By Published On: 19. Juni 2025Categories: Gesundheit

Der Satz „Der Mensch ist, was er isst.“, stammt von L. Feuerbach (1864) und findet oft seinen Platz im Sprachgebrauch, wenn es um Ernährung geht. Auch wenn dessen Ursprung vor allem philosophisch ist, beschreibt er mit einfachen Sätzen die Bedeutung der Ernährung für unsere Gesundheit. Den meisten ist bewusst, dass die eigene Ernährung einen Einfluss auf die Gesundheit hat. Wie groß dieser Einfluss jedoch auf unser Erbgut ist, wird durch ein „neues“ Forschungsfeld – die Epigenetik, untersucht. Manche Menschen haben eine Veranlagung, die das Risiko auf Stoffwechselerkrankungen erhöhen, deren Lebensstil bestimmt stark die Wahrscheinlichkeit, ob diese Krankheit auftritt. Die Epigenetik erforscht das Zusammenspiel aus erblichen Anlagen und Umweltfaktoren (Bildungsministerium für Bildung und Forschung, 2016).

Was ist Epigenetik?

Die Epigenetik ist nicht neu, in dem Sinne, dass sie erst jetzt entdeckt wurde, ihre Ursprünge reichen Jahre zurück. Neu kann sie deshalb genannt werden, da die ihr zugrunde liegenden molekularen Mechanismen erst vor Kurzem verstanden wurden. Auch heute gibt es noch viele unentdeckten molekularen Segmente und vielen Abläufe sowie Mechanismen bedarf es noch an Erklärung (Lehnert, et al., 2018).

Der Begriff „Epigenetik“ stammt von dem Begriff „Epigenese“ ab, welcher von Aristoteles eingeführt wurde. „Epigenetik“ setzt sich aus „epi“, was „darüber“, „darauf“ bedeutet und „genesis“, was für „Entstehung“ steht, zusammen (Mansuy, et al., 2023). Jean-Baptiste de Lamarck (1744-1829) gab als einer der Ersten die „Adaptionstheorie“ bekannt. Er war der Meinung, dass die Umwelt als Auslöser für eine vorteilhafte Eigenschaftsveränderung in einem Individuum fungieren kann, wobei diese Veränderung an dessen Nachkommen weitergegeben wird. Conrad Waddington war jedoch derjenige, welcher den Begriff „Epigenetik“ einführte. Dieser war von Lamarck inspiriert und führte Genetik und Epigenese zusammen, woraus die Epigenetik entstand (Mansuy, et al., 2023). Die Epigenetik beschäftigt sich mit der Aktivität der Gene und wie diese kontrolliert wird. Es gibt Mechanismen, welche Einfluss darauf haben, wie die DNA-Sequenz gelesen und in RNA umgesetzt wird. Diese Mechanismen sind für Veränderungen der Aktivität von Genen verantwortlich, wobei sich nicht die DNA-Sequenz selbst verändert. Neben den uns bekannten genetischen Informationen, welche in unserer DNA-Sequenz gespeichert sind, gibt es also noch sogenannte epigenetische Informationen. Diese sind mit der DNA-Sequenz assoziiert und bei der Differenzierung von Zellen sehr wichtig (Lehnert, et al., 2018).

Die Beeinflussung der Gene durch Ernährung

Unser Lebensstil und Umweltfaktoren beeinflussen mithilfe epigenetischer Mechanismen die Ausprägung unserer DNA. Epigenetische Veränderungen passieren laufend, während sie die Genaktivität steuern. Das macht es unserer DNA leicht, auf Umwelteinflüsse zu reagieren und sich folglich bestimmten Lebensumständen anzupassen. Solche epigenetischen Veränderungen werden zusammen mit unseren genetischen Informationen gekoppelt. So kann unser Lebensstil und Umweltfaktoren unsere DNA mithilfe von epigenetischen Mechanismen beeinflussen. Diese neuen epigenetischen Informationen können außerdem weitervererbt werden (Lehnert, et al., 2018). Auf molekularer Ebene passieren die meisten Veränderungen mit der DNA-Methylierung und chemischer Modifizierungen an Proteinen (wie z. B. an Histonen). Epigenetische Veränderungen sind keine Mutationen und auch dynamischer als diese, da die Möglichkeit besteht diese Veränderungen rückgängig zu machen. Viele verschiedene Faktoren können auf das Epigenom einwirken, in diesem Artikel wird sich jedoch mit dem Einfluss durch unsere Ernährung befasst (Lehnert, et al., 2018).

