By Published On: 25. August 2025Categories: Psychologie

Warum tun wir, was wir tun? Eine Frage, die Wissenschaftler und Philosophen seit Jahrhunderten beschäftigt. Im Zentrum vieler Antworten steht ein kleines wie mächtiges Molekül: Dopamin. Es wird oft als „Glückshormon“ bezeichnet und spielt eine bedeutende Rolle darin, wie Menschen denken, handeln und fühlen. Doch Dopamin ist weitaus mehr als nur das Molekül der Freude.

Dopamin – mehr als nur „das Glückshormon“

Die Rolle von Dopamin ist differenzierter, als es der Titel „Glückshormon“ vermuten lässt. Dopamin gehört zu der Gruppe der Katecholaminen und Phenylethylaminen und agiert im Gehirn als Neurotransmitter. Dabei übermittelt es Informationen zwischen Nervenzellen, wodurch Dopamin an zahlreichen Prozessen wie dem Gedächtnis, dem Belohnungssystem und der motorischen Koordination beteiligt ist (Burhan & Moradzadeh, 2020).

Um den Wirkungsmechanismus von Dopamin genauer zu verstehen, ist es außerdem hilfreich zu wissen, wie es im Körper hergestellt wird. Dopamin wird durch mehrere biochemische Prozesse aus der Aminosäure Tyrosin synthetisiert, die über die Nahrung aufgenommen oder aus Phenylalanin im Körper gebildet wird. Eine ausreichende Versorgung mit L-Tyrosin sowie Cofaktoren wie Vitamin B6, Zink und Eisen ist essenziell für die Aufrechterhaltung eines gesunden Dopaminspiegels. Dopamin ist wiederum ein Zwischenprodukt, das als Ausgangsstoff für die Produktion der antriebssteigernden Hormone Noradrenalin und Adrenalin dient (Wiederhofer, 2024, S. 175-176).

Der Pfad zur Belohnung: Die Dopamin-Bahn

Während das Gefühl der Freude oder Lust – das sogenannte „Liking“ – vor allem durch endogene Opioide vermittelt wird, ist Dopamin für das „Wanting“ zuständig. Es erzeugt eine motivierende Bedeutung für bestimmte Reize und legt die Grundlage für die Belohnungserwartung. Diese Erwartung fungiert als Antrieb, aktiv nach einem Ziel zu streben (Wiederhofer, 2024, S. 86).
Dopamin wirkt dadurch als innerer Kompass, der mitunter durch das mesolimbische System, bestehend aus Nucleus accumbens, präfrontalem Cortex und Amygdala, den Weg zu Zielen weist und Motivation erzeugt. Bereits die Vorstellung einer Belohnung, wie etwa einer köstlichen Mahlzeit, kann Dopamin freisetzen und das Gehirn auf die erwartete Belohnung vorbereiten. Wird diese Erwartung erfüllt, bleibt die neuronale Aktivität stabil. Dopamin wird tonisch (langsam) freigesetzt, während eine unerwartet hohe Belohnung die Dopaminaktivität phasisch (sprunghaft) steigert (Liu, Goel, & Kaeser, 2021). Dabei gilt: je unsicherer es ist, dass der Hinweisreiz tatsächlich eine Belohnung ankündigt, desto größer ist die Dopaminantwort. Unerwartete Belohnungen steigern nicht nur die momentane Freude, sondern prägen auch die zukünftige Motivation, ähnliche Reize erneut anzustreben. Dopamin ist damit nicht nur ein Signalgeber für Belohnung, sondern ein zentraler Akteur in der Dynamik des motivierten Handelns (Wiederhofer, 2024, S. 86).

Endloses Scrollen: Wenn Dopamin uns am Bildschirm hält

Gewisse Verhaltensweisen und Substanzen wie Glücksspiel, Social Media oder bestimmte Nahrungsmittel sind „Dopamin-Beschleuniger“. Sie geben dem Gehirn einen schnellen, unnatürlichen Dopamin-Kick und führen dazu, dass diese Aktivitäten wiederholt werden. So kann Dopamin zur Sucht verleiten. Es ist der „Kick“, der an den Spielautomaten zurückzieht oder in der Hoffnung auf eine neue Benachrichtigung zum Smartphone greifen lässt. Der Unterschied zwischen natürlichen Verstärkern und suchterzeugenden Substanzen besteht darin, dass letztere eine Dopaminfreisetzung im mesolimbischen System induzieren, selbst wenn die Wirkung vorhersehbar ist und die Belohnung wie erwartet ausfällt (Wiederhofer, 2024, S. 87).

