach wichtige soziale Aspekte der Arbeitswelt. Arbeit ist nicht nur eine individuelle, sondern auch eine soziale Tätigkeit, die von Interaktion lebt. Der persönliche Austausch mit Kollegen fördert Kreativität und Teamzusammenhalt – Faktoren, die im Homeoffice meist auf der Strecke bleiben. Zudem setzt die Theorie voraus, dass alle Beschäftigten gleichermaßen von mehr Autonomie profitieren. Doch nicht jeder kann sich seinen Arbeitsalltag effizient und strukturiert gestalten. Fehlende direkte Kontrolle und soziale Anreize können dazu führen, dass manche Mitarbeitende an Motivation verlieren oder sich isoliert fühlen. Dies kann langfristig die Produktivität sogar senken, anstatt sie zu steigern. Außerdem bleibt fraglich, ob eine stärkere Autonomie in der Arbeit, wie sie durch die soziale Austauschtheorie beschrieben wird, wirklich nur Vorteile mit sich bringt. Wenn sich die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zunehmend auflösen, kann dies zu Überarbeitung und Stress führen. Das Homeoffice sollte daher nicht allein unter dem Aspekt der Effizienz betrachtet werden, sondern auch unter Berücksichtigung der langfristigen Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Beschäftigten. Laut einer repräsentativen Umfrage des Markt- und Meinungsinstituts Forsa, die 2021 durchgeführt wurde, klagt bereits ein Drittel der im Homeoffice Beschäftigten über gesundheitliche Beschwerden. 36% der Befragten führen Rücken- oder Kopfschmerzen auf einen mangelhaften nicht-ergonomischen Arbeitsplatz zurück. Zudem berichten 32% von verlängerten und für sie untypischen Arbeitszeiten, wie beispielsweise am Abend oder am Wochenende. 30% der im Homeoffice Arbeitenden beklagen sich über Störungen durch ihre Wohnsituation oder den Alltag, etwa durch Familie oder Lärm. Weiters stellt für 27% ein unklar abgegrenzter Arbeitsbereich bzw. ein fehlendes separates Arbeitszimmer ein Problem dar. Mangelhafte technische Ausstattung beeinträchtigt 21% der Befragten. Außerdem fehlt 71% der Kontakt zu den Kollegen.[3]
Auswirkungen
Nicht nur die oben genannten Beispiele, sondern auch andere Herausforderungen, die mit der neuen Arbeitsform Homeoffice einhergehen, können einen erheblich schlechten Einfluss auf die physische und psychische Gesundheit der Beschäftigten haben. Eine Studie zeigte, dass lange Arbeitszeiten und Fristen im Homeoffice zu chronischem Stress und Burnout führen können. Besonders betroffen sind hierbei Arbeitnehmer, die keine klaren Richtlinien von ihrem Arbeitgeber erhalten und zusätzlich familiären Verpflichtungen nachkommen müssen. Studien zeigen, dass es Frauen im Gegensatz zu Männern oft schwerer fällt, zwischen beruflichen und privaten Aufgaben klar zu trennen. Gerade wenn sich das Arbeits- und Berufsleben vermischt, wird es umso wichtiger, Pausen von der Arbeit einzulegen, um sich zu erholen und die eigenen Energiereserven aufzufüllen. Diese Erholung stellt die persönliche Leistungsfähigkeit wieder her, die sowohl im Berufs- als auch im Privatleben benötigt wird. Fehlt die nötige Erholung jedoch, sind Leistungseinbußen in beiden Lebensbereichen sehr wahrscheinlich. Außerdem leidet das allgemeine Wohlbefinden, was zu schlechter Stimmung und langfristig sogar zu emotionaler Erschöpfung, einem erhöhten Burnout-Risiko, Depressionen, oder zu körperlichen Symptomen wie Kopfschmerzen und Magenbeschwerden führen kann.[4] Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, feste Rituale und klare Strukturen im Homeoffice zu schaffen. Beispielsweise können fixe Arbeitszeiten und bewusst eingeplante Pausen helfen, die Energiereserven zu schonen. Unternehmen könnten hier ebenfalls unterstützen, indem sie klare Richtlinien für die Erreichbarkeit setzen.[5]
Fazit
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Arbeit im Homeoffice weder eine reine Entlastung noch eine bloße Belastung darstellt. Zum einen ermöglicht das Arbeiten von zu Hause mehr Flexibilität, zum anderen birgt es jedoch auch Risiken für das physische und psychische Wohlbefinden. Hohe Arbeitsbelastung, der Mangel an sozialen Kontakten und die unzureichende Abgrenzung zwischen Arbeits- und Privatleben können zu chronischem Stress oder sogar Burnout führen. Daher ist es entscheidend, dass Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen, um ihre Mitarbeitenden zu unterstützen und Burnout vorzubeugen. Außerdem zeigt es, dass die Art und Weise, wie wir arbeiten, flexibel und anpassbar sein muss – sowohl an die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden als auch an die Anforderungen der Unternehmen.
Fußnote
[1] Vgl. Bellmann/Widuckel (2023), S. 49-50.
[2] Vgl. Hartner-Tiefenthaler/ Polic-Tögel/ Mayer (2023), S.2-3.
[3] Vgl. Friehs/ Purkathofer (2022), S.77-78.
[4] Vgl. Hartner-Tiefenthaler/ Polic-Tögel/ Mayer (2023), S.3.
[5] Vgl. Bogodistov/ Moormann/ Schweigkofler (2023), S. 376-379.
Literaturverzeichnis
Bogodistov, Y./ Moormann, J./ Schweigkofler, M. (2023), Burnout im Homeoffice: Auswirkungen von Arbeitsanforderungen und Arbeitsressourcen im Homeoffice auf Burnout und Schlafqualität, Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 77.Jg., Nr. 4, S. 375–389.
Hartner-Tiefenthaler, M./ Polic-Tögel, S./ Mayer, M. M. (2023), Eine Handlungsanleitung für Erholung – trotz Homeoffice, in:Hartner-Tiefenthaler, M./ Polic-Tögel, S./ Mayer, M. M. (Hrsg.), smartWorkLife – Bewusst erholen statt grenzenlos gestresst, Berlin, Heidelberg, S. 1–9.
Purkarthofer, B./ Friehs, B. (2022), Homeoffice – Segen oder Belastung?, in: Purkarthofer, B./ Friehs, B. (Hrsg.), Mensch und Raum, eine glückliche Beziehung?, Wiesbaden, S. 77–94.
Widuckel, W./ Bellmann, L. (2023), Homeoffice: Perspektiven, Herausforderungen, Lösungsansätze, in: Knappertsbusch, I./ Wisskirchen, G. (Hrsg.), Die Zukunft der Arbeit, Wiesbaden, S. 49–55.
Titelbildquelle
Bild von cocoandwifi, veröffentlicht am 03.04.2020 über https://pixabay.com/photos/home-office-person-work-web-design-4996834/, abgerufen am 08.03.2025.
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