Ernährung hat einen starken Einfluss auf unser Erbgut. Die Ernährungsform unserer Eltern, beeinflusst nicht nur deren eigenes Erbgut, sondern hat ebenso Auswirkungen auf unser Epigenom, sowie das unserer Nachfahren (Mansuy, et al., 2023). Dass eine Fehlernährung Folgen für unsere Gesundheit hat, ist bereits in dem Bewusstsein vieler Menschen verankert. Eine Unter- sowie Überernährung lässt das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigen. Eine Fehlernährung im Kindes- und Jugendalter kann das Stoffwechselsystem derart beeinflussen, dass dies Folgen für späteren Nachwuchs haben kann. Studien über das Dorf Överkalix zeigte genau dies auf. Die Ernährungsform von Kindern in der „Phase langsamen Wachstums“ (vor dem Einsetzen der Pubertät, 9-12 Jahre bei Jungen, 8-10 Jahre bei Mädchen) hat einen Einfluss auf das Risiko für Stoffwechselerkrankungen. Wenn Großväter väterlicherseits als Kinder zwischen 9 und 12 Jahren an Hunger litten, zeigten deren Enkel ein höheres Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, jedoch eine höhere Lebenserwartung. Bei Männern mit Großvätern ohne Hungersnot waren die Ergebnisse andersherum. In der ALSPAC-Studie fand man heraus, dass die Ernährung in der „Phase langsamen Wachstums“ geschlechterunterschiedliche Auswirkungen auf die Enkel*innen-Generation hat. So beeinflusst die Ernährung der Großmutter mütterlicherseits nur das Risiko für Stoffwechselerkrankungen bei Enkelinnen und bei Großvätern väterlicherseits vice versa. Ein Erklärungsansatz hierfür ist, dass Spermien sensibel auf Ernährungsfaktoren reagieren, eine genaue Erklärung ist jedoch noch nicht bekannt. Auch während der Schwangerschaft kann die Ernährung der Schwangeren schon den Stoffwechsel des ungeborenen Kindes beeinflussen und führt sozusagen eine „Programmierung“ durch. An einem Versuch mit Mäusen wurde dies gezeigt. Wurde eine Maus in der Schwangerschaft mangelernährt, wurden ihre Babys kleiner als gewöhnlich geboren und litten im ausgewachsenen Alter bei normaler Ernährung stärker unter Stoffwechselerkrankungen wie die Kontrollgruppe. Sie hatten eine gestörte Insulinproduktion. Wurde diese zweite Generation ebenfalls mangelernährt, waren sie gesünder. Dieser Versuch hat gezeigt, dass die Mangelernährung der Muttermaus die Nachkommen auf eine Art „Hungersnot“ programmiert hat und sie sich so den Bedingungen anpassen konnten. Diese Beobachtungen können genauso auf den Menschen übertragen werden (Mansuy, et al., 2023).

Bewusster positiver Einfluss auf unser Erbgut

Der C1-Stoffwechsel beeinflusst die Methylierung von DNA und Histonen, ein zentrale Substanz ist dabei Folsäure. Folsäurereiche Lebensmittel werden somit in Zusammenhang damit gebracht, das Darmkrebsrisiko zu senken und können Missbildungen von Embryos in der Schwangerschaft vorbeugen. Zu Folsäurereichen Lebensmitteln gehören vor allem Blattgemüse, Brokkoli, Spargel, Avocado, Orangen, Vollkornprodukte, Eier, etc. (Barmer, 2025; Gille & Vergères, 2016; Mansuy, et al., 2023). Es gibt noch weitere Nährstoffe, die förderlich für den Methylierung sind. Darunter Vitamin B12, Betain, Cholin und Methionin, welche man in verschiedenem Getreide, Nüssen, Hülsenfrüchte und tierischen Produkten findet (Gille & Vergères, 2016)  

Fazit

Die Epigenetik macht den starken Einfluss von Ernährung auf unser Erbgut deutlich und zeigt, dass er nicht nur uns und unser aktuelles Leben prägt, sondern auch das unserer Nachkommen. Folsäure und weitere verschiedene Nährstoffe spielen eine Rolle in epigenetischen Prozessen. Eine Fehlernährung schon vor, aber auch während einer Schwangerschaft kann die Aktivität der Gene negativ beeinflussen. Die Gesundheit nachfolgender Generationen kann somit beeinflusst werden. Somit kann mit einer aktiven ausgewogenen Ernährung, bei welcher auf einige Nährstoffe geachtet wird, positiven Einfluss auf das Erbgut mehrerer Generationen genommen werden.

Literaturverzeichnis

Barmer (2025). Epi-Food: Lässt sich mit bestimmten Lebensmitteln die Funktion der Gene positiv beeinflussen?. Abgerufen am 28.04.2025 auf https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/leben/ernaehrung/epi-food-1281956

Bildungsministerium für Bildung und Forschung (2016). Epigenetik: Essgewohnheiten schlagen sich im Erbgut nieder. Abgerufen am 14.04.2025 auf https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/epigenetik-essgewohnheiten-schlagen-sich-im-erbgut-nieder-3319.php

Feuerbach, L. (1864).

Gille, D.; Vergères, G. (2016). Nutri-Epigenetik: Der Zusammenhang zwischen Ernährung und Genetik, 1. Auflage, Bern

Lehnter, H.; Kirchner, H.; Kirmes, I.; Dahm, R. (2018). Epigenetik Grundlagen und klinische Bedeutung, 1. Auflage, Berlin

Mansuy, I. M.; Gurret, J.; lefief-Delcourt, A. (2023). Wir können unsere Gene steuern, 2. Auflage, Berlin

Titelbildquelle:

Titelbild von Julien Tromeur veröffentlicht am 1. März 2022 auch https://unsplash.com/de/fotos/ein-mann-der-einen-ball-in-der-rechten-hand-halt-2UoDHHORQL8

Nutzungsbedingungen unter https://unsplash.com/de/lizenz

Teile diesen Artikel