Plattformen wie Instagram, TikTok oder Facebook sind so gestaltet, dass sie das Gehirn durch kontinuierliche kleine Belohnungen aktivieren – sei es durch Likes, Kommentare oder neue Inhalte. Diese Aktivitäten führen zu schnellen Dopamin-Kicks, die dazu motivieren, immer wieder mit Inhalten zu interagieren. Der Aufbau dieser Plattformen setzt bewusst auf sogenannte variable Belohnungssysteme, bei denen Nutzer nicht genau wissen, wann oder wie eine Belohnung – etwa ein Like oder Kommentar – erfolgt. Diese Unvorhersehbarkeit steigert die Dopaminausschüttung und sorgt dafür, dass die Rückkehr ans Smartphone begehrenswerter und das Scrollen verlängert wird. Dies ist vergleichbar mit Mechanismen, die im Glücksspiel verwendet werden (Burhan & Moradzadeh, 2020).

Diese schnelle Befriedigung hat ihren Preis: Häufige Dopamin-Kicks durch soziale Medien führen dazu, dass das Gehirn sich daran gewöhnt und mehr Stimulation braucht, um das gleiche Hochgefühl zu erleben – ein Effekt, der als Dopamin-Toleranz bekannt ist. Eine aktuelle Studie zeigt zudem, dass intensivere Nutzung sozialer Apps mit einer geringeren Dopamin-Synthesekapazität im Gehirn zusammenhängt (Westbrook, et al., 2021). Dies könnte erklären, warum Personen Social-Media immer exzessiver nutzen, um das Defizit auszugleichen. Die herabgesetzte Sensibilität für Dopamin kann auch dazu führen, dass natürliche Verstärker wie Lesen oder echte Gespräche zunehmend an Reiz verlieren (Volkow, Fowler, Wang, Baler, & Telang, 2009).

Dopamin im Gleichgewicht

Doch wie können wir nun die Balance finden und Dopamin als Werkzeug nutzen, ohne in einen Abhängigkeitskreislauf zu geraten? Anstatt den schnellen Kick durch ungesunde Gewohnheiten zu suchen, können wir unser Gehirn positiv stimulieren, indem wir natürliche Dopaminverstärker gezielt in den Alltag integrieren.

Um die körpereigene Dopaminproduktion auf natürlichem Weg zu steigern, gibt es zahlreiche effektive Methoden. Bewegung wie Tanzen, Krafttraining oder Ausdauersport aktiviert das Belohnungssystem. Meditation, Yoga und kreative Tagträume fördern mentale Klarheit und Wohlbefinden. Musik, sinnliche Erfahrungen und das bewusste Erleben von Flow-Zuständen durch volle Konzentration auf eine Aufgabe verstärken den Dopamin-Ausstoß. Auch außergewöhnliche Erlebnisse wie Abenteuer oder Reizwechsel können das Glücksgefühl steigern (Biesinger, 2019, S. 70).

Fazit: Dopamin als Dirigent unseres Alltags

Dopamin ist weit mehr als nur das „Glückshormon“ – es hat unter anderem Einfluss auf Bewegungsabläufe und ist der zentrale Motor für Motivation, Zielverfolgung und Belohnungserwartung. Es beeinflusst unser Verhalten tiefgreifend, indem es bestimmt, wie wir Antrieb, Lust und Frustration erleben. Besonders im Kontext sozialer Medien gewinnt die Kenntnis dieser Mechanismen an Bedeutung. Ein bewusster Umgang mit Dopamin ist entscheidend, um seine positiven Effekte – wie Motivation und Zielstrebigkeit – zu nutzen, ohne in Abhängigkeit oder Überstimulation zu geraten. Letztlich ist Dopamin nicht das Ziel selbst, sondern sorgt für den Antrieb auf dem Weg dorthin.

Literaturverzeichnis

Biesinger, R. (2019). Ohne Dop(amin)e ist alles doof – Aktive Veränderungsarbeit im Persönlichkeitstraining nach Kokainmissbrauch. Wiesbaden: Springer Verlag.

Burhan, R., & Moradzadeh, J. (27. November 2020). Neurotransmitter Dopamine (DA) and its Role in the Development of Social Media Addiction. Journal of Neurology & Neurophysiology, 11(7), S. 01-02.

Liu, C., Goel, P., & Kaeser, P. S. (9. April 2021). Spatial and temporal scales of dopamine transmission. Nature Reviews Neuroscience, 22, S. 345-358.

Westbrook, A., A, G., van den Bosch, R., Määttä, J., L., H., & Cools, R. (2. Mai 2021). Striatal dopamine synthesis capacity reflects smartphone social activity. iScience, 24(5).

Wiederhofer, J. (2024). Psychoneuroendokrinologie in der psychosozialen und psychotherapeutischen Praxis – Ein biopsychosozialer Coachingansatz. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Volkow, N., Fowler, J., Wang, G., Baler, R., & Telang, G. (3. Juni 2009). Imaging dopamine’s role in drug abuse and addiction. Neuropharmacology, S. 3-8.

Titelbildquelle

Dalprat, D. (23. März 2019). Sitzende Frau mit Smartphone mit Herzen und Smartphone-Symbolen. Abgerufen am 15. Januar 2025 von Pexels: https://www.pexels.com/de-de/foto/sitzende-frau-mit-smartphone-mit-herzen-und-smartphone-symbolen-2055500/

Nutzungsbedingungen unter: https://www.pexels.com/de-DE/lizenz/